Enneagramm
Das Enneagramm (griechisch: ennea = neun; gramma = Buchstabe, Punkt) bezeichnet ein neunspitziges esoterisches Symbol, das als grafisches Strukturmodell neun als grundsätzlich angenommene Qualitäten unterscheiden, ordnen und miteinander in Beziehung setzen soll. Geometrisch ist das Enneagramm ein Neunstern. Dieser Artikel beschreibt die Anwendung des Enneagramms als Persönlichkeits-Enneagramm.
Geschichte
Die Wurzeln des Enneagramms sind unbekannt, es werden viele Quellen vermutet, Spekulationen reichen von griechischen, jüdischen, christlichen und islamischen bis hin zu altbabylonischen Quellen. Im okzidentalen Kulturraum wurde es 1916 von Georg Iwanowitsch Gurdjieff vorgestellt.
Bei der Anwendung des Enneagramms gibt es mehrere Richtungen:
- Lehre G. I. Gurdjieffs (wird in speziellen Gurdjieffschulen gelehrt)
- Lehre Ichazos (Arica-Institut, Arica-Training, bezeichnet das Enneagramm als „Enneagon“)
- Christlicher Kontext (Richard Rohr/Andreas Ebert, Bob Ochs). Jesus als Sohn Gottes werden die Stärken aller neun Enneagramm-Typen zugeschrieben.
- Psychologisch/Spiritueller Kontext (Naranjo, Palmer, Riso) mit Bezug zur Typenlehre von C. G. Jung und dem Typensystem von Myers-Briggs
Einführung
Das Gurdjieff-Enneagramm besteht aus einem gleichseitigen Dreieck (Verbindung der Punkte 3-6-9), sowie der Linienfolge 1-4-2-8-5-7-1. Diese Linienfolge weist einen mathematischen Bezug auf. Teilt man eine Zahl durch 7, enthalten die Nachkommastellen stets die periodische Ziffernfolge 142857 (zyklische Zahl der Generatorzahl 7).
Persönlichkeitsenneagramm:
Die Reihenfolge der Ziffern, bzw. der Linienführung kennzeichnet nach der Eneagrammlehre auch die Richtungen, in die sich die Persönlichkeitstypen bewegen, falls sie unter Stress geraten. In der umgekehrten Reihenfolge benennt sie die Richtung, wenn sie sich entspannen.
Im Gegensatz zu den vier antiken Temperamenten „cholerisch“, „sanguinisch“, „melancholisch“ und „phlegmatisch“ teilt das Enneagramm die Menschen in neun als fest angenommene Persönlichkeitstypen ein. Mischtypen gibt es keine, doch kann ein Typ auch Eigenschaften eines seiner direkten Nachbarn aufweisen, z.B. könnte die 4 Eigenschaften der 3 oder 5 haben, einen sogenannten Flügel. Jeder Typ differenziert zudem noch in drei Sub-Types, den sozialen Untertyp, den sexuellen Untertyp oder den selbsterhaltenden Untertyp.
Nach der Enneagrammtypologie hat jeder Mensch drei Intelligenzzentren: Kopf (Verstand, Ratio), Herz (Emotionen) und Bauch (Instinkt). Intelligenz hat nicht nur mit dem Kopf zu tun, so sprechen die Sufis von der „Intelligenz des Herzens“, durch Daniel Goleman bekannt geworden ist auch die Emotionale Intelligenz. Entsprechend gibt es auch eine „Bauchintelligenz“. Im täglichen Sprachgebrauch wird meist nicht zwischen Emotion und Instinkt unterschieden und beides als „Gefühl“ bezeichnet. Stattdessen wäre von „emotionalen Gefühlen“ und „instinktiven Gefühlen“ zu sprechen, um diese verschiedenen Gefühlsarten auseinanderzuhalten. „Intuition“ und „Instinkt“ werden ebenfalls oft gleichgesetzt und damit verwechselt. Intuition kann jedoch bei allen drei Intelligenzzentren auftreten; es gibt also eine verstandesmäßige, eine emotionale und eine instinktive Intuition.
- Herz-Typen: 2, 3 und 4,
- Kopf-Typen: 5, 6 und 7,
- Bauch-Typen: 8, 9 und 1.
