Zum Inhalt springen

Freedom Convoy

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Februar 2022 um 12:48 Uhr durch Tocquevillosia (Diskussion | Beiträge) (Meinungsumfragen sind keine Belege sondern Meinungsumfragen. Sonst hätten wir z.B. eine US-Präsidentin Clinton gehabt, da die Meinungsumfragen ihre kommende Präsidentschaft bereits "belegt" hatte.). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Der Konvoi in Ottawa

Freedom Convoy (französisch Convoi de la liberté, deutsche Übersetzung Freiheits-Konvoi) ist die Selbstbezeichnung einer Protestbewegung von Truckern und deren Straßenblockade, die sich bildete, nachdem die kanadische Regierung am 15. Januar 2022 die Einreisebedingungen für Fernfahrer, welche die Grenze zwischen Kanada und den Vereinigten Staaten überqueren möchten, im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie verschärft hatte.[1] Zuvor waren diese generell von der verpflichtenden 14-tägigen Quarantäne ausgenommen gewesen; nun gilt dies nur noch, soweit sie eine Corona-Impfung vorweisen können.[2]

Verlauf

Trucker blockieren die Ambassador Bridge

Die Bewegung bildete sich als Protestaktion von hunderten LKW-Fahrern, die von Prince Rupert zu einer 5.000 Kilometer langen Protestfahrt zur Bundeshauptstadt Ottawa aufbrachen. Sieben Tage lang fuhr die Kolonne aus Sattelschleppern, Kleinlastern, SUV und Pkw über den Trans-Canada Highway. Weitere Konvois schlossen sich unterwegs an oder steuerten Ottawa aus anderen Richtungen an.[1]

Am 29. Januar 2022 trafen sie sich in der Bundeshauptstadt Ottawa, um sich auf dem Parliament Hill zu versammeln. In der Hauptstadt angekommen, blockierten sie mit ihren Fahrzeugen schließlich Teile der Innenstadt.[3] Die kanadische Polizei ging zu Anfang der Proteste nach eigener Schätzung von 8.000 bis 18.000 Protestierenden aus.[4][5]

Nach einer Woche bestand der „Freedom Convoy“, der sich nun in eine andauernde Straßenblockade in mehreren kanadischen Städten verwandelt hatte, aus etwa 1.000 Fahrzeugen.[6] Nach etwa zwei Wochen hatte der Convoy die gesamte Innenstadt von Ottawa und eine wichtige Handelsroute nach Detroit blockiert.[6] Daraufhin rief Doug Ford für die Provinz Ontario den Notstand aus und kündigte Strafmaßen zur Beendigung der Blockaden an.[7]

Am 12. Februar räumte die kanadische Polizei die Ambassador Bridge. Die Brücke wird von täglich 40.000 Berufspendlern und Touristen genutzt, welche nun am Grenzübertritt zu den USA gehindert wurden. Vor den Protesten, die den Verkehr lahmlegten, passierten jeden Tag Lastwagen mit Waren im Wert von 323 Millionen Dollar die Brücke – mehr als ein Viertel des Warenverkehrs zwischen den USA und Kanada.[8]

Am 14. Februar 2022, 16 Tage nach Beginn der Trucker-Proteste, setzte der kanadische Premier Justin Trudeau ein Notstandsgesetz für ganz Kanada in Kraft, das es seiner Regierung unter anderem erlaubt, die Trucker-Proteste als „öffentliche Versammlung“ zu verbieten. Das Gesetz erlaubt der Regierung unter anderem auch Bankkonten einzufrieren, da die Trucker aus Kanada, den USA und anderen Ländern Großspenden erhalten hatten.[9][1]Regierungstreue Medien sprachen in diesem Zusammenhang von einem grenzüberschreitenden „Kultur- und Stellvertreterkrieg“ um Corona-Schutzmaßnahmen.[1][10][11] Trudeau sagte bei der Verhängung des Notstands, dieser würde nicht verhängt werden, um das Militär einzuschalten oder die Meinungsfreiheit und legalen Protest einzuschränken, sondern nur, um Recht und Ordnung wiederherzustellen.[1]

