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Stern-Volmer-Gleichung

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Stern-Volmer-Plot: Es wurde der Term gegen die Konzentration des Quenchers aufgetragen. Der Anstieg des linearen Verlaufes (rote durchgezogene und gepunktete Linie) der Stern-Volmer-Gleichung entspricht der Stern-Volmer-Konstante . Werden Messungen von , bei bekannter Konzentration des Quenchers im Stern-Volmer-Plot aufgetragen (im Diagramm eingezeichnete Punkte) und wird eine lineare Regression durchgeführt, so kann die Stern-Volmer-Konstante experimentell ermittelt werden.

Die Stern-Volmer-Gleichung beschreibt die Abhängigkeit der Quantenausbeute bzw. der Intensität der Fluoreszenz eines fluoreszierenden Farbstoffes von der Konzentration von Stoffen, die die Fluoreszenz löschen (sogenannte Quencher). Mit der Stern-Volmer-Gleichung kann unter bestimmten Umständen auch die Abhängigkeit der Lebensdauer des angeregten Zustandes eines fluoreszierenden Farbstoffes von der Konzentration des Quenchers beschrieben werden.

Die Gleichung entstammt einer Zusammenarbeit der Physikochemiker Otto Stern und Max Volmer am physikochemischen Institut der Berliner Universität bei Walther Nernst. Die Stern-Volmer-Gleichung wurde von Stern und Volmer 1919 in dem Artikel "Über die Abklingungszeit der Fluoreszenz", der in dem wissenschaftlichen Journal "Physikalische Zeitschrift" erschien, zum ersten Mal beschrieben[1].

Die Gleichung lautet:

Dabei ist die Fluoreszenzintensität des fluoreszierenden Farbstoffes in Abwesenheit des Quenchers, die Fluroreszenzintensität desselben in Anwesenheit des Quenchers, die Konzentration des Quenchers und die Stern-Volmer-Konstante.

Häufig wird folgende Schreibweise der Stern-Volmer-Gleichung bevorzugt:

Wird der Term gegen die Konzentration aufgetragen, so ergibt sich ein einfacher linearer Zusammenhang. Der Anstieg der Geraden ist dann die Stern-Volmer-Konstante .

Eine wichtige Voraussetzung für die Gültigkeit der Stern-Volmer-Gleichung ist die gleiche Erreichbarkeit aller Moleküle des Fluorophors durch den Quencher: für alle Moleküle des Fluorophors muss die gleiche Stern-Volmer-Konstante gelten. Ist ein Teil der Moleküle des Fluorophors für den Quencher besser bzw. schlechter ereichbar - und damit deren Fluoreszenz besser bzw. schlechter löschbar - so ist die Stern-Volmer-Gleichung in der obigen Form nicht anwendbar. Sie muss dann abgewandelt werden.

Eine andere wichtige Voraussetzung der Stern-Volmer-Gleichung ist, dass der Quencher die Fluoreszenz nur auf eine Weise löschen darf. Löscht der Quencher die Fluoreszenz auf verschiedene Weisen, so ist die Stern-Volmer-Gleichung in der obigen Form nicht anwendbar. Sie muss dann abgewandelt werden.

Die Stern-Volmer-Konstante bei dynamischer Fluoreszenzlöschung

Stern-Volmer-Plot für die dynamische Fluoreszenzlöschung. Es wurde der Term (rot dargestellt) und der Term (blau dargestellt) gegen die Konzentration des Quenchers aufgetragen. Bei der dynamischen Fluoreszenzlöschung sind die beiden Verläufe genau gleich.

Bei der dynamischen Fluoresenzlöschung - auch als dynamic Quenching oder dynamisches Quenching bezeichnet - kollidiert der Quencher mit dem Fluorophor. Befindet sich das Fluorophor bei der Kollison in seinem angeregten Zustand, so geht das Fluorophor aus dem angeregten Zustand in seinen Grundzustand zurück, ohne dabei Photonen zu emittieren. Daher wird die dynamische Fluoreszenzlöschung auch als Stoßlöschung bezeichnet. Die dynamische Fluoreszenzlöschung beruht also darauf, dass die Energie des angeregten Fluorophors strahlungslos abgegeben wird.

