Rote Armee Fraktion

Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine linksradikale, terroristische Untergrundorganisation in der Bundesrepublik Deutschland. Sie wurde 1970 von Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Horst Mahler, Ulrike Meinhof und weiteren Personen gegründet. In vielen Medien wurde die RAF zunächst und vor allem als „Baader-Meinhof-Gruppe”, teilweise auch als „Baader-Meinhof-Bande” bezeichnet. 1998 erfolgte nach einer wechselvollen Geschichte, deren Schwerpunkt in den 1970er und frühen 1980er Jahren lag, ihre endgültige Selbstauflösung.
In ihrem Selbstverständnis betrachtete sich die Gruppe als kommunistische Guerilla.
- RAF-Zitat (aus: "Das Konzept Stadtguerilla"[1]): „...weil wir Kommunisten sind und es davon, ob die Kommunisten sich organisieren und kämpfen, abhängt, ob Terror und Repression nur Angst und Resignation bewirken oder Widerstand und Klassenhass und Solidarität provozieren, ob das hier alles so glatt im Sinn des Imperialismus über die Bühne geht oder nicht....”
Hintergründe
Nach dem Wirtschaftswunder der 1950er Jahre in der Bundesrepublik und der mangelhaften Verarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit wuchs in den 1960ern eine Generation heran, die ihre Eltern und deren Staat grundsätzlich in Frage stellte. Verstärkt durch die Widersprüche des Vietnamkrieges und die gesellschaftlichen Veränderungen in den Vereinigten Staaten, wuchs die Kritik an den USA. In den großen Universitätsstädten Westeuropas kam es zu großen antiamerikanischen Demonstrationen und zu zivilem Ungehorsam der Studenten. Alternative Lebensformen entstanden und "das Establishment" wurde stets provoziert. Die zahlreichen Widersprüche der Zeit und die unbeholfenen, teils gewalttätigen Reaktionen der Regierungen auf die Rebellion führten zu einer Radikalisierung der gesamten Bewegung, die jedoch in ihrer Gesamtheit friedlich blieb. Die RAF verstand sich internationalistisch als Avantgarde der Weltrevolution, die Gerechtigkeit international definiert. Die USA beuten die dritte Welt aus, also darf geschossen werden. Nur die erste Generation konnte sich mit dieser Definition tatsächlich auf eine relevante Minorität der Gesellschaft berufen, die sich in mittelgroßen Unterstützungsaktionen und einer weitverzweigten, halblegalen Unterstützer-Logistik Rote Hilfe äußerte. Auch die eindrucksvolle Verteidigerliste der ersten Generation ist ein Indiz dafür. Die zweite Generation hatte aufgrund der unverhältnismässigen und brutalen Terrorakten diese Basis vollständig verloren und operierte als radikale Terrorgruppe fernab der Gesellschaft.
Nach ihren schriftlichen Hinterlassenschaften (v. a. der ersten Generation) lässt sich die RAF ursprünglich als eine radikalisierte revolutionär-sozialistische Gruppierung einstufen. Sie setzte sich stark mit dem Neomarxismus der „Frankfurter Schule“ auseinander und bezog sich auch auf diesen, obgleich die Vertreter dieser Richtung sich entschieden vom Terrorismus distanzierten. In ihren Schriften beziehen sie sich teilweise auch auf marxistisch-leninistische Theorien; es lassen sich maoistische Tendenzen nachweisen. Die RAF wurde daher auch als „terroristische Neomarxisten“ bezeichnet. Die heutige Forschung sieht dies jedoch als eine zu kurz greifende Einschätzung.
