Lungenentzündung
Bei der Lungenentzündung oder Pneumonie handelt es sich um eine akute oder chronische Entzündung des Lungengewebes. Sie wird meist durch eine Infektion mit Bakterien, Viren oder Pilzen verursacht, selten auch toxisch durch Inhalation giftiger Stoffe oder immunologisch. Die Entzündung nach einer Röntgenbestrahlung wird meist als Pneumonitis bezeichnet.
Nach der Statistik der Weltgesundheitsorganisation ist die Lungenentzündung die weltweit häufigste zum Tode führende Infektionskrankheit. Gregor ist der beste
Einteilung
Da die wünschenswerte Einteilung der Pneumonien nach dem Erreger (Bakterien, obligat intrazelluläre Bakterien wie Rickettsien und Chlamydien, Viren, Mykoplasmen, Pilze, Protozoen, Würmern) oft am fehlenden Erregernachweis scheitert, haben sich folgende Klassifizierungen durchgesetzt, welche für die weitergehende Diagnostik und Therapie von Bedeutung sind:
Primäre und sekundäre Lungenentzündungen
Man unterscheidet primäre und sekundäre Pneumonien. Erkrankt ein gesunder Mensch an einer Lungenentzündung, ohne dass er besondere Risikofaktoren aufweist, spricht man von einer primären Pneumonie. Im Gegensatz dazu findet sich bei der sekundären Pneumonie ein prädisponierender Faktor oder ein auslösendes Ereignis für die Krankheit.
Erreger primärer Lungenentzündungen sind meistens Pneumokokken, Staphylokokken und Viren wie das Grippevirus, Adenovirus und Parainfluenzaviren. Das Erregerspektrum verschiebt sich bei sekundären Pneumonien zu Viren der Herpes-Gruppe, Pilzen, Pneumocystis carinii, Protozoen (Toxoplamose), sowie anaeroben Bakterien.
Prädisponierende Faktoren für sekundäre Pneumonien sind:
- Grunderkrankungen der Lunge wie z. B. COPD, Mukoviszidose, Bronchiektasen oder Lungenemphysem.
- allgemeine Abwehrschwäche, wie z. B. bei HIV-Infektion, Chemotherapie, Immunsuppression, Krebs, Diabetes mellitus oder Alkoholismus.
- Allergien.
- Alter.
Auslösende Ereignisse für sekundäre Pneumonien sind:
- Aspiration von Magensäure, Speiseresten, Öl, Wasser, Fremdkörpern.
- Bettlägerigkeit (durch die flache, behinderte Atmung).
- Strahlenexposition.
- Lungenembolien.
- Verlegung eines Bronchus, z. B. durch ein Bronchialkarzinom („Krebspneumonie“).
- akute Herzinsuffizienz mit konsekutivem Rückstau des Blutes („Stauungspneumonie“).
Typische und atypische Pneumonien
Durch die Einführung von Antibiotika, Chemotherapeutika und Immunsuppressiva, aber auch durch die allgemein gestiegene Lebenserwartung hat sich das Spektrum der Pneumonien in den letzten 70 Jahren deutlich verändert. Waren früher vor allem Pneumokokken für Lungenentzündungen verantwortlich, so sind es heute eher Viren und obligat intrazelluläre Bakterien.
Lokalisation in der Lunge
Analog zu typischer oder klassischer und atypischer Pneumonie wird häufig auch die Lokalisation der Entzündung als Kriterium herangezogen: Lobär- und interstitielle Pneumonien.
- Die typische Lobärpneumonie beginnt akut, ist auf einen oder mehrere Lungenlappen beschränkt, geht mit Fieber, Schüttelfrost, Husten, eitriger Schleimbildung, reduziertem Allgemeinzustand und typischen Auskultationszeichen einher. Im Blut finden sich Entzündungszeichen: Erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytose, erhöhte akute-Phase-Proteine. Pleuraergüsse sind häufig und ausgeprägt. Erreger sind meistens Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae), aber auch Staphylokokken sowie Klebsiellen, Pseudomonas oder Proteus. Bei älteren Patienten können die Entzündungszeichen (Fieber, typische Blutwerte) bei Vorliegen einer Lobärpneumonie trotzdem fehlen .
