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Cumbia Villera

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Vorlage:Infobox Musikstil

Die Cumbia Villera ist ein neueres Untergenre des traditionellen kolumbianischen Musikstils Cumbia, das in Argentinien Ende der 90er Jahre entstand. Der Name kommt von der in Argentinien verbreitete Bezeichnung für Elendsviertel, Villa Miseria, bedeutet also auf Deutsch Slum-Cumbia.

Der Stil wurde von Pablo Lescano und seiner Band Flor de Piedra 1999 begründet und erweitert den traditionellen Cumbia-Rhythmus um elektronische Sounds sowie monotone, technoid anmutende Riffs. Ein weiteres Merkmal sind die Texte, die von Sex, Drogen und Kriminalität im Milieu der Elendsviertel handeln, im Unterschied zum Hip-Hop und dem brasilianischen Funk jedoch nie gewaltverherrlichend, sondern eher humorvoll gehalten sind.

Die Cumbia Villera war um die Jahrtausendwende zusammen mit dem Cuarteto die erfolgreichste Popmusik-Spielform Argentiniens, sie wurde schnell auch in den Nachbarländern beliebt.

Geschichte

Die Cumbia-Musik kommt ursprünglich aus Kolumbien, wurde aber seit den 1970er Jahren auch in Argentinien besonders bei der Arbeiterschicht und den Bewohnern der Slums, der Villas Miserias, populär. In den Großstädten entstanden die sogenannten Bailantas, eine Art Diskotheken, in denen ausschließlich Cumbia-Musik gespielt wurde. In den 1990er Jahren schwappte die Cumbia-Welle auch auf die Jugend der Mittel- und Oberschicht über, es entstanden zahlreiche Bands, deren Musikstil als Cumbia Romántica bezeichnet wird und sich oft nur auf Boygroup-Niveau befanden.

Die Cumbia Villera entstand als Gegenreaktion auf diese bald sehr kommerzialisierte Bewegung. Der Keyboarder Pablo Lescano von der Band Amar Azul, die der Cumbia Romántica-Bewegung zuzuschreiben ist, kam 1999 auf die Idee, eine Cumbia-Band zu gründen, die explizit vom Leben der Unterschicht und nicht nur von schmalzigen romantischen Themen handeln sollte. Das Ergebnis seiner Überlegungen, die er wie eine Marketing-Forschungskampagne aufzog, war die Band Flor de Piedra, die sich schnell darauf zur einer der erfolgreichsten argentinischen Cumbia-Bands entwickelte. Pablo Lescano nannte seine Musik Cumbia Cabeza. Cabeza -span. für Kopf - ist dabei ein umgangssprachlicher argentinischer Begriff, der etwa Kerl bedeutet und vor allem in der Unterschicht verbreitet ist.

Der Durchbruch kam für die Musikrichtung im Sommer 1999/2000, was auch mit der wirtschaftlichen und politischen Situation zusammenhing (siehe Argentinien-Krise). Es entstanden mehrere Bands wie Yerba Brava, die den Stil von Flor de Piedra imitierten und weiterführten. Der Erfolg von Yerba Bravas Debütalbum Cumbia Villera führte dazu, dass dieser Begriff nach und nach die anfängliche Bezeichnung Cumbia Cabeza verdrängte. Der Musikstil verbreitete sich rasch auch in anderen lateinamerikanischen Ländern und machte damit den klassischen Musikstilen wie Salsa oder Merengue ernste Konkurrenz.

2003 entstand eine sanftere Variante der Cumbia Villera rund um Gruppen wie La Base, die zwar auf der minimalistischen Soundstruktur der Cumbia Villera basiert, jedoch in ihren Texten nicht vom Leben in den Slums, sondern vom Feiern und von der Liebe handeln. Diese Bewegung wird manchmal Cumbia Villera Light, manchmal aber auch Cumbia Base genannt.

Musik

Die Cumbia Villera verarbeitet Elemente des Techno, des Trance und des Electro Pops, oft auch von Reggae und Dancehall. Das musikalische Muster ist bei vielen Songs ähnlich gestrickt. Ein stampfender 4-4 Takt mit etwa 80-95 bpm und einer Conga auf der unbetonten Zählzeit bildet die Basis. Überlagert ist dieser von vielen Percussion-Instrumenten, insbesondere diverser Rasselarten wie Maracas und Cabasas, so dass der Rhythmus im Endeffekt sehr funky daherkommt, und einer sich oft wiederholenden Melodie, die von echoartigen Synthesizer-Riffs untermalt wird. Manchmal werden alle Sounds elektronisch hergestellt, meistens sind aber auch „echte“ Instrumente, wie zum Beispiel das Akkordeon, die Gitarre oder diverse Trommeln beteiligt. Ähnlich wie im Hip Hop ist ein entscheidendes Kriterium, dass der Sound fett klingt.

Wichtige musikalische Merkmale der Cumbia Villera:

  • kurze, prägnante, sich wiederholende Synthesizer-Riffs
  • Einsatz von sphärischen Pads als Untermalung
  • Häufiger Gebrauch von gleitenden Tonhöhenwechseln bei den Keyboard-Sounds (Pitch Bend)
  • Häufiger Einsatz des Wah Wah-Effekts bei der Gitarre
  • Häufiger Einsatz von "billig" klingenden Keyboard-Sounds

Grundrhythmus

Zählzeit:   1 - - - 2 - - - 3 - - - 4 - - -
Kick:       + - - - + - - - + - - - + - + +        
Conga:      - - + - - - + - - - + - - - + - 
Maracas:    + - - + + - - + + - - + + - - +

Tanz - baile

Im Allgemeinen ist die Cumbia Villera zur Tanzmusik zu zählen. Getanzt wird hierbei, wie bei der klassischen Cumbia, im Paar. Der Basisschritt basiert dabei auf einer Wippbewegung des Fußes. Auch gibt es zu einzelnen Liedern bestimmte Tanzschritte, die im Fernsehen gezeigt werden und in den Discotheken allseits bekannt sind.

es moviendo los pies para adelante y para atras sin cambiar de lugar, y con un brazo cacheteando para arriba con el ritmo, pero siempre dependiendo de la musica, solo te tenes que dejar llevar, vos podes, FUERZA!

Texte und kulturelle Bedeutung

Wegen ihres Ursprungs im Milieu der Slums und des Inhalts der Texte wird die Cumbia Villera auch mit der Hip-Hop-Bewegung der Schwarzen in den USA verglichen.

Die Cumbia-Villera-Gruppen haben so den ärmlichen Lebensstil in den Slums zum Hauptthema in ihren Texten gemacht, und stellen ihn als ehrenvoll und lebenswert da. Die Bewohner der Villas fühlen sich so in ihrem Selbstwertgefühl gestärkt und sehen die Cumbieros als Idole an. Ein Beispiel: Der Erfinder der Cumbia Villera und Sänger der Gruppe Damas Gratis, Pablo Lescano beschreibt in seinen Texten, wie er mit einem geklauten Keyboard in einem Slum-Viertel von Buenos Aires angefangen hat, Musik zu machen.

Auch der Rassismus, unter dem die "Negros", wie die Bewohner der Armenviertel von der Oberschicht genannt werden (ob sie dunkelhäutig sind oder nicht) zu leiden haben, wird in den Liedern angeprangert. Außerdem werden in den Texten Politiker und vor allem die Polizei kritisiert, die als gewalttätig und rassistisch beschrieben wird. Meistens jedoch geht es um Sex, Drogen und Kriminalität und um das harte, aber auch oft unterhaltsame Alltagsleben in den Slums, was z. B. in zahlreichen Texten zum Ausdruck kommt, in denen beschrieben wird, wie eine Gruppe von "Negros" am Straßenrand gemütlich Wein oder Bier trinken.

Einige Kritiker sagten der Cumbia Villera in ihrer Anfangszeit „Volksverdummung“ nach und warnten vor den gesellschaftlichen Folgen aufgrund der extremen Texte. Außerdem kritisieren sie die Tatsache, dass in den Texten der "schlechte Lebensstil" in den Slums als Ideal hingestellt wird, aber auch der frauenfeindliche Grundton einiger Songs, in denen Frauen als reine Sexobjekte beschrieben werden, wurde kritisiert.

In einigen, von rechtsgerichteten Bürgermeistern regierten Städten Argentiniens gab es Auftrittsverbote für Cumbia-Villera-Bands, und es wurde auch über ein Verbot der Musik im Radio zur Tageszeit nachgedacht. Diese Diskussionen flachten jedoch nach 2001 stark ab, und heute ist die Cumbia Villera weitgehend in der öffentlichen Meinung als eigenständiges argentinisches Musikgenre akzeptiert, was aber vielleicht auch an den heute oft deutlich "sanfteren" Texten als in der Anfangszeit liegt.

Die Texte der Cumbia Viller enthalten viele Slangausdrücke, die aus den Slums stammen.

Beispiele: chorro oder rocho (Dieb), fierro (Waffe), vitamina (Kokain), pasta (Ecstasy), astuta (Schlampe), botón ("Bulle", Verräter), yuta (Polizei, "Bullen"), gatillo fácil (Polizist, der schnell zur Waffe greift) usw.

Cumbia-Villera-Mode

Das Erscheinen der Cumbia Villera war begleitet von einer Modeerscheinung, die der Mode der Hip-Hop-Bewegung ähnelt. Weite Hosen, teure Turnschuhe, Sweatshirts mit Kapuzen und Baseballkappen bestimmten die Mode bei den Jungen und Männern, während die Frauen zum Ausgehen kurze Miniröcke und bunte Tops, tagsüber aber auch Surf-Shorts und weite Jeans trugen.

Diese Modeerscheinung ist heute in den Slums weitgehend zur Standardmode avanciert. Besonders verbreitet ist sie bei den Kleinkriminellen, den sogenannten chorros.

Charakteristische Songs

  • Damas Gratis - Quiero Vitamina
  • Yerba Brava - Pibe Cantina
  • Guachin - La Danza del Tablón
  • Los Pibes Chorros - La Colorada
  • La Base - Sabroso (Beispiel für Cumbia Villera Light)


Wichtige Bands:

  • Damas Gratis
  • Los Pibes Chorros
  • El Indio
  • Guachin
  • La Base
  • Yerba Brava
  • $ipaganBoy
  • Mala Fama
  • La Piba
  • Jimmy y su Combo Negro
  • Amar y Yo
  • Flor de Piedra
  • Dany y la Roka
  • Canto Negro
  • Supermerka2