Aserbaidschanische Sprache
Aserbaidschanisch | ||
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Gesprochen in |
Aserbaidschan, Iran, Türkei, Irak, Georgien, Russland, Ukraine, Armenien, Kasachstan, Syrien | |
Sprecher | 18-26 Millionen | |
Linguistische Klassifikation |
| |
Offizieller Status | ||
Amtssprache in | Aserbaidschan | |
Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
az | |
ISO 639-2 | (B) aze | (T) AZB |
Die aserbaidschanische Sprache (Azərbaycan dili), auch vielfach Azeri (sprich Aseri) oder Aserbaidschan-Türkisch genannt, ist die Bezeichnung für die überwiegend im Iran, der Türkei und in Aserbaidschan (Amtssprache) gesprochene Sprache. Sie gehört zu den oghusischen Sprachen. 1994 wurde die heutige Sprachbezeichnung eingeführt.
Zur Zeiten der UdSSR waren die Eigenbezeichnungen des Aserbaidschanischen:
- Азәрбајҹан дили [ kyrillisch ] (deutsch: aserbaidschanische Sprache) und
- Азәрбајҹанҹа (deutsch: Aserbaidschanisch)
Heutige Eigenbezeichnungen des Aserbaidschanischen sind:
- Azərbaycanca (deutsch: Aserbaidschanisch)
- Azərice (deutsch: Aseri bzw. Aserisch)
- آذربایجان دیلی (perso-arabische Schreibweise) - Azərbaycan dili (deutsch: Aserbaidschanische Sprache)
- آذربایجانجا (perso-arabisch) - Azərbaycanca (deutsch: Aserbaidschanisch)
Bis zum Jahre 1992 wurde von den Russen und auch von den Aserbaidschanern die ältere Sprachbezeichnung „Aseri-Türkisch“ (Azəri Türkcəsi) für die Amtssprache Aserbaidschans verwendet, die heute allerdings nur noch von der türkischen Turkologie weiter verwendet wird.
Allgemeines
Die aserbaidschanische Sprache lässt sich in zwei große Hauptblöcke einteilen, das Nordaserbaidschanische und das benachbarte Südaserbaidschanische.
Ferner ist Aserbaidschanisch die wichtigste Minderheiten-Sprache Iranisch-Aserbaidschans im heutigen Iran. Dort ist sie Muttersprache der meisten als „Iran-Türken“ bezeichneten Turkvölker.
Sprecherzahl
Man schätzt die Zahl der Muttersprachler des Aserbaidschanischen auf 23-30 Millionen. Laut CIA Handbook leben etwa 16,33 Millionen im Iran. Diese soll die glaubwürdigste Angabe sein. Andere Quellen geben je nach politischer Sichtweise höhere oder niedrigere Zahlen an. Ethnologue und einige Sprachforscher wie z. B. Ernst Kausen gehen jedoch auch von etwa 23 Millionen Muttersprachlern im Iran aus, wobei es weltweit 40 Millionen Sprecher gibt, wenn man die Zahl der Zweitsprecher hinzurechnet.
Quelle | Zahl der Muttersprachler | Prozentualer Anteil | Gesamtbevölkerung des Landes |
---|---|---|---|
CIA World Factbook (2005) | 16.3 Millionen | 24 % | 68.017.860 |
Ethnologue (2005) | 23 Millionen | 34,3 % | 67 Millionen |
Encyclopaedia of the Orient (2004) | 12 Millionen | 18 % | 67 Millionen |
Iranische Botschaft [1] | 13,8 Millionen | 20 % | 69 Millionen |
MS Encarta 2006 | 17 Millionen (alle Turkstämme zusammen) | alle Turkstämme zusammen 25 % | 68 Millionen |
In der heutigen Republik Aserbaidschan gaben bei der Volkszählung (1979) 5,7 Millionen Menschen Aserbaidschanisch als Muttersprache und rund 27 % der Minderheiten als Zweitsprache an. Rund 860.000 Aserbaidschaner leben auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR, davon 300.474 in Georgien, 282.713 in Russland (davon 90 % in Dagestan), 84.590 in Armenien und 78.460 in Kasachstan.
Die auf rund 180.000 bis 2,5 Millionen geschätzten „Turkomanen“ des Irak sind mehrheitlich als Sprecher des Aserbaidschanischen anzusehen.
Mit der Übernahme des neuen türkischen Alphabetes (1992) wurde nun die Bezeichnung Türkcə auf das Aserbaidschanische angewandt. In der Türkei können die ostanatolischen Dialekte ab Erzurum als Aserbaidschanisch angesehen werden.
