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Cholera

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Choleraverbreitung auf der Welt (Stand 2004)

Die Cholera (gr.: Gallenbrechdurchfall) ist eine schwere, bakterielle Infektionskrankheit, die vorwiegend den Dünndarm befällt. Sie kann extremen Durchfall und starkes Erbrechen verursachen, was zu einer schnellen Austrocknung (Exsikkose) mit Elektrolytverlust führen kann. Obwohl die meisten Infektionen asymptomatisch verlaufen (etwa 85 %), beträgt die Letalität bei Ausbruch der Krankheit unbehandelt zwischen 20 und 70 %.

Symptome und Beschwerden

Nach einer Inkubationszeit von 2-3 Tagen verläuft Cholera meist in drei Stadien:

  1. Stadium mit Brechdurchfall mit häufig dünnflüssigem Stuhl, oft mit Schleimflocken durchsetzt („Reiswasserstuhl“) und selten mit Schmerzen im Bauch.
  2. Stadium des Flüssigkeitsmangels (Exsikkose). Dabei kommt es zu Untertemperatur und zu einem auffälligen Gesichtsausdruck mit spitzer Nase, eingefallenen Wangen und stehenden Hautfalten.
  3. Stadium der allgemeinen Körperreaktion mit Fieber, Benommenheit, Verwirrtheit, Koma und Hautausschlag. Komplikationen wie zum Beispiel eine Lungenentzündung, eine Entzündung der Ohrspeicheldrüse und eine Sepsis können hinzukommen.

Menschen mit der Blutgruppe 0 sind besonders gefährdet, solche mit der Blutgruppe AB am wenigsten.

Diagnose

Die Diagnose geschieht

  • anhand der typischen Beschwerden, die bei einer Person in einem Gebiet mit bekannter Choleragefahr auftreten und
  • anhand des bakteriologischen Erregernachweises im Stuhl oder in Erbrochenem. Die Anzucht geschieht in sog. Peptonwasser bei pH 9.

Ursachen

Cholerabakterien im Elektronenmikroskop.

Die Cholera wird durch das Bakterium Vibrio cholerae ausgelöst, dessen Toxin (Choleratoxin genannt) zu starkem, reiswasserartigem Durchfall mit großem Flüssigkeitsverlust führt (bis zu 25 Liter am Tag). Der Erreger wurde erstmals von Filippo Pacini 1854 als gekrümmtes, kommaförmiges und hochbewegliches Bakterium beschrieben.

John Snow erkannte ebenfalls 1854, dass die herrschende Cholera in London nicht durch Dünste (Miasmen) verbreitet wurde, wie seinerzeit allgemein angenommen wurde.

Robert Koch hat 1883 zusammen mit Fischer und Georg Theodor August Gaffky (1850-1918) in Ägypten den Erreger aus dem Darm von verstorbenen Patienten in Reinkultur angezüchtet.

Cholera tritt häufig in armen Ländern auf, in denen Trinkwasser- und Abwassersysteme nicht voneinander getrennt sind.

Cholera wird in der Regel durch Trinkwasser verursacht, welches mit Choleraerregern verunreinigt ist. Choleraerreger finden sich vor allem in Fäkalien, sowie in Fluss- und Meerwasser, welches mit Fäkalien belastet ist. Außerdem können Fische und andere Nahrungsmittel aus Flüssen und dem Meer mit Choleraerregern verunreinigt sein. In den Industrieländern ist meist eine ausreichende und hygienisch einwandfreie Versorgung der Bevölkerung gewährleistet, so dass Cholerafälle selten sind. In den Entwicklungsländern ist die Cholera eine weit verbreitete und gefährliche Krankheit. Der letzte größere Choleraausbruch in Deutschland war in Hamburg im Jahr 1892. Die Krankheit kann epidemisch auftreten und ist in Deutschland meldepflichtig.

Geschichte

Die Cholera wurde seit etwa 600 v. Chr. im Gangestal in Indien beobachtet. Um 1830 brachten die gegen den polnischen Aufstand herangerufenen russischen Truppen von der indischen Grenze die Krankheit erstmals nach Europa (Tod von Gneisenau, Clausewitz, Hegel u.v.a.).

