Moskwa (Schiff, 1979)
![]() Die Moskwa, 2007
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Die Moskwa (russisch Москва ‚Moskau‘) war ein Lenkwaffenkreuzer des Projekts 1164 der russischen Marine. Sie wurde auf der Werft in Mykolajiw gebaut und 1982 unter dem Namen Slawa (russisch Слава ‚Ruhm‘) bei der sowjetischen Marine in Dienst gestellt. Das Schiff war das Typschiff der Klasse, die von der NATO als Slawa-Klasse bezeichnet wird. Der Name Slawa wurde 1996 von der russischen Marine in den Traditionsnamen Moskwa geändert, den zuvor ein Flugdeckkreuzer des Projekts 1123 getragen hatte. Das Schiff war beim russischen Überfall auf die Ukraine 2022 im Einsatz. Am 14. April 2022 sank es im Schwarzen Meer; unmittelbar zuvor war es an Bord zu Bränden und Explosionen gekommen, vermutlich durch Einwirkung ukrainischer Anti-Schiffs-Raketen.[1]
Einsatzgeschichte


Sowjetzeit
Nach seiner Indienststellung 1982 gehörte das Schiff zur Schwarzmeerflotte. 1989 war der Kreuzer im Mittelmeer eingesetzt. Damals vereinbarten US-Präsident George Bush und der sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow ein Gipfeltreffen auf Malta, bei dem die Gesprächsrunden wechselseitig auf Schiffen der beiden Nationen abgehalten werden sollten. Die USA entsandten den Kreuzer Belknap, die Sowjetunion die Slawa. Die Schiffe legten nicht am Kai an, sondern lagen auf Reede. Als ein Sturm ausbrach, weigerte sich Gorbatschow auf Anraten seiner Berater, in einem kleinen Motorboot zur Slawa zu fahren, sodass das Treffen auf dem Passagierschiff Maxim Gorkiy stattfand, das im Hafen angelegt hatte. Um die Moral der Besatzung dennoch zu heben, verbreiteten die sowjetischen Streitkräfte unter ihren Soldaten das Gerücht, dass der amerikanische Präsident seekrank sei.[2]
Einsatz in der russischen Flotte
Während des Zerfalls der Sowjetunion waren 1991 keine Mittel mehr für eine notwendige Überholung der Slawa vorhanden, ihre Verschrottung wurde geplant. Der Bürgermeister von Moskau intervenierte und beschaffte die Geldmittel für Modernisierung und Instandhaltung aus dem Stadthaushalt. Am 16. Mai 1996 wurde der Name des Schiffes von Slawa auf Moskwa geändert. Der Kreuzer wurde im Jahr 2000 nach Abschluss der Arbeiten und Erprobungen wieder in Dienst gestellt und wurde das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte. Die Moskwa führte mehrere Einsätze und Flottenbesuche durch, darunter im Jahr 2000 einen Besuch im französischen Cannes und einen Einsatz im Kaukasuskrieg 2008.[3]
Im September 2009 kam es zu einem Generatorbrand in einem Maschinenraum, der von der russischen Presse zunächst als Bombenanschlag gewertet wurde.[4]
Auf einer Karibikfahrt besuchte der Kreuzer im August 2013 Havanna auf Kuba[5] und am 27. August La Guaira in Venezuela. Der Besuch war bis zum 29. August geplant.[6] Danach nahmen der Kreuzer und seine Begleitschiffe Kurs auf die Straße von Gibraltar, um sich der russischen Flotte anzuschließen, die im Mittelmeer patrouillierte.[7] Ein Zusammenhang mit dem Flottenaufmarsch der USA wegen der Eskalation des Syrischen Bürgerkrieges bestand nach Angaben von Flottenchef Admiral Tschirkow nicht.[8] Am 11. November 2013 wurde die Moskwa vom Kreuzer Pjotr Weliki als Flaggschiff der Mittelmeerflotille abgelöst und kehrte nach Sewastopol zurück.[9] Am 30. September 2015 gab Russland bekannt, einen Einsatz von Luftstreitkräften in Syrien zu beginnen. Am selben Tag nahm es den Militärflugplatz Hmeimim südlich von Latakia in Betrieb. Am 25. November 2015 traf die Moskwa zum Schutz der russischen Luftstreitkräfte vor der Küste von Latakia ein[10] und blieb dort bis ins Jahr 2016 zum Zweck des Luftschutzes des Luftwaffenstützpunkts.[3] Die Moskwa war am Einsatz gegen den IS im Mittelmeer mit dem Flaggschiff der französischen Marine, dem atomgetriebenen Flugzeugträger Charles de Gaulle, beteiligt.[11]
Zweimal wurde die Moskwa nach russischen Angaben umfangreich modernisiert und überholt, zuletzt 2018 bis 2020.[12] Nach der Modernisierung wurde der Moskwa eine Einsatzfähigkeit bis zum Jahr 2040 zugesprochen.[3]
Russischer Angriff auf die Ukraine
Am 11. Februar 2022 warf das ukrainische Außenministerium Russland vor, eine Seeblockade im Schwarzen Meer errichtet zu haben.[13] Ab dem 12. Februar 2022 veranstaltete Russland ein Marinemanöver, an dem die Moskwa beteiligt war.[14] Ab dem 24. Februar 2022 nahm die Moskwa am russischen Überfall auf die Ukraine teil.[14] Sie war am ersten Kriegstag an der Eroberung der Schlangeninsel beteiligt. Mit anderen Schiffen der Schwarzmeerflotte blockierte sie die südukrainische Hafenstadt Mariupol.[15] Laut Satellitenbildern lag die Moskwa noch am 10. April im Hafen von Sewastopol auf der Krim.[16] Am 14. April ging sie während des Einsatzes verloren.