Der Language Code ist az
bzw. aze
(nach ISO 639).
Nordaserbaidschanisch
Nordaserbaidschanisch (Quzey Azərbaycan Türkcəsi „nordaserbaidschanisches Türkisch“ und Şimali Azərbaycan Türkcəsi „nördliches Aserbaidschan-Türkisch“) ist die Bezeichnung für die Variante des Aserbaidschanischen im Kaukasus und der Ost-Türkei. Es ist heute Staatssprache der Republik Aserbaidschan.
Sprecherzahl und Dialekte
Nordaserbaidschanisch ist die Muttersprache von rund 7,5 Millionen Menschen, weitere 4 Millionen sind zweisprachig. Das Nordaserbaidschanische zerfällt in zahlreiche Mundarten, die auch weit nach Süden und in den Westen ausstrahlen: Quba, Derbent, Baku, Şemaxa, Salianı, Lənkorən, Qazax, Airym, Borcala, Terekeme, Qızılbaş, Nuqa, Zaqatalı (Mugalı), Kutkas, Erevan, Naxçevan, Ordubad, Qirovabad, Şuşa (Qarabaq), und Qarapapax.
Geschichte und Alphabete
Das Nordaserbaidschanische bildete einst mit dem im Iran gesprochenen Südaserbaidschanischen die Sprachgruppe des Aserbaidschan-Türkischen.
Das Aserbaidschan-Türkische gilt – neben des Osmanischen – als unmittelbarer Erbe des Oghusischen und hat damit das Türkische und auch das Turkmenische als engere Verwandte. Aserbaidschan-Türkisch ist heute eine der südwestlichen Turksprachen/Oghusischen Sprachen. Es ist seit dem 11. Jahrhundert Schriftsprache und wurde mit dem arabischen Alphabet geschrieben.
Ab dem 12. Jahrhundert begann die Trennung des eigentlichen Aserbaidschanisch-Türkischen vom eigentlichen Türkeitürkischen, die bereits um 1450 vollzogen war.
1828 wurde das aserbaidschan-türkische Sprachgebiet zwischen Russland und Persien geteilt: das nördliche Sprachgebiet, das im wesentlichen die alte persische Provinz Aran umfasste, kam an das russische Zarenreich, während das südliche weiterhin unter persischer Kontrolle blieb.
Aus dem nördlichen Sprachgebiet ging in der Folgezeit das „Nordaserbaidschanische“ – oder besser die als „Neu-Aserbaidschanisch“ bekannte Sprache – hervor, während das südliche Sprachgebiet im Wesentlichen auf dem altertümlichen Lautstand des alten Aserbaidschan-Türkischen verblieb. Infolge der Grenzziehung zwischen Russland und dem Osmanischen Reich fiel ein großer Teil des nordaserbaidschanischen Sprachgebietes an die heutige Türkei.
1923 wurde in Baku den Turkvölkern ein lateinisch-basiertes Alphabet vorgestellt, das so gut entwickelt war, dass es schließlich von allen nichtslawischen Völkern Russlands übernommen wurde: Das „einheitliche türkische Alphabet“, das die Aserbaidschaner ursprünglich Yeni Yol („neuer Weg“) nannten. 1930 wurde dieses Alphabet verbindlich für Aserbaidschan übernommen, doch musste die Landessprache ab 1940 in einem angepassten kyrillischen Alphabet geschrieben werden.
Seit 1991 gilt in Aserbaidschan das Türkei-türkische Alphabet, das um 5 Zusatzzeichen ergänzt wurde. Dieses Alphabet heißt nun – wie auch ursprünglich in der benachbarten Türkei – „neues türkisches Alphabet“. Die Vertreter aller Turkstaaten hatten zuvor beschlossen, dieses Alphabet bis 2005 zu übernehmen oder auf seiner Grundlage ein eigenes zu entwickeln.
Ehemalige Kyrilliza Nordaserbaidschans
А а, Ә ә, Б б, Ҹ ҹ, Ч ч, Д д, Е е, Ф ф, Ҝ ҝ, Ғ ғ, Һ һ, Х х, Ы ы, И и, Ж ж, К к, Г г, Л л, М м, Н н, О о, Ө ө, П п, Р р, С с, Ш ш, Т т, У у, Ү ү, В в, Ј ј, З з.
Heute amtliche Lateinschrift Nordaserbaidschans
A a, B b, C c, Ç ç, D d, E e, Əə (Ä ä), F f, G g, Ğ ğ, H h, X x, I ı, İ i, J j, K k, Q q, L l, M m, N n, O o, Ö ö, P p, R r, S s, Ş ş, T t, U u, Ü ü, V v, Y y, Z z.