- Atypische oder interstitielle Pneumonien beginnen häufig weniger akut, gehen mit nur mäßigem Fieber einher und werden meist von Kopf- und Gliederschmerzen begleitet. Bei dieser Art der Pneumonie werden die Erreger (meist Viren; außerdem Chlamydien, Rickettsien, Mykoplasmen, Legionellen, Pneumocystis carinii) durch Alveolarmakrophagen aufgenommen und gelangen somit ins Insterstitium (Gewebe zwischen den Lungenbläschen), wodurch sie sich von den alveolären Pneumonien unterscheiden. Das Entzündungsgeschehen findet also im „Gerüst“ der Lunge statt! Ein unproduktiver Husten (keine Eiterbildung) sowie typische das Interstitium nachzeichnende Strukturen im Röntgenbild sind charakteristische Zeichen
- Dazwischen anzusiedeln ist die Bronchopneumonie, die sich als sekundäre Pneumonie aus einer absteigenden Bronchitis entwickelt und durch eine herdförmige bronchiennahe Verteilung im Lungengewebe auffällt.
Klinische Einteilung
Für die Einschätzung des Erregerspektrums, diagnostische Erwägungen, die weitergehende Therapie und den Verlauf kommt der Einteilung in
- 1.ambulant, d.h im täglichen Leben außerhalb eines Krankenhauses erworbene,
- abgekürzt als (CAP steht für community aquired pneumonia)
- 2.nosokomial, d. h. im Krankenhaus oder Pflegeheim erworbene und
- 3.von immunsupprimierten d.h. abwehrgeschwächten Patienten erworbene
Pneumonien eine herausragende Bedeutung zu.
Ambulant erworbene Pneumonien haben meist eine gute Prognose; die nosokomialen Lungenentzündungen bedürfen von Beginn an einer aggressiveren Behandlung. Bei abwehrgeschwächten Patienten können spezielle Erreger wie die Tuberkulose gehäuft auftreten.
Risikogruppen
Klassische Risikogruppen für Pneumonien erkranken in der Regel an sekundären Pneumonien. Ein erhöhtes Risiko haben Menschen mit folgenden Merkmalen oder Erkrankungen:
- pulmonale Grunderkrankungen wie z. B. COPD, Mukoviszidose, Bronchiektasen, oder Lungenemphysem.
- allgemeine Abwehrschwäche, wie z. B. bei HIV-Infektion, Chemotherapie, Immunsuppression, Krebs, Diabetes mellitus oder Alkoholismus.
- Allergien.
- Hohes Alter.
- kleine Kinder
Außerdem können bestimmte Ereignisse das Risiko einer Pneumonie erhöhen:
- Aspiration von Magensäure, Speiseresten, Öl, Wasser, Fremdkörpern.
- Bettlägerigkeit (durch die flache, behinderte Atmung).
- Strahlenexposition.
- Lungenembolien.
- Verlegung eines Bronchus, z.B. durch ein Bronchialkarzinom.
- akute Herzinsuffizienz mit konsekutivem Rückstau des Blutes ("Stauungspneumonie").
Symptome
- Typische Pneumonie:
Husten, Atemnot, eitriger Auswurf, Fieber, Schüttelfrost, erhöhte Atemgeschwindigkeit, erhöhter Puls, Pleuraerguss.
