Agrargemeinschaft
Eine Agrargemeinschaft ist in Österreich eine Vereinigung von Liegenschaftseigentümern, denen ein gemeinsames Eigentumsrecht an Grundstücken zusteht, den sogenannten agrargemeinschaftlichen Grundstücken. Die Agrargemeinschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts und damit ein selbständiges Rechtssubjekt, das Rechte erwerben und Verpflichtungen eingehen kann.
Die Zugehörigkeit der einzelnen Mitglieder zur Agrargemeinschaft ist als “Anteilsrecht” im Grundbuch der eigenen Liegenschaft ersichtlich. Die Grundbuchseinlage, in der dieses Anteilsrecht eingetragen ist, nennt man “Stammsitzliegenschaft”. Mit dem Verkauf der eigenen Liegenschaft geht das Anteilsrecht üblicherweise an den neuen Liegenschaftseigentümer über. Es ist aber auch möglich, das Anteilsrecht von der Stammsitzliegenschaft abzusondern und an eine andere Liegenschaft zu binden, die dann die neue Stammsitzliegenschaft wird. Dazu braucht man aber meist die Zustimmung der Gemeinschaft bzw. in manchen Fällen auch jene der Agrarbezirksbehörde.
Als Eigentümerin der agrargemeinschaftlichen Grundstücke ist im Grundbuch immer nur die Agrargemeinschaft selbst eingetragen. In welcher Art und Weise die Mitglieder ihre Anteilsrechte ausüben, bestimmen die Satzungen, die eine Agrargemeinschaft hat. Die zuständige Aufsichtsbehörde für die Agrargemeinschaften sind die Agrarbezirksbehörden. Die gesetzlichen Grundlagen sind in Landesgesetzen (Gesetzen der Bundesländer) geregelt. Jede Agrargemeinschaft muss einen Obmann haben, viele haben als weiteres Organ auch einen Vorstand oder Ausschuss, und natürlich gibt es immer die Vollversammlung aller Mitglieder als wesentlichsten Entscheidungsträger.
Für die konkrete Bewirtschaftung der agrargemeinschaftlichen Grundstücke im Einzelfall gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Die Rechtsform der Agrargemeinschaft gibt es erst einige Jahrzehnte. Manche Agrargemeinschaften sind aber schon mehrere Jahrhunderte alt. Sie waren vorher aber in anderen Rechtsformen organisiert. Die Vorgeschichte der einzelnen Agrargemeinschaften ist durchaus unterschiedlich. Manche sind aus dem Gemeinschaftseigentum der Bauern eines Dorfes an Almliegenschaften oder Waldliegenschaften entstanden. Es gibt in Österreich auch zahlreiche sogenannte bürgerliche Agrargemeinschaften, die aus dem Gemeinschaftseigentum an Liegenschaften oder sonstigen Werten der Bürger einer Stadt- oder Marktgemeinde entstanden sind. Vom Mittelalter bis zum Jahre 1848 waren nur die sogenannten Bürger berechtigt, in die Gemeindeverwaltung gewählt werden. Nur jene Personen galten als Bürger, die einen Hausbesitz in der Stadt oder im Markt hatten und sich durch eine „bürgerliche Hantierung“, das heißt eine selbständige Tätigkeit als Handwerker, Händler, Gastwirt, Ackerbürger oder sonstiger Gewerbetreibender ernährten. Als nach 1848 die Vorschriften für die Verwaltung der Städte und Märkte geändert wurde und nunmehr nicht nur mehr den Bürgern alle Rechte und Pflichten vorbehalten waren, veranlassten diese in manchen Gemeinden eine Auslagerung des Grundbesitzes der Stadt bzw. des Marktes in eine eigene Körperschaft, womit dieser Besitz vom Gemeinschaftseigentum der Gemeinde zum Gemeinschaftseigentum der „Bürger“ wurde.