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Sahaja Yoga

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Sahaja Yoga (Sanskrit, m., सहज योग, sahaja yoga, von "einfach", "natürlich") ist die Bezeichnung für einen modernen spirituellen Kult, der viele Merkmale einer Sekte in sich vereint. Mit Hilfe von einfachen Meditationsmethoden wird eine Form des Kundalini-Yoga (Energiefluss-Öffnung) praktiziert.


Ursprung

Sahaja war als System der Verehrung in den tantrischen Traditionen des Hinduismus und Buddhismus seit dem 8. - 9. Jahrhundert in Bengalen allgemein verbreitet. Die göttliche Liebe zwischen Krishna und Radha wurde durch die Dichter Jayadeva (12. Jhdt.), Candidas und Vidyapati (Mitte des 15. Jhdts) gefeiert und es wurden Parallelen zwischen der menschlichen und der göttlichen Liebe durch Chaitanya und seine Nachfolger in der Mystik des 15. und 16. Jahrhunderts herausgearbeitet.

Der Vaishnava-Sahajiya-Kult entwickelte sich seit dem 17. Jahrhundert in die Richtung einer Synthese dieser verschiedenen Traditionen. Vaishnava-Sahajiyas entwickelten Parakiya-rati (wörtlich: Die Liebe eines Mannes zu einer Frau, die rechtmäßig einander gehören) zu einem Svakiya-rati (eheliche Liebe) die für die Zwei intensiver ist. Parakiya-rati, so sagte man, wurde ohne Beachtung der gesellschaftlichen Konventionen oder des persönlichen Gewinnes erlebt und so war sie der göttlichen Liebe ähnlicher. Die wörtliche Bedeutung von Rati ist nicht nur Liebe und Leidenschaft, sondern auch Geschlechtsverkehr. Radha wird als das Ideal der Parakiya-Frau vorgestellt und die Vaishnava-Sahajiyas versuchten niemals (so wie es einige Sekten des Vaishnavismus taten) sie als die Gefährtin von Krishna vorzustellen.

Die Vaishnava-Sahajiyas wurden von den anderen religiösen Gruppen mit Missfallen angesehen und wirkten im Geheimen. In ihrer Literatur pflegten sie vorsätzlich einen sehr rätselhaften Stil. Wegen der extremen Heimlichkeit des Kultes ist über seine Verbreitung oder seine Praktiken heute wenig bekannt.

Geschichte

Gelehrt wird Sahaja Yoga (SY) in der Nachfolge von Shri Ramacandra (1899-1983) von Shri Mataji Nirmala Devi (*1923). Shri Mataji (=große Mutter) stammt aus einer wohlhabenden christlich-protestantischen Familie. Sie studierte Medizin und Psychologie und heiratete einen Regierungsbeamten und hohen UNO-Funktionär. In den frühen 70er-Jahren tauchte sie im Umfeld von Bhagwan - nachmals Osho - Rajneesh auf. Osho-Anhänger sehen Shri Mataji als Osho-Schülerin, obwohl Shri Mataji in späteren Jahren mehrmals vehement vor Osho und seinen Anhängern gewarnt hat.

1970 öffnete Shri Mataji auf einem Strand nördlich von Mumbai (Bombay) nach eigener Schilderung ihr oberstes Chakra (Scheitelchakra). Dadurch habe sich ihre Kundalini-Kraft zwanglos und in voller Dynamik entfaltet und sie könne ihre Einheit mit dem göttlichen Selbst erleben. (Siehe auch Techniken) Shri Mataji bezeichnet sich von diesem Zeitpunkt an selbst als der Heilige Geist, Christus, Adi Shakti, die Frau Krishnas und als die Jungfrau Maria.

Mit dem Ziel die mühelose Selbstverwirklichung und gleichzeitig ihre erste Begegnung mit dem eigenen göttlichen Selbst allen Menschen zu schenken, gründete Shri Mataji ihre SY-Zentren in über 75 Ländern der Welt. Die weltweite Verbreitung verdankt Shri Mataji nicht zuletzt ihrem Mann, der UNO-Gesandter war, durch ihn hatte sie Zutritt zu den nichtstaatlichen Organisationen der Welt.

