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Sprachgebrauch in der DDR

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Unter DDR-Sprache wollen wir sprachliche Erscheinungen verstehen, die vor allem in Lexik und Stilistik sowohl im Alltag wie auch in den Medien anzutreffen waren.

1. Neologismen (Sprachneuschöpfungen), die sich vom übrigen deutschen Sprachraum unterschieden, z.T. auch aus dem Russischen stammten

Siehe:

2. Losungen und stereotype Wendungen

  • Arbeiter- und Bauernstaat -
  • Antifaschistischer Schutzwall - Bezeichnung der befestigten Grenze nach Westdeutschland und der Mauer (im westlichen Sprachgebrauch "Eiserner Vorhang")
  • Berlin - Hauptstadt der DDR
  • Deutsche Demokratische Republik (vor allem mit Verschlucken von Zwischensilben)
  • Deutschland (West) - die Bundesrepublik als Gegensatz zu der DDR oder Ostdeutschland - heute Mitteldeutschland
  • Freie Deutsche Jugend - die einzig zugelassene staatliche Jugendorganisation
  • Greif zur Feder, Kumpel! - Aufforderung an den Arbeiter oder Werktätigen - literarisch oder journalistisch tätig zu werden, eine Wikipedia.de (Ost) habe es damals noch nicht gegeben.
  • Erich Honecker, Generalsekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands und Vorsitzender des Staatsrates der Deutschen Demokratischen Republik. In leicht verkürzter Form in so gut wie jeder Nachrichtensendung vorkommend, siehe Aktuelle Kamera.
  • Kampf- und Feiertag der Werktätigen - 1. Mai

PS: Offiziell wurden zum 1. Mai in der DDR seitenlange "Losungen" herausgegeben.

3. spaßhafte bzw. ironische Wörter und Wendungen, z.B. für Gebäude:

Berlin:

  • Palast der Republik
    • Erichs Lampenladen
    • Erichs Datsche am Kanal
    • Ballast der Republik (sächsische Aussprache, auch mit einem Witz verbunden)
  • Fernsehturm
    • Pik Walter (In Anspielung auf Walter Ulbricht und die Gipfel in der UdSSR [Pik Lenin, Pik Kommunismus])
    • Telespargel (Erfindung der SED, evtl. um obigen Spitznamen zu verdrängen?)
  • Haus des Lehrers
    • Bauchbinde
  • Raum Dresden: Tal der Ahnungslosen (weil der Empfang von westlichen Fernsehstationen nicht möglich war), deswegen auch die Deutung der Abkürzung ARD (s.u.)

4. humoristische bzw. sächsische Deutung von Abkürzungen

  • ZDF-ARD - Zentrales Deutsches Fernsehen Außer Raum Dresden
  • EDV - Eggönömisch Dechnisch'r Vordschridd, auch: Ende der Vernunft

5. Projektionsworte, die westlichen Medien als angebliche DDR-Idiomatismen einführten, aber in der DDR nie Sprachgut waren:

  • Apparat - die ganze staatliche Verwaltung und Machtstruktur der Partei bis in den kleinsten Betrieb, in die unwichtigste Organisation, selbst in die Schulen und in die allerletze Landecke, daraus auch:
  • Apparatnik, Apparat(t)schik - ein (SED-)Parteifunktionär, der aus der Sicht des Apparates, der Parteibürokratie, denkt, redet und handelt
  • Sudel-Ede
  • Vopo - Volkspolizist

6. Kabarettistische Eigenschöpfungen

  • "Geflügelte Jahresendfigur" für Weihnachts-Engel (aus der Satirezeitschrift "Eulenspiegel" karikierte die bemühte offizielle Umgehung religiöser Begriffe).


Siehe: BRD-Sprache