Die Studentenbewegung
Die RAF war erkennbar von erklärtem Hass gegenüber dem „System“, dem Staatsapparat der Bundesrepublik Deutschland, erfüllt. Sie unterstellte den westlich-europäischen Gesellschaften, wie schon die studentische APO vor ihr, faschistoide Tendenzen und klagte insbesondere die nicht „aufgearbeitete“, „wiedergutgemachte“ und immer noch wirkende nationalsozialistische Vergangenheit Deutschlands an. Die erste Generation (Baader-Meinhof-Gruppe) und darin vor allem die frühere Journalistin Ulrike Meinhof entwickelten für ihre „revolutionäre“ Radikalität eine linksextrem-intellektuelle Theorie, die teilweise von überraschender Klarheit zeugt. Allerdings ist die Theorie auch ideologisch überzeichnet. Selbst unter linken „außerparlamentarischen Intellektuellen“ der damaligen Zeit, wie z.B. Rudi Dutschke wurde die radikalisierte Theorie und terroristische Praxis nicht geteilt. In seinen Tagebüchern sprach Dutschke von „RAF-Dummheit“ (30. November 1974) und meinte:
- Die negativen Auswirkungen der RAF-Scheiße sind vielerorts erkennbar, CDU/CSU im besonderen, Regierung im allgemeinen und RAF-Kacke im einzelnen scheinen verheiratet zu sein: um den politischen Klassenkampf zu hemmen!! (1. Dezember 1974)
Die RAF-Schriften/-Positionen wurden (wegen der Verbrechen der RAF, aber auch wegen ihres schwer verdaulichen Jargons und der teilweise wirren Inhalte ihrer Verlautbarungen) in der breiten Öffentlichkeit nicht diskutiert. Zu größeren Teilen galt dies jedoch auch für die differenzierteren kritischen Meinungsäußerungen (beispielsweise: Daniel Cohn-Bendit in einer Fernseh-Diskussion über Hanns-Martin Schleyer; der Göttinger Mescalero über das Buback-Attentat). Diese wurden ebenfalls nicht als ernst zu nehmender Beitrag zum politischen Diskurs gesehen und in der öffentlichen Diskussion (v.a. den Massenmedien wie der Bild-Zeitung) nicht differenziert von den Schriften der RAF behandelt, sondern zuweilen sogar als Positionen von „Sympathisanten“ der Terroristen diskreditiert.
Struktur
Die RAF war eine zahlenmäßig sehr kleine Gruppe. Zudem konnte sie sich nur auf eine kleine Sympathisantenszene stützen und besaß zu „keiner Zeit irgendeinen nennenswerten Rückhalt in der Bevölkerung”. Dennoch gelang es ihr, „das Klima in der Bundesrepublik zu vergiften” (Wolfrum). Als Beispiel hierfür können die damals laut werdenden Rufe nach Wiedereinführung der Todesstrafe gelten. Die in Reaktion auf den Angriff der RAF auf die BRD verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze griffen zwar in die Persönlichkeitsrechte aller Bundesbürger ein, bewegten sich aber noch im Rahmen rechtsstaatlicher Prinzipien.
Die RAF wollte nach dem Vorbild südamerikanischer Widerstandskämpfer, insbesondere der Tupamaros in Uruguay, den bewaffneten Kampf als "Stadtguerilla" gegen das „System”, den herrschenden kapitalistischen Staat und den US-Imperialismus, aus dem Untergrund führen. Während terroristischer Anschläge oder Geiselnahmen wurden 34 Menschen von RAF-Mitgliedern getötet und es gab zahlreiche Verletzte. Außerdem starben 20 Mitglieder der RAF. In den Medien, ausgehend von den Publikationen des Axel Springer-Verlags, wurde die RAF oft als Baader-Meinhof-Gruppe oder als Baader-Meinhof-Bande bezeichnet. Gebräuchlich ist heute ihr selbst gewählter, an die Rote Armee der Sowjetunion angelehnter Name „Rote Armee Fraktion”.
Betrachtet man die Entwicklung der RAF, so lassen sich mehrere „Generationen“ unterscheiden, zwischen denen jeweils keine oder nur geringe personelle Kontinuität vorhanden war. Außerdem unterscheiden diese sich durch Organisationsstrukturen und Veränderungen in Theorie und Praxis.