So benutzte Shri Mataji z.B.die 4. Weltfrauenkonferenz am 13. September 1995 in Peking, um sich und ihre Form der Spiritualität darzustellen. Dabei stellte sie die Forderung auf: Wir brauchen ausgeglichene Frauen für eine ausgeglichene menschliche Rasse mit innerem Frieden. (Siehe auch Frauenbild der SY)

Techniken von Sahaja Yoga

Die moderne Interpretation der Sahaja Yoga (SY) präsentiert sich dem Interessenten als eine Meditaitionstechnik, die mühelos, natürlich und spontan über die Reinigung der Chakras (der Energiezentren des tantrischen Kundalini-Yoga) die göttliche Kundalini-Kraft im Menschen erwecken soll und das gedankenfreie Bewusstsein erreichen soll.

Mittels Hand-Drehbewegungen über den Chakras eines Menschen durch einen anderen Sahaja-Yoga-Praktizierenden sollen die Chakras aktiviert und der (freie) Energiefluss angeregt werden. Die Kundalini-Energie könne dann ungehindert entlang der Wirbelsäule fließen, werde also spontan erweckt. Durch regelmäßige meditative Übungen könne ein Sahaja Praktizierender diese Kundalini-Energie auch selbst ohne fremde Hilfe erwecken. Man spüre sie als kühlen Hauch, begleitet von einem Gefühl des inneren Friedens. Ähnlich wie bei manchen anderen Meditationsarten stelle sich ein Zustand der geistigen Ruhe, der Gedankenfreiheit ein. Dieser Prozess könne bei SY sehr schnell gehen. Bei manchen Menschen könne sich nach wenigen Tagen das Fließen der Kundalini einstellen. Bei den meisten Menschen dauere es jedoch länger.

Durch die Meditation vor einem Bild von Shri Mataji Nirmala Devi soll zusätzlich der Körper von Krankheiten geheilt und Unreinheiten sollen ausgetrieben werden.

Sahaja Yoga als Religion

Shri Mataji ist (vorgeblich) als Meisterin des Kundalini-Yoga und Heilerin von einem indischen Propheten bereits vor 2000 Jahren angekündigt worden. Sie würde, heißt es in dieser Prophezeiung, durch Berührung Menschen heilen und alten Menschen neue Jugend schenken können.

Auch im Johannesevangelium sieht sich die Sahaja Yoga Lehre und Shri Mataji selbst vorausgesagt. Alles, was das Neue Testament über den Heiligen Geist sagt, versteht sich im Kontext der Sahaja Yoga zugleich auch als Aussage über Kundalini. In Shri Mataji ist angeblich der Geist erschienen, der nach Joh. 16,13 in die volle Wahrheit führt.

Shri Mataji gilt zudem als Inkarnation der Adi Shakti, der ursprünglichen göttlichen Kraft, d.h. als Verkörperung der Gottheit schlechthin. Was immer in anderen Religionen als Gott verehrt wird, bündele sich heute in dieser einen Gestalt der Shri Mataji. So wird am Fest für Krishna Shri Mataji als Krishna verehrt. Shri Mataji gilt als höchste Gottheit und Schöpferin der Welt. Was immer mit ihr in Berührung kommt, werde heilig (z.B. Wasser, mit dem man ihre Füße wusch, oder Haare aus ihrem Kamm).

Natürlich gelten all diese Dinge für den Sahaja Yogi nur als Annahmen, die er überprüfen kann und soll. Als Mittel dazu dient ihm die Kundalini-Energie. Mit ihrer Hilfe kann der Yogi sich Shri Mataji spirituell annähern und für sich selbst entscheiden, als was er Shri Mataji für sich akzeptieren kann.

Organisation

Derzeit wird die Zahl der SY-Bewegung auf ca. 50.000 Mitglieder weltweit geschätzt. Der Pflege der SY-Community wird (auch über Internet) besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt. Die wöchentlichen SY-Meetings werden teilweise in privaten oder angemieteten Räumlichkeiten gehalten. Die s.g. Ashrams sind mittlere bis große Wohngemeinschaften von SY-Mitgliedern. Diese bieten neben einer günstigen Wohnmöglichkeit einen Platz für den Gedankenaustausch unter Gleichgesinnten, außerdem werden sie oft als ein kostenloser Kindergartenersatz genutzt. (Siehe auch Kinder und SY)

Hierarchie

Die Struktur der SY-Bewegung war streng hierarchisch. Shri Mataji und ihre engsten Mitarbeiter standen früher an der Spitze, gefolgt von den Regionalleitern. Diese waren fast ausschließlich Männer und genießen eine Reihe von Privilegien. U.a. pflegten sie den direkten Kontakt zu Shri Mataji und sie bekamen die beste Unterkunft. Niemand durfte jemals die Autorität in Frage stellen, es war strikt verboten (von Shri Mataji persönlich) dem Leiter/Lehrer zu widersprechen.

Diese einst straffen Strukturen haben sich seit Ostern 2006 grundlegend geändert. Es gibt keine Leiter mehr; sie sind ersetzt durch Räte, die aus mehrköpfigen Gremien bestehen und für einzelne Zuständigkeitsbereiche wie Öffentlichkeitsarbeit oder Rechtsfragen zuständig sind. Lebendige Diskussion ersetzt die einstige Autorität der höheren Chargen.

Frauenbild der Sahaja Yoga

Die Rolle der Frau ist im SY-Weltbild als eher konservativ zu bezeichnen. (Anmerkung: zwei Drittel aller SY Mitglieder sind Frauen.) Die angestrebte Rolle der Frau im SY-Kult ist die der Familienfrau und Mutter. Shri Mataji lehrt, Frauen in besonderer Weise zu achten und zu respektieren, da sie selbst Frau ist, und außerdem das weiblich-dynamische Prinzip die Schöpfung möglich gemacht hat und nicht das männliche Vaterprinzip wie in den patriarchalischen Religionen. Daher fördert Shri Mataji gezielt die Verbreitung von Sahaja Yoga durch Frauen und ermahnt die Frauen, sich vor allem mit den intellektuellen Inhalten von SY zu befassen.

Kinder und Sahaja Yoga

Auf SY-Treffen gibt es auffällig viele Kinder, da oft beide Eltern bei SY sind und niemand sonst auf die Kinder aufpassen kann. Kinder von SY-Mitgliedern müssen früh die Bedeutung des Bildes, der Fotografie von Shri Mataji kennen lernen. Manche Kinder kommen zu diesem Zweck in Kleinkinderinternate nach Indien und Italien. Nach einer Aussage von Shri Mataji gelten Kinder, die vor dem Bildnis von Shri Mataji schreien oder weinen als von Dämonen besessen. Diese Aussage, sowie manche andere ungewöhnliche Methoden der emotionalen Bestrafung innerhalb der SY-Community haben Bedenken hinsichtlich des Umgangs mit Kindern ausgelöst.

Gefahren von Sahaja Yoga

Durch das Versprechen der SY-Gruppe, unheilbare Krankheiten (u.a. Krebs und AIDS) heilen zu können, und wegen der ausschließlichen Konzentration auf Shri Mataji Nirmala Devi und deren Lehre können Anhänger in psychische Abhängigkeit geraten.

Literatur

In diesem Buch versucht Shri Mataji ihre Sicht der Welt zu erklären. Leseprobe
Das umfangreichste Buch über Sahaja Yoga von einem neutraler Beobachterin.
Ein Kapitel beschreibt die Erfahrungen des Autors mit Sahaja Yoga.
  • Sudhir Kakar - Saddhus, Mystics and Doctors (Unwin Paperbacks, 1984)
Analyse von Mataji's Methoden und die Verbindungen zu Rajneesh/Osho.
  • The Kingdom Of God basiert auf einem (kommendem) 2200-Seiten Buch über Shri Mataji (englisch)