LNG-Terminal Wilhelmshaven

Das LNG-Terminal Wilhelmshaven ist ein Projekt des Energiekonzerns Uniper zur Errichtung und zum Betrieb eines Flüssigerdgasterminals (LNG-Terminal) in Wilhelmshaven in Niedersachsen. Der Bau der Anlage hat im Mai 2022 begonnen.
Vorgeschichte
Seit langem war unter dem Eindruck der durch die bewaffneten Konflikte zwischen weiten Teilen der arabischen Welt und Israel ausgelösten Ölpreiskrise Anfang der 1970er Jahre ein Terminal für Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven vorgesehen, da der dortige Jadehafen bereits ein großer Öl-Einfuhrhafen war. Eine Umsetzung wurde zunächst nicht realisiert.
Im Rahmen der Schwefel-Verbote und CO2-Emissionen in der Schifffahrt wurde in Flüssigerdgas eine Alternative zum Schiffstreibstoff gesehen und Wilhelmshaven wurde als Bunkerhafen gehandelt. Außerdem spielte LNG eine Rolle bei der deutschen Energieversorgung. Aufgrund geringer Nachfrage und dem Bau der Unterwasserpipeline Nordstream 2 wurden dem Projekt wenig Realisierungschancen eingeräumt. Daher wurden die Pläne ab 2020 nicht mehr verfolgt.[1]
Weitere Entwicklung
Kurz nachdem die Pläne zum Bau eines „LNG-Terminal in Wilhelmshaven“ nicht mehr verfolgt wurden, änderten sich die Nachfrage, die politische Situation und die Erdgaspreise. 2021 teilte die Internationale Energieagentur mit, dass die EU in dem Jahr rund 155 Milliarden Kubikmeter Erdgas aus Russland importiert hatte. Um vom russischen Gas unabhängiger zu werden, wollte die Energiekommissarin Kadri Simson Mitte März 2022 einen Vorschlag vorlegen.
Die Deutsche Umwelthilfe hielt im Jahr 2019 das Projekt eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven aus Umwelt- und Sicherheitsgründen für nicht genehmigungsfähig.[2] Auch nach dem Realisierungsbeschluss von 2022 kritisierte die Deutsche Umwelthilfe den Ausbau wegen des mittelfristig rückläufigen Erdgasbedarfs.
Am 27. Februar 2022 kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz aus Anlass des russischen Überfalls auf die Ukraine im Rahmen einer Sondersitzung des Deutschen Bundestages an, dass in Deutschland kurzfristig zwei Flüssigerdgasterminals errichtet werden sollen. Damit soll die Energieabhängigkeit von Russland beendet werden.[3] Tatsächlich können zwei Flüssigerdgasterminals jedoch lediglich etwa ein Drittel des Gas-Volumens, das Deutschland in der jüngeren Vergangenheit jährlich aus Russland bezog, ersetzen.[4] Ein Terminal soll in Wilhelmshaven und das andere soll als German LNG Terminal in Brunsbüttel entstehen. Am Terminal in Wilhelmshaven sollen neun Milliarden Kubikmeter Gas angelandet werden, was 20 Prozent des zu ersetzenden Erdgases aus Russland ausmacht.[5]
Uniper nahm vor diesem Hintergrund die Planungen für das LNG-Terminal Wilhelmshaven wieder auf. Bereits vor dem Beschluss, das Projekt nicht zu realisieren, wurden viele Vorarbeiten für ein schwimmendes Terminal durchgeführt und ein Gutachten zur Energiedrehscheibe „WHV 2.0“ wurde erstellt.[6] Wilhelmshavens Oberbürgermeister Carsten Feist teilte mit, dass die Stadt sofort in das Projektmanagement einsteigen will.
Die Bauarbeiten für das Terminal Wilhelmshaven haben am 5. Mai 2022 an der bereits vorhandenen Umschlaganlage Voslapper Groden[7] im Beisein von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/ Die Grünen) und den niedersächsischen Ministern Bernd Althusmann (CDU) und Olaf Lies (SPD) begonnen.[8]
Schwimmendes Importterminal FSRU


Für Wilhelmshaven ist das LNG-Terminalschiff Höegh Esperanza als Flüssiggastanker geplant. Dabei handelt es sich um ein schwimmendes Importterminal nach dem Prinzip der FSRU (Floating Storage and Regasification Unit) als schwimmende Speicher- und Wiederverdampfungseinheit.
