Internetzensur in der Volksrepublik China
China ist eines der Länder, die eine Internetkontrolle (中国网络审查 zhongguo wangluo shencha, dt. chinesische Internetkontrolle) durchführen. Die Mechanismen zur Kontrolle des Internets in der Volksrepublik China werden innerhalb und außerhalb Chinas als Great Firewall of China (防火长城 fanghuo changcheng) bezeichnet.
Die Motivation zur Durchführung einer Internetkontrolle hängt vor allem damit zusammen, dass die Volksrepublik China, wie jede andere Diktatur auch, bestrebt ist, sich den Machterhalt zu sichern, ohne das Volk wie in demokratischen Ländern zur politischen Mündigkeit zu erziehen und am politischen Entscheidungsprozess partizipieren zu lassen. Um im Volk eine bestimmte Ideologie, also im Falle der VR China den Kommunismus, zu verbreiten, bedient man sich in einer Diktatur maßgeblich der Volksrepublik_China#Medien. Das Internet wird somit entsprechend als kontrolliertes Medium zur Verbreitung der herrschenden Ideologie eingesetzt; widersprüchliche, konterrevolutionäre (oder im modernen Kontext besser „gesetzeswidrige“) Ansichten werden ausgeklammert.
Die chinesische Seite gibt offiziell vor, die Bevölkerung vor schädlichen Inhalten (Gewalt, Pornografie) zu schützen.
China zieht damit die Kritik zahlreicher anderer Länder auf sich. Es wird kritisiert, China verletze die selbst in der chinesischen Verfassung garantierte Meinungsfreiheit und grundlegende Menschenrechte der Chinesen.
Auch in anderen (demokratischen) Ländern gibt es diesbezüglich Mechanismen zur Internetkontrolle, zum Beispiel Spamabwehr, Abwehr von DNS-Angriffen, und auch in demokratischen Ländern werden, wenn auch mit anderer Absicht, IDS und Firewalls eingesetzt.
Das Projekt „Goldener Schild“
1993 startete China im Zuge der Entwicklung der Internetanbindung in China die „Goldenen Projekte“, die die Informationstechnologie mit der Wirtschaft in Verbindung bringen und die Koordination der Marktökonomie fördern sollten.
Darunter war auch das Projekt "Goldener Schild" (金盾工程 jindun gongcheng), mit dem das chinesische Sicherheitsministerium beauftragt wurde. Was genau das Projekt alles beinhaltet, wird außerhalb der Regierungskreise nicht offiziell bekanntgegeben. Es heißt es beinhalte die Errichtung von Diensten zur Regelung der öffentlichen Sicherheit.
Manche Quellen geben an, im Rahmen der Etablierung dieses Projekts wurde auch eine Firewall für das Internet entwickelt. Außerhalb Chinas wird bereits dieses Projekt als riesige chinesische Firewall bezeichnet, die die Kommunistische Partei errichtet habe. Man kann aber letztendlich nicht mit Gewißheit angeben, ob dieses Projekts überhaupt Maßnahmen zur Internetkontrolle enthielt und welcher Art diese sein sollten.
Die „Great FireWall of China“
Die Great Firewall of China (防火长城 fanghuo changcheng) ist eine Gesamtbezeichnung für verschiedene Systeme zur Internetkontrolle in China.
Techniken
Die mit dem staatlichen Eingangsnetz zusammenhängende Blockade von IPs
Die chinesische Regierung führt gegenüber fragwürdigen Websites eine IP-Blockade durch, dies ist die einfachste und wirksamste Maßnahme, unerwünschte Inhalte zu blockieren. Die Methode kann umgangen werden, indem der User einen gewöhnlichen Proxy außerhalb von China findet und sich über diesen Zugang zu den Informationen verschafft. Aber die chinesische Abteilung für die Netzblockade hat häufig benutzte Proxys ebenfalls auf die Liste der zu schließenden IPs gesetzt.