Das bedeutet, dass beispielsweise eine Zwei die Welt in besonderem Maße auf der Gefühlsebene wahrnimmt, eine Fünf auf der Verstandesebene und eine Acht auf einer instinktiven Ebene. Die Zwei als Herz-Typ oder die Acht als Bauch-Typ sind deswegen jedoch keine schlechteren Denker, sie ziehen primär nur ein anderes Intelligenzzentrum zu Rate, um sich in der Welt zurechtzufinden. Für Kopf-Typen ist es normal, ständig viel und auch komplex zu denken, für Herz-Typen ist es normal, ständig in Gefühlen „zu schwimmen“, während die Bauch-Typen ständig ihre „Instinkt-Sensoren“ ausgefahren haben.
Die Zuordnung zu einem der neun Enneagramm-Typen kann sich als schwierig erweisen da kein allgemein anerkannter Test existiert und die Zuweisung introspektiv und notwendigerweise subjektiv erfolgen muss. Fehleinschätzungen entstehen, wenn nur wenige Aspekte eines Menschen beachtet werden, statt das Gesamtbild zu betrachten.
Zum Gesamtbild gehören:
- das Wertesystem eines Menschen
- die daraus folgenden Ansichten und Einstellungen
- die dazu führen, dass er bestimmte Prioritäten setzt
- was zu bestimmten Verhaltensweisen
- einer bestimmten Kommunikationsform und Wortwahl („Keywords“)
- einer bestimmten Körpersprache, Körperhaltung sowie einem bestimmten Gang
- einem bestimmten Körperbau und einer bestimmten Gesichtsform führt.
Die von der Enneagrammlehre behauptete körperliche Ähnlichkeit gleicher Typen kann als widerlegt gelten, siehe Konstitutionstyp.
Die neun Enneagramm-Typen
Die Kurzbeschreibungen nennen Charakterzüge und Verhaltensweisen, die besonders stark auffallen. Selbstverständlich haben die betreffenden Typen noch viele andere, so dass auch die anderen Typen ebenfalls einmal „perfektionistisch" (wie Typ 1), „erfolgsorientiert" (wie Typ 3), „individualistisch" (wie Typ 4) oder „optimistisch" (wie Typ 7) sein können. Allerdings nehmen die genannten Verhaltensweisen beim betreffenden Typ eine tendenziell zwanghafte Form an, weshalb sie ganz besonders deutlich werden und ihn in seinem alltäglichen Verhalten weitgehend bestimmen.
Die folgenden neun Enneagramm-Typen verkörpern auch unterschiedliche Arten, die Welt wahrzunehmen, zu erleben und zu beurteilen. Jeder der neun Typen ist überzeugt, dass seine Wahrnehmung die „richtige" ist und alle anderen Menschen von derselben Wahrnehmung der Welt ausgehen
Typ Eins

der Perfektionist/Reformer
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Bauch, Instinkt).
Kurzbeschreibung: Ordnungsliebend, zuverlässig, diszipliniert, starker Wille, „korrekt“, pünktlich, tendenziell ernst, streng und asketisch, strebt nach Perfektion, weiß aber auch, dass dies ein mühsames Unterfangen ist („per aspera ad astra“), kritisch, erkennt schnell, was sich verbessern lässt. Ist meist gut vorbereitet. Oft belehrend, kann pedantisch werden. Reformerisch und missionarisch. Kann sehr ärgerlich, sogar ausgesprochen zornig werden. Im Extremfall fanatisch. Meist sehr aufrechte Körperhaltung („Stock im Rücken“). Die Eins glaubt, die höhere Ordnung in allem und selbst im Universum zu erkennen und versteht nicht, dass andere sie nicht auch sehen. Einser denken deduktiv, d.h. sie haben zuerst eine Meinung und versuchen dann, die Fakten zu finden, die diese Meinung stützen. Man kann es auch so sagen: Sie entwickeln zuerst einen übergeordneten Glaubenssatz oder sogar ein ganzes Glaubenssystem (eine Ideologie) und versuchen dann, in der Wirklichkeit Belege dafür zu finden oder gar die Wirklichkeit daran anzupassen. Damit geht die Eins genau umgekehrt vor wie die Fünf, die induktiv denkt.
