Militärverwaltungsgebiet Serbien
Serbien war im Zweiten Weltkrieg eines der Gebiete, in die Jugoslawien nach seiner Kapitulation 1941 zerschlagen wurde. Es wurde deutscher Militärverwaltung unterstellt und erhielt eine eigene Regierung, die mit der Besatzungsmacht kollaborierte und von General Milan Nedić geführt wurde. Die offizielle Bezeichnung lautete Vlada nacionalnog spasa (Regierung der nationalen Rettung). Belgrad wurde von kurz vor Kriegsende gemeinsam von der sowjetischen roten Armee und Tito-Partisanen befreit.Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Serbien 1945/1946 eine Republik Jugoslawiens.
Geschichte
Jugoslawien war zu Beginn des Zweiten Weltkriegs neutral. Am 25. März 1941 erfolgte der Beitritt Jugoslawiens zum Dreimächtepakt. Am 27. März wurde Ministerpräsident Cvetković durch General D. Simović gestürzt. An Stelle des Prinzregenten Paul übernahm der junge König Peter II. die Staatsführung. Die neue jugoslawische Regierung versuchte sich mit dem Deutschen Reich zu verständigen und schloß mit Stalin am 5. April einen Freundschafts- und Nichtangriffspakt ab. Die mit dem Staatsstreich verbundene antifaschistische Massenbewegung gefährdete die deutsche Position in ganz Südeuropa; der bevorstehende Krieg gegen Griechenland und der Aufmarsch gegen die Sowjetunion waren gefährdet. Am 6. April 1941 begannen die Achsenmächte den Balkanfeldzug. Binnen 11 Tagen kapitulierte die jugoslawische Regierung.
Nach dem schnellen Sieg über das Königreich Jugoslawien wurde das Land in zehn Teile mit unterschiedlichem staatsrechtlichem Status aufgeteilt. Serbien, bestehend aus Altserbien (das ehemalige Gebiet Serbiens innerhalb der Grenzen von 1912, ohne Mazedonien) und dem Westbanat, wurde mit zusammen etwa 4,5 Millionen Einwohnern wegen seiner großen ökonomischen Bedeutung zur ausschließlich deutschen Einflußzone erklärt und unter Militärverwaltung gestellt. Das Gebiet umfasste mehr als ein Viertel der Gesamtfläche des ehemaligen Jugoslawien. Vor allem die Roh- und Grundstoffindustrie war für die deutsche Kriegswirtschaft wichtig, auch Weizen und Mais wurde nach Deutschland geliefert. Von den Gebieten, die vor 1941 noch zu Serbien zählten, besetzte Ungarn den Südbaranja und die Batschka, Bulgarien den Großteil von Mazedonien, Syrmien wurde dem kroatischen Satellitenstaat zugeschlagen. Bis Kriegsende wurden die Grenzen Serbiens zwischen den Achsenmächten noch mehrfach verschoben. In Serbien wurde vom Dritten Reich eine Kollaborationsregierung installiert.
Die deutsche Volksgruppe
Das serbische Banat blieb aufgrund des starken deutschen (ca. 131.000 Volksdeutsche) und ungarischen Bevölkerungsanteils direkt unter deutscher Verwaltung: Volksgruppenführer Sepp Janko erhielt von der deutschen Besatzungsmacht erhebliche Autonomie-Vollmachten. Dazu gehörte auch die Gerichtsbarkeit über alle Volksdeutschen. Die Volksgruppe, eine nationalsozialistische Zwangsorganisation, konnte ihre Angehörigen besteuern, zum Dienst in Wehrmacht, Polizei und SS einberufen und bewaffnete Einheiten aufstellen. Ende 1943 waren etwa 47.000 Mann einberufen worden, praktisch fast alle wehrfähigen männlichen Volksdeutschen. Wegen ihrer Beteiligung an der Unterdrückungs- und Ausrottungspolitk gab die Mehrheit der "Schwaben", wie die deutsche Minderheit genannt wurde, nach der Niederlage 1944/1945 aus Furcht vor Vergeltung ihre Heimat auf.
Die deutsche Okkupation
In Serbien operierten Sicherheitspolizei und der Sicherheitsdienst. Die Führung der Polizeikräfte der serbischen Kollaborationsregierung und aller SS-Kräfte unterstand dem SS-Gruppenführer August Meyszner. Ihm oblag auch als Befehlshaber der Einheiten der Waffen-SS die Aufstellung der 7. SS-Freiwilligen-Gebirgs-Division „Prinz Eugen“, deren Mannschaften vorwiegend aus der deutschen Minderheit in Serbien, vor allem aus dem Banat rekrutiert wurde. Trotzdem trug die Wehrmacht die Hauptverantwortung für die terroristischen Aktionen, die der Sicherung der deutschen Herrschaft dienen sollten; sie war für die "innere Sicherheit" verantwortlich, vorwiegend Wehrmachtseinheiten exekutierten die Terrorpolitik, SS und Polizei waren ihr de jure und besonders bei Großeinsätzen auch taktisch unterstellt.
Wirtschaftspolitik
Durch Partisanenkrieg und Besatzung sank die Produktion Serbiens. Soweit möglich wurden seine Kapazitäten für die Besatzungsmacht eingesetzt, Betriebe wurden mit Rüstungsaufträgen belegt. Serbien lieferte einen bedeutenden Anteil des deutschen Bedarfs an Kupfer und anderen Rohstoffen. Große Mengen an Agrarprodukten, in der Hauptsache Mais, Weizen und Ölfrüchte, wurden nach Deutschland gebracht, vorwiegend aus dem Banat. Darüberhinaus waren die deutschen und die landeseigenen Truppen zu ernähren. Der Zivilbevölkerung wurde kaum noch etwas zur Verfügung gestellt. Ein großer Teil des Gegenwert der an Deutschland gelieferten Güter wurde zwar in Dinar bezahlt, doch konnte Serbien für diese Dinar in Deutschland fast nichts kaufen. Dazu hatte es die Besatzungkosten zu tragen. Die Folge waren eine Ausdehnung des Geldumlaufes, der eine Verknappung der Güter gegenüberstand, was zur einer Inflation führte. Der Dinarumlauf stieg von 1941 bis 1944 fast um das zehnfache. Die Preise stiegen stark an, und das weitgehende Einfrieren der Löhne führte zu Verarmung und Massenelend.
Deportationen
Im Herbst 1942 arbeiteten nicht nur ca. 30.000 serbische Arbeiter in den Gruben und Hütten von Bor für den Bedarf des Reiches an kriegswichtigen Metallen, sondern weitere 50.000 waren als Arbeitskräfte ins Reich "vermittelt". Obwohl nach der Entwicklung an der deutsch-sowjetischen Front der Bedarf des Reiches an Zwangsarbeitern stark anwuchs, mussten die Deportationen aus Serbien eingestellt werden. Durch den Zustrom zur Befreiungsbewegung, der sich nach der Niederschlagung des Aufstandes 19412/1942 verstärkt hatte, waren sogar für die Fertigung für die Wehrmacht nicht mehr genügend Arbeitskräfte vorhanden. Im Sommer 1943 befahl Hitler schließlich, gefangene Partisanen nicht mehr grundsätzlich zu erschiessen, sondern zur Arbeit zu deportieren. Nach den Statistiken des Reichsarbeitsamtes waren 1943 etwa 115.000 zivile Arbeitskräfte aus Jugoslawien in Deutschland, 1944 etwa 100.000. Dazu kamen ca. 100.000 Kriegsgefangene der alten jugoslawischen Armee.
Vernichtung von Juden und Roma
In Serbien wurden Rassegesetze eingeführt, Juden , Roma und Regimegegner systematisch verfolgt und in Konzentrationslagern ermordet.
Die beiden größten Konzentrationslager in Serbien waren das KZ-Sajmište und das KZ-Banjica. Etwa 100.000 Menschen wurden dort ermordet.