Die Stern-Volmer-Konstante lautet für die dynamische Fluoreszenzlöschung:

Dabei ist die bimolekulare Quenchingkonstante und die Lebensdauer des angeregten Zustandes des Fluorophors in Abwesenheit des Quenchers. Die bimolekulare Quenchingkonstante wird auch dargestellt als:

Dabei ist der bimolekulare Ratenkoeffizient für Kollisionen: dieser Koeffizient gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Fluorophormolekül und das Quenchermolekül miteinander kollidieren. Der bimolekulare Ratenkoeffizient kann mit der Smoluchowski-Gleichung berechnet werden. Der Parameter ist die Quencheffizienz und gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Quencher das angeregte Fluorophor bei einer Kollision löscht. Die Quencheffizienz kann Werte zwischen null und eins annehmen: Ist gleich null, so wird das angeregte Fluorophor durch den Quencher nie gelöscht, egal wie häufig dieser das Fluorophor trifft. Der Quencher ist im Sinne der dynamischen Fluoroeszenzlöschung dann gar kein Quencher. Ist die Quencheffizienz gleich eins, so löscht der Quencher das angeregte Fluorophor bei jedem sich ereignendem Stoß.

Für die dynamische Fluoreszenzlöschung ist die Abnahme der Lebensdauer des angeregten Zustandes in der Anwesenheit des Quenchers charakteristisch. Je langlebiger der angeregte Zustand ist, desto wahrscheinlicher wird eine Kollision zwischen dem Quencher und dem angeregten Fluorophor und damit auch dessen Löschung. Für die dynamische Fluoreszenzlöschung gilt daher folgendes Verhältnis:

Für die gleiche Konzentration des Quenchers wird bei der dynamischen Fluoreszenzlöschung bei steigender Temperatur der Wert für die prinzipiell größer, d. h. der Quechner löscht bei höherer Temperatur stärker als bei niedrigerer Temperatur: die Diffusionsgeschwindigkeit des Quenchers - und damit auch der bimolekulare Ratenkoeffizient - nimmt bei steigender Temperatur zu, wodurch die Anzahl der Stöße mit dem Fluorophor, und damit die Anzahl der Löschvorgänge, ebenfalls zunimmt. Dies ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal zwischen dynamischer und statischer Fluoreszenzlöschung, da es sich bei der statischen Fluoreszenzlöschung prinzipiell anders herum verhält.

Herleitung

Das Fluorophor geht durch die Absorption eines Photons in den angeregten Zustand über:

Aus diesem angeregten Zustand kann das Fluorophor über verschiedenen Wege in den Grundzustand zurück kehren:

In (A) geht das Fluorophor durch die Emission eines Photons in den Grundszustand über (Fluoreszenz), in (B) geht die Energie des angeregten Zustandes durch andere Prozesse strahlungslos in Wärme über und in (C) wird der angeregte Zustand durch den Quencher strahlungslos in den Grundzustand überführt. Dabei nimmt der Quencher die Energie des angeregten Zustandes des Fluorophors auf.

Die Fluoreszenz-Quantenausbeute ist definiert als:

Dabei ist die Anzahl der durch Fluoreszenz emittierten Photonen pro Zeiteinheit und ist die Anzahl der vom Fluorophor absorpierten Photonen pro Zeiteinheit.

Die Anzahl der emittierten Photonen pro Zeiteinheit bestimmt sich aus der Konzentration an angeregten Fluorophor und der Zerfallsgeschwindigkeit (Einheit: 1/s) :

Die Anzahl der absorpierten Photonen lässt sich aus der Konzentration des Fluorophors , die durch die Anregungsgeschwindigkeit in den angeregten Zustand überführt werden, bestimmen. Da diese angeregten Fluorophore durch die oben genannten Prozesse (A), (B) und (C) wieder in den Grundzustand zurückkehren, so folgt:

Dabei hat die Einheit 1/s.

Die Quantenausbeute der Fluoreszenz wird dadurch zu:

In der Abwesenheit des Quenchers ist die Quantenausbeute gleich:

Das Verhältnis ist gleich:

Die Lebensdauer des angeregten Zustandes in Abwesenheit des Quencher ist die inverse Summe der beiden Zerfallsgeschwindigkeiten und  :

Dies in das Verhältnis eingesetzt ergibt nach Umstellung der Gleichung:

Wegen der direkten Proportionalität der Quantenausbeute der Fluoreszenz zur Intensität Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle F} der Fluoreszenz folgt:

Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle \frac{\phi_0}{\phi} = \frac{F_0}{F} = 1 + \tau_0 \, k_q \cdot \mathrm{[Q]}}

Wegen der Definition von und der Definition von :

ergibt sich:

Die Stern-Volmer-Konstante bei statischer Fluoreszenzlöschung

Stern-Volmer-Plot für die statische Fluorezenzlöschung. Die Auftragung erfolgte wie im Bild zur dynamischen Fluoreszenzlöschung. Die statische Fluoreszenzlöschung kann an Hand des Verhältnisses der Fluoreszenzlebensdauern von der dynamischen Fluorezenzlöschung unterschieden werden.

Bei der statischen Fluoreszenzlöschung - auch als static Quenching oder statisches Quenching bezeichnet - bildet sich aus dem Fluorophor und dem Quencher ein Komplex , der selbst nicht fluoresziert. Dies lässt sich anhand einer chemischen Gleichung beschreiben:

Das chemisches Gleichgewicht zwischen dem Fluorophor, dem Quencher und dem Komplex aus Fluororphor und Quencher, wird nach dem Massenwirkungsgesetz gebildet und ist gleich der Stern-Volmer-Konstante :

Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle K_{SV} = K_s =\mathrm{\frac{[FQ]}{[F][Q]}}}

Dabei ist die Konzentration des Komplexes aus Fluorophor und Quencher, die Konzentration des ungebundenen Fluorophors und die Konzentration des ungebundenen Quenchers.

Bei der statischen Fluoreszenzlöschung ist das Verhältnis aus und , im Gegensatz zur dynamischen Fluoreszenzlöschung, gleich eins:

Das liegt daran, das bei der statischen Fluoreszenzlöschung lediglich die Anzahl der anregbaren Fluorophore reduziert wird, während bei der dynamischen Fluoreszenzlöschung die Lebensdauer des angeregten Zustandes reduziert wird. Das Verhältnis der Lebensdauern bleibt bei der statischen Fluoreszenzlöschung daher konstant. Dieser Umstand ist ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für beide Arten der Fluoreszenzlöschung.

Für die gleiche Konzentration des Quenchers nimmt, bei steigender Temperatur, bei der statischen Fluoreszenzlöschung der Wert für die prinzipiell ab. D. h. der Quencher löscht bei höheren Temperaturen schlechter, als bei niedrigeren Temperaturen: Bei höherer Temperatur wird der Quencher am Fluorophor schlechter gebunden, als bei niedrigerer Temperatur, weshalb sich die Anzahl der Quenchvorgänge bei steigender Temperatur verringert. Dies ist ein wichtiges Merkmal, um die statische Fluoreszenzlöschung von der dynamischen zu unterscheiden, da es sich bei der dynamischen Fluoreszenzlöschung prinzipiell anders herum verhält.

Herleitung

Die Dissoziationskonstante lautet:

Die Gesamtkonzentration des Fluorophors setzt sich additiv aus der Konzentration des ungebundenen Fluorophors und der Konzentration des mit dem Quencher gebundenen Fluorophors zusammen:

Wird diese Gleichung nach umgestellt und dann in die Gleichung der Dissoziationskonstante Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle K_s} eingesetzt, ergibt sich:

Diese Gleichung wird nun nach umgestellt:

Wegen der direkten Proportionalität der Fluoreszenzintensität des Fluorophors zu seiner Konzentration folgt:

Stern-Volmer-Gleichung bei gleichzeitiger dynamischer und statischer Fluoreszenzlöschung

Stern-Volmer-Plot bei gleichzeitiger dynamischer und statischer Fluoreszenzlöschung. Die Auftragung erfolgte wie im Bild zur dynamischen Fluoreszenzlöschung.