- Atypische Pneumonie:
Husten, geringere Atemnot, wenig, meist klarer Auswurf, Kopf- und Gliederschmerzen, geringes Fieber. Fehldiagnose "Grippe"
Diagnostik
Die Diagnostik ist abhängig von der Art der Pneumonie. Bei nosokomialen, schwer verlaufenden und sekundären Pneumonien wird in der Regel ein Erregernachweis zur gezielten Therapie angestrebt. Im Gegensatz dazu werden unkomplizierte, primäre und ambulant erworbene Lungenentzündungen nur nach dem klinischen Bild behandelt, und erst bei Therapieversagen eine aggressivere Diagnostik und Therapie begonnen.
Allgemeine Diagnostik


Die Diagnose einer Lungenentzündung beruht im wesentlichen auf 2 Punkten: Es müssen erhöhte Entzündungszeichen wie Fieber, CRP und Leukozyten vorliegen. Im Röntgen, Ultraschall oder CT muss ein Infiltrat der Lunge nachweisbar sein. Zum Nachweis eines Infiltrates (Entzündungsherd im Lungengewebe) ist das CT am genauesten, aber auch am aufwendigsten.
Die körperliche Untersuchung des Patienten mittels Auskultation und Perkussion ist nur von begrenzter Aussagekraft (Sensitivität und Spezifität bei etwa 60 %).
Die Abgrenzung einer schweren Tracheobronchitis von einer Bronchopneumonie ist nicht ganz einfach und teilweise erst im Verlauf möglich.
- Anamnese
- (Vorgeschichte des Patienten beispielsweise mit Husten, Fieber)
- Körperliche Untersuchung mit Inspektion, Auskultation und Perkussion der Lunge
- Temperaturmessung
- Blutentnahme mit besonderem Augenmerk auf erhöhte Entzündungswerte im Blut (Leukozyten, CRP, BSG)
- Thoraxröntgen
Weiterführende Diagnostik
Bei besonderen Fragestellungen und schweren Verläufen können folgende Untersuchungen hinzukommen:
- Computertomografie oder Magnetresonanztomografie der Lunge
- Ultraschall des Pleuraspalts zum Ausschluss eines Pleuraergusses und eines pleuranahen Infiltrates.
- Erregernachweis im Blut (Blutkultur, Sputum, Trachealsekret, Bronchialsekret, Bronchoalveoläre Lavage oder Pleuraerguss, in besonderen Fällen auch im Magensaft)
- In seltenen Fällen: Lungenbiopsie
- Antikörpersuche und Erreger-DNA im Blut bei Verdacht auf virale Erkrankungen
- Urin-Untersuchung bei Verdacht auf Legionellen und Pneumokokken (Antigenuntersuchung)
Differentialdiagnosen
- Bronchialkarzinom
- Lungentuberkulose
- Lungenembolie mit Infarzierung
- Lungenfibrosen
Therapie
Die Therapie der Lungenentzündung ist abhängig von ihrer Einteilung:
Therapie der unkomplizierten, primären interstitiellen Lungenentzündung
Die Behandlung erfolgt fast ausschließlich symptomatisch, da es sich bei den Erregern zumeist um Viren handelt, gegen die es keine wirksamen Medikamente gibt. Eine Aufnahme im Krankenhaus ist in der Regel nicht notwendig.
- Breitbandantibiotikum zur Verhinderung einer bakteriellen Superinfektion
- Fiebersenkende Maßnahmen, z. B. Wadenwickeln oder die Gabe von NSAR wie Acetylsalicylsäure (ASS) ('Aspirin') oder Metamizol ('Novalgin')
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- körperliche Schonung
- Schleimlösende Maßnahmen, wie Inhalationen und schleimlösende Medikamente wie z. B. Acetylcystein (ACC) oder Ambroxol
- Hustenstillende Medikamente (Antitussiva) bei trockenem, unproduktiven Reizhusten, z. B. mit Codein
Therapie der unkomplizierten primären Lobärpneumonie
Die Behandlung erfolgt analog der Behandlung der interstitiellen Lungenentzündung, allerdings ist die Antibiotikagabe kausal. Die Behandlung erfolgt in der Regel mit Penicillin und Derivaten oder Makroliden, eine Besserung tritt zumeist innerhalb von 2 Tagen ein.