Bekannte Einser: Enneagramm-Autor Richard Rohr, Ferdinand Piech, Margaret Thatcher, Edmund Stoiber, Heiner Geissler, Konrad Adenauer, Donald Rumsfeld, Kardinal Richelieu, Ajatollah Chomeini, Karl Marx, Konfuzius; die Inquisition der katholischen Kirche hatte typischen Einser-Charakter
Typ Zwei

der Helfer/Geber
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Herz, Emotionen)
Kurzbeschreibung: Strahlt Wärme aus, sehr hilfsbereit, kann sehr bemutternd werden. Versucht, anderen den Wunsch von den Lippen abzulesen. Hat den Eindruck, nur geliebt zu werden, wenn er/sie zuvor gibt und anderen Gutes tut. Ist ein Meister darin, ein warmes und „kuschliges“ Zuhause einzurichten. Verführerisch, anschmiegsam, weibliche Zweier betonen meist intensiv ihre Weiblichkeit. Sucht die Nähe von Mächtigen, wird dann oft zur „power behind the throne“. Stolz. Starke Tendenz zum Jammern und Klagen, wenn die angebotene Liebe nicht erwidert wird. Neigt dann zum Hypochonder, um wenigstens auf diese Weise Aufmerksamkeit und Zuneigung zu erlangen. Zweier glauben, dass das Universum reine Liebe ist („all you need is love“).
Bekannte Zweier: Enneagramm-Autor Andreas Ebert, Elizabeth Taylor, Pamela Anderson
Typ Drei

der Macher/Erfolgsorientierte
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Herz, Emotionen)
Kurzbeschreibung: Will gewinnen, deshalb sehr wettbewerbs-, erfolgs- und karriereorientiert. Hat das Gefühl, nur geliebt zu werden, wenn er erfolgreich ist. Auf Statussymbole versessen, die seinen Erfolg demonstrieren. Sehr guter Organisierer, sehr produktiv und effektiv, sehr guter Kommunikator, entsprechend guter Manager. Versteht viel von Marketing (auch von Selbst-Marketing) und davon, wie man ein Image aufbaut. Passt sich schnell neuen Situationen an. Neigt zum Schwindeln, selbst zu glatten Lügen, wenn es dem Erfolg dient. Oft schlechter Verlierer. Achtet sehr auf seine Kleidung („dress for success“) und auf seine Figur (kalifornischer Dreier-Spruch: „man kann nie zu blond, zu schlank und zu reich sein“). Dreier, die ja Herztypen sind, müssen oft ihre Gefühle unterdrücken, um im Wettbewerb mit anderen die Nase vorn zu behalten. Dies ist mit ein Grund, warum sie anfällig für Herzinfarkte sind. In der Medizin sind sie der A-Typ (= besonders Herzinfarkt gefährdet).
Bekannte Dreier: Tom Cruise, Donald Trump, Steve Ballmer (Microsoft-CEO), Madonna, Wolfgang Clement, Michael Schumacher, Wolfgang Reitzle, Horst Köhler, José Manuel Barroso, Nicolas Sarkozy, Wladimir Putin, Silvio Berlusconi, Arnold Schwarzenegger
Typ Vier

der Individualist/Romantiker/Künstler
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Herz, Emotionen)
Kurzbeschreibung: Strebt das Ungewöhnliche und Besondere an, auch um auf diese Weise Aufmerksamkeit zu erregen. Befürchtet, in der grauen, konturenlosen Menge unterzugehen. Individualist und Einzelgänger. Kein anderer Enneagramm-Typ hat ein solch ausgeprägtes Bewusstsein für die Individualität jedes einzelnen Lebewesens, sei es Mensch, Tier oder Pflanze. Symbole sind sehr wichtig. Meist sehr guter Geschmack, d.h. sicheres Auge für Stil, Farben und Formen. Ästhetisch, kreativ. Sehr sensibel, romantisch, sehr emotional, neigt stark zur Melancholie. Kann zur launischen „Drama-Queen“ werden. Sehr guter Freund in wirklichen Notlagen. Hat tiefes Mitgefühl für Ausgestoßene, unschuldig Verfolgte, Leidende und Hilflose.