Chronik zur RAF
Vorgeschichte
Vorgeschichte und Geschichte der RAF reichen von den Studentenunruhen bis hin zur selbsterklärten Auflösung 1998. Als am 2. Juni 1967 der Student Benno Ohnesorg während einer Demonstration von einem Polizisten getötet wurde, war dies in gewisser Weise das Signal zur Eskalation der Gewalt. Vor allem die erste Generation der RAF ging aus dem militanten Flügel der Außerparlamentarischen Opposition (APO) hervor, die am Ende der 1960er Jahre in verschiedene linke Gruppierungen und kommunistische Splitterparteien (K-Gruppen) zerfiel.
Nach den in der Studentenbewegung geführten Strategiediskussionen um die Legitimation von „Gewalt gegen Sachen“ hatten Baader und Ensslin zusammen mit Thorwald Proll und Horst Söhnlein am 2. April 1968 gegen Mitternacht mit Hilfe von Zeitzündern Brände in zwei Frankfurter Kaufhäusern gelegt, um gegen den Krieg der USA in Vietnam zu protestieren. Die Brände verursachten einen Schaden von insgesamt 700.000 Mark. Die Brandstifter wurden schon am 4. April gefasst und in Folge zu je drei Jahren Zuchthaus verurteilt.
Der Prozess war schon damals umstritten und wird heute mindestens als weiterer Antrieb in den terroristischen Untergrund angesehen. Obwohl bei den Bränden nur Sachschaden an der Einrichtung, jedoch nicht an den Gebäuden entstand und die Kaufhäuser, wenn auch aus ungeklärten Gründen, nicht einmal ihr Recht wahrnahmen, Strafantrag zu stellen, klagte Staatsanwalt Walter Griebel wegen schwerer Brandstiftung an, ein Tatbestand, der neben Brandstiftung an Gottes- und Wohnhäusern „Räumlichkeiten“ umfasste, in denen sich zur Zeit der Brandstiftung „Menschen aufzuhalten pflegen“. Die Begründung für den mitternächtlichen Aufenthalt von Menschen fasste der Staatsanwalt in dem Satz „Das weiß doch jeder, dass sich nachts in Kaufhäusern Menschen aufhalten“ zusammen und legte wegen des nicht eingetretenen Brandes von Gebäudeteilen weiter nach, „schließlich hätte die ganze Frankfurter Innenstadt abbrennen können!“.
In einem Artikel vom 8. November 1968 nannte Uwe Nettelbeck in der Zeit den Prozess „eine Veranstaltung [..], in der sich die Gewaltenteilung als eine Verteilung der Aufgabe darstellte, die zum Schutz der herrschenden Ordnung notwendige Gewalt auszuüben“ und meinte, Staatsanwalt Griebel hätte sich in einer „außerordentlich freien Beweiswürdigung“ selbst als „rechter Feuerteufel“ erwiesen („recht“ im Sinne von ziemlich).
Nachdem die Revision des Urteils durch den Bundesgerichtshof beantragt worden war, kamen die Verurteilten zunächst auf freien Fuß. Nach Ablehnung des Antrags tauchten Baader und Ensslin unter und beschlossen zusammen mit ihrem Anwalt Horst Mahler die Gründung einer „Stadtguerilla“-Truppe nach lateinamerikanischem Vorbild (vgl. Minihandbuch des Stadtguerilleros von Carlos Marighella sowie die Fokustheorie von Che Guevara und Régis Debray). Dieser Plan wurde jedoch durch die Verhaftung Andreas Baaders, des führenden Mitglieds der Gruppe, durchkreuzt. Als die erste Aktion der damals noch namenlosen RAF wird heute die anschließende Befreiung Baaders angesehen.
Diese fand am 14. Mai 1970 statt. Andreas Baader war ins Berliner Institut für Soziale Fragen ausgeführt worden, weil die Journalistin Ulrike Meinhof als Vorwand angegeben hatte, mit ihm ein Buch über Heimzöglinge verfassen zu wollen. Bei dieser Gelegenheit wurde er unter Anwendung von Waffengewalt befreit. Dabei wurde der Institutsangestellte Georg Linke durch einen Schuss schwer verletzt.