Mitte des 19. Jahrhunderts gab es große Cholera-Epidemien in London. Durch den Bau eines großen Abwassernetzes unter Joseph Bazalgette konnten sie beendet werden. Tragische Figur dieser Epidemien in London ist der Arzt John Snow, der bereits 1854 die Herkunft der Cholera entdeckte, dessen Theorien jedoch bis nach seinem Tod nicht ernst genommen wurde. Snow führte die Seuche auf das verseuchte Trinkwasser Londons zurück und widerlegte den Irrglauben die Cholera würde über die stinkende Luft der Großstadt übertragen.

Im Krimkrieg (1853 bis 1856) kamen auf beiden Seiten mehr Soldaten durch die Cholera um als in Kampfhandlungen. So starben u.a. der britische Oberbefehlshaber Lord Raglan und der Befehlshaber der französischen Flotte Armand Joseph Bruat daran.

Um 1892 grassiert die Cholera in Afghanistan und gelangt nach Russland. Robert Koch, der als Entdecker des Cholera-Erregers gilt, vermutete, dass russische Amerika-Auswanderer sie mit nach Hamburg gebracht haben. Es gibt jedoch starke Zweifel an dieser Hypothese, da die ersten Cholerafälle unter den Hamburgern entdeckt wurden. Durch die fehlende Aufklärung der Bevölkerung und zu wenig Kläranlagen wurde der Ausbruch des Erregers begünstigt. Allein in Hamburg starben mehr als 8600 Personen.

Die letzte größere Choleraepidemie weltweit breitete sich in Peru 1991 aus. Am 9. Februar rief die peruanische Regierung den nationalen Notstand aus, trotzdem trat die Epidemie auch in Ecuador, Kolumbien, Mexiko und Nicaragua auf. Von den rund 400.000 damals in Südamerika Erkrankten starben schätzungsweise 12.000.

Behandlung

Die wichtigste Behandlungsmaßnahme ist der ausreichende Ersatz von Flüssigkeit, Zucker und Salzen. Dieser Ersatz erfolgt am besten intravenös, da so der entzündete Magen-Darm-Trakt umgangen wird. In Ländern der Dritten Welt wird aber auch der orale Flüssigkeitsersatz einfach und erfolgreich praktiziert.

Die WHO empfiehlt eine oral zu verabreichende Salz- und Glukoselösung in Wasser, die aus folgenden Komponenten besteht:

Ein Antibiotikum vom Fluorchinolonetyp, z. B. Ciprofloxacin ist bei schweren Verläufen empfehlenswert. Mit diesen Maßnahmen kann die Sterblichkeitsrate von 60 % auf unter 1 % gesenkt werden. Zur Vorbeugung empfiehlt sich vor allem die Einhaltung hoher hygienischer Standards, vor allem die Bereitstellung hygienisch einwandfreien Trinkwassers. Auch eine Impfung ist möglich, wird allerdings im allgemeinen nicht empfohlen. Neuere Entwicklungen (Schluckimpfung) sind wirksamer und verträglicher und schützen auch zu einem gewissen Grad vor dem klassischen Reisedurchfall. Die frühere intramuskuläre Impfung ist als veraltet und wirkungslos zu beurteilen.

Das Choleratoxin ist ein aus zwei sogenannten A und fünf B-Proteinuntereinheiten aufgebautes Toxin. Es hemmt GTPase-Aktivität von G-Proteinen, welche für die Umsetzung von GTP zu GDP zuständig ist und damit für die Inaktivierung selbiger, und blockiert somit die Signalabschaltung in der Zelle. Es kommt zu einem Überschuss des Second Messengers cAMP durch Aktivierung der Adenylatcyclase.

Ein neuer oraler Cholera-Impfstoff wirkt nicht nur antibakteriell (gegen den Erreger) sondern zusätzlich antitoxisch (gegen das Choleratoxin).

Verwandte Themen

Wiktionary: Cholera – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen