Wut (Fernsehfilm)
Film | |
Titel | Wut |
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Produktionsland | Deutschland |
Originalsprache | Deutsch |
Erscheinungsjahre | 2006 |
Länge | 90 Minuten |
Stab | |
Regie | Züli Aladağ |
Drehbuch | Max Eipp |
Produktion | Christian Granderath |
Musik | Johannes Kobilke |
Kamera | Wojciech Szepel |
Schnitt | Andreas Wodratschke, Dora Vajda |
Besetzung | |
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Wut (dt. Alternativtitel: Can) ist ein deutscher Fernsehfilm (2005) des Regisseurs Züli Aladağ.
Er verursachte unmittelbar vor Erstaustrahlung im September 2006 eine Kontroverse über Gewalt in den Medien. Der vom Westdeutschen Rundfunk als Beitrag zur Integration gedachte Film sollte ursprünglich am 27. September 2006 zur Hauptsendezeit mit anschließender Diskussionssendung im Ersten gezeigt werden, wurde jedoch kurzfristig auf den 29. September in das Spätprogramm verschoben. Diese Programmänderung wurde allgemein kritisiert.
Handlung
Das Filmdrama spielt in Berlin und erzählt die Eskalation eines Konflikts zwischen einer Familie des Bildungsbürgertums mit einem türkischstämmigen Jugendlichen.
Daneben thematisiert der Film das Scheitern der Kommunikation innerhalb der deutschen und der türkischen Familie.
Der angehende Literaturprofessor Simon Laub und seine Frau Christa, Immobilienmaklerin, ermöglichen ihrem Sohn Felix ein Leben in Wohlstand und Bildung, doch Felix hat Probleme mit dem türkischstämmigen Jugendlichen Can, dem er regelmäßig Marihuana abkauft. Dieser ist Sohn eines türkischen Gemüsehändlers und weniger gut gestellt und zeigt sich seinem wohlhabenden deutschen Freund gegenüber bisweilen neidisch und mißgünstig. Aber erst als Cans "Gang" Felix seine neuen Markenturnschuhe „abzieht“ und der Junge barfuß nach Hause kommt, bemerkt Felix' Vater, welchen Umgang sein Sohn pflegt.
Gegen Felix' Willen versucht Simon nun, Can durch Zureden dazu zu bewegen, seinen Sohn in Ruhe zu lassen. Durch ein Gespräch mit Cans Vater verspricht sich Simon zudem, die Schuhe seines Sohnes zurückzuerhalten. Als Can schließlich die Schuhe wirklich zurückbringt, dabei aber keine Anstalten macht der Situation eine versöhnliche Note zu geben, erweist sich die Liberalität des Literaturprofessors früh als nur vorgeblich ("Sagen wir, Sie hatten die Schuhe zum Putzen").
Allmählich, aber mit aller Konsequenz setzt sich eine Rache- und Gewaltspirale in Gang, die Vater Laub, der durch die auf der anderen Seite immer bedrohlicher werdenden Attacken des Jugendlichen immer mehr die Skrupel verliert, selbst zu drastischen Maßnahmen greifen lassen, angeblich um seine Familie zu schützen, als Can ebenbürtigen Gegener zeigt: So zeigt er Can wegen seines Drogenhandels bei der Polizei an - Can wird daraufhin von seinem Vater verstoßen - oder läßt ihn durch einen Freund zusammenschlagen. Felix síeht derweil Can weiterhin als seinen Freund an und positioniert sich zwischen die beiden Streithähne. Dennoch steigert sich die wechselseitige Gewalttätigkeit Cans und Simons weiter bis zum Schluß des Films.
Informationen zum Film
Gedreht wurde Wut im Herbst 2005 in Berlin.
Oktay Özdemir ("Ich hätte auch gern den Felix gespielt") spielt den Jugendlichen Can, der Professorensohn Felix Laub wird von Robert Höller dargestellt. August Zirner und Corinna Harfouch sind in den Rollen seiner Eltern zu sehen.
Der Produktionsfirma Colonia Media, die Wut für den WDR produzierte, stand entgegen des späten Sendetermins ein größeres Budget zur Verfügung, weil die Produktion ursprünglich für die Primetime angesetzt war.
