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Das fliegende Klassenzimmer

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Das fliegende Klassenzimmer ist ein Jugendbuch des deutschen Schriftstellers Erich Kästner aus dem Jahre 1933.

Handlung

Der Roman ist eine "Geschichte in einer Geschichte", d.h. Kästner selbst ist Figur in seinem Roman. Die ersten Kapitel beschreiben, wie er beschliesst, eine Weihnachtsgeschichte zu schreiben. Der Roman im Roman handelt von Gymnasiasten eines Internats kurz vor den Weihnachtsferien. Es geht um fünf befreundete Internatsschüler, die für ihr die nahe Weihnachtsfeier ihr Theaterstück proben, "das "fliegende Klassenzimmer", und die Vorweihnachtszeit sehr unterschiedlich erleben. Die Hauptfiguren sind der Klassenprimus Martin Thaler, gerecht und gewissenhaft; der Waise Jonathan "Johnny" Trotz, schweigsam und introvertiert; Matthias Selbmann, stark und gutmütig; Ulrich von Simmern, sensibel und furchtsam, sowie der streberhafte, intelligente und komplizierte Sebastian Frank. Dazu kommen als Erwachsene Dr. Johann Bökh, ihr couragierter Lehrer, sowie "der Nichtraucher", ein freundlicher Gelegenheitspianist, der in einem ausrangierten Nichtraucher-Zugabteil lebt, vor.

Die Geschichte selbst hat keine durchgehende Haupthandlung, sondern besteht aus mehreren Strängen. Zunächst wird ein Lehrerkind (Fridolin Kreuzkamm) mitsamt der Diktathefte seines Vaters von der traditionell verfeindeten Realschule entführt, wobei es zu ausufernden Keilereien kommt. Der Nichtraucher schlägt vor, dass stellvertretende der stärkste Realschüler (ein Junge namens Egerland) gegen den stärksten Gymnasiasten (Matze) kämpft und der Sieger des Kampfes auch der Sieger des Schulkrieges ist. Matze gewinnt den Kampf, doch die Realschüler brechen ihr Wort und lassen den Gefangenen nicht frei, was Egerland in Abscheu weggehen lässt. Die fünf müsen ihren Kollegen mit Gewalt herausprügeln und stellen fest, dass die Diktathefte verbrannt wurden. Anschließend folgt die "Bestrafung" der Kinder durch ihren Hauslehrer Dr. Bökh, der für ihren unerlaubten "Ausgang" durchaus Verständnis aufbringt und auf eine drakonische Strafe verzichtet, weil er ihre Zivilcourage bewundert. Als Dr. Kreuzkamm erfährt, dass die Hefte nicht mehr da sind, ist er perplex, doch vor allem wurmt es ihn, dass er selbst es hätte sehen müssen: die Hefte waren bei Fridolin, seinem Sohn, und er war ja entführt worden, ohne dass er es gemerkt hätte.

Weitere Handlungsstränge sind die Proben für das Theaterstück, das vor Weihnachten aufgeführt werden soll; daß, nachdem Uli Opfer eines Streiches geworden ist, er, um zu beweisen, dass er kein Feigling ist, mit Hilfe eines Regenschirms von einem Klettergerüst springt und sich das Bein bricht; die von den Schülern arrangierte Zusammenführung Dr. Bökhs und seines verloren geglaubten Freundes, genannt "Der Nichtraucher"; die Heimkehr des Martin Thaler zu seinen armen Eltern, nachdem Dr. Bökh hinter seine Armut kommt und ihm Geld schenkt.

Am Ende erzählt Kästner, wie er Jahre später mit Johnny zusammentrifft. Alle seine Kameraden und er sind prächtige junge Erwachsene geworden, alle auf ihre Weise couragiert und lebensfroh. Bemerkenswerterweise ist Uli nun der durchsetzungsfähigste von allen.

Figuren

  • Martin Thaler, der fleißige und zivilcouragierte Klassenprimus, dessen Eltern sehr arm sind. Er ist niedergeschlagen, da er sie aus Geldmangel über Weihnachten nicht besuchen kann.
  • Jonathan Trotz, genannt Johnny, ein introvertierter Einzelgänger und Träumer, hat keine Eltern mehr, weshalb er bei Pflegeeltern lebt
  • Matthias Selbmann, genannte Matz, ist der Stärkste, denkt immer nur ans Essen und freut sich auf einen Punchingball, den er zu Weihnachten bekommen wird
  • Ulrich von Simmern, der intelligente, aber ängstliche Freund von Matz
  • Sebastian Frank, der streberhafte Gelehrte im Kindeskörper, arrogant und isoliert, sieht Weihnachten eigentlich als sinnlos an, hält sich aber dennoch an dessen Traditionen.
  • Dazu kommen als Erwachsene Dr. Jonas Bökh, ihr couragierter Lehrer, sowie der Nichtraucher, ein freundlicher Gelegenheitspianist, der in einem ausrangierten Nichtraucher-Zugabteil lebt.