Am 15. Februar gab der Chef der Polizei von Ottawa, die chronischen Personalmangel verzeichnet, seinen Rücktritt bekannt.[9] Die Polizei war massiver Kritik ausgesetzt, sich nicht gegen die Trucker durchgesetzt zu haben. Tatsächlich hatte die Polizei die Proteste, sowie davon ausgehende Ordnungswidrigkeiten und mitunter auch strafrechtlich relevante Handlungen teilweise nicht verfolgt. So kam es während der Proteste zur Entweihung von Denkmälern,[12][13] sowie zur Einschüchterung und Belästigung von Anwohnern und Menschen mit Migrationshintergrund.[9][14][15] Bis zum 6. Februar war in 50 Fällen wegen Hasskriminalität ermittelt worden.[6] Mindestens einmal wurde auch eine Gruppe von bewaffneten Demonstranten festgenommen, die mit einer Vielzahl von Schusswaffen, Munition und schusssicheren Westen ausgestattet war.[9]

Rezeption

Der volkswirtschaftliche Schaden für Kanada betrug nach etwa zwei Wochen der Blockade zwischen 860 bis 1.200 Millionen US-Dollar.[16][17][18]

Verschiedene Meinungsumfragen kamen zum Ergebnis, dass die kanadische Bevölkerung die Proteste mehrheitlich ablehnt.[19][20][21][22] Der lokale TV-Sender Toronto CityNews veröffentlichte auf seiner Internetseite die Umfrageergebnisse einer Befragung der Maru Group vom 12. Februar 2022. Demnach sehen zwei Drittel der Kanadier die Demokratie durch die Demonstrationen bedroht. 64 Prozent befürworteten laut der Umfrage den Einsatz der kanadischen Streitkräfte zur Räumung der Lastwagen. 53 Prozent unterstützen auch die Anwendung von Gewalt durch die Polizei um Trucker, ihre Familien und andere, die sich weigern zu gehen, zu entfernen.[23] 72 Prozent der Kanadier stimmten der Aussage, „die Protestler haben ihren Standpunkt vertreten und sollten nun nach Hause fahren“, zu.[24]

Andere Staaten

Die Aktionen der Demonstranten inspirierte in anderen Nationen vereinzelt Nachahmer, darunter in Frankreich, Neuseeland und Belgien. Die Teilnehmerzahl in besagten Staaten war aber um ein Vielfaches geringer.[2] In Frankreich ging die Polizei wesentlich konsequenter gegen die Demonstranten vor und verhinderte am 12. Februar 2022, dass ein Konvoi in die Innenstadt von Paris vordringen konnte. Bei der Aktion gab es 44 Festnahmen. Bei der Beschlagnahmung von Fahrzeugen wurden auch Waffen wie Schleudern, Hämmer und Messer entdeckt.[25]

Politiker der US-amerikanischen Republikanischen Partei, darunter Donald Trump und Ted Cruz, bezeichneten die Teilnehmer als „Helden“. In den USA waren Trucker-Konvoys bereits beim Präsidentschaftswahlkampf 2020 eine verbreitete Form der Unterstützungsbekundung für Trump gewesen.[26]