In der Aufbauphase zog die Gruppe die Aufmerksamkeit des Staates zunächst durch mehrere Banküberfälle, Fahrzeug- und Dokumentendiebstähle auf sich und trat im April 1971 mit dem Strategiepapier Das Konzept Stadtguerilla [1] an die Öffentlichkeit. Kurz darauf wurde eine bundesweite Fahndung nach den mittlerweile etwa fünfzig Gruppenmitgliedern gestartet.
Auch wenn in der Literatur teilweise die Frankfurter Kaufhausbrandanschläge als Beginn der Roten Armee Fraktion diskutiert werden, wird zumeist die Baader-Befreiung als eigentlicher Gründungszeitpunkt der Gruppe angenommen. Dies entsprach auch dem Selbstverständnis der RAF.
Die erste Generation
Die „erste Generation“ (Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Holger Meins, Ulrike Meinhof, Jan-Carl Raspe und andere) war von 1970 bis 1972 mit Banküberfällen, mehreren Bombenanschlägen gegen US-Militäreinrichtungen oder staatstragende Einrichtungen aktiv, wobei insgesamt 4 Menschen ihr Leben verloren und über 30 verletzt wurden. Im Juni 1972 wurden ihre wesentlichen Protagonisten verhaftet, im Mai 1975 angeklagt und im April 1977 nach 192 Prozesstagen unter anderem wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Ulrike Meinhof war bereits am 29. November 1974 zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.
Im Gefängnis beklagten die Terroristen ihre verschärften Haftbedingungen als Isolationsfolter und forderten unter anderem deren Aufhebung und den Status von Kriegsgefangenen. Zur Untermauerung ihrer Forderungen traten sie mehrmals in einen Hungerstreik, an dessen Folgen Holger Meins am 9. November 1974 in der Haftanstalt Wittlich starb. Die Aktivitäten der Inhaftierten bewirkten – mit Hilfe ihrer Verteidiger wie beispielsweise der später selbst angeklagten Rechtsanwälte Horst Mahler und Klaus Croissant – auch breitere Resonanz in der linken Szene. Zu den renommierten Anwälten der ersten RAF-Generation gehörten auch die späteren Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele und Otto Schily (letzterer ist 1989 zur SPD übergetreten und war 1998-2005 deutscher Innenminister). Durch die Schilderungen des Vollzugsbeamten Horst Bubeck sowie die mit einer geschmuggelten Kamera gegenseitig aufgenommen Fotos der Gefangenen wurden die Behauptungen von verschärften Haftbedingungen und Isolationsfolter jedoch stark relativiert.
Es kam auch zur öffentlichkeitswirksamen Intervention des französischen Existenzialismus-Philosophen Jean-Paul Sartre, der in der Auseinandersetzung um die RAF-Gefangenen zu vermitteln versuchte, allerdings bezeichnete Sartre nach dem Besuch in Stammheim in einer privaten Äußerung Baader als "Arschloch" (Quelle: Film "Sartre par lui-même", 1976).
Am 24. April 1975 besetzten sechs deutsche Terroristen als Kommando Holger Meins Teile der deutschen Botschaft in Stockholm und forderten die Freilassung der inhaftierten RAF-Spitze (Geiselnahme von Stockholm) (siehe auch Friederike Krabbe/Hanna Krabbe).
Als die Bundesregierung der Forderung nicht nachkam, wurden der Militärattaché, Oberstleutnant Andreas von Mirbach, und der Wirtschaftsattaché, Heinz Hillegaart, ermordet. Einer der Terroristen löste versehentlich eine Explosion aus, die das Gebäude in Brand setzte. Dabei starb der Terrorist Ulrich Wessel. Das RAF-Mitglied Siegfried Hausner starb später an den dabei erlittenen Verletzungen. Die vier weiteren RAF-Mitglieder wurden später verurteilt.

