Russische Breitspur

Eine Breitspurbahn ist eine Eisenbahn mit einer Spurweite, die größer ist als die 1435 mm der Normalspur.
Breitspurige Eisenbahnnetze gibt es in Europa in Irland (1600 mm), Spanien sowie Portugal (1668 mm) und vor allem die 1520-mm-Spur in Russland, der Ukraine, Weißrussland, Mongolei, Kasachstan, Finnland und dem Baltikum. Eine Breitspurstrecke befindet sich auch in der Slowakei. Außerhalb Europas findet man Breitspurnetze vor allem in Indien, Australien und Südamerika.
Die Breitspur hat einige Vorteile: Je größer die Spurweite, umso besser die Laufeigenschaften des Zuges und belastungsfähiger die Strecke, besonders bei schlechtem Untergrund. Die Nachteile sind höhere Baukosten, aber hauptsächlich die größeren Kurvenradien. Deshalb wurden in Städten und in den Bergen oder in engen Tälern häufig schmalere Spuren gewählt.
Russische Breitspur

Die erste russische Eisenbahn zwischen Sankt-Petersburg und Zarskoe Selo, die 1837 eröffnet wurde, hatte eine große Spurweite von sechs Fuß/ 1829 mm. Diese sehr breite Spurweite erwies sich als zu unwirtschaftlich, daher wählte man am 12. September 1842 die seinerzeit in den Südstaaten der USA genutzte Spurweite von exakt fünf englischen Fuß (1524 mm). In der Zeit zwischen Mai 1970 bis 1990 wurde das Regelmaß der russischen Breitspur zur Verschleißminderung durch Verringerung des Spurspiels um 4 mm auf 1520 mm schrittweise reduziert. Finnland, das als damaliger Teil des russischen Reiches sein Eisenbahnnetz ab 1862 ebenfalls in russischer Breitspur ausführte, legte bereits 1959 als neue Nennspurweite 1520 mm fest.[1]
Die Züge aus Westeuropa konnten auf Grund der unterschiedlichen Spurweiten zuerst nicht durchfahren. Inzwischen gibt es jedoch verschiedene technische Systeme, die dieses Problem beheben. Es gibt Systeme an den Übergängen, wo Radsätze oder Drehgestelle gewechselt werden, aber auch Rollmaterial mit veränderbarer Spurweite, das auf Umspuranlagen umgespurt werden kann. Die Fahrgäste können dabei im Wagen sitzen bleiben, der ganze Vorgang dauert nur wenige Minuten, während die Räder auf den Achsen in die neue Position verschoben werden. Allerdings werden Spurwechselradsätze derzeit nicht im Regelbetrieb eingesetzt.
Für den grenzüberschreitenden Verkehr zwischen Mitteleuropa bzw. Schweden und Finnland wurden Güterwagen mit tauschbaren Radsätzen oder Drehgestellen gebaut.
Beide im Bild dargestellten Wagentypen (RIC, Weitstreckenwagen) sind umspurfähig. Letzter Typ ist bis max. Polen nach Westen zugelassen. Die ab Warschau verkehrenden Züge nach GUS (Osten) werden üblicherweise aus Weitstreckenwagen gebildet. Bis Mitte der 1990er Jahre fuhren diese Wagen bis Berlin und in Militärreisezügen für die Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland bis Dresden, Erfurt, Magdeburg und Wünsdorf. Erst der Bahnsteigumbau in Brandenburg verhinderte die Weiterfahrt ab Frankfurt (O) nach Berlin für die größeren Wagenkästen.
Beringstraßen-Tunnel
Iberische Breitspur
Die iberische Breitspur von 1668 mm entstand durch Mittelung der spanischen (1672 mm) und portugiesischen (1665 mm) Breitspur, um den Wagenübergang zu erleichtern.
Spurumstellung in Spanien
Mittlerweile hat sich die Normalspur als guter Kompromiss erwiesen und breitspurige Bahnstrecken werden teilweise sogar (wie in Spanien) auf Normalspur umgebaut, teilweise werden auch vereinfachte Umspureinrichtungen an Übergangsbahnhöfen installiert. Beispiele hierfür sind das System SUW-2000 und das Talgo-System.
Die spanische Regierung hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Kosten und Nutzen einer landesweiten Spurweitenumstellung von derzeit 1668 mm auf die europäische Normalspur (1435 mm) ermitteln soll. Die Zeitung El País schätzt, dass die Anpassung des 12.000 km langen Schienennetzes bis etwa 2020 dauern würde.[2][3]
Zukunft
Künftige Schnellfahrstrecken auf der iberischen Halbinsel wie z.B. die Schnellfahrstrecke Lissabon–Madrid oder die Schnellfahrstrecke Lissabon–Porto und bereits bestehende Schnellfahrstrecken wie z.B. die Schnellfahrstrecke Madrid–Barcelona, die Schnellfahrstrecke Madrid–Sevilla oder die Schnellfahrstrecke Madrid–Valladolid werden bzw. sind in europäischer Normalspur (1435 mm) gebaut.