Das Drehbuch von Max Eipp galt schon vor seiner Verfilmung als äußerst heikler Stoff und wurde deshalb von Fernsehverantwortlichen mehrfach abgelehnt. Der ursprüngliche Schreibanlass war ein eigenes Erlebnis des Autors aus dem Bereich Jugendgewalt, welches er im Drehbuch dramatisch zuspitzt.
Bei dem Fernsehfilm handelt es sich um ein um Realitätsnähe bemühtes Filmdrama. Er erhielt das Prädikat "besonders wertvoll" der Filmbewertungsstelle Wiesbaden mit der Begründung, der Filmtitel übertreibe nicht, das Filmende halle lange. Der "mutige, fast dokumentarische Film" erzähle "jenseits des Fernseh-Üblichen von der Gewalt in unserer Gesellschaft."
Wut wurde gleichsam vor der Ausstrahlung von der Kritik hoch gelobt. So nannte z. B. Peter Luley von der Süddeutschen Zeitung Wut „den mit Abstand beste[n] Fernsehfilm der Saison“. [1] Selbst die Katholische Nachrichtenagentur konstatierte, dass der als „hartes TV-Drama“ (TV Hören + Sehen) angekündigte Film „zu den herausragenden Fernsehereignissen des Jahres“ gezählt werden müsse.[2]
Das Drama erhielt eine Altersfreigabe "ab 12 Jahren".
Die Dramaturgie des Filmes folgt von Beginn an der erzählten Rache- bzw. Gewaltspirale und lässt dabei deutlich Anleihen an der Struktur und Rhetorik der Novelle Michael Kohlhaas von Heinrich von Kleist (nicht zufällig Gegenstand der Antrittsvorlesung Simons) erkennen. Vorherrschend ist ein episodenhafter Aufbau: Während eine Sequenz die Aktion zeigt, zeigt die nächste oft ohne Umschweife die Reaktion bzw. Gegenaktion, wodurch die Handlung ein großes Tempo erhält. Die Schauplätze sind dabei abwechselnd den entgegengesetzten Milieus der Protagonisten zuzuordnen. Was in den Zwischenzeiten geschieht bleibt im Detail im Unklaren, läßt sich aber grob aus dem Gezeigten erschließen. So wird z. B., nachdem zu sehen war, wie Can in seiner Wohnung verhaftet wird, gezeigt, wie Cans Gang Felix auflauert. In der nächsten Einstellung finden Felix' Eltern ihren Sohn bewußtlos und verletzt vor der Haustür. Völlig unklar bleibt dagegen durch die episodenhafte Erzählstruktur, ob Felix und Can in der selben Gegend wohnen, vielleicht sogar auf die selbe Schule gehen, oder sie in völlig unterschiedlichen Stadtteilen aufwachsen und nur Felix' Drogenkonsum (Can dealt) die beiden immer wieder zusammen führt. Der Film zeigt zudem so gut wie keine Motive für die Handlungen, sondern vornehmlich die Handlungen selbst und läßt dadurch viel Raum für eigene Interpretationen des Zuschauers.
Die Filmerzählung weist dabei durchweg eine merkwürdige Fokussierung auf die Hauptdarsteller auf: mit Felix, seinen Eltern (inklusive ihrer beiden Verhältnisse), Can und dessen Vater ist das Repertoire an nicht nur schemenhaft gezeichneten Figuren bereits komplett. Außer Cans Jugendbande erscheinen zum Beispiel auch keine weiteren Jugendlichen, z. B. Mitschüler oder Freunde von Felix und selbst Cans Gangmitglieder, obwohl sie häufig zu sehen sind, werden in keiner Weise charakterisiert.
Äußerlich ist der Film an einer kommerziellen Spielfilmästhetik orientiert, benutzt teilweise verfremdende Effekte wie Slowmotion, läßt aber auch zeitweilig Einstellungen wie Dokumentaraufnahmen erscheinen. Neben der deutschen Sprache sind auch türkische Ausdrücke und Dialoge zu hören, die aber nur untertitelt werden, sofern es für das Verständnis der Handlung unbedingt notwendig ist. Die Sprache der Jugendlichen spiegelt dabei den tatsächlichen Code unter Jugendlichen auf der Straße wieder. Eine Besonderheit in dem auch ansonsten realistisch erzählten und chronologisch strikt auf das Ende zusteuernden Film, der auf motivklärende Stilmittel wie innerer Monolog oder Rückblende verzichtet, ist eine kurze Traumsequenz des Simon Laub.