Führende Mitglieder der „ersten Generation“ starben zwischen 1976 und 1977 in der Haft (im Hochsicherheitstrakt der Justizvollzugsanstalt Stuttgart-Stammheim): In der Nacht zum 9. Mai 1976 erhängte sich Ulrike Meinhof am Fenstergitter ihrer Zelle mit einem aus Stoffstreifen gefertigten Strick. Widersprüche und Ungereimtheiten in der offiziellen Darstellung ihres Todes führten unter anderem zur Bildung einer Internationalen Untersuchungskommission, welche zu dem Schluss kam:
- "Die Ergebnisse der Untersuchungen legen nahe, daß Ulrike Meinhof tot war, als man sie aufhängte, und daß es beunruhigende Indizien gibt, die auf das Eingreifen eines Dritten im Zusammenhang mit diesem Tod hinweisen."[2]
Nach dem Scheitern des Versuchs der zweiten RAF-Generation, sie durch die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer freizupressen und nach der gescheiterten Landshut-Flugzeugentführung durch ein vierköpfiges, arabisches Terrorkommando (siehe weiter unten unter „Die zweite Generation“), begingen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe in Stammheim Selbstmord. Raspe und Baader benutzten Schusswaffen, die von Mitarbeitern des RAF-Anwalts Klaus Croissant eingeschmuggelt worden waren. Ensslin erhängte sich an einem Zellenkabel. Zweifel an der offiziellen Selbstmordversion, die sich auf behördenunabhängige Untersuchungsergebnisse der Todesfälle beriefen, konnten entkräftet werden.
In der offiziellen Version wurde angeführt, dass sich Irmgard Möller mit dem anstaltseigenen Besteckmesser 8 Stichverletzungen in der Herzgegend zugefügt hat, die jedoch nicht tödlich waren. Zu ihrer damaligen Situation sagt sie, dass sie im Schlaf überrascht und erst am nächsten Tag auf der Bahre aufgewacht sei. Sie bestreitet bis heute die offizielle Version eines geplanten, kollektiven Suizids. Die Umstände der Todesfälle waren in der Folge Grundlage für Zweifel an den offiziellen Erklärungen. Kurz nach den Todesfällen in Stammheim berichtete das Wochenmagazin Stern, dass aufgrund von Bauarbeiten die Alarmmeldeschleifen der Notfall-Treppe in Stammheim abgeschaltet waren, so dass unbefugter Zugang von Außen möglich gewesen wäre. Manche vermuten deshalb das Werk von Geheimdiensten; konkrete Hinweise dafür gibt es allerdings nicht, vor allem wäre eine solche Aktion vor einer Befreiung Schleyers unlogisch gewesen. Auch die „technischen“ Umstände der verlautbarten Selbstmorde und die Art der zur Tötung verwendeten Mittel, nehmen Skeptiker bis in die Gegenwart zum Anlass, die Selbstmordthese in Frage zu stellen. Auch der spätere Bundesinnenminister Otto Schily äußerte damals Zweifel an der Selbstmordtheorie. Die RAF-Mitglieder Brigitte Mohnhaupt und Susanne Albrecht stellten gegenüber anderen RAF-Mitgliedern (der 2.Generation) die Mord-Version in Abrede mit der Begründung, die Stammheimer Gefangenen seien bis zuletzt selbstbestimmt gewesen und hätten mit ihrem Selbstmord die RAF zur "Fortsetzung des Kampfes" veranlassen wollen. Auch die Schilderungen des Vollzugsbeamten Horst Bubeck lassen die Selbstmord-Version wahrscheinlicher erscheinen.
Die zweite Generation
Die „zweite Generation“ bildete sich nach der Festnahme des größten Teils der ersten Generation und versuchte im Herbst 1977 („Deutscher Herbst“) durch die Entführung des Präsidenten des Arbeitgeberverbands Hanns-Martin Schleyer die inhaftierte „erste Generation“ freizupressen.