Die Bundesregierung bestellte 2022 für fast drei Milliarden Euro vier Floating Storage and Regasification Units (FSRU). Darunter sind die Hoegh Esperanza, Transgas Force und die Transgas Power[9].Davon sollen mindestens zwei in Wilhelmshaven und Brunsbüttel bis zum Winter 2022/23 ans Netz gehen. Zwei weitere Anlagen sollen im Frühjahr 2023 folgen. Als weitere mögliche Standorte sind laut Bundeswirtschaftsministerium Stade, Rostock, Hamburg und Eemshaven in den Niederlanden im Gespräch.[10]
Weltweit gibt es 48 dieser FSRUs. Die ersten entstanden wie z. B. die Golar Freeze um 1977 als Umbau eines Flüssiggastankers und liegt heute als Terminal bei Jamaica. Sie bestehen aus einem speziellen Schiff, das in der Nähe des Hafens liegt, und die Anlandung, Speicherung und Wiederverdampfung von flüssigem tiefkalten Gas ermöglicht. Für die Erwärmung des LNGs wird Seewasser genutzt. Das wiederverdampfte Gas wird aus der FSRU über eine kurze Verbindungsleitung in Zwischenspeicher gepumpt und von dort ins Gasfernleitungsnetz eingespeist. FSRUs lassen sich schneller realisieren und sind in der Regel kostengünstiger als Landterminals. Bei Bedarf können sie auch in einen anderen Hafen verlegt werden.
Siehe auch
Literatur
- Michael vom Baur: LNG – ein neuer Kraftstoff in den Häfen der Ostsee. In: Hansa, Heft 8/2013, S. 66–69, Schiffahrts-Verlag Hansa, Hamburg 2013, ISSN 0017-7504
- Hermann Garrelmann: LNG mit Zukunft – 2.000 Schiffe bis 2020. In: Hansa, Heft 3/2017, S. 54/55
Weblinks
- LNG-Terminal Wilhelmshaven: Niedersachsen will schnellen Bau bei ndr.de vom 28. Februar 2022
- Energiedrehscheibe Wilhelmshaven: Erster Schritt für LNG für Deutschland – Anbindung an das Gas-Fernleitungsnetz beim Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz vom 8. April 2022
- FRSU für Wilhelmshaven bei Hochhaus Schiffsbetriebstechnik
Einzelnachweise
- ↑ Uniper stoppt Pläne für Flüssiggas. Manager Magazin, 6. November 2020, abgerufen am 13. Dezember 2020.
- ↑ Pressemitteilung der Deutschen Umwelthilfe vom 3. Dezember 2019
- ↑ Debatte zur Regierungserklärung des Kanzlers bei zdf.de vom 27. Februar 2022
- ↑ Claus Hecking, Philipp Kollenbroich: (S+) Sondermüll, radioaktiver Abfall – und jetzt noch Flüssigerdgas: Warum Brunsbüttel eine heikle Wahl für den geplanten Gasterminal ist (S+). In: Der Spiegel. 1. April 2022 (spiegel.de [abgerufen am 6. Mai 2022]).
- ↑ LNG soll ab 2023 über Wilhelmshaven nach Deutschland kommen bei ndr. de vom 8. April 2022
- ↑ Uniper prüft Möglichkeiten für LNG-Terminal in Wilhelmshaven in Der Stern vom 1. März 2022
- ↑ Vorhandene Seebrücke ermöglicht schnellstmögliche FRSU-Anbindung. (PDF) Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, 8. April 2022, abgerufen am 1. Mai 2022.
- ↑ Malte Kirchner: LNG-Terminal: Erster Rammschlag für Deutschlands neue Erdgasversorgung. Heise online, 5. Mai 2022, abgerufen am 5. Mai 2022.
- ↑ Vier Schwimmende LNG-Terminals (FSRU) für Deutschland. Deutschland bestätigt die Charter von vier FSRUs; Bilder dieser Schiffe vom 7. Mai 2022
- ↑ / Tagesschau vom 5. Mai 2022
Koordinaten: 53° 38′ 30,2″ N, 8° 6′ 32,1″ O