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Verfassungsbeschwerde (Deutschland)

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Die Verfassungsbeschwerde ist ein im deutschen Recht vorgesehenes außerordentliches Rechtsmittel. Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen hoheitliche Akte, die den Bürger in seinen Grundrechten oder in grundrechtsgleichen Rechten verletzt. Die Bindung der öffentlichen Gewalt an die Grundrechte folgt aus Art. 1 Abs. 3 GG. Die Verfassungsbeschwerde selbst ist als Individualverfassungsbeschwerde ausgestaltet. Eine Prozessstandschaft für andere Personen oder Objekte ist ausgeschlossen. Deshalb muss der Verfassungsbeschwerdeführer geltend machen, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Einige deutsche Bundesländer sehen für das Landesrecht ebenfalls Individualverfassungsbeschwerden in ihren Landesverfassungen vor. Zuständig sind dann die Landesverfassungsgerichte bzw. die Staatsgerichtshöfe der Bundesländer. Im übrigen ist originär das Bundesverfassungsgericht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG für die Verfassungsbeschwerden zuständig. Weitere Anforderungen ergeben sich aus § 13 Nr. 8a und §§ 90 ff. BVerfGG. Die durch die Verfassungsbeschwerde zu rügenden Rechte (also Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte) sind in den Artikeln 2 - 6, (ohne 7) 8 - 12, (ohne 12a) 13, 14, 16 - 17, (ohne 17a, 18) 19, 20 Abs. IV, 33, 38 Abs. 1 S. 1, 101, 103, 104 des Grundgesetzes niedergelegt.

Zulässigkeitsvoraussetzungen

Der ordnungsgemäße Antrag muss schriftlich beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eingereicht werden. Es muss das verletzte Recht bezeichnet werden und auch die Rechtsverletzung (der hoheitliche Akt) angegeben werden. Beteiligungsfähig ist jeder, der in der Lage ist, Träger von Grundrechten zu sein. Prozessfähig sind diejenigen, die die Grundrechtsmündigkeit besitzen. Der Vortrag der Rechtsverletzung muss die Verletzung von Grundrechten möglich erscheinen lassen. Ferner darf kein fremdes Recht geltend gemacht werden. Dadurch werden Popularklagen ausgeschlossen. Der Beschwerdeführer muss gegenwärtig betroffen sein, sodass ein weit zurückliegender oder fern in der Zukunft liegender Eingriff in die Grundrechte keinen statthaften Beschwerdegrund darstellt. Der Beschwerdeführer muss weiterhin unmittelbar betroffen sein. Ein wichtiger Prüfungspunkt ist die Ausschöpfung des Rechtsweges. Alle bisher möglichen Rechtsmittel müssen daher ausgeschöpft worden sein. Bei Urteilsverfassungsbeschwerden besteht eine Frist von einem Monat, bei Rechtssatzverfassungsbeschwerden ein Jahr.

Akte öffentlicher Gewalt

Als Akte öffentlicher Gewalt, die der Verfassungsbeschwerde unterfallen, zählen sämtliche Rechtsetzungsakte (Rechtssatzverfassungsbeschwerde) und auch Urteile aller Gerichte in Deutschland (Urteilsverfassungsbeschwerde).

Begründetheit der Verfassungsbeschwerde

Grundsätzlich werden sämtliche und nicht nur die vom Beschwerdeführer genannten Grundrechte überprüft, die wegen der Rechtsverletzung in Betracht kommen. Stellt das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Rechtsverletzung begründet ist, kann es ein Gesetz nach Art. 95 BVerfGG für nichtig erklären. Wird ein Urteil angegriffen, so muss die Urteilsentscheidung willkürlich und/oder objektiv unhaltbar sein. Das Bundesverfassungsgericht will damit vermeiden, zur sog. "Superrevisionsinstanz" zu werden. Das Urteil wird ggf. aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung zurückverwiesen.

Kosten

Das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht ist kostenfrei (§ 34 Abs. 1 GG). Missbräuchliche Anrufungen des Gerichtes können jedoch mit einer Gebühr bis zu 2.600 Euro geahndet werden.

Kommunen

Durch die Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden sind Kommunen ebenfalls befugt, ihre Rechte aus Art. 28 GG vor dem Bundesverfassungsgericht geltend zu machen. Für Kommunalverfassungsbeschwerden gilt ebenfalls der Gedanke der Subsidiarität, sodass zunächst zu prüfen ist, ob das Recht vor dem Landesverfassungsgericht oder dem Staatsgerichtshof des Landes geltend zu machen ist.