Um den Druck auf die Bundesregierung zu verstärken, entführte eine Gruppe palästinensischer Terroristen das Lufthansa-Passagierflugzeug Landshut nach Mogadischu in Somalia und nahm dessen Passagiere als Geiseln. Diese Geiselnahme wurde im Auftrag des Krisenstabs der Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD) nach Absprache des deutschen Verhandlungsführers Hans-Jürgen Wischnewski mit der somalischen Regierung unter Siad Barré, durch die Operation Feuerzauber des Sonderkommandos des Bundesgrenzschutzes (heute: deutsche Bundespolizei) GSG 9 beendet. Vorher wurde der Pilot Jürgen Schumann von den Geiselnehmern erschossen und aus der Maschine geworfen. Alle anderen Geiseln konnten unverletzt befreit werden. Drei der vier Geiselnehmer wurden erschossen, mit Souhaila Andrawes überlebte eine der beiden beteiligten Frauen.
Wenige Stunden nach der Befreiungsaktion begingen Baader, Ensslin und Raspe Selbstmord und wurden in ihren Zellen in Stammheim aufgefunden. Wie für den Fall des Scheiterns des Freipressversuchs geplant, ermordete die RAF daraufhin Hanns-Martin Schleyer.
Mitglieder der „zweiten Generation“ erfuhren später organisatorische und finanzielle Hilfe aus der DDR. Ferner gelang es einigen Mitgliedern der RAF mit Hilfe der Staatssicherheit in der DDR unterzutauchen. Nach dem Zusammenbruch der DDR wurde ihre dortige neue Identität aufgedeckt. Susanne Albrecht, Werner Lotze, Ekkehard Freiherr von Seckendorff-Gudent, Christine Dümlein, Monika Helbing, Silke Maier-Witt, Henning Beer, Sigrid Sternebeck und Ralf-Baptist Friedrich wurden mittlerweile für die von ihnen begangenen Straftaten verurteilt (die Ekkehard Freiherr von Seckendorff-Gudent und Christine Dümlein vorgeworfenen Straftaten waren in der Zwischenzeit verjährt); sie erhielten aufgrund ihrer Aussagebereitschaft den Status von Kronzeugen. Ihre damaligen Betreuer in der DDR wurden strafrechtlich nicht belangt. Zur zweiten Generation gehörte auch Friederike Krabbe.
Die dritte Generation
Die „dritte Generation“, nach Informationen des Verfassungsschutzes ein Zusammenschluss von bis zu 250 Personen, wird für die Ausführung von Sabotageakten und mehreren Mordanschlägen, denen Persönlichkeiten der bundesdeutschen Politik und Wirtschaft zum Opfer fielen, verantwortlich gemacht. Der „harte Kern“ umfasste etwa 15 - 20 Personen.
Ihr werden u. a. Anschläge auf den Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts, den Chef der Deutschen Bank Alfred Herrhausen und den Treuhand-Chef Detlev Karsten Rohwedder vorgeworfen; auch heute noch sind entsprechende Ermittlungsverfahren nicht abgeschlossen (vgl. Literatur).
Am 27. Juni 1993 findet ein GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen statt, um die RAF-Mitglieder Wolfgang Grams und Birgit Hogefeld festzunehmen. Bei einem Schusswechsel sterben der 26-jährige GSG-9-Beamte Michael Newrzella und der Terrorist Grams.
Am 15. September 1999 wurden Andrea Klump und Horst Ludwig Meyer von der österreichischen Polizei aufgegriffen. Bei einem Schusswechsel kam Meyer ums Leben. Ihm wurde vorgeworfen, an der Ermordung Beckurts teilgenommen zu haben - aufgrund seines Todes kam es jedoch nicht zu einem Prozess. Der immer wieder aufkommende Vorwurf der RAF-Mitgliedschaft Klumps ist nach wie vor ungeklärt, in einem Gerichtsprozess wurde dieser sogar fallengelassen.
Bereits 1992 präsentierten die Journalisten Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber und Ekkehard Sieker unter anderem in einem Fernsehbeitrag der ARD-Sendung Brennpunkt die kontroverse These, dass die dritte Generation der RAF nicht existiert habe und die ihr zugeschriebenen Morde vielmehr von Geheimdiensten inszeniert worden seien (siehe auch weiter unten unter Literatur/Unsortiertes, Buch "Das RAF-Phantom"). Zur Bewertung dieser These ist die Betrachtung der Geschichte der italienischen linksextremen Terrororganisation Rote Brigaden hilfreich (siehe dazu auch Strategie der Spannung, Gladio, Propaganda Due).