„ə“ könnte im Aserbaischanischen zwar auch mit „ä“ wieder gegeben werden, da beide Formen erlaubt sind; „ə“ hat sich aber in der Schreibung vollständig durchgesetzt.
Am 1. Januar 2003 wurde allein das lateinische Alphabet für den amtlichen Schriftverkehr verbindlich und die kyrillische Schrift – gegen den Protest Russlands und der russischen Minderheit im Lande – endgültig abgeschafft.
Der Language Code ist AZE.
Schriftbeispiele
- einheitliches türkisches Alphabet (1929-39):
Butun insanlar ləƶaqət və huqyqlarƅna gɵrə azad vǝ bǝrabǝr doƣylyrlar. Onarƅn şuyralrƅ vǝ vicdanlarƅ var vǝ bir-birlǝrinǝ mubasibǝtdǝ qardaålƅq rynhynda davranmalƅdƅrlar.
- Erste Variante eines kyrillischen Alphabetes (1939-57):
Бүтүн йнсанлар ләяагәт вә һүгуларьна ҝөрә азад вә бәрабәр доғулурлар. Онлрьн шүуралрь вә виҹданларь вар вә бир-бирләринә мүбасибәтдә гардашльг рунһунда даваранмальдьрлар.
- Endgültige Variante des kyrillischen Alphabetes (1957-91):
Бүтүн йнсанлар ләјагәт вә һүгуларына ҝөрә азад вә бәрабәр доғулурлар. Онлрын шүуралры вә виҹданлары вар вә бир-бирләринә мүбасибәтдә гардашлыг рунһунда даваранмалыдырлар.
- neues türkisches Alphabet (seit 1991/92):
Bütün insanlar ləyaqət və hüquqlarına göre azad bərabər doğulurlar. Onarın şüuralrı və vicdanları var və bir-birlərinə mübasibətdə qardaşlıq runhunda davranmalıdırlar.
Südaserbaidschanisch
Südaserbaidschanisch (Güney Azərbaycan Türkcəsi „südaserbaidschanisches Türkisch“ und Cənubi Azərbaycan Türkcəsi „südliches Aserbaidschan-Türkisch“) ist die Bezeichnung für die meistvertretene türkische Sprachgruppe im Iran. Als Alternativbezeichnungen gelten „Aseri“ oder auch „Aseri-Türkisch“.
Sprecherzahl und Dialekte
Die gesamte Sprecherzahl beläuft sich auf rund zwischen 14 und 24 Millionen. Ungefähr 20-37,5 % der Bevölkerung geben im Iran dann auch Türki als Muttersprache an, und von diesen sind dann auch rund 9,8 Millionen als „aserbaidschanische Minderheit“ von der schiitischen Regierung anerkannt. Umstritten ist jedoch die sprachliche Zugehörigkeit der sogenannten „Chorassan-Türken“ im nordöstlichen Iran. Von der Wurzel her ist sie jedoch als südliches Aserbaidschan-Türkisch anzusehen, weist aber zahlreiche Übergänge in die benachbarten Turksprachen Turkmenisch und Usbekisch auf.
In dieser Zahl sind auch die rund 290.000 Afşar, 5.000 Aynallu, 7.500 Baharlu, 1.000 Moqaddam, 3.500 Nafar, 1.000 Pişagçi, 3.000 Qajar, 2.000 Qaragozlu und 65.000 Şahsavani (1978) enthalten.
Rund 5.000 Sprecher des Südaserbaidschanischen leben heute in Afghanistan. Die Volksgruppe der irakischen Turkomanen, die nach ihrem Heimatstaat als „Irak-Türken“ bezeichnet und die auf eine Kopfzahl zwischen 900.000 (UNO-Angabe) und 2,5 Millionen (Eigenangabe) geschätzt werden, und die 30.000 „Türken“ in Syrien (1961) gelten im Allgemeinen als Sprecher des Südaserbaidschanischen. Die Diskrepanz zwischen den Angaben im Irak ergeben sich durch die koloniale Erfahrung, also der osmanischen Besatzungszeit, türkisch galt in weiten Teilen des Landes als Umgangssprache, gerade innerhalb des kurdischen Adels und der Stadtbevölkerung, so dass man zwischen der tatsächlichen Anzahl von Turkmenen und türkischsprachigen Menschen unterscheiden muss, insbesondere in Städten wie Kerkuk, Musil oder Arbil, war türkisch Umgangssprache und wurde erst mit der Staatsgründung des Irak, langsam durch Arabisch, später durch Kurdisch verdrängt, so dass die tatsächliche Anzahl türkischsprachiger Menschen die zwei Millionen Marke überschreitet, während die Zahl der Turkmenen als niedriger anzusetzen ist.