Die knapp gehaltene musikalische Untermalung des Filmsoundtracks spiegelt wie die Dramaturgie den Gegensatz zwischen den beiden Familien wieder: sie reicht von türkischer Folklore über deutschsprachigen Hip-Hop deutsch-türkischer Rapper (der auch von Felix gehört wird) bis hin zu klassischer Musik von Schubert.
Der Film erreichte bei seiner Erstausstrahlung am 29. September 2006 2,67 Millionen Zuschauer (Marktanteil 12,5 Prozent). Die anschließende Diskussionsendung verfolgten 1,27 Millionen Zuschauer (10,8 Prozent Marktanteil). Der WDR aber auch die Tagespresse nannten die Quoten angesichts der Thematik der Sendungen "hervorragend". Das "rege Interesse" an den Sendungen drückte sich auch in 1500 Zuschaueranrufen aus, die der WDR nach den Sendungen zu Wut entgegennahm.
Kontroverse
Während das WDR-Presseheft zu Wut den Film in eine Reihe mit Meilensteinen der Fernsehgeschichte wie Das Millionenspiel oder Smog stellte, übten Jugendschützer wegen harter Gewaltszenen und gewalttätiger Sprache Kritik an der Produktion, die vorab innerhalb des Medienforums NRW zu sehen war.
WDR-Intendant Fritz Pleitgen gab schließlich die Verschiebung durch einen Beschluss der Intendanten der ARD bekannt, dem er als Vertreter des WDR nicht zugestimmt hatte: „Man glaubt, dass dieser Film zu gewalttätig sei und nicht um 20.15 Uhr ausgestrahlt werden sollte – in einer Zeit, wo noch viele Jugendliche an den Fernsehschirmen sitzen könnten.“ Pleitgen jedoch hätte der ARD „ein bisschen mehr Courage zugetraut“. Der Film sei ein Film für Jugendliche und zeige die Realität, wie Jugendliche sie heutzutage erleben – nicht, wie ältere Erwachsene sie gern hätten.[3]
Andere Stimmen - auch zahlreiche Zuschauerstimmen in Internetforen - vermuten, die Gewaltdarstellungen seien gar nicht der Hauptgrund für die Verschiebung, sondern dass der Film mit seinem Titelhelden Can einen kriminellen Migrantenjugendlichen und sein Milieu realistisch darstelle und daher von gewissen Kreisen als ausländerfeindlich oder rassistisch eingestuft werden könnte. Drehbuchautor Max Eipp wurde dagegen in verschiedenen Printmedien zitert, dass das im Film Dargestellte "nicht repräsentativ" zu verstehen sei.[4]
„Es gibt Opfer und Täter in allen Ethnien, auch unter Türken. Man muss das erzählen dürfen, ohne sofort die Erklärung für die Sozialisierung einer Figur mitzuliefern“ warb in diesem Zusammenhang der Regisseur Züli Aladag, selbst als Kind aus der Türkei nach Deutschland eingewandert, den Film verteidigend gegenüber dem Kölner Stadt-Anzeiger für mehr Selbstverständlichkeit und Normalität in der Diskussion auch über negative Seiten der Migration. Man solle die Diskussion über den Umgang mit Fremdheit und damit verbundene Schwierigkeiten nicht nur den Rechten überlassen. Hierzu sei der Film ein Beitrag. Die Dinge beim Namen nennen zu können und den Unmut über bestimmte Zustände zu formulieren habe zudem laut Aladag „für eine bestimmte Schicht der Deutschen etwas sehr Befreiendes.“[5]
Die deutsche Wochenzeitschrift Der Spiegel hatte dagegen zuvor die Absicht des Films „mit dem gutmenschlichen linksliberalen Köhlerglauben (zu) brechen, eigentlich seien Ausländer immer nur Opfer“ als „Spiel mit dem Feuer“ bezeichnet und damit laut WDR-Redakteur Wolf-Dietrich Brücker („stattdessen läuft jetzt Paradies in den Bergen“) den Anlass zu der Verschiebung gegeben. Der Spiegel kritisierte weiter, der Film Wut erwecke den falschen Eindruck, „die bisherige Debatte um die Integration der Ausländer (sei) von Tabus geprägt, von falscher deutscher Rücksichtsnahme.“[6] Das Nachrichtenmagazin bezeichnete den Schluss des Films, der Selbstjustiz propagiere, als „fahrlässig“. Andere Blätter dagegen wie das Hamburger Abendblatt lobten, dass der Zuschauer gerade aufgrund so eines Endes „kaum umhinkann, sich zu positionieren und mit der eigenen Haltung auseinanderzusetzen - was eine tabufreie Diskussion über Migrationsprobleme und vorgetäuschte Liberalität mit sich bringen könnte.“ [7]