Filtern und Blockieren von Schlüsselwörtern durch einen Backbone-Router
IP-Pakete werden auf kritische Wörter, wie zum Beispiel Falun-Gong-Sekte, untersucht. Die beiden Teilnehmer, die eine TCP-Verbindung aufgebaut haben, über die sie per HTTP kommunizieren, bekommen nun von Rechnern, die diesen Verkehr kontrollieren, TCP-RST-Pakete gesendet. Dies führt zum Abbau der TCP Verbindung. Durch diesen einfachen Mechanismus blockiert die chinesische Regierung regimekritische Webseiten außerhalb ihres Staatsgebietes.
Durch die Verwendung von VPN oder HTTPS kann dieser Mechanismus jedoch umgangen werden, da eine Analyse der Pakete auf bestimmte Wörter wegen der Verschlüsselung nicht mehr möglich ist. Jedoch könnten diese Protokolle durch Verwerfen der entsprechenden IP-Pakete generell gesperrt werden.
Filtern des HTTPS Protokolls
Schliesslich wurden sogar die HTTPS-Verbindungen unterbrochen. Aber aufgrund der Eigenschaften von HTTPs ist der User trotzdem noch in der Lage, diese Sperre zu umgehen.
Westliche Firmen in der Kritik
Mehrere große westliche Internetfirmen/Suchmaschinenbetreiber (darunter z.B. Google, Yahoo! und MSN) sehen sich in den letzten Monaten verstärkt der Kritik ausgesetzt, ohne Rücksicht auf moralische Verpflichtungen, China bei dem Aufbau der "Großen Firewall" behilflich zu sein, um ihre Marktposition in China zu sichern und/oder auszuweiten. So filtern oben genannte Unternehmen beispielsweise die Ergebnisse ihrer Suchmaschinen so, dass zensurrelevante Treffer nicht gelistet werden, wodurch sie aktiv die Zensurpolitik der KPCh unterstützen.
Obwohl diese Unternehmen damit wohl vorrangig Eigeninteressen verfolgen, lässt sich dennoch sagen, dass ihr Engagement im chinesischen Markt in der Hauptsache (unter dem Aspekt der Entwicklung einer demokratischen und freiheitlichen Zivilgesellschaft in China) als positiv bewertet werden kann, da die chinesische Bevölkerung ansonsten keinerlei Zugriff auf ausländische Suchdienste erhalten hätte. Zwar sind offensichtliche Stichworte wie etwa "Demokratie", "Menschenrechte", usw. gesperrt (ihre Eingabe dürfte gefährlich sein), durch die Verstümmelung dieser Begriffe (z.B. Menschenrecht --> Mnschnrcht) besteht jedoch wohl trotzdem die Möglichkeit Treffer zu erzielen, bzw. Informationen zur Umgehung der Zensur zu erhalten.
Man kann jedoch dagegenhalten, dass eine Verweigerungshaltung langfristig positivere Effekte gezeitigt hätte, da damit die chinesische Regierung unter Umständen gezwungen gewesen wäre, entweder ihre Öffnungspolitik zu verstärken, oder auf die potentiell segensreichen wirtschaftlichen Effekte effizienter Internet-Suchmaschinen zu verzichten.
Es ist fraglich, in welchem Umfang die beteiligten Unternehmen mit der chinesischen Regierung kooperieren (z.B. Weiterleitung der IP-Adressen derjenigen Nutzer, die nach verbotenen Stichwörtern gesucht haben). Man kann jedoch davon ausgehen, dass im Zweifelsfalle eher auf die eigenen wirtschaftlichen Interessen, als auf die Not der chinesischen Bevölkerung Rücksicht genommen wird.
Literatur
Fries, Manuel. China and Cyberspace. The Development of the Chinese National Information Infrastrukture. Bochum: University Press, 2000.
Weblinks
- Ignoring the Great Firewall of China (pdf, englisch) Paper, das die genaue Funktionsweise der Chinesischen Firewall beschreibt