Abseits jeglicher Spekulation gab es ein Ereignis, welches nachweislich von staatlicher Seite inszeniert worden war: Das so genannte Celler Loch. Der niedersächsische Verfassungsschutz sprengte am 25. Juli 1978 ein Loch in die Außenmauer der JVA Celle, was einen Befreiungsversuch vortäuschen sollte, und schob dem einsitzenden, mutmaßlichen RAF-Mitglied Sigurd Debus Ausbruchswerkzeug unter.
Auflösung der RAF
Am 20. April 1998 ging beim BKA in Wiesbaden ein achtseitiges, als authentisch eingestuftes Schreiben ein, in dem die RAF ihre Selbstauflösung verkündete. Darin heißt es:
- Vor fast 28 Jahren, am 14. Mai 1970, entstand in einer Befreiungsaktion die RAF. Heute beenden wir dieses Projekt. Die Stadtguerilla in Form der RAF ist nun Geschichte.[3]
Die Erklärung endet mit dem Gedenken an die Verstorbenen, einer Liste von 26 Namen aus der Bewegung 2. Juni, der Revolutionären Zellen und der RAF selbst. Den Schlußpunkt bildet ein auch im Bericht des Verfassungsschutzes 1998 erwähntes Zitat von Rosa Luxemburg:
- Die Revolution sagt:
- ich war
- ich bin
- ich werde sein
Personen und Straftaten
Übersicht über die der RAF zugeordneten Straftaten
- 22. Dezember 1971, Kaiserslautern - Überfall auf die Bayerische Hypotheken- und Wechselbank, ein Toter
- 11. Mai 1972, Frankfurt am Main - Sprengstoffanschlag auf eine US-Kaserne, ein Toter und 13 Verletzte
- 12. Mai 1972, Augsburg und München - Bombenanschläge auf ein Polizeikommissariat in Augsburg und das LKA in München, fünf verletzte Polizisten
- 16. Mai 1972, Karlsruhe - Sprengstoffanschlag auf den Wagen von Wolfgang Buddenberg, Richter am Bundesgerichtshof. Seine Ehefrau fuhr den Wagen und wurde verletzt.
- 19. Mai 1972, Hamburg - Sprengstoffanschlag auf den Sitz des Axel Springer Verlages, 17 Personen wurden verletzt.
- 24. Mai 1972, Heidelberg - Sprengstoffanschlag auf das Europa-Hauptquartier der US-Armee, drei tote GIs, fünf verletzt
- 25. April 1975, Stockholm - Geiselnahme von Stockholm
- 7. April 1977, Karlsruhe - Erschießung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback, der Fahrer und ein Justizbeamter werden ebenfalls erschossen.
- 30. Juli 1977, Oberursel (Taunus) - Der Vorstandssprecher der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, wird bei dem Versuch, ihn zu entführen in seinem Haus erschossen.
- 5. September - 18. Oktober 1977, Köln/Mülhausen (Elsass) - Entführung von Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer (Deutscher Herbst)
- 25. Juni 1979 , Heidelberg - Anschlag mit einer Panzerfaust auf US-General Alexander Haig
- 15. September 1981, Heidelberg - Anschlag auf den Oberbefehlshaber der US Landstreitkraefte in Europa, General Frederick James Kroesen.
- 1. Februar 1985 , Gauting in der Nähe des Starnberger Sees - Mord an Ernst Zimmermann, Chef des Rüstungskonzerns MTU
- 8. August 1985, Wiesbaden , US-Soldat Edward Pimental wird ermordet.