Rund 530.000 Sprecher des Aserbaidschan-Türkischen leben offiziell in der Türkei, doch dürfte ihre Zahl dort aber wesentlich höher sein. Heute gelten die Bewohner der aus der alten Provinzen Kars entstandenen Provinzen Kars, Iğdir und Ardahan als Aserbaidschan-Türken. Insgesamt kann heute von 2 Millionen Sprecher des Aserbaidschan-Türkischen in der Türkei ausgegangen werden.
Einige Hundert Südaserbaidschaner leben auch in Jordanien, und werden dort den „Türken“ zugerechnet, während sie sich selbst als „Turkmenen“ bezeichnen.
Das südliche Aserbaidschan-Türkische zerfällt noch heute in zahlreiche Dialekte: Aynallu (Inallu, Inanlu), Qarapapak, Təbriz, Afşari (Afşar, Afsar), Şahsavani (Şahseven), Moqaddam, Baharlu (Qameş), Nafar, Qaragozlu, Pişagçi, Bayat und Qajar.
Als eigenständige aserbaidschan-türkische Dialekte gelten auch die Sprachen der Teimurtaş, das auch als „Teimuri“, „Timuri“ oder „Taimouri“ bekannt ist, in Mazandaran. Dieser entstammt usbekisch-turkmenischer Wurzel, und die rund 7.000 Sprecher führen sich auf den Mongolenherrscher Timur zurück. Die Volksgruppe der Salçug (Provinz Kerman) gelten als Nachfahren der Seldschuken, während die Herkunft der Qaşqai noch nicht ganz geklärt ist. Doch gilt als gesichert, daß ihre Vorfahren überwiegend oghusischer Herkunft waren.
Geschichte und Schrift

Ab 1813 musste Persien als Folge der russisch-persischen Grenzkriege im Kaukasus die ehemalige persische Provinz Arran sowie nördliche Teile der Provinz Aserbaidschan an die siegreichen Russen abtreten. Nachdem auch bestimmte osmanische Gebiete in der Region an die Russen fielen, kam es zu massiven Umsiedlungen von Armeniern (aus dem osmanischen Reich und aus Arran) in die christlich-russisch besetzen Gebiete der ehemaligen persischen Provinz Armenien sowie der Aserbaidschan-Türken aus Armenien und anderen Gebieten in die nun von Russen besetze Provinz Arran. Somit waren die Aserbaidschan-Türken nun als Volk zwischen zwei Staaten – Russland und Persien – geteilt. Um russische Gebietsansprüche gegen Persien zu erweitern, wurde die Provinz Arran ebenfalls in Aserbaidschan umbenannt, während der südliche Teil, das historische Aserbaidschan, weiterhin in persischem Besitz blieb. Die nördlichen Gebiete, die ehemalige (von Russland annektierte) Provinz Arran, bildet heute den Staat Aserbaidschan. Die südlichen Gebiete Aserbaidschans ist heute in 3 iranische Provinzen aufgeteilt (siehe: Aserbaidschan in Iran).
Mit der nun erfolgten Trennung mit den nördlichen Dialekten des Aserbaidschanisch-Türkischen – aus ihnen ging in der Folgezeit das „Neu-Aserbaidschanische“ hervor – verblieb das südliche Sprachgebiet auf dem Lautstand des Aserbaidschan-Türkischen.
Seit alters her wird für das Südaserbaidschanische das persisch-arabische Alphabet verwendet.
Schriftbeispiele
- بوتون اينسانلار حيثييت و حاقلار باخيميندان دنك (برابر) و اركين (آزاد) دوغولارلار. اوس (عقل) و اويات (ويجدان)*ييهﺳﻴﺪيرلر و بير بيرلرينه قارشى قارداشليق روحو ايله داوراماليدرلار.
Transliteration in die inoffizielle Lateinschrift:
Bütün insanlar heysiyyət və haqlar baxımından dənk (bərabər) və ərkin (azad) doğularlar. Us (əql) və uyat (vicdan) yiyəsidirlər və bir birlərinə qarşı qardaşlıq ruhu ilə davranmalıdırlar. (Artikel 1 der Menschenrechte)
- Siehe auch: Vergleichende Betrachtung der Turksprachen