Untergang
Nach ukrainischen Angaben wurde die Moskwa in der nacht auf den 14. April 2022 mit ukrainischen Seezielflugkörpern vom Typ Neptun beschossen und dadurch in Brand gesetzt.[17][18] Das Schiff befand sich etwa 120 km südlich von Odessa.[19] Das russische Verteidigungsministerium erklärte dagegen, die Moskwa sei durch die Explosion von Munition aufgrund eines Feuers stark beschädigt und die Besatzung daraufhin auf andere Schiffe der Schwarzmeerflotte gebracht worden.[20][16] Die russische Marine versuchte am folgenden Tag, das beschädigte Schiff in den Hafen von Sewastopol auf der Krim zu schleppen.[21] Später am selben Tag bestätigte das russische Verteidigungsministerium, dass das Schiff auf dem Weg nach Sewastopol in „stürmischer See“ gesunken sei.[22] Meteorologen zufolge herrschte dort jedoch kein Sturm (Windstärke 9 nach der Beaufort-Skala), sondern nur Windstärke 4, eine sogenannte mäßige Brise mit Böen bis Windstärke 6.[23][24]
Nach ukrainischer Einschätzung ging der Kapitän des Schiffes, Anton Kuprin, mit der Moskwa unter, die amerikanische Regierung geht ebenfalls von Opfern unter der Besatzung aus;[25] später wurde von amerikanischer Seite bestätigt, dass der Untergang auf die Einwirkung ukrainischer Raketen zurückgeht.[1]
Reaktionen auf den Untergang
Am Tag nach dem Untergang des Schiffes griff Russland eine Rüstungsfabrik nahe Kiew an, in der die Neptun-Raketen hergestellt werden, mit denen die Moskwa nach ukrainischen Angaben versenkt worden war.[26]
Aus Sicht von Militärexperten ist der Verlust der Moskwa von großer symbolischer Bedeutung und ein großer Erfolg für die ukrainischen Streitkräfte. Frederick B. Hodges, ehemals Oberkommandierender der US Army Europe, sprach von einem „big deal“ („große Sache“), der Russland davon abbringen könnte, die Ukraine mit Landungsoperationen von See aus anzugreifen.[12] Militärexperten zeigten sich vom Verlust des Schiffes erstaunt. Die Moskwa verfüge über eine dreifache Luftabwehr, darunter als letzte Verteidigungslinie auch ein 360-Grad-Nahbereichsverteidigungssystem, das 5000 Schuss pro Minute abfeuern könne, so dass es theoretisch sehr schwer sein sollte, ein solches Ziel mit einer Rakete zu treffen. Falls dies doch der Fall gewesen sein sollte, werfe dies „Fragen zu den Fähigkeiten der Modernisierung der russischen Marine auf: ob sie über genügend Munition verfügt, oder ob es technische Probleme gibt“.[27]
Vermutungen über Atomwaffen an Bord
Befürchtungen wurden laut, dass das Schiff bei seinem Untergang zwei Nuklearwaffen an Bord hatte.[28]
Ukrainische Briefmarke

Am 12. April 2022 stellte die ukrainische Post eine Sonderbriefmarke vor, auf der im Hintergrund die Moskwa zu sehen ist und im Vordergrund ein ukrainischer Soldat, der dem Schiff den Stinkefinger zeigt.[29] Das Motiv nimmt Bezug auf den Vorfall auf der Schlangeninsel.
Literatur
- С.С. Бережной: Советский ВМФ 1945–1995 Крейсера – большие противолодочные корабли, эсминцы. (etwa: S.S. Bereschnoi: Sowjetische Marine 1945–1995. Kreuzer, große U-Jagdschiffe, Zerstörer.) Moskau 1995 (russisch).
Weblinks
Fußnoten
- ↑ a b USA: "Moskwa" von ukrainischen Raketen getroffen. ZEIT ONLINE, abgerufen am 15. April 2022.