Die beiden Springer-Blätter Die Welt und die Bild-Zeitung hielten noch weitere Beweggründe für die Verschiebung von Wut für möglich, nämlich die Angst der ARD vor islamistischem Terror. Damit sahen sie die Entscheidung im Zusammenhang mit den Ausschreitungen nach einem Vortrag von Papst Benedikt XVI., in welchem er eine islamkritische Äußerung zitiert, sowie der annähernd zeitgleichen Absetzung einer Inszenierung der Mozart-Oper Idomeneo, in der abgetrennte Köpfe von Religionsstiftern - darunter Mohammed - gezeigt werden. So malte z.B. der Publizist Hajo Schumacher in der Welt ein überspitztes Szenario aus: Was wäre, wenn islamistische Hysterisierungsprofis den WDR zum Ziel erklären würden: Dänemark, Regensburg, Köln? Würden in Syrien Pleitgen-Puppen an Galgen baumeln, in Indonesien die Hauszeitschrift "WDR print" abgefackelt?[8] Da sich der Film des türkischstämmigen Regisseurs Aladag jedoch weder religiös, noch islamkritisch gibt und die Verschiebungsentscheidung der ARD ihm zudem vielmehr eine weiter verstärkte Aufmerksamkeit beschert hat, als dass die Filmthematik an sich dadurch entschärft worden wäre und dennoch eine Nichtaustrahlung nie zur Debatte stand, muss man derartige Spekulationen einem unseriösen Meinungsjournalismus zuordnen.
Am Tag vor dem ursprünglichen Sendetermin stellte der ARD-Vorsitzende Thomas Gruber in München noch einmal offiziell klar, dass allein die Bindung der ARD an den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sowie an weitere ARD-Richtlinien und Kriterien zum Jugendschutz der Grund für die Verschiebung war: "Das und nur das ist der Grund, weshalb die vom WDR eingebrachte Produktion Wut nicht vor 22.00 Uhr im Ersten gezeigt werden kann".[9]
Ungeachtet dieser Erklärung berichteten tags darauf deutsche Medien, dass Politiker aus SPD wie CDU die Verschiebung als "Selbstzensur" verurteilen: Während Johannes Kahrs gegenüber der Bild den späteren Sendeplatz als "indiskutabel" bezeichnete - man könne "als Demokratie nicht dauernd irgendwelchen Radikalen nachgeben und [...] Werte [...] einfach aufgeben", sah Bernd Neumann auch im Zusammenhang mit der Absetzung von Idomeneo "die demokratische Kultur in Gefahr".[2] Mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber setzte sich neben anderen schließlich auch ein CSU-Mitglied öffentlich für den Film des türkischstämmigen Einwanderers Aladag ein und bezeichnete dessen Verschiebung als "fatales Signal. (...) Die Wahrheit (habe) Anspruch darauf, ohne Wenn und Aber gezeigt zu werden."[10]
Fritz Pleitgen hatte unlängst mit dem Verschwinden von Film und Diskussion im späten Abendprogramm die Sendungen um ihre mögliche Wirkung auf die Gesellschaft beraubt gesehen: „Um Mitternacht eine gesellschaftlich wichtige Diskussion zu führen, ist natürlich eine vertane Chance.“[11]
Diskussion

Eine Live-Diskussion, die mit Sandra Maischberger und Asli Sevindim von einer deutsch- und einer türkischstämmigen Journalistin geleitet werden sollte und im direkten Anschluss an die Filmsendung unter dem Titel „Tatort Schulweg: Hilflos gegen Jugendgewalt?“ geplant war, kam nicht zustande. Durch die Verschiebung des Filmes auf den späteren Sendetermin am Freitag hätte sie erst gegen 23.30 Uhr beginnen können. Stattdessen wurde eine aufgezeichnete Sendung gezeigt. Das eigentliche Thema des Films Jugendgewalt kam dabei gleichermaßen aus der Sicht von Politikern, Experten und Betroffenen zur Sprache. Die Dauer der Sendung war auf 45 Minuten angesetzt.