Die Vernichtung der Juden und Roma in Serbien erfolgte in sehr kurzer Zeit und ohne Deportationen: die überwiegende Mehrheit wurde von der Wehrmacht erschossen. Die "Endlösung" begann Juni 1941. Im Juni 1942 meldete SS-Standartenführer Emanuel Schäfer an das Reichssicherheitshauptamt, dass "Serbien judenfrei" sei. Weil seit dem Juli 1941 in weiten Teilen Jugoslawiens der bewaffnete Befreiungskampf begonnen hatte, fiel die Vernichtung der Juden und Roma mit der Bekämpfung der Partisanen zusammen. Etwa 6.000 - 8.000 Juden aus dem Lager Semlin bei Belgrad wurden in Gaswagen umgebracht. Nach Beendigung der Gaswagenaktion wurden die serbischen Strafgefangenen, die die getöteten Juden beerdigen mussten, erschossen. [1]
Partisanenkämpfe
Den Aufständen in Serbien standen nur unzureichende deutsche Besatzungstruppen gegenüber. Um auch serbische Kräfte zu seiner Bekämpfung zu gewinnen, wurde am 29. August 1941 die "Regierung" von Milan Nedić gebildet. Am 1. September 1941 proklamierte General Milan Nedić den Staat Serbien. General Nedić war im Königreich Jugoslawien Verteidigungsminister. Er stand dem Faschismus ideologisch sehr nah. Nahezu alle Teile des alten serbischen Staatsapparates standen ihm zur Verfügung.
Die Regierung von wurde von Tschetnik - Truppen unter der Führung von Dimitrije Ljotić militärisch gestützt.
Milan Nedić unterhielt enge Kontakte zu Oberst Dragoljub Draža Mihailović, der den Deutschen wertvolle, zeitweise auch bewaffnete Hilfe gegen die Befreiungsbewegung leistete. Seine nationalserbische Bewegung war den Deutschen jedoch suspekt, der "großserbischen Idee" standen sie ablehnend gegenüber, zumal sie sich auch gegen das Ustascha-Regime stellte.
Das Nedić-Regime blieb bis 1945 bestehen, als Sowjetische Truppen an die Grenzen Serbiens vorstießen. Am 20. Oktober 1944 wurde Belgrad gemeinsam von Tito-Partisanen und der Roten Armee befreit.
Militär
Serbische Staatsgarde
Die Serbische Staatsgarde (serb.Srpska državna straža (SDS) ) wurde am 3. März 1942 gegründet, und diente der Polizei als Unterstützung im Kampf gegen die Tito-Partisanen.
Die SDS unterstand dem serbischen Innenministerium. Der Hauptsitz befand sich in Belgrad. Bei deren Gründung umfasste die SDS 17.000 Soldaten, und wuchs bis Januar 1943 auf nahezu 37.000 Personen. Diese wurden größtenteils aus Angehörigen der königlich Jugoslawischen Armee angeworben, die entweder nicht in Gefangenschaft gerieten oder bereits daraus entlassen waren.
Zbor-Bewegung und Serbisches Freiwilligenkorps (SDK)
Die serbische Regierung wurde in jenen Jahren von Dimitrije Ljotić und den Tschetniks der ultrarechten Zbor-Bewegung gestützt. Die Zbor-Bewegung orientierte sich vor dem Krieg am italienischen Faschismus. Ähnlich wie Ante Pavelićs Ustaša-Partei wies sie eine Nähe zum Christentum auf, bekannte sich jedoch zu dessen serbisch-orthodoxer Variante. Die Zbor-Bewegung forderte die Abschaffung der Demokratie und die Errichtung eines autoritären Ständestaates. Während sie vor dem Krieg keine nennenswerte politische Mehrheit im jugoslawischen Parlament errang, stieg ihr Einfluss nach der deutschen Besatzung beträchtlich. Sie verschrieb sich dem Kampf gegen Juden, Freimaurerei, Kommunisten und den westlichen Kapitalismus. Wegen der weitgehenden ideologischen Verwandtschaft zum Nationalsozialismus stellte Ljotić sich von Anfang an auf die Seite der deutschen Besatzer, die ihn ihrerseits als uneingeschränkt verläßlichen Bündnispartner akzeptierten. Nach dem Ausbruch des bewaffneten Aufstands im August 1941 erhielt die Zbor-Bewegung das Recht zur Aufstellung bewaffneter Formationen zum Kampf gegen die Partisanen. Aufgrund ihrer relativ geringen Zahl betätigten sich Mitglieder der Bewegung vorwiegend als Übersetzer, Informanten und Berater der Besatzungsmacht, einige Male auch als Vermittler zwischen Mihailović und den Besatzern. Die Zbor-Bewegung blieb dem Nationalsozialismus über das Kriegsende hinaus treu und forderte die Fortführung des Kampfes in Form eines Guerilla-Krieges.