Bekannte Vierer: Enneagramm-Autor Don Richard Riso, Michel Friedman, Wim Wenders, Klaus Kinski, André Heller, Alan Rickman, Ben Kingsley, Johnny Depp, Alain Delon, Lady Di, Jacquelin Kennedy, Maria Callas, Michael Jackson, Cher, Bob Geldof, Bono, Leonard Cohen, Prince, Elvis Presley, Rafael Nadal (Tennisspieler), Mary Pierce (Tennisspielerin), Marcel Proust, Dorian Gray (Romanfigur)
Typ Fünf

der Beobachter
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Kopf, Ratio)
Kurzbeschreibung: Sammelt Informationen, um Wissen zu erwerben („Wissen ist Macht“). Unabhängiger und systematischer Denker, an größeren Zusammenhängen und Meta-Kontexten interessiert. Schaut sich alles gern aus der Ferne an, da er dann nicht belästigt wird („my home is my castle“). „wissenschaftlicher“, sachlich-objektiver, „privater“ Typ, mag meist keine öffentlichen Auftritte. Ruhig, abwägend, bedächtig. Lässt sich nicht schnell zu Meinungsäußerungen hinreißen. Hat Angst vor zu viel Nähe, befürchtet, von seinen und den Emotionen anderer überrannt zu werden. Tendenziell geizig, auch bei der Weitergabe seines Wissens. Sucht die Nähe anderer „Wissender“. Hang zum Snobismus, trockner englischer Humor. Die Fünf denkt induktiv, d.h. sie sammelt zuerst Fakten, um dann daraus (sofern jeder Zweifel beseitigt ist) ein übergeordnetes Gesetz oder ein übergeordnetes System zu formulieren. Induktives Denken entspricht dem wissenschaftlichen Vorgehen in den Naturwissenschaften. Ganz anders die Eins, die deduktiv denkt, also genau umgekehrt vorgeht.
Bekannte Fünfer: Enneagramm-Autor Claudio Naranjo, Warren Buffett (US-Investor, zweitreichster Mann der Welt), Albert Einstein, Sigmund Freud, Shree Rajneesh (auch Bhagwan oder Osho genannt), Buddha, Joachim Sauer, Benedikt von Nursia, Nicole Schuster (Autorin); die Romanfiguren Sherlock Holmes, Ebenezer Scrooge
Typ Sechs

der Ängstliche/Skeptische/Loyale
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Kopf, Ratio)
Kurzbeschreibung: Angst in allen Varianten ist ein sehr großes Thema (Sängerin Nena in einer Talk-Show: „Das Schlimmste ist die Angst vor der Angst“). Deshalb große Risikoscheu und großes Sicherheitsbedürfnis. Sucht Sicherheit und Schutz in der Gruppe. Kann dadurch schnell zum Mitläufer werden. Die Sechs sehnt sich nach einem starken Führer, hegt jedoch gleichzeitig tiefe Skepsis gegenüber den Mächtigen, da sie Angst hat, diese könnten korrupt sein und sie könnte von ihnen manipuliert und missbraucht werden. Die generelle Angst der Sechs führt zu generellem Misstrauen, genereller Skepsis und kritischer Einstellung fast allem gegenüber (beliebte Redewendung deutscher Sechser: „Das muss man erst einmal kritisch hinterfragen“). Friedensliebend. Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn, solidarisiert sich gern mit den ungerecht Behandelten und den Unterdrückten (die Acht stellt sich schützend vor sie, die Zwei bemutternd neben sie und die Sechs solidarisch hinter sie). Treuer, verlässlicher und loyaler Freund. Vertrauen ist sehr wichtig, schätzt Ehrlichkeit und Authentizität. Hat meist viele Zweifel, verschiebt deshalb gern Entscheidungen („procrastinating“). Für die Sechs ist das Leben und die Welt voller Gefahren, weshalb man ständig wachsam sein und sich schützen muss.
Achtung: Es gibt auch den sog. kontraphobischen Typ 6, der „gegen seine Angst angeht". Er wirkt sicherer, entschlossener, mutiger, stürzt sich sogar gern in Auseinandersetzungen, waghalsige Abenteuer oder betreibt gefährliche Sportarten. Die kontraphobische Sechs wird manchmal mit der Acht verwechselt; viele kontraphobische Sechser möchten auch gern eine Acht sein und ordnen sich irrigerweise so ein.
Bekannte Sechser, [kp = kontraphobisch]: Enneagramm-Autorin Helen Palmer [kp], Richard von Weizsäcker, George W. Bush, Rupert Lay, Horst Eberhard Richter, Martin Walser, Rüdiger Dahlke [kp], Peter Maffay [kp], Nena [kp], Richard Gere, Woody Allen [kp], Robert Kennedy [kp], George H.W. Bush [kp], Jiddu Krishnamurti.