Commons: Freedom Convoy 2022 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c d e Marc Pitzke: (S+) Kanadische Trucker-Proteste gegen Impfmandat von Rechtsextremen gekapert. In: Der Spiegel. 10. Februar 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. Februar 2022]).
  2. a b Deutsche Welle (www.dw.com): Trucker-Proteste: Die Welle schwappt um die Welt | DW | 12.02.2022. Abgerufen am 17. Februar 2022 (deutsch).
  3. Tausende Trucker demonstrieren gegen Corona-Regeln in Ottawa, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. Januar 2022, abgerufen am 7. Februar 2022
  4. Beatrice Paez: Morning Update: Canada moved to stop the arrest of ex-Ukrainian president Petro Poroshenko, sources say. In: The Globe and Mail. 4. Februar 2022 (theglobeandmail.com [abgerufen am 16. Februar 2022]).
  5. APTN National News: Tungasuvvingat Inuit asking trucking protesters to 'go home'. In: APTN News. 3. Februar 2022, abgerufen am 16. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  6. a b c „Konvoi der Freiheit“: Festnahmen bei kanadischen Trucker-Demos, Die Welt, 6. Februar 2022, abgerufen am 7. Februar 2022
  7. Kanada: Provinz Ontario ruft Notstand wegen Trucker-Protesten aus. In: Der Spiegel. 11. Februar 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 11. Februar 2022]).
  8. Kanada: Polizei räumt von Truckern blockierte Grenzbrücke zu den USA. In: Der Spiegel. 13. Februar 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. Februar 2022]).
  9. a b c d Francesco Collini: (S+) Kanada und die wütenden Trucker: Warum Justin Trudeau den Notstand über sein Land verhängt. In: Der Spiegel. 16. Februar 2022, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 16. Februar 2022]).
  10. Catherine Porter: Baffled by the Chaos in Canada? So Are Canadians. In: The New York Times. 14. Februar 2022, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 17. Februar 2022]).
  11. Condé Nast: Republicans Wage Culture War in Canada by Propping Up Anti-Vax Truckers. 9. Februar 2022, abgerufen am 17. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  12. Top Canadian defence officials condemn protesters dancing on Tomb of the Unknown Soldier. 29. Januar 2022, abgerufen am 16. Februar 2022 (englisch).
  13. Jacques Gallant: Terry Fox statue used in ‘stunt’ in Ottawa, sparking condemnation. In: The Toronto Star. 29. Januar 2022, ISSN 0319-0781 (thestar.com [abgerufen am 16. Februar 2022]).
  14. Ottawa declares state of emergency as police boost enforcement, target protest's fuel supply. In: cbc.ca. Abgerufen am 16. Februar 2022.
  15. Ottawa declares state of emergency amid trucker convoy protest | Globalnews.ca. Abgerufen am 16. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  16. Ambassador Bridge: Canada court orders end to trucker blockade. In: BBC News. 12. Februar 2022 (bbc.com [abgerufen am 16. Februar 2022]).
  17. Kalea Hall and Hani Barghouthi: How long Ambassador Bridge blockade will be felt after reopening. Abgerufen am 16. Februar 2022 (amerikanisches Englisch).
  18. Ambassador Bridge blockage cost could be $1 billion to US, Canadian economy. 15. Februar 2022, abgerufen am 16. Februar 2022 (englisch).
  19. Pandemic frustration may be running high, but more don’t side with the so-called “Freedom Convoy”, auf abacusdata.ca
  20. Canada trucker protest: Ottawa declares emergency, auf bbc.com
  21. Majority of Canadians disagree with ‘freedom convoy’ on vaccine mandates and lockdowns, auf theconversation.com
  22. THE FREEDOM CONVOY AND FEDERAL POLITICS – FEBRUARY 8, 2022, auf leger360.com
  23. Two-thirds of Canadians support military force to end Ottawa protests: poll, auf toronto.citynews.ca
  24. Blockade Backlash: Three-in-four Canadians tell convoy protesters, ‘Go Home Now’, auf angusreid.org
  25. French police tear gas 'Freedom Convoy' protesters in Paris, auf upi.com
  26. Nathan V, erKlippe: Ottawa’s trucker convoy protest inspires right-wing activists in the U.S., Europe and around the globe. In: The Globe and Mail. 7. Februar 2022 (theglobeandmail.com [abgerufen am 17. Februar 2022]).