Papstzitat von Regensburg
Bei seinem zweiten Besuch als Papst in Deutschland hielt Benedikt XVI. vor Wissenschaftlern an der Universität Regensburg eine Vorlesung.[1][2] Das als Papstzitat von Regensburg bekannt gewordene Diktum bezeichnet eine Äußerung in dieser Vorlesung. Darin zitierte er eine Aussage des spätmittelalterlichen byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos zur Rolle der Gewalt im Islam:
- "Ohne sich auf Einzelheiten wie die unterschiedliche Behandlung von „Schriftbesitzern“ und „Ungläubigen“ einzulassen, wendet er sich in erstaunlich schroffer, uns überraschend schroffer Form ganz einfach mit der zentralen Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt überhaupt an seinen Gesprächspartner. Er sagt: „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“. Der Kaiser begründet, nachdem er so zugeschlagen hat, dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. „Gott hat kein Gefallen am Blut”, sagt er, „und nicht vernunftgemäß, nicht „σὺν λόγω” zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider."[1]
Diese Worte wurden von einer Reihe von Vertretern des Islam als „Hasspredigt“ heftig kritisiert, wohingegen Hürriyet-Kolumnist Mehmet Yilmaz betonte, aus dem Redetext gehe klar hervor, „dass sich der Papst von den Zitaten aus dem Mittelalter distanziert habe“.[3]
Vatikansprecher Lombardi betonte, dem Papst sei es um eine entschiedene Zurückweisung religiös motivierter Gewalt gegangen, nicht darum, die Gefühle der Moslems zu verletzen.[4] Ganz im Gegenteil habe er die westliche Kultur gewarnt „das Heilige herabzuwürdigen“.[5]
In einer im Namen des Papstes veröffentlichten Erklärung von Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone heißt es unter anderem (Zitat aus einer katholischen Informationsseite):„Im Hinblick auf das Urteil des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos, das von ihm in der Vorlesung von Regensburg angeführt wurde, hatte und hat der Heilige Vater nicht die Absicht, es sich in irgendeiner Weise zu eigen zu machen, sondern er bediente sich dessen, um daraus in einem akademischen Kontext - wie sich bei der aufmerksamen Lektüre des ganzen Textes der Regensburger Rede zeige - einige Reflexionen zum Verhältnis von Religion und Gewalt im Allgemeinen zu entwickeln. Diese Überlegungen mündeten in eine entschiedene Zurückweisung von religiösen Motivationen von Gewalt, woher auch immer sie kommen.“[6] Auch Adel Theodor Khoury, der die Quellenedition herausgab, aus der der Papst zitierte, nahm Benedikt XVI. in Schutz, erklärte aber auch, dass man die Aussage hätte präzisieren können, um Missverständnisse zu vermeiden.[7] Der Philosoph Kurt Flasch warf dem Papst ungenaue Argumentation und ein falsches Kant-Zitat vor.[8] Von protestantischer Seite verwies der Theologieprofessor Rolf Schieder darauf, dass der Papst nicht nur der islamischen, sondern vor allem auch der protestantischen Theologie mangelnde Vernunftbindung unterstellt habe.[9]
Von muslimischer Seite wurden die klärenden Stellungnahmen teilweise als ausreichend bewertet, teilweise jedoch als nicht befriedigend zurückgewiesen. Dies zeigt auch ein Video der radikalislamistischen Organisation Al-Qaida, das im italienischen Privatfernsehen TG5 ausgestrahlt wurde und in dem eine Morddrohung gegen Papst Benedikt XVI. ausgesprochen wird.[10] Dieser habe sich in eine Reihe mit George W. Bush und Tony Blair gestellt, heißt es in der Botschaft. Die Sicherheitsvorkehrungen für das Angelusgebet am 17. September 2006 wurden daraufhin verstärkt.
Das möglicherweise erste Opfer dieses Konfliktes ist die 65jährige italienische Nonne Schwester Leonella, die in Mogadischu zusammen mit ihrem Leibwächter von unbekannten Tätern erschossen wurde. Zwei Verdächtige wurden mittlerweile festgenommen. - [11] - Yusuf Mohamed Siad, der Sicherheitsbeauftragte der die Kontrolle über Mogadischu innehabenden Union islamischer Gerichte, sagte: "Wir nehmen an, dass die Tat im Zusammenhang mit den Äußerungen des Papstes steht." [12] - Leonella Sgorbati, die seit vier Jahren in einem österreichischen S.O.S.-Krankenhaus gearbeitet hat, arbeitete seit rund 40 Jahren in Mogadischu und Nairobi.[13]
Quellen
Quellen
- ↑ a b Vatikan: Ansprache von Papst Benedikt XVI. Glaube, Vernunft und Universität. Erinnerungen und Reflexionen., 12. September 2006 Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag. Der Name „RegZit“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ BR-Online: Papst-Vorlesung als Audiodatei (mp3), 12. September 2006
- ↑ Der Spiegel: Türkischer Kritiker hatte Rede nicht gelesen, 16. September 2006
- ↑ ZENIT: Pontiff Respects Islam, Says Spokesman, 14. September 2006
- ↑ n-tv.de: Lombardi erklärt Papstrede, 15. September 2006
- ↑ news.stjosef.at: Papst Benedikt bedauert Fehlinterpretation seiner Aussagen zum Islam, 15. September 2006
- ↑ FAZ: "Das Zitat trifft nur auf eine Minderheit der Muslime zu" - Interview mit Adel Theodor Khoury, 17. September 2006
- ↑ Berliner Zeitung: Die Vernunft ist keine Jacke - Essay von Kurt Flasch, 22. September 2006
- ↑ Berliner Zeitung: Wann protestieren die Protestanten? - Artikel von Rolf Schieder, 23. September 2006
- ↑ Kurier.at: El Kaida ruft zu Mord an Papst auf, 17. September 2006
- ↑ Kleine Zeitung: Mord an Ordensfrau nach Papst-Äußerungen?, 18. September 2006
- ↑ Deutsche Welle: Vielen Muslimen reicht Bedauern des Papstes nicht aus, 18. September 2006
- ↑ Basler Zeitung: Italienische Nonne in Somalia erschossen, 17. September 2006