- ↑ Constantine Pleshakov: There Is No Freedom Without Bread!: 1989 and the Civil War That Brought Down Communism, Farrar, Straus and Giroux, 2009, S. 211.
- ↑ a b c Oliver Imhof: (S+) Ukraine-Krieg: Die »Moskwa« sinkt - ein herber Verlust für Russland. In: Der Spiegel. 14. April 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 15. April 2022]).
- ↑ Оксана Бойко: «Москва» в дыму (Moskwa in Rauch), Взгляд.ру (vz.ru) vom 9. September 2009, gesichtet am 29. August 2013.
- ↑ Ria Novosti: Russian Warships Arrive in Cuba on Official Visit - Report, 4. August 2013, gesichtet am 27. August 2013.
- ↑ Ria Novosti: Russian Warships Dock at Venezuelan Port for Visit, 27. August 2013, gesichtet am 27. August 2013.
- ↑ AAfP: Russia sending warships to the Mediterranean: report ( vom 30. August 2013 im Internet Archive), Yahoo News, 29. August 2013, gesichtet am 29. August 2013.
- ↑ Ria Novosti: Russian Med Fleet Redeployment ‘Not Linked’ to Syria - Navy, 29. August 2013, gesichtet am 29. August 2013.
- ↑ Ria Novosti: "Nuclear Cruiser Leads Russian Task Force in Mediterranean" vom 11. November 2013, gesichtet am 11. November 2013
- ↑ Russischer Raketenkreuzer bei Latakia eingetroffen: „Luftraum sicher“. Internationale Nachrichtenagentur Rossiya Segodnya, abgerufen am 25. November 2015.
- ↑ AP:"Russia: Joint Syria Operation With France Developing" New York Times vom 18. November 2015.
- ↑ a b Die Moskwa, das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte, ist gesunken. In: Der Standard. 14. April 2022, abgerufen am 15. April 2022.
- ↑ Ukraine wirft Russland Seeblockade im Schwarzen Meer vor. In: spiegel.de. 11. Februar 2022, abgerufen am 14. April 2022.
- ↑ a b OSINT Tracker Feb 13 2022: Russian Navy Anti-Ship Capabilities in Mediterranean & Black Sea. Abgerufen am 13. April 2022.
- ↑ Russisches Kriegsschiff „Moskwa“ gesunken. Deutsche Welle, 14. April 2022, abgerufen am 15. April 2022.
- ↑ a b Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen tagesschau_2022-04-14. - ↑ Russisches Kriegsschiff „schwer beschädigt“. In: tagesschau.de. 14. April 2022, abgerufen am 14. April 2022.
- ↑ Moskau bestätigt Zerstörung von Raketenkreuzer „Moskwa“. In: t-online.de. 14. April 2022, abgerufen am 14. April 2022.
- ↑ Dan Lamothe, Claire Parker, Andrew Jeong, Reis Thebault, Maite Fernández Simon: Russia says flagship missile cruiser has sunk after explosion off coast of Ukraine, Washingtonpost.com 14.04.2022
- ↑ На ракетном крейсере "Москва" произошел пожар. In: tass.ru. TASS, 14. April 2022, abgerufen am 14. April 2022 (russisch).
- ↑ Russian navy evacuates flagship Moskva in Black Sea. Ukraine claims it was hit by a missile. In: edition.cnn.com. 14. April 2022, abgerufen am 14. April 2022 (englisch).
- ↑ »Moskwa«: Russland gibt zu, Flaggschiff ist gesunken. In: spiegel.de. 14. April 2022, abgerufen am 14. April 2022.
- ↑ Jörg Kachelmann: „Moskwa ist nicht wegen Sturm gesunken, weil es keinen gab“. In: Berliner Zeitung. Abgerufen am 15. April 2022.
- ↑ Russischer Raketenkreuzer "Moskwa" gesunken. In: Bayerischer Rundfunk. 15. April 2022, abgerufen am 15. April 2022.
- ↑ Ukraine war: Ukraine claims captain of sunken Russian warship has been killed on board. Sky News, abgerufen am 15. April 2022 (englisch).
- ↑ Russland verstärkt nach "Moskwa"-Untergang Angriffe auf Kiew und Umgebung. In: Badische Zeitung, 15. April 2022. Abgerufen am 15. April 2022.
- ↑ Sunken Russian warship Moskva: What do we know? In: BBC News. 15. April 2022, abgerufen am 15. April 2022 (englisch).
- ↑ Gerhard Hegmann: Russischer Lenkwaffenkreuzer: Die untergegangene „Moskwa“ und der Atomwaffen-Verdacht. In: DIE WELT. 15. April 2022 (welt.de [abgerufen am 15. April 2022]).
- ↑ Ukrposhta issued one million postage stamps „Russian warship, f***k you…!“ In: ukrposhta.ua. 14. April 2022, abgerufen am 14. April 2022 (englisch).