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Verlaufsform

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Die Verlaufsform oder der Kontinuativ ist eine syntaktische Konstruktion in manchen Sprachen, die eine augenblicklich stattfindende, nicht-punktuelle Handlung ausdrückt.

Im Englischen wird die Verlaufsform Continuous oder Progressive Aspect genannt. Dort steht dieser Aspekt als "unvollendet" im Gegensatz zum "vollendeten" Perfect aspect. Gebildet wird diese Form mit dem Auxiliar be in Verbindung mit einem Partizip (englisch: participle), zum Beispiel he is reading (er liest gerade). Eine ähnliche Bildung findet man auch im Baskischen und im Bretonischen.

In den Slawischen Sprachen wird der Verlauf einer Handlung durch Verwendung des unvollendeten Aspekts ausgedrückt.

Im Litauischen werden spezielle (progressive) Partizipien verwendet, zum Beispiel jis buvo bemiegąs (er schlief gerade, vgl. die finite Form jis miega/miegojo er schläft/schlief bzw. jis yra/buvo miegojęs er hat/hatte geschlafen), im Präsens ist diese Konstruktion jedoch mundartnah: aš esu beskaitąs (ich lese gerade; wörtlich ich bin ein Lesender).

In der deutschen Standardsprache gibt es keine Verlaufsform, jedoch existiert in manchen Mundarten eine Verlaufsform, zum Beispiel die sog. Rheinische Verlaufsform mit sein in Verbindung mit am und einem substantivierten Infinitiv, zum Beispiel er ist am Lesen. Im Südbairischen kann das als Hilfsverb genutzte tun mit einem Infinitiv die Verlaufsform ausdrücken (er tut lesen).

Im Italienischen wird die Verlaufsform mit dem Hilfsverb "stare" in Verbindung mit dem Gerundium verwendet: "L'uoma sta correndo" (Der Mann rennt gerade). Allmähliche Entwicklungen oder ständige Wiederholungen eines Vorgangs hingegen werden mit dem Gerundium + andare ausgedrückt: "Andava dicendo sciocchezze." (Er sagte ständig dummes Zeug); Handlungen in ihrem Verlauf mit Gerundium + venire: "Mi vengo sempre più persuadendo che..." (Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass...). Entsprechende Konstruktionen mit "estar" bzw. "andar" und dem Gerundium ("Está corriendo" etc.) werden auch im Spanischen zum Ausdrücken der Verlaufsform verwendet.

Im Französischen existiert auch eine Verlaufsform; sie wird aus "être en train de faire qc" gebildet. Wortwörtlich übersetzt heißt dies: "Sein im Zug von machen etwas", wobei das "être" in Abhängigkeit vom Subjekt konjugiert wird und das "faire" (machen) sich durch ein anderes Verb im Infinitv ersetzen lässt, z.B.: "Je suis en train d'écrire."

Im Quechua drückt das Infix -chka- die Verlaufsform aus: "Taytanmantam rimachkan" (Er spricht gerade von seinem Vater) gegenüber "Runasimitam riman" (Er spricht Quechua). Im Kichwa dient hierzu dagegen das Infix -ku-: "Paypak taytamantami rimakun" bzw. "Runashimitami riman".