Geschichtlicher Hintergrund

Das Buch wurde im Jahre 1933 verfasst, kurz bevor die Nazis in Deutschland die Macht an sich rissen. Der patriotische, aber regimekritische Kästner war bei den Nazis verhasst und sollte mundtot gemacht werden. Kurz nach dem Erscheinen des "fliegenden Klassenzimmers" musste er miterleben, wie die Nazis die Macht ergriffen und seine Bücher und die vieler anderer kritischer Schriftsteller verbrannt wurden.

Botschaften

Kästner bringt in seinem Buch auf unmoralisierende und um so prägnantere Art einige zeitlose Werte herüber:

  • Freundschaft ist die wohl stärkste Botschaft in dem "fliegenden Klassenzimmer". Fünf sehr unterschiedliche Jungen, jeder auf seine Art "fehlerhaft" (Martin ist arm, Johnny elternlos, Matze schlecht in der Schule, Uli ängstlich, Sebastian arrogant), gehen gemeinsam durch dick und dünn und lösen gemeinsam ihre Probleme. In keinem Punkt der Story macht sich jemand lustig über die Schwächen des anderen.
  • Mut wird ebenfalls betont. Auffallend ist bei Kästner, dass er Mut nicht als klassischen Heldenmut interpretiert (d.h. Waghalsigkeit oder Gefahrensucht), sondern als Zivilcourage, d.h. die innere Stärke, das zu tun, was moralisch notwendig ist, auch wenn es gegen die Regeln ist.
    • Beispielhaft hierfür ist die Rettung von Fridolin Kreuzkamm, womit die fünf zu spät zurückkamen und Karzer riskierten. Als ihr Tutor, der schöne Theodor, höhnisch eine saftige Strafe erwartet, erzählt Dr. Bökh, dass er einst selbst aus seinem Internat floh, um seine schwerkranke Mutter im Spital besuchen zu können. Aus Angst vor den Schikanen der strengen Lehrer und der machtgeilen Tutoren vertraute er sich nur seinem besten Freund an, der die Strafe auf sich nahm. Dadurch entwickelte Bökh ein Ohr für scheinbar ungehorsame Kinder, in Andenken an seinen verlorenen Freund... den "Nichtraucher". Theodor ist nach diesem Vorfall zutiefst beschämt, und ist danach wie ausgewechselt und viel lockerer.
    • Eine andere Ausprägung hiervon wird sichtbar, als die Klasse nicht verhindert, dass Uli bei einem Streich gedemütigt wird und er dann von einem hohen Gerüst springt, um zu bewiesen, dass er nicht feige ist. Die Klasse muss als Strafe den Satz an jedem Unfug, der passiert, sind nicht nur die Schuld, die ihn begehen, sondern auch die, die ihn nicht verhindern x-mal schreiben. Hier macht Kästner klar, dass Mut / Zivilcourage auch mit Hingucken und aktivem Eingreifen zu tun hat. Dies wird auch an Dr. Kreuzkamm deutlich, der mit einfachsten Lügen davon überzeugt wird, dass sein gefangengenommener Sohn einfach nur abwesend ist.
  • Familie wird ebenfalls betont. Martin und Johnny fühlen sich einsam, da sie kaum Chancen sehen, ihre Eltern zu sehen. Sie fühlen keinen Groll, träumen aber trotzdem von einer intakten Familie.
  • Gegen Gewalt: im Konflikt Gymnasium-Realschule wird ersichtlich, dass die Fehde keinen rational nachvollziehbaren Grund hat, sondern vollkommen sinnentleert ist.

Filme

Das fliegende Klassenzimmer wurde dreimal verfilmt. Das fliegende Klassenzimmer (1954) hält sich dabei am genauesten an die Romanvorlage. Hier taucht Erich Kästner als Selbstdarsteller und Erzähler auf.

Das fliegende Klassenzimmer (1973) ist ein farbiges Remake der ersten Verfilmung. Hier wurde auf die Vorgeschichte wie Erich Kästner den Roman Das fliegende Klassenzimmer schreibt verzichtet. Ansonsten wurden nur sehr leichte Anpassungen an die veränderten Lebensbedingungen der 1970er-Jahre gemacht.

Die größten Änderungen an der Orginalgeschichte erfolgten dann in Das fliegende Klassenzimmer (2003).

Literatur