Treten dynamische und statische Fluoreszenzlöschung gleichzeitig auf, so kann die Stern-Volmer-Gleichung in ihrer obigen Form nicht angewendet werden. Hier muss die Stern-Volmer-Gleichung der kombinierten Löschung verwendet werden:

Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle \frac{F_0}{F} = (1 + K_d \cdot \mathrm{[Q]})(1+K_s \cdot \mathrm{[Q]})}

Dabei ist die Stern-Volmer-Konstante für die dynamische und die Stern-Volmer-Konstante der statischen Fluoreszenzlöschung. Der Plot der Stern-Volmer-Gleichung ist für die kombinierte Löschung nicht mehr linear. Ein nichtlinaeres Verhalten des Stern-Volmer-Plots weist deswegen auf die kombinierte Löschung hin.

Wegen des Zusammenhanges zwischen dynamischer Fluorezsenzlöschung und der Fluoreszenzlebenszeit kann die Stern-Volmer-Gleichung der kombinierten Löschung auch geschrieben werden als:

Der Wert des Verhältnisses der Lebensdauern muss bei der kombinierten Löschung zwischen dem Wert für die dynamische und die statische Fluoreszenzlöschung liegen:

Dieses Verhalten ist daher ebenfalls ein Hinweis auf die kombinierte Fluoreszenzlöschung.

Ist das Verhältnis der Lebensdauern bekannt, so kann die Gleichgewichtskonstante der statischen Fluoreszenzlöschung mittels der Stern-Volmer-Gleichung für die kombinierte Löschung ermittelt werden.

Durch Umstellen der Stern-Volmer-Gleichung für die kombinierte Löschung erhält man eine linearisierte Form der Gleichung:

Trägt man den linken Term der Gleichung gegen die Konzentration Fehler beim Parsen (SVG (MathML kann über ein Browser-Plugin aktiviert werden): Ungültige Antwort („Math extension cannot connect to Restbase.“) von Server „http://localhost:6011/de.wikipedia.org/v1/“:): {\displaystyle \mathrm{[Q]}} auf, so erhält im Stern-Volmer-Plot wiederum einen einfachen linearen Zusammenhang. Aus dem Anstieg und dem Achsenabschnitt können dann die Werte für und ermittelt werden.

Anwendungen der Stern-Volmer-Gleichung

In Makromolekülen, wie z. B. Proteinen, können Fluorophore, wie z.B. die Aminosäure Tryptophan, für verschiedene Quencher unterschiedlich gut erreichbar sein. Diese Erreichbarkeit des Fluorophors hängt unter anderem von der Ladung und der Größe des Quenchers ab.

So ist der Tryptophanrest in Proteine für den geladenen Quencher Iodid I- nur erreichbar, wenn sich der Tryptophanrest an der Oberfläche des Proteines in das wässrige Medium reicht. In hydrophobe Bereiche kann Iodid nur schlecht vordringen. Für den Quencher Acrylamid ist der Tryptophanrest nur erreichbar, wenn sich der Tryptophanrest an der Oberfläche und in keiner zu kleinen Tasche befindet: Acrylamid kann auf Grund seiner Größe nicht in jede "Ecke" des Proteins vordringen. Der Quencher O2 (bimolekularer Sauserstoff) dagegen kann auch Tryptophane löschen die tief im Protein verborgen sind. Der bimolekulare Sauerstoff ist klein genug und ungeladen und kann deswegen so tief in das Protein vordringen.

Dieses Wissen kann verwendet werden, um die relative Lage von Fluorophoren, wie Tryptophan, in Proteinen zu ermitteln. Dazu können die Stern-Volmer-Plots für verschiedene Quencher verglichen werden oder das Protein wird im gefalteten und im ungefalteten Zustand untersucht, so dass vorher unzugängliche Fluorophore mit der Entfaltung des Proteins für den verwendeten Quencher zugänglich wird.

Siehe auch

Literatur

  • Joseph R. Lakowicz (Editor): Topics in Fluorescence Spectroscopy Volume 2: Principles, Plenum Press, 1991, ISBN 0-306-43875-5

Referenzen

  1. Otto Stern, Max Volmer: Über die Abklingungszeit der Fluoreszenz. Physikalische Zeitschrift, 20, 183-188, (1919)