Die Presseinladung zur Aufzeichnung der Diskussionsendung, die am ursprünglich vorgesehenen frühen Termin am Mittwoch im Zusammenhang mit einer Filmvorführung von Wut vor einem teils jugendlichen Publikum stattfand, nannte ausdrücklich neben dem in Programmzeitschriften ausgedruckten Thema „Jugendgewalt“ auch Probleme der Integration ausländischer Jugendlicher in die deutsche Gesellschaft als eines der zentralen Themen, wie auch die verbreitete Wahrnehmung auf deutscher Seite, dass „jugendliche Migranten besonders häufig an solchen Gewalttaten beteiligt zu sein scheinen“.[12]
Das Publikum bestand vorwiegend aus Lehrern, Eltern und vor allem Schülern verschiedener Schulen aus Mönchengladbach, aber auch Lehrern und Schülern der GHS Alfred-Teves-Schule im niedersächsischen Gifhorn. Gäste waren darüber hinaus der Regisseur des Films Züli Aladag, sowie der Hauptdarsteller Oktay Özdemir. Als Diskutanten waren Uwe Schünemann, Innenminister von Niedersachsen, Armin Laschet, Integrationsminister von Nordrhein-Westfalen, der Jugend-Kriminologe Christian Pfeiffer und ein türkischstämmiger Leiter eines Kölner Jugendtreffs geladen.
Die Diskussion endete mit deutlicher Kritik des Hauptdarstellers Özdemir an Armin Laschet, Integrationsminister NRW: Dieser sei viel zu selbstgefällig und würde die wahre Situation nicht verstehen (Darauf gab es von den anwesenden Jugendlichen großen Beifall). Die Situation sei viel negativer und dramatischer, worauf der Hauptdarsteller, als Veranschaulichung für die Konsequenzen des Nicht-Handelns (für die Verelendung) und Dramatik, das 'Kaputtgehen' der Jugendlichen (Teile seines Umfelds) durch Drogenkonsum beschrieb. Deweiteren würden die Pädagogen nicht dem wirklichen Wesen der Situation gerecht werden, und könnten deshalb nicht wirklich helfen "Sie (die Pädagogen) haben kein Herz".
Peer Schader vom Stern hob später Özdemirs Schlussmeldung als einzigen Höhepunkt der "mutlosen ARD-Runde" hervor und bezeichnete die Diskussion ansonsten als "danebengegangen":
- "Als der 20-Jährige Hussein im Publikum erzählte, dass er gerade mal zwei Monate aus dem Knast raus sei und schon wieder dieselben Probleme mit anderen Jugendlichen hätte wie vorher, als er laut und deutlich sagte: "Ich bekomme überhaupt keine Hilfe", und dass er obwohl in Deutschland geboren ohne richtige Aufenthaltsgenehmigung ja nicht einmal einen Job annehmen könne, wie sich das die Herren Politiker denn bitte schön mit der Re-Integration vorstellten, da ging Maischberger über all das einfach hinweg und fragt in ihre Expertenrunde: "Sind wir zu tolerant?""[13]
lastete er das Misslingen von Tatort Schulweg zu einem großen Teil der Moderatorin Sandra Maischberger an, übte aber auch Kritik am Sendekonzept ("Wieso ließ man nicht Schüler und Lehrer über die Probleme diskutieren und setzte die Experten ins Publikum, um sie bei Bedarf nach kurzen Statements zu fragen?").
Wirkung
Ob und in wieweit der Fernsehfilm Wut Einfluss auf Kultur und Gesellschaft in Deutschland haben wird ist heute noch nicht abzusehen. Das Fernsehkabarett hatte das Filmdrama zumindest noch vor seiner Sendung als Gegenstand der Satire entdeckt: so entschuldigte Harald Schmidt am 27. September 2006 den aufgrund der Programmänderungen im Zusammenhang mit der Nichtaustrahlung früheren Beginn seiner Sendung Harald Schmidt in seinem Eröffungsgag mit „Gründen des Jugendschutzes“.
Das Hamburger Abendblatt sah bereits drei Tage nach der Austrahlung Aladags Ziel "ein Nachdenken (...) über (mögliche) Gewalt an deutschen Schulen, über missglückte Integration, unterschiedliche Wertevorstellungen und (darüber) wie man ein vernünftiges Miteinander gestalten kann (...) jenseits von politischer Korrektheit anzustoßen (...) gelungen" und nannte das "ziemlich viel für einen Fernsehfilm"[14]
Robert Höller, der junge Darsteller des Felix, stellte im Zusammenhang mit der Filmsendung in einem Interview zum Tag der Deutschen Einheit zudem einen in der deutschen Diskussion meist vermiedenen Aspekt der Problematik heraus, nämlich den der Ausgrenzung von Einwanderern durch die deutschstämmige Gesellschaft:
- "Es ist ja einfach mal so, dass (...) Menschen mit Migrationshintergrund zwar offiziell von der Gesellschaft anerkannt werden, aber inoffiziell sind es dann halt doch nur „die Türken“. Ich habe das Gefühl, dass diese Menschen immer mehr von der Gesellschaft ausgeschlossen werden, und immer seltener und schwieriger einen guten Job finden. Oft bekommen sie dann halt nur die Berufe, die kein Deutscher haben will, gehen putzen oder machen einen Dönerladen auf. Viele von denen sind ja auch in Deutschland aufgewachsen, werden von vielen aber gar nicht als Teil dieses Landes gesehen. Der Regisseur des Films Züli Aladag ist ja auch ein Türke, der hier aufgewachsen ist, und der heute als Regisseur arbeitet. Wenn man ihn aber auf der Straße sieht, ist er trotzdem nur ein „Türke“ wie alle anderen.[15]"
Auszeichnungen
- Prädikat "besonders wertvoll" der Filmbewertungsstelle Wiesbaden
Quellen
- ↑ Peter Luley: „ARD verlegt Thriller. "Wut" aus dem Migrantenmilieu“, Süddeutsche Zeitung, 27. September 2006
- ↑ a b „Warum dürfen wir heute diesen Film nicht sehen?“, Bild-Zeitung, 26. September 2006
- ↑ „Cosmo TV am 23.9.2006, 14.00-15.00 Uhr mit Schwerpunkt Jugendgewalt“, WDR-Pressestelle, 23. September 2006
- ↑ „«Wut»-Regisseur Aladag verteidigt seinen Film“, Schwabmünchner Allgemeine, 25. September 2006
- ↑ Michael Aust: „Wie tolerant bist du?“, Kölner Stadt-Anzeiger, 26. September 2006, Interview mit dem Regisseur Züli Aladag
- ↑ „Integration: Türkischer Teufel“, Der Spiegel, Nr. 38, 18. September 2006 (zahlungspflichtig)
- ↑ Maike Schiller: „Viel Wut, wenig Mut“, Hamburger Abendblatt, 26. September 2006
- ↑ Hajo Schumacher: „Fernsehen: Wut über die Verschiebung des Filmes "Wut" “, Die Welt, 27. September 2006
- ↑ „Umstrittene Entscheidung. Gewalttätige Türken: ARD-Film "Wut" wird verschoben“, Rheinische Post, 27. September 2006
- ↑ „«Wut»-Verschiebung für Stoiber falsches Signal“, Netzzeitung, 28. September 2006
- ↑ „Fritz Pleitgen: „Ich bin zornig“, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24. September 2006
- ↑ „Presseeinladung zur Aufzeichnung der Diskussionssendung "Tatort Schulweg - Hilflos gegen Jugendgewalt“, WDR-Pressestelle, 25. September 2006
- ↑ Peer Schader: „"Nee, wir reden erst über Strafen"“, Stern, 30. September 2006
- ↑ „"Wut" - ein Fernsehfilm mit Nebenwirkungen“, Hamburger Abendblatt, 2. Oktober 2006
- ↑ „Robert Höller: "Die meisten Politiker haben viel zu wenig Umgang mit den Jugendlichen auf der Straße"“, planet-interview, 3. Oktober 2006
Siehe auch
- Türken in Deutschland
- Liste türkischstämmiger Schriftsteller und Filmautoren Deutschlands
- Interkulturelle Kompetenz
Weblinks
- Vorlage:IMDb Titel
- Presseheft zum Fernsehfilm (pdf-Datei) von coloniamedia.de
- „Umstrittener TV-Film. ARD zeigt "Wut" später“, Spiegel Online, 22. September 2006
- „Wie tolerant bist du?“, Kölner Stadt-Anzeiger, 26. September 2006, Interview mit dem Regisseur Züli Aladag