Graduiertenkolleg
Ein Graduiertenkolleg (auch Promotionskolleg oder Doktoratskolleg) ist ein befristetes, systematisch angelegtes Studien- und Forschungsprogramm. Organisiert und finanziert werden derartige Programme sowohl von Universitäten als auch von parteinahen Stiftungen. In Österreich fördert der Wissenschaftsfonds (FWF) die Einrichtung von Doktoratskollegs.
Betreut von mehreren Hochschullehrern können Doktoranden sich themenzentriert in einen umfassenden Forschungszusammenhang einarbeiten. Ziel der Kollegs ist zum einen, die wissenschaftliche Forschung inhaltlich zu bündeln, zum anderen aber auch, die Arbeit der Doktoranden organisatorisch zu strukturieren.
In der Regel werden Doktoranden angestellt oder erhalten ein Stipendium. Meist beinhaltet ein Graduiertenkolleg regelmäßige Lehrveranstaltungen; Speziallehrveranstaltungen, Seminare, Kolloquien oder Workshops.
Neben formell eingerichteten Graduiertenkollegs sind in einigen Fachbereichen auch Initiativen von Nachwuchswissenschaftlern entstanden, die ohne Professoren ein Kolloquium abhalten, und sich gegenseitig unterstützen.
Kritik an Graduiertenkollegs
- Durch eine zu enge Themenfestlegung werden zu viele Forscher in einem eng abgegrenzten Bereich ausgebildet, es gibt nicht genügend post-doc Stellen für diese Spezialisierung. Es gibt jedoch auch so genannte heterogene Graduiertenkollegs. Dabei nehmen verschiedene Teildisziplinen teil, so dass das Erfahrungspektrum und der wissenschaftliche Austausch vergrößert wird.
- An kleineren Universitäten und in kleineren Fachrichtungen ist ein Graduiertenkolleg mangels Doktoranden oft nicht durchführbar. Lösungsansätze sind hier interuniversitäre und länderübergreifende Kooperationen, wie beispielsweise das Virtuelle Graduiertenkolleg, in dem Doktoranden aus Freiburg, Münster und Tübingen zusammenarbeiten.
- Durch Graduiertenkollegs kann ein Zwei-Klassensystem entstehen, in dem einige wenige Doktoranden in Doktoratskollegs sehr gut gefördert werden, während normale Doktoranden noch weniger Betreuung und finanzielle Förderung bekommen. Auch übersehen die Betreuer zu häufig die unterschiedlichen Aufgabenbereiche und Anforderungprofile ihrer Schützlinge.
- Durch zu große Betonung des Anteils an Lehrveranstaltungen kann es zu einer Verschulung kommen.
- In vielen Graduiertenkollegs werden die Doktoranden nicht angestellt, sie bekommen lediglich ein Stipendium ohne soziale Absicherung, d.h. Zahlungen in die gesetzliche oder eine private Rentenkassen müssten selbstständig erbracht werden. Hierbei wäre zu unterstreichen, dass aufgrund der relativ geringen Stipendiumshöhe von der gesetzlichen Rentenkasse abzusehen ist. Auch eine private Rentenversicherung sollte mit äußerster Vorsicht genossen werde, da nach Ablauf des Stipendiums, die monatlichen Beiträge weiter zu entrichten sind. Auch sind viele soziale Absicherungsmodelle (z.B.: Riester Rente) gar nicht möglich.
- Es werden keine Zahlungen an die Arbeitslosenversicherung getätigt, so dass nach dem Auslaufen des Stipendiums keine Zahlungen vom Staat erfolgen (Arbeitslosengeld). Eine freiwillige Zahlung der Arbeitslosenversicherung ist nicht möglich, da keine selbständige Tätigkeit neben der Promotion zugelassen ist, bzw. die Alterseinschränkung des Graduiertenkollegs eine selbständige Vorsorge unterbindet.
- Zudem begründet ein Stipendium im Rahmen eines Graduiertenkollegs kein Arbeitsverhältnis, wodurch ein Sonderstatus vor dem Gesetzgeber eintritt. Leider ist in Deutschland versäumt worden den Krankenkassen einen Rahmen zu setzen, wie Promotionstipendiate einzuordnen sind. Demzufolge unterscheiden sich die monatlichen Beiträge um bis zu 15%. Im Allgemeinen empfiehlt es sich hier zu vergleichen.
- Des Weiteren ist darauf zu achten, dass Stipendiate im Graduiertenkolleg keine Mitarbeiter der Universität bzw. der jeweiligen Institution sind. Eine Unfallversicherung besteht demzufolge nicht. Mittels einer Immatrikulation als Promotionstudent greift die Unfallversicherung der Universität, jedoch nur im unmittelbaren Zusammenhang der Promotion. Dozententätigkeit und Praktikumbetreuung sind in der Regel nicht inbegriffen.
- Stipendiate werden häufig zum halten von Lehrveranstaltungen genötigt. Hierbei ist zu beachten, dass neben des fehlenden Versicherungschutzes, erhaltenen Zahlung vom Stipendium abgezogen werden. Um diesen zu entgehen, müsste wissenschaftlich Tätigkeit nachzuweisen sein! Dem Argument, Lehrtätigkeit trage zur Qualifikation bei muss entgegnet werden, dass hierfür eine Anstellung vorgesehen ist. Trotz erfolgreicher Promotion kann keine Lehrerfahrung nachgewiesen werden.
Bei anderen Modellen von Graduiertenkollegs, beispielsweise bei den Doktoratskollegs des FWF ist allerdings sehr wohl eine reguläre Anstellung vorgesehen.
Siehe auch
Doktorat, PhD, Nachwuchsforscher, EURODOC, Europäische Charta für Forscher, Stipendium