Indische Breitspur
- siehe Kolonialspur (1676 mm)
Brunel-Breitspur
Auf den Azoren existieren noch Reste einer Brunel'schen Breitspurbahn in der Spurweite 2134 mm (7 Fuß) sowie zwei Dampflokomotiven dieser Spur. Ein kurzer touristischer Betrieb wird diskutiert.
Breitspur in Deutschland
In Deutschland gibt es die Breitspurbahn in Oberweißbach (Standseilbahn mit 1800 mm Spurweite) und seit 1986 die noch in der DDR erbaute Umspuranlage von Normalspur auf sowjetische Breitspur im damals neu errichteten Fährhafen Mukran auf der Ostseeinsel Rügen/Prorer Wiek. Die Umspuranlage dient der Beladung der Eisenbahnfährschiffe auf der Fährlinie von Mukran ins litauische Klaipėda (das frühere Memel).
Formal "breitspurig", jedoch nur geringfügig von der Normalspur abweichend haben die Leipziger Straßenbahn 1458 mm, die Dresdner Straßenbahn 1450 mm Spurweite.
Hitlers Dreimeterspur
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden Pläne für eine Breitspurbahn mit 3000 mm Spurweite angelegt. Sie sollte zusätzlich neben der Normalspur Berlin mit München, Hamburg und Linz verbinden, vor allem aber zur Erschließung des neu eroberten Lebensraums im Osten beitragen. Die Strecke dazu sollte bis Rostow am Don führen.
Ehemalige Breitspurbahnen
In der Eisenbahngeschichte hat es mehrere, größtenteils erfolglose, Experimente mit der Breitspur gegeben:
- in Großbritannien die Great Western Railway von Sir Isambard Kingdom Brunel mit einer Spurweite von 2140 mm, die 1892 auf Normalspur umgestellt wurde
- im Großherzogtum Baden die Badischen Staatseisenbahnen, – insbesondere im Oberrheintal – mit der Spurweite von 1600 mm betrieben, wegen der Einzelstellung in Deutschland jedoch 1855 auf Normalspur umgespurt.
- Die ersten Eisenbahnstrecken in den Niederlanden (Amsterdam-Haarlem-Den Haag-Rotterdam und Amsterdam-Utrecht-Arnhem) wurden zwischen 1839 bis 1847 mit einer Spurweite von 1945 mm angelegt und später (bis 1866) auf Normalspur umgestellt.
Literatur
- Richard Heinersdorff: Auf eiserner Spur. 1. Auflage. Sanssouci Verlag, Zürich 1977, ISBN 3-7254-0299-X, S.150ff.
- Hans-Ulrich Thamer: Verführung und Gewalt: Deutschland 1933-1945. Veröffentlicht 1986, Siedler Verlag, ISBN 3-88680-053-9, Seite 663ff.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Mikko Alameri: Eisenbahnen in Finnland, Wien 1979, S. 18
- ↑ Verkehrsrundschau, 30. April 2007
- ↑ http://www.travelinside.ch/primus/notdArchiv.php?we_objectID=5380