Das „Serbische Freiwilligenkorps“ (serb. Srpski Dobrovoljački Korpus SDK), in dem die Ljotić-Verbände in fünf Bataillonen organisiert waren, hatte im Februar 1942 eine Stärke von rund 3.000-4.000 Mann und wurde von General Kosta Mušicki, einem ehemaligen deutschfreundlichen Offizier der österreichisch-ungarischen Armee, kommandiert. Militärisch waren sie weniger bedeutend, sie kämpften sporadisch mit Wehrmacht-Verbänden gegen andere Tschetnik-Gruppen und seltener gegen serbische Kommunisten.
Ende Dezember 1942 wurde ein Teil des SDK in die Waffen-SS überführt. Diese Einheit erhielt den Namen Serbisches Freiwilligen-Korps der SS und bestand seit Oktober 1943 aus fünf Regimentern, die zunächst aus je zwei, später drei Batallionen gebildet wurden. Es wurde an mehreren Fronten im Kampf gegen die Befreiungsbewegung eingesetzt, zuletzt in Slowenien. Zwei seiner Regimenter ergaben sich britischen Streitkräften in Italien nordwestlich von Triest, die anderen drei im Drautal in Kärnten. Diese drei Regimenter wurden an Titos Partisanen ausgeliefert und von diesen exekutiert.
Polizei
Konzentrationslager
- KZ-Banjica nahe Belgrad
- KZ-Sajmište nahe Belgrad
- KZ Crveni krst nahe Niš
- KZ Dulag 183, nahe Šabac
- KZ Svilara nahe Pančevo
- KZ Paračin
Politiker
- Velibor Jonić
- Dimitrije Ljotić
- dr. Milorad Nedeljković
- Dragomir-Dragi Jovanović
- Milan Ačimović
- Tanasije-Tasa Dinić
- Čedomir Marjanović
- Bogoljub Kujundžić
- Đura Dokić
- Ljubiša Mikić
- Dušan Letica
- Dušan Djordjević
- Boško Pavlović
siehe auch
Quellen
- Bundesarchiv (Hrsg.): Europa unterm Hakenkreuz, Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941-1945); Hüthig Verlagsgemeinschaft, Band 6 , ISBN 3-8226-1892-6
- Walter Manoschek: Serbien ist judenfrei. Militärische Besatzungspolitik und Judenvernichtung in Serbien 1941/42. Schriftenreihe des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, 2. Auflage, München 1995, ISBN 3-486-55974-5
Weblinks
- War in the Balkans - 5
- Serbian Quisling government
- Servians Hide Their Nazi Past
- Geschichte und Ende der Juden in Serbien
- Belgrade's Anti-Masonic exhibition of 1941-42, Englisch
- Anmerkungen zur serbischen Rechten, Rosa Luxemburg Stiftung
- Mythen für einen neuen Krieg, TAZ
- Quellensammlung über das serbische Kollaborationsregime und Draza Mihajlovic
- Detaillierte Informationen über die Tschetnik Bewegung, Englisch
- Helsinki Comitee for Human Rights in Serbia: History Revised: Executioners Turned Victims
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