Der Zwiebelfisch

Der Zwiebelfisch war eine (Satire-)Zeitschrift die sich mit Typografie, Schrift, Buchkunst, Verlagswesen, Literatur und Kunst beschäftigte. Die Zeitschrift erschien von 1909 bis 1934 mit insgesamt 24 Jahrgängen; zwischen 1946 und 1948 erschien ein 25. Jahrgang. Der Zwiebelfisch kann bedingt zu den Kunst- und Literaturzeitschriften der Münchner Moderne vor dem 1. Weltkrieg gerechnet werden, zu denen Pan, Jugend, Insel und Hyperion gehören. Verleger war der Münchner Buchkunstverleger Hans von Weber (1872-1924), Herausgeber der ersten beiden Ausgaben war der Schriftsteller Franz Blei, von da an bis 1924 der Verleger selbst.
Idee, Namen und Gründung
Der Zwiebelfisch war ein Marketinginstrument des Münchner Hyperionverlags Hans von Weber. Der junge Verlag des Büchersammlers und Bibliophilen von Weber hatte 1906-1909 die Kunstzeitschrift Hyperion herausgegeben und verlegte eine Reihe bibliophiler Bücher in limitierter Auflage, von denen jeweils einhundert Stück als Vorzugsausgabe für die Mitglieder der Vereinigung "Die Hundert" erschienen: die sogenannten Hundertdrucke. Der Erfolg dieser Bücher führte bald zu weiteren Sondereditionen wie den Dreiangeldrucken und Hyperiondrucken, welche sich im Erscheinungsbild nicht wesentlich von den Hundertdrucken unterschieden. Um die bibliophilen Ausgaben zu bewerben, wurde mit dem Zwiebelfisch eine Zeitschrift produziert, die sich schwerpunktmäßig mit "Büchern und gutem Geschmack" befasste und einen hohen Anteil an Verlagsanzeigen (sowohl eigener, als auch solcher befreundeter Verlage) aufwies. Die Idee stammte von Hans von Weber, Franz Blei und dem Leipziger Drucker Carl Ernst Poeschel (Druckerei Poeschel & Trepte), das Zeitschriftensignet zeichnete Walter Tiemann. Augenzwinkernd wurde als Erscheinungsdatum der 1. April 1909 genannt. Der Verlag Hans von Weber verlegte einige bis dahin unbekannte Autoren und Künstler und half damit, deren Erfolg zu begründen (z. B. Ernst Preatorius, Franz Kolbrand, Carl Sternheim, Klabund). Der Begriff Zwiebelfische bezeichnet in der Druckersprache den Fehler, bei dem einzelne Zeichen aus einer falschen Schrift im Text erscheinen. Dies rührte ursprünglich daher, dass im Handsatz Lettern beim Ablegen nach dem Druck versehentlich in die falschen Setzkästen gelegt wurden. Der Korrektor zeichnete dies mit einem kleinen z mit geschwungenem Abstrich an.
Erscheinungsweise, Ziele und Inhalte
Die Zeitschrift erschien von 1909 an bis 1925 in 19 Jahrgängen mit bis zu sechs Ausgaben. Der 20. Jahrgang erschien 1926/28, der 21. ebenfalls 1928, der 22. 1928/29, der 23. Jahrgang 1930/33. Der 24. Jahrgang 1934 (vermutlich Wien) und der 25. und letzte 1946/1948 waren nicht mehr mit dem Verlag von v. Weber verbunden. Inhalte und Untertitel (u. a. Kleine Zeitschrift für Buchwesen und Typographie, kleine Zeitschrift für Geschmack in Büchern und anderen Dingen) wechselten mehrfach.
Der Zwiebelfisch beschäftigte sich als eine der ersten deutschen Zeitschriften ausführlich mit Typografie. Sie veröffentlichte die neuesten Schriftschnitte der großen Schriftgießereien und äußerte sich zu Fragen der Schriftanwendung. In den ersten 15 Jahren ihres Erscheinens war die Zeitschrift stark von der Persönlichkeit des Verlegers Hans von Weber geprägt. Sie griff Fragen des Buchhandels und der Buchgestaltung auf und orientierte sich bei Auftritt und Aggressivität am Simplicissimus. Zu den Autoren zählten Schriftsteller wie Kurt Martens, aber auch der Typograph Rudolf Koch, der Einbandkünstler Carl Sonntag jun. und der Vater der deutschen Bibliophilie Fedor von Zobeltitz. Weitreichende Bekanntheit erlangte die Zeitschrift durch mehrere Rechtsstreitigkeiten, die als Folge von Artikeln u. a. mit Anton Kippenberg (der Dublettenkönig) und den Verlagen Ullstein, Stielke und Hillger (Feldbuchhandlungen) anhängig wurden.
Ableger, Sonderformen und Nachfolger
Durch die Satireform regte die Zeitschrift zur Nachahmung, aber auch zum Widerspruch an. So erschien z. B. in den Niederlanden die Zeitschrift De Zilverdistel die sich auf den Zwiebelfisch als Vorbild bezog. Der Verleger Hans von Weber selbst produzierte den Winkelhaken, der als Zeitschrift für die Bezieher der Hundertdrucke den buchgestalterischen Aspekt des Zwiebelfischs fortführte.
Nach den ersten erfolgreichen Jahren erschien 1913 Das kleine Zwiebelfisch-Kulturkratzbürstenvademecum, in dem verschiedene populäre Themen der vorangegangenen Jahrgänge nochmals aufgegriffen wurde. Ferner brachte der Verlag jährlich den Hyperion-Almanach heraus, der die aus Verlagssicht wichtigsten Ereignisse des Jahres kommentierte.
Als Reaktion auf eine durch von Weber angestrengte Verleumdungsklage erschien im Juni 1918 Der Arion des Zwiebelfischs - eine ichthyologische Untersuchung von Artur Seemann, eine ausführliche Auseinandersetzung des Leipziger Verlegers mit den Inhalten des Zwiebelfischs. Das Heft war in Format und Erscheinungsbild dem Zwiebelfisch nachempfunden.
Literatur
- Preetorius Emil (Hrsg.): Das kleine Zwiebelfischkulturkratzbürstenvademecum. Hans von weber, München 1913, pendo-Verlag, Zürich 1991 (Repr.).