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Romeo (Soziales Netzwerk)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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GayRomeo-Logo

GayRomeo ist mit über 394.000 Benutzern (deutschlandweit über 242.000) eines der größten Chat- und Kontaktportale für schwule, bisexuelle und transsexuelle Männer im deutschsprachigen Raum. Das Portal wurde seit Oktober 2002 von der Berliner Firma PlanetRomeo GmbH betrieben. Wegen der deutschen Jugendschutzbestimmungen[1] wurde im September 2006 als neuer Betreiber die Amsterdamer Firma PlanetRomeo B.V. gegründet. Unter dem Namen der Betreiber-Firma kann das Portal auch in einer grafisch neutral gehaltenen Version oder als kleiner, unauffälliger Messenger aufgerufen werden, was an Computerplätzen mit eingeschränkter Intimsphäre oder potenzieller Datenüberwachung - etwa am Arbeitsplatz, im Hotel oder Internetcafé - sinnvoll sein kann. So lassen sich außerdem Firewalls und Internetfilter umgehen, die Webseiten blockieren, in deren Namen der Begriff "gay" auftaucht.

Verbreitung

Aufgrund der hohen Mitgliederrate (in Berlin-Mitte besäße nach den von GayRomeo veröffentlichten Mitgliederzahlen jeder 13. männliche Einwohner ein Profil) wird GayRomeo in der Szene auch das "schwule Einwohnermeldeamt" oder die "Blauen Seiten" (in Anlehnung an die "Gelben Seiten") genannt. GayRomeo erreicht nahezu alle soziale und berufliche Schichten. Der Verbreitungsgrad variiert jedoch, wie bei der allgemeinen Internetnutzung auch, je nach Altersgruppe, Bildungsstand und weiteren Kriterien. Das Angebot wird auch von Politikern aller Parteien in Anspruch genommen. Der Bundestagsabgeordnete Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) hat die Möglichkeit genutzt, während des Bundestagswahlkampfes 2005 virtuelle Bürgersprechstunden abzuhalten.

Funktionsweise

Bei der Anmeldung wird anhand einer Eingabemaske ein individuelles Profil angelegt, eine Art virtueller Steckbrief, der Angaben zur eigenen Person sowie in der Regel ein oder mehrere Bilder enthält. Es können optional sowohl sexuelle Vorlieben als auch kulturelle Interessen eingeblendet werden. Nicht erlaubt sind gesetzeswidrige oder überwiegend kommerziell ausgerichtete Profile. GayRomeo steht ausschließlich Männern (Schwule, Bi- und Transsexuelle) zur Verfügung; Profile, bei denen die Angaben diese Kriterien nicht entsprechen, werden gelöscht. Ziel des Profils ist die Selbstdarstellung und die Kontaktaufnahme zur virtuellen Kommunikation (Chat), zur gemeinsamen Freizeitgestaltung oder zum Sex. Viele User sehen GayRomeo trotz der expliziten Ausrichtung des Portals auf Sexkontakte auch als Möglichkeit, freundschaftliche Kontakte zu knüpfen. Dabei ist GayRomeo kein Chatroom im eigentlichen Sinne, da gesendete Nachrichten nicht von allen eingeloggten Usern gelesen werden können. Nachrichten können nur von einzelnen Usern an andere individuelle Profile gesendet werden. Die Seite funktioniert also eher als Messenger. Von besonderer Bedeutung ist GayRomeo dabei für viele Schwule in Kleinstädten und ländlichen Regionen, in denen Homosexualität gesellschaftlich nicht oder kaum akzeptiert ist und in denen es keine ausgeprägte Szene gibt.

Neben der Message-Funktion bietet GayRomeo die Möglichkeit, über Clubs bzw. Branchenbucheinträge auf Gleichgesinnte zu treffen. So kann sich das Stammklientel einer Kneipe oder Sauna ihre Profile mit einem Eintrag über diese Institution (Branchenbucheintrag) verlinken, und sich in einem Forum miteinander austauschen oder ihre Unterstützung für die Institution öffentlich kundtun. Es gibt ebenfalls Clubs für die Anhänger bestimmter Parteien oder Glaubensrichtungen (z.B. "pervyredrats" für linke Schwule, "zwischenraum" für Christen evangelikaler bzw. pietistischen Hintergrunds, oder ein LSU-Club). Es gibt aber auch ideologiefreie Clubs, die sich mehr nach sexueller Anziehung oder Freizeitzwecken richten: z.B. "segelohren" für Männer mit diesem Merkmal und für Männer, die das Merkmal anziehend finden, oder andere, lokale Clubs, die der Organisation von privaten Sexparties dienen. Auch die Fans von prominenten Personen können sich so zusammentun (z.B. Loriot Fan-Club), oder verschiedenen Musikrichtungen (Oper, geistliche Musik). Mit diesen Funktionen können User auch in ihrem Profil bestimmte Merkmale setzen, damit sie schneller von anderen Usern, die nach diesen Merkmalen suchen, gefunden werden können. Grundsätzlich steht es jedem User frei, einen Club bei GayRomeo zu gründen.

GayRomeo hat neben diesen Funktionen auch noch weitere Zusatzangebote, wie Informationen zu Safer Sex und Links zu Zeitschriften für Schwule. Bestimmte Funktionen wie etwa die grafische Gestaltung des eigenen Profils, die Suche nach kürzlich hochgeladenen Bildern und die Möglichkeit die Seite SSL-verschlüsselt aufzurufen, können die User gegen ein monatliches Entgelt nutzen. Da auf der Seite komplett auf Werbung verzichtet wird, finanziert sich GayRomeo zum größten Teil durch diese sogenannten Plus-Accounts.

Kontroversen zu GayRomeo

Fakerproblematik und Realität

Als Schutz gegen Faker bietet GayRomeo ein Bestätigungssystem, bei dem persönlich bekannte Benutzer ihre Profile entsprechend markieren und je nach Bekanntheitsgrad die Glaubwürdigkeit ihres Benutzerprofils erhöhen können, sowie den Status des "Plus-User", der sich schon wegen der hierfür notwendigen Zahlungen ausweisen muss. Verbreiteter als Faken sind jedoch falsche Angaben zu Alter, Körperbau, Safer Sex-Verhalten oder dem Zeigen von veralteten Fotos. Es kommt auch vor, dass eine reale Person sich mehrere Steckbriefe unter verschiedenen Pseudonymen anlegt und sich je nach Motivation mit einem anderen Profil einloggt; wodurch sich auch die Userzahlen etwas relativieren.

Safer Sex

Um den häufigen Vorwürfen zu begegnen, dass Plattformen wie GayRomeo gezielte Treffen von Männern zum Sex ohne Kondom fördern würden, informiert GayRomeo auch über Risiken des sogenannten Barebackings und stellt den eigenen Standpunkt dazu klar. Allerdings finden keine größeren redaktionellen Eingriffe oder eine Zensur statt, um eine offene Propagierung von Barebacking durch Dritte zu verhindern. Dies wird von den Betreibern auch nicht als sinnvoll angesehen, da es im Netz konkurrierende Plattformen gibt, die auf das Vermitteln von derartigen Sexkontakten spezialisiert sind. Neben gesundheitlichen birgt das Thema auch juristische Konsequenzen für Nutzer, die solche Kontakte suchen, denn die potentielle Ansteckung eines nicht HIV-infizierten Menschen mit HIV steht in einigen Staaten unter Strafe (z. B. in Österreich). GayRomeo stellt Informationen der Deutschen AIDS-Hilfe bereit und erlaubt es Nutzern, bei ihren Suchen nach potenziellen Sexpartnern solche auszufiltern, die von sich behaupten bzw. nicht behaupten, stets Safer Sex zu betreiben.

Verdrängungswettbewerb mit anderen Kennenlernorten

Einhergehend mit der zunehmenden Verbreitung von GayRomeo und anderen Chatforen bei Bisexuellen und Schwulen hat das Sozialverhalten innerhalb der schwulen Subkultur sich gewandelt. Beispielsweise hat sich der Publikumsverkehr an Cruisingorten mit der zunehmenden Verbreitung von GayRomeo und anderen Internetangeboten erheblich verringert. Die populäre Kontaktanbahnung über das Internet reflektiert dabei zum einen das gestiegene Sicherheitsbedürfnis des Einzelnen, weshalb traditionelle Cruisingorte, wie Autobahnparkplätze, Stadtparks, Klappen usw., insbesondere bei Dunkelheit mehr und mehr gemieden werden. Zum anderen bevorzugen manche Menschen mit gleichgeschlechtlichen Neigungen statt zufälliger und völlig anonymer Begegnungen beim Cruising eher Kontakte zu Gleichgesinnten, bei denen schon vorher eine sexuelle Kompatibilität festgestellt werden kann.

Es wird außerdem behauptet, das Gästeaufkommen in Dienstleistungsbetrieben der schwulen Szene, beispielsweise Bars, Cafés, Discotheken, Saunen sei parallel zur steigenden Popularität von GayRomeo und anderen Internetangeboten zurückgegangen. Dies kann jedoch verschiedenste Ursachen haben, seien sie wirtschaftlicher Natur (Preiserhöhungen in der Gastronomie) oder kulturellen Ursprungs (weniger Ghetto-Bildung mit zunehmender Akzeptanz von Homosexualität in der Gesamtkultur).

Soziale Isolation und Internetsucht

Vor allem die ständig verfügbare Möglichkeit der Kontaktanbahnung - sei es zu Hause, am Arbeitsplatz oder auch unterwegs - scheint die wichtigste Ursache für den unaufhaltsamen Anstieg der Nutzerzahlen und der ungebrochenen Popularität von GayRomeo wie auch anderen Kontaktportalen zu sein. Neben den oben angeführten sozio-ökonomischen Überlegungen sind verhaltenswissenschaftliche Theorien zu erwähnen, die behaupten, durch ein solches Internet-Portal werde die Vereinsamung des Einzelnen gefördert. Auch die damit zusammenhängende Gefahr einer Internetsucht spielt für die Anhänger solcher Suchttheorien eine Rolle. Bestehende soziale Kontakte drohen demnach vernachlässigt zu werden, während adäquate neue Kontakte entweder gar nicht oder zumindest nicht nachhaltig aufgebaut werden können. Die ursprüngliche Motivation, über das Internet Kontakte zu Menschen mit bestimmten Eigenschaften oder Interessen zu knüpfen, werde im Ergebnis nicht selten zu einer endlosen, weil immer wieder neu betriebenen Suche. Es wird aber auch konstatiert, dass durch solche Kontaktportale Freundschaften und sogar Partnerschaften entstanden sind.

Quellenangaben

  1. http://www.gayromeo.com/aboutme/reason.php
  • www.gayromeo.com - Webseite von GayRomeo
  • taz.de: Axel Krämer: Gefährlich hoher Datingfaktor, 13. November 2004
  • gayromeo.com: GayRomeo Sexcheck 2006, 30. August 2006 - Über das Verhalten der GayRomeo-Nutzer, in Zusammenarbeit mit der deutschen Aidshilfe e.V.