- 8. August 1985, Frankfurt am Main - Sprengstoffanschlag auf die Rhein-Main Air Base
- 9. Juli 1986, Straßlach (bei München), Ermordung des Siemens-Manager Karl Heinz Beckurts und seines Fahrers Eckhard Groppler durch ein Sprengstoffattentat
- 10. Oktober 1986, Bonn - Mord an Gerold von Braunmühl, Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt
- 20. September 1988, Bonn - Anschlag auf Hans Tietmeyer, Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen
- 30. November 1989, Bad Homburg v. d. Höhe - Sprengstoffattentat auf den Bankier Alfred Herrhausen, Täterschaft ungeklärt
- 27. Juli 1990, Bonn - Anschlag auf Hans Neusel, Staatssekretär im Bundesministerium des Innern
- 13. Februar 1991, Bonn / Bad Godesberg, Beschießung der US-Botschaft mit einem Gewehr von der anderen Rheinseite (Königswinter), keine Verletzten
- 1. April 1991, Düsseldorf, Erschießung des Chefs der Treuhandanstalt Detlev Karsten Rohwedder in seinem Haus in Düsseldorf, Beteiligung von Wolfgang Grams nachgewiesen
- 27. März 1993, Weiterstadt - Sprengstoffanschlag gegen die JVA Weiterstadt
Verstorbene Mitglieder der RAF
In ihrer Auflösungserklärung vom 20. April 1998 [3] zählte die RAF die folgenden Personen als Opfer des Kampfes auf (ohne Datum und Nennung der Todesumstände).
- 15.07.1971 - Petra Schelm (Schusswechsel mit der Polizei)
- 04.12.1971 - Georg von Rauch (beim Festnahmeversuch erschossen)
- 02.03.1972 - Thomas Weisbecker (Schusswechsel mit der Polizei)
- 09.11.1974 - Holger Meins (Hungerstreik)
- 25.04.1975 - Ulrich Wessel (Stockholm, Explosion)
- 05.05.1975 - Siegfried Hausner (Stockholm, Spätfolge d. Explosion)
- ??.??.1975 - Katharina Hammerschmidt (Gehirntumor)
- 09.05.1975 - Werner Sauber (beim Festnahmeversuch erschossen)
- 09.05.1976 - Ulrike Meinhof (in ihrer Zelle erhängt)
- 04.07.1976 - Brigitte Kuhlmann (Flugzeugentführung, in Entebbe erschossen)
- 04.07.1976 - Wilfried Böse (Flugzeugentführung, in Entebbe erschossen)
- 18.10.1977 - Andreas Baader (in seiner Zelle erschossen)
- 18.10.1977 - Gudrun Ensslin (in ihrer Zelle erhängt)
- 18.10.1977 - Jan-Carl Raspe (in seiner Zelle erschossen)
- 13.11.1977 - Ingrid Schubert (in ihrer Zelle erhängt)
- 07.09.1978 - Willy-Peter Stoll (beim Festnahmeversuch erschossen)
- 09.10.1978 - Michael Knoll (Folgen eines Schusswechsels mit Grenzbeamten)
- 04.05.1979 - Elisabeth von Dyck (beim Festnahmeversuch erschossen)
- 15.07.1980 - Juliane Plambeck (Autounfall auf der Flucht)
- 15.07.1980 - Wolfgang Beer (Autounfall auf der Flucht)
- 16.04.1981 - Sigurd Debus (Hungerstreik)
- 20.01.1985 - Johannes Thimme (Frühzündung einer Sprengladung)
- ??.??.???? - Jürgen Peemöller (genaue Umstände ungeklärt)
- ??.??.???? - Ina Siepmann (vermutlich israelischer Bombenangriff)
- ??.??.???? - Gerd Albartus (genaue Umstände ungeklärt)
- 24.06.1993 - Wolfgang Grams (Kopfschuss bei Festnahmeversuch)
Nach Auflösung der Rote Armee Fraktion gab es einen weiteren Aufsehen erregenden Todesfall:
- 15.09.1999 - Horst Ludwig Meyer (beim Festnahmeversuch erschossen)
Diese Aufzählung enthält einige Personen, die bereits vor der "offiziellen" Entstehung der RAF als gewaltsame Revolutionäre tätig waren und solche, die anderen - der RAF nahe stehenden Organisationen - zugerechnet werden.[4]
Inhaftierungen
Mit Eva Haule (seit 1986), Birgