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Impulserhaltungssatz

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Um ein Kugelstoßpendel zu erklären, benötigt man den Impulserhaltungssatz. Der Energieerhaltungssatz reicht nicht aus, um zu erklären, warum sich nur die äußersten Kugeln bewegen.

Der Impulserhaltungssatz ist einer der wichtigsten Erhaltungssätze der Physik und besagt, dass in einem abgeschlossenen System der Gesamtimpuls konstant bleibt. "Abgeschlossenes System" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass keine Kräfte von außen wirken.

Der Gesamtimpuls des Systems, das aus miteinander wechselwirkenden Teilen besteht, ist die Summe der einzelnen Impulse.

Die Impulse sind dabei Vektoren, es ist also ihre Richtung zu berücksichtigen (wird nur eine Bewegung längs einer Richtung betrachtet, also eine Vektorkomponente, muss das Vorzeichen berücksichtigt werden).

Die Impulserhaltung gilt sowohl in der klassischen Physik (bzw. klassischen Mechanik) wie auch in der Relativitätstheorie und der Quantenphysik. Die Impulserhaltung gilt unabhängig von der Erhaltung der Energie und ist zum Beispiel bei der Beschreibung von Stößen von grundlegender Bedeutung. Der Impulserhaltungssatz besagt hier, dass der Gesamtimpuls aller Stoßpartner vor und nach dem Stoß gleich sein muss. Impulserhaltung gilt sowohl, wenn die kinetische Energie beim Stoß erhalten bleibt (elastischer Stoß), als auch dann, wenn das nicht der Fall ist (unelastischer Stoß).

Impulserhaltung und Newtonsche Axiome

Der Impulserhaltungssatz folgt direkt aus dem zweiten und dritten Newtonschen Axiom. Gemäß dem zweiten Newtonschen Axiom ist die auf einen Körper wirkende Kraft gleich der Änderung des Impulses mit der Zeit:

Wenn keine Kräfte von außen wirken, muss es gemäß dem dritten Newtonschen Axiom ("actio = reactio") für jede Kraft eine gleich große, aber entgegengesetzt wirkende Gegenkraft geben; die Vektorsumme dieser Kräfte ist also null. Das gilt für alle Kräfte, somit ist die Vektorsumme aller im System auftretender Kräfte und damit auch die Änderung des Gesamtimpulses gleich Null:

Wenn die Änderung des Gesamtimpulses gleich Null ist, heißt das natürlich, dass der Gesamtimpuls konstant ist.

Die Impulserhaltung ist aber nicht auf Fälle beschränkt, bei denen die Kräfte zwischen jeweils zwei Körpern wirken, sondern unabhängig von der Art der Kräfte und gilt auch bei sogenannten "Mehrkörper-Kräften", die nicht als Paarwechselwirkung verstanden werden können.

Impulserhaltung und Geschwindigkeit des Massenmittelpunktes

In der klassischen (nicht-relativistischen) Physik ist die Impulserhaltung mit der Aussage äquivalent, dass sich der Massenmittelpunkt (Schwerpunkt) eines Systems ohne äußere Kraft mit konstanter Geschwindigkeit und Richtung bewegt (dies ist eine Verallgemeinerung des ersten Newtonschen Axioms, das ursprünglich nur für einzelne Körper formuliert wurde). Wenn die Gesamtmasse des Systems ist, so ist die Geschwindigkeit des Massenmittelpunktes direkt proportional zum Gesamtimpuls und daher ebenso wie dieser konstant:

Impulserhaltung und Translationssymmetrie

Gemäß dem Noether-Theorem hängt jeder Erhaltungssatz mit einer kontinuierlichen Symmetrie zusammen; für den Impulserhaltungssatz ist diese Symmetrie die Translationssymmetrie. Die Impulserhaltung folgt also daraus, dass an jedem Ort die selben physikalischen Gesetze gelten. Wirkt hingegen eine äußere Kraft, so ist beispielsweise (wenn die Kraft durch ein Potenzial beschrieben werden kann) die potenzielle Energie eines Teilchens vom Ort abhängig, und die Bedingung für die Impulserhaltung nicht mehr erfüllt.

Ein Spezialfall ist ein ideales Kristallgitter, in dem die Translation (Verschiebung) um einen Gittervektor eine Symmetrieoperation ist, also wieder zu einer vom ursprünglichen Gitter nicht unterscheidbaren Anordnung führt; andere Verschiebungen ergeben ein Gitter, dessen Gitterpunkte nicht mehr mit den ursprünglichen Gitterpunkten zusammenfallen. In diesem Fall gilt die Impulserhaltung mit der Einschränkung, dass zum Impuls ein mit dem planckschen Wirkungsquantum multiplizierter Gittervektor des reziproken Gitters addiert werden kann:

Es kann also Impuls nicht in beliebigem Ausmaß an das Kristallgitter transferiert werden, sondern nur in diskreten Schritten, die durch das reziproke Gitter bestimmt werden. Wenn der Impuls für den kleinsten solchen Schritt zu klein ist, z. B. bei sichtbarem Licht im Inneren eines Kristalls, gilt wieder die Impulserhaltung wie im freien Raum. Daher wird sichtbares Licht in Kristallen nicht gebeugt, hingegen kann Röntgenstrahlung, die einen höheren Impuls hat, gebeugt werden. Die Impulserhaltung unter Berücksichtigung des reziproken Gittervektors ist in diesem Fall äquivalent zur Bragg-Gleichung.

Beispielrechnung

Die grüne Kugel hat eine Masse von 625 und eine Geschwindigkeit von 5, die blaue eine Masse von 2500 und eine Geschwindigkeit von −3. Beim inelastischen Stoß vereinen sie sich zu einer cyanen Kugel mit der Masse 3125 und der Geschwindigkeit −1.4

Gegeben sind zwei elastische Plastilinkugeln, die auf einer Schiene aufeinander zurollen. Wenn sie aufeinander treffen, vermengen sie sich zu einer einzigen neuen Kugel. Die erste Kugel hat die Masse von 625 und bewegt sich nach rechts (also per unserer Definition positive Geschwindigkeit) mit einer Geschwindigkeit von 5. Die zweite Kugel rollt ihr langsamer entgegen, sie hat eine Geschwindigkeit von -3 und eine Masse von 2500. Frage: Wie bewegt sich die neue Kugel? Antwort gibt der Impulserhaltungssatz: . Da aber gilt, folgt, dass sein muss, die große neue Kugel bewegt sich also langsam nach links. Ein großer Teil der Bewegungsenergie ist übrigens in Verformungsarbeit bzw Wärme beim Stoß übergegangen: .