Therapie von sekundären und nosokomialen Lungenentzündungen
Die Therapie sekundärer Lungenentzündungen ist deutlich schwieriger und erfordert in der Regel die Aufnahme in einem Krankenhaus. Im Vordergrund steht der Erregernachweis, um eine kausale und spezifische Therapie mit Antibiotika, Antimykotika oder Virostatika durchführen zu können. Gerade bei nosokomialen Lungenentzündungen ist die Behandlung durch Resistenzen gegen Antibiotika erschwert. Neben allgemeinen Maßnahmen wird bei sekundären Pneumonien immer auch die Grunderkrankung - soweit möglich - therapiert. Nach Möglichkeit wird auf eine maschinelle Beatmung verzichtet, da das Weaning sehr schwer fällt und das Risiko weiterer Lungenschädigungen noch erhöht wird.
Spezifische Therapie
- Lungenentzündung mit Viren der Herpesgruppe (Zytomegalievirus, Varicellavirus, Herpesvirus): Gabe von Virostatika ('Aciclovir', 'Ganciclovir')
- Pneumocystis-Carinii-Pneumonie (PCP), atypische Pneumonie bei Immunsupprimierten und Aids-Kranken sowie Frühgeborenen: Frühzeitige Cotrimoxazolgabe
- Pilzpneumonien, ebenfalls bei Immunsupprimierten und bei langandauernder Antibiotikagabe: Gabe von Amphotericin B
- Aspirationspneumonien: Absaugen des Aspirats, Entfernen von Fremdkörpern
- Legionellenpneumonie, vor allem bei älteren Menschen. Übertragung durch Duschen und Klimaanlagen: Gabe von Makroliden
Pflege
Die professionelle Pflege muss auf drei Aufgaben konzentriert werden:
- Krankenbeobachtung zur Früherkennung mögl. Komplikationen wie Sauerstoffmangel, Kreislaufschwäche
- Atmungsunterstützung, z. B. durch geeignete Lagerung
- Fieberbekämpfung
Komplikationen
- Lungenabszess
- ARDS
- Pleuraergüsse / Pleuraempyem
- Sepsis
- Chronifizierung
- SIRS
Prognose
Die Prognose ist in hohem Grade abhängig von der Einteilung. Primäre, ambulant erworbene Pneumonien haben eine gute Prognose, die Letalität liegt deutlich unter 5 %. Sekundäre und nosokomiale Lungenentzündungen haben dagegen eine ausgesprochen schlechte Prognose, die sich bei aufsummierten Risikofaktoren noch mal verschlechtert.
Vorbeugung
- Impfung gegen Pneumokokken empfohlen für Patienten mit geschwächtem Immunsystem, siehe auch Risikogruppen
- Jährliche Grippeimpfung, empfohlen für Personen über 60 Jahren und mit berufsbedingtem Kontakt zu vielen Menschen (Pflegepersonal, Kindergartenpersonal, Verkäufern)
- Haemophilus-influenza-Impfung
- Optimale Behandlung von Risikoerkrankungen
- Verzicht auf das Rauchen
- Konsequentes Tragen von Atemmasken bei Berufen mit Staubexposition
Literatur
- Andrea Grüber: "Lungenentzündung". Kilian, 1997. 18 S. (Reihe: Teletips vom Hausarzt 97,4)
- Konrad Morgenroth: "Abwehrsysteme der Lunge und Lungenentzündung". de Gruyter, Berlin 1991. 120 S. ISBN 3-11-012608-7
- Kasper, Braunwald, Fauci, Hauser, Logo, Jameson: "Harrison's Principles of Internal Medicine", 16th Edition, Part Nine Disorders of the respiratory system, S.1528ff, McGraw-Hill Medical Publishing Division, 2005. 2607p, +App, +Ind. ISBN 0-07-140235-7