Typ Sieben

der Idealist/Optimist/Lustige
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Kopf, Ratio)
Kurzbeschreibung: Vielseitig talentiert und interessiert, Generalist, oft sehr kreativ, spielerisch, spaßorientiert („let's have fun“). Trendsetter, auch noch im Alter jugendhaft („puer aeternus, puella aeterna“). Optimistisch, idealistisch. Spaßvogel, guter Unterhalter, charmant, verbal geschickt („mir fällt immer was ein“). Ungeduldig, schnell gelangweilt, hasst Routinearbeiten, intellektuelle Arroganz. Der narzisstischste Enneagramm-Typ. Verzettelt sich gern, will zuviel auf einmal, kann sehr hektisch, auch hyperaktiv werden, tendenziell unzuverlässig, führt oft Dinge nicht zu Ende. Neigt zur Oberflächlichkeit, kann zum Scharlatan werden. Freiheitsliebend, rebellisch. Unternehmenslustig, reist sehr gerne und viel. Tendenziell konflikt- und konfrontationsscheu. Siebener glauben, dass das Universum letztlich gut und alles nur ein gigantisches Spiel sei (Nina Ruge: „Alles wird gut“). Die Sieben denkt synthetisch, d.h. sie verknüpft bereits vorhandene Fakten, Dinge, Ideen etc. und stellt damit oft verblüffende neue Zusammenhänge und Verbindungen her, woraus oft etwas völlig Neues entsteht. Dieses synthetische Denken ist der tiefere Grund für die häufig hohe Kreativität (beispielsweise auch bei Wortspielen, spontanen Einfällen etc.) der Sieben.
Bekannte Siebener: Thomas Gottschalk, Stefan Raab, Mike Krüger, Günther Jauch, Harald Schmidt, Atze Schröder, Otto, Franz Beckenbauer, Johannes B. Kerner, Nina Ruge, Eddie Murphy, Will Smith, Robin Williams, Jay Leno, Sarah Jessica Parker, Steven Spielberg, Tony Curtis, Jean-Paul Belmondo, John F. Kennedy, Jacques Chirac, Johannes Rau, Johann Wolfgang Goethe, Wolfgang Amadeus Mozart, Peter Pan (Romanfigur).
Typ Acht

der Boss/Herausforderer
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Bauch, Instinkt)
Kurzbeschreibung: Machtorientiert, kann bis zur Machtbesessenheit führen, will Chef sein („my way or the highway“) und die Kontrolle haben. Mutig, herausfordernd, wirkt sehr selbstbewusst (aber: harte Schale, weicher Kern), keine Angst vor Konfrontationen (auch körperlichen), stellt sich oft schützend vor Schwache. Legt sich gern mit Autoritäten an. Kaum Angst vor Schmerzen. Keine Angst vor der Wahrheit, „riecht“ Lügen. Sehr gutes Gespür für die Schwächen anderer. Lustvoll, Pascha-Verhalten, lässt sich gern bedienen.
Bekannte Achter: G. I. Gurdjieff, Jean Gabin, Oskar Lafontaine, Helmut Kohl, Kurt Beck, Franz Josef Strauß, Otto Schily, Michail Gorbatschow, Mao Zedong, Stalin, Napoleon Bonaparte, Saddam Hussein, Hugo Chávez, Madeleine Albright, Golda Meïr, König Heinrich VIII. von England.
Typ Neun

der Vermittler/Friedensstifter
(besonders aktives Intelligenzzentrum: Bauch, Instinkt)
Kurzbeschreibung: guter Zuhörer, großes Einfühlungsvermögen, friedens- und harmonieliebend, ausgleichend („jeder hat auf seine Weise Recht“), sehr guter Vermittler. Neuner denken nicht in Entweder-Oder-Kategorien, sondern in Sowohl-als-auch-Kategorien (wie es durch das Yin-Yang-Zeichen symbolisiert wird). Ruhig, geduldig, verständnisvoll, kann jedoch bei Druck sehr störrisch werden. Wirkt manchmal energielos, kann phlegmatisch werden. Mag Beständigkeit, sogar Routinearbeiten. Nicht ohne Grund steht die Neun oben am Enneagramm-Zeichen. Als ob sie auf alle herunterschaut und sagt: „Kinder, gebt Frieden, Ihr habt ja alle Recht.“ Neuner fühlen sich mit dem Kosmos verbunden. Sie erkennen das ewige Rad des Lebens, was ihnen Gelassenheit und einen gewissen Fatalismus gibt.
Bekannte Neuner: Ottfried Fischer, Uma Thurman, Gary Cooper, Kofi Annan, Hans-Dietrich Genscher, Romano Prodi, José Luis Rodríguez Zapatero, Hu Jintao, Lao-Tse.
Stress Point und Relaxation Point
Stressrichtung: 1 -> 4 -> 2 -> 8 -> 5 -> 7 -> 1 und 3 -> 9 -> 6 -> 3
Unter Stress nimmt man Eigenschaften und Verhaltensweisen des jeweiligen Stresspunktes (Stress Point) an. Dabei ist wichtig klarzustellen, dass man nicht etwa ein anderer Typ wird, sondern lediglich Eigenschaften von diesem annimmt. So geht eine Sieben unter Stress zur Eins, was dazu führt, dass sie sich nicht mehr ablenken lässt, sich diszipliniert, sich auf das Wichtige konzentriert, klare Prioritäten setzt und diese auch befolgt. Da sie das zuvor nicht getan hat, ist sie überhaupt erst in Stress geraten. Mit anderen Worten: Typ-1-Verhalten hilft der Sieben, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Oder Typ 4: Gerät er in Stress, geht er zu Typ 2, was ihm hilft, besser mit der Stresssituation fertig zu werden, da der sehr zum Individuellen und damit zur Selbstisolierung neigende Typ 4 dann etwas vom sozialen Verhalten des Typ 2 annimmt und auf andere zugeht. Oder Typ 3: Unter Stress geht die Drei zur Neun. Sie dreht also nicht noch mehr auf, sondern defokussiert sich, wird ruhiger und ausgeglichener, wie wir das von der Neun kennen.

Entspannungsrichtung: 1 <- 4 <- 2 <- 8 <- 5 <- 7 <- 1 und 3 <- 9 <- 6 <- 3
In der entgegengesetzten Richtung bewegen sich die einzelnen Typen zu ihren „Relaxation Points“. Der jeweilige Typ nimmt also – wenn er sich entspannt – Eigenschaften der betreffenden Nummer an, die ihm ebenfalls bei seiner persönlichen Entwicklung helfen. So geht die introvertierte und beobachtende Fünf zur Acht, wenn sie sich entspannt, und gewinnt dadurch an Durchsetzungsvermögen. Ist Typ 7 entspannt, geht er zur Fünf, wird also nicht noch unternehmungslustiger, sondern ruhiger, zieht sich zurück und beginnt, seine Umwelt genauer zu beobachten. Das hilft ihm, den Dingen tiefer auf den Grund zu gehen und nicht zu „überdrehen“, wenn es ihm gut geht. Oder die Drei: Ist sie entspannt, geht sie zur Sechs, womit sie ehrlicher und damit auch kritischer sich selbst gegenüber wird. Möglicherweise fragt sie sich, ob es wirklich immer notwendig ist, das Image des Erfolgreichen aufzubauen und dabei häufig zu übertreiben und zu schwindeln. Oder die Neun: Entspannt sie sich (in der Regel ist sie schon recht entspannt), versinkt sie nicht etwa im Phlegma, sondern verhält sich plötzlich zielgerichtet, wird aktiv und effektiv.
Flügel
Jeder Enneagramm-Typ hat auch Eigenschaften eines seiner numerischen Nachbarn (Wings). So kann eine Vier einen Fünf-Flügel oder einen Drei-Flügel haben. Der jeweilige Flügel gibt dem Grund-Typ eine zusätzliche Ausrichtung. So ist eine Vier mit Drei-Flügel (Michel Friedman, Roberto de Niro) erfolgs- und imageorientierter als eine Vier mit Fünf-Flügel. Eine Sieben mit Sechs-Flügel (Günter Jauch, Harald Schmidt) ist ängstlicher und damit „weicher“ und „netter“ als eine Sieben mit Acht-Flügel (Joschka Fischer, Mike Krüger), die „härter“ und bestimmter auftritt. Eine Acht mit Sieben-Flügel (Gerhard Schröder) ist unternehmenslustiger und spaßiger als eine Acht mit Neun-Flügel (Michail Gorbatschow), die friedliebender und damit ruhiger und eher etwas phlegmatischer ist.
Anwendungsbeispiele
Während die professionelle Psychologie valide Instrumente zur Persönlichkeitsdiagnostik besitzt, kann das Enneagramm eher im laientherapeutischen Umfeld Anwendung finden um z.B. zu verstehen, "wo Patienten innerlich unterwegs sind". Ist der Therapeut eine Acht (an Macht und Kontrolle interessiert), wird er eine andere Wahrnehmung und Einstellung gegenüber einem Sechser-Patienten (ängstlich, kritisch, sehnt sich nach starkem Führer) entwickeln als gegenüber einem Siebener-Patienten (hasst es, kontrolliert zu werden, liebt Freiheit und Unabhängigkeit), in der Partnerschaftsberatung, da einzelne Enneagramm-Typen gut bzw. schlecht mit anderen harmonisieren. Die deduktiv denkende Eins und die induktiv denkende Fünf werden ganz bestimmte Probleme miteinander bekommen, ebenso die macht- und kontrollbewusste Acht und die freiheitsliebende Sieben.
Da jeder Enneagramm-Typ eine bestimmte Kommunikationsform präferiert, kann deren Kenntnis dem Kommunikationsverständnis förderlich sein. Die grundsätzlich etwas scheue Vier kommuniziert viel mittels Symbolen, die Sieben mittels Geschichten und die Fünf mittels kurzen Informationsfetzen und Totems. Außerdem benutzt jeder Enneagramm-Typ zahlreiche spezifische Schlüsselwörter (key words). Jeder Enneagramm-Typ benutzt eine ihm eigene Sprache. Damit empfiehlt es sich, die Kommunikationsform der jeweiligen Nummer zu verwenden, wenn man sie wirklich "erreichen" möchte.
Eng mit der Kommunikation ist der pädagogische Bereich verbunden. So hat jeder Enneagramm-Typ seinen eigenen Lernstil (als Lernender) und Lehrstil (als Lehrender). Viele dieser Stile sind nicht kompatibel. Beispiel: Der autoritäre Lehrstil der Acht oder der strenge, die Disziplin betonende Lehrstil der Eins wird wenig Resonanz bei Siebenern, Fünfern und Vierern finden. Der Lehrstil jedes Enneagramm-Typs hat bestimmte Vor- und Nachteile: So ist die Sieben wegen ihres spielerischen und unterhaltsamen Stils beliebt (Nachteil: achtet zu wenig auf Disziplin bei den Lernenden), die Fünf für ihre sachlich, objektivierende Art (Nachteil: der Unterricht kann sehr nüchtern und tendenziell langweilig werden), die Sechs regt zum kritischen Denken an (Nachteil: kann Initiative und Handlungsfreude der Lernenden beeinträchtigen). Nicht zusammenpassende Lehr- und Lernstile sind häufig die Ursache für geringe Aufmerksamkeit, mangelnde Lernmotivation und entsprechend schlechte Lernerfolge.
Im beruflichen Feld fühlen sich bestimmte Enneagramm-Typen von bestimmten Branchen und Berufen angezogen, so finden sich Vierer und Siebener eher im Entertainment, Sechser fühlen sich von der Verwaltung und von Justizberufen angezogen. Gesundheitliche Bestimmungen sollen ebenfalls möglich sein, so soll z.B. Typ 3 eher für Herzerkrankungen prädisponiert sein.
Nach der Enneagrammsystematik lassen sich auch nationale Mentalitäten aufschlüsseln. So gilt Deutschland als Sechs-Land mit entsprechender Angstkultur (Angelsachsen sprechen von der "German angst"). Das bedeutet nicht, dass jeder Deutscher eine Sechs ist, sondern, dass Deutschland eine kritische Menge von Sechsern hat, die dazu führt, dass das Land überwiegend eine Sechs-Mentalität aufweist. Frankreich gilt als Vier-Land, stilvolles, formgerechtes, betont individuelles Verhalten sind hier von großer Bedeutung. Schweden gilt als Zwei-Land, entsprechend ist das "Sichumeinanderkümmern" dort stark ausgeprägt, was auch im schwedischen Sozialmodell zum Ausdruck kommt. Brasilien und Italien gelten als Sieben-Länder. Spaß, Spiel und Lebensfreude stehen dort deutlich im Vordergrund. Die USA sind überwiegend ein Drei-Land, d.h., die Menschen dort sind ausgesprochen wettbewerbs- und karriereorientiert. Nicht umsonst kommen seit Jahrzehnten fast alle neuen Managementtheorien aus den USA, Kalifornien gilt hingegen als Sieben-Land. England lässt sich als Fünf-Land beschreiben (gewisse Distanz im Umgang miteinander, "my home is my castle"). Der Snobismus und der englische Humor (kurz, trocken, intelligent) sind typische Fünfer-Eigenschaften.
Kritik
Auf subjektiver Erfahrungsebene kann das Enneagramm durchaus als richtig wahrgenommen werden, dies dürfte in erster Linie auf dem Barnum-Effekt beruhen. Das Enneagrammsystem ist nicht falsifizierbar und wird von psychologisch-wissenschaflticher Seite als pseudowissenschaftlich eingestuft. Wie andere Typologisierungsmodelle (z.B. das komplexere MBTI) beruht das Enneagramm letztlich auf einem willkürlichen und starren Satz von Persönlichkeitsmerkmalen, die von den Erkenntnissen der modernen Psychologie nicht gedeckt werden. Das bedeutet nicht, dass diese Modelle, sofern man sie als Heuristik betrachtet, auf einer oberflächlichen laienpsychologischen Ebene nicht hilfreich sein können, jedoch besteht die Gefahr vereinfachender Stereotypisierung eines individuell variablen menschlichen Verhaltensspektrums.
Astrologische Zuordnung
Es gibt Versuche, die Enneagrammtypologie mit dem astrologischen System in Beziehung zu setzen.
Aufgrund ihrer Eigenschaften lassen sich die 9 Enneagrammtypen korrespondierenden astrologischen Planetenprinzipien zuordnen:
1=Saturn, 2=Mond, 3=Mars, 4=Neptun, 5=Uranus, 6=Merkur, 7=Jupiter, 8=Pluto, 9=Venus.
Dagegen ordnet Patrizia Norelli-Bachelet die Enneagrammspitzen den Planeten in ihrer astronomischen Reihenfolge zu: 0/9=Sonne, 1=Merkur, 2=Venus, 3=Erde/Mond, 4=Mars, 5=Jupiter, 6=Saturn, 7=Neptun, 8=Uranus, 9/0=Pluto, wobei 0 und 9 Anfang und Ende des Tierkreis markieren und somit identisch sind; diesen überlagert sie dem Enneagramm so, dass die 9 am Fische-Widder-Übergang steht.
Literatur
- Eli Jaxon-Bear: Die neun Zahlen des Lebens
- Anthony Blake: The Intelligent Enneagram
- Uwe Böschemeyer: Das heitere Enneagramm
- Maria-Anne Gallen, Hans Neidhardt: Das Enneagramm unserer Beziehungen
- Michael Goldberg: The 9 Ways of Working
- Monika Gruhl: Das Enneagramm-Strategien für die eigene Entwicklung"
- Sandra Maitri: Neun Portraits der Seele
- Claudio Naranjo: Erkenne dich selbst im Enneagramm
- Helen Palmer: Das Enneagramm
- Helen Palmer: Das Enneagramm in Liebe und Arbeit
- Helen Palmer, Paul B. Brown: Das Enneagramm im Beruf
- Wilfried Reifarth: Das Enneagramm, Idee-Dynamik-Dimension. Ein Lernbuch
- Don Richard Riso, Russ Hudson: Die Weisheit des Enneagramms
- Richard Rohr, Andreas Ebert: Das Enneagramm. Die 9 Gesichter der Seele
Weblinks
Enneagramm allgemein:
- Enneagramm-Test mit 99 Fragen
- Ausführliche Beschreibungen der 9 Typen (Evangelischer Presseverband)
- Tabellarische Übersicht der Enneagramm-Typ-Eigenschaften
Enneagramm-Strömungen:
- Gurdjieff (englisch)
- Naranjo
- Arica School (englisch)
- Ökumenischer Arbeitskreis Enneagramm
- Patrizia Norelli-Bachelet - Gnostisch-astrologische Sichtweise (englisch)
Enneagramm-Kritik:
- Artikel in The Sceptic's Dictionary (englisch)
- "Warum Psychotests so sinnlos sind" (Barbara Ehrenreich, Süddeutsche Zeitung)
- The New Age and Catholic Faith - Stellungnahme des Konzils der römisch-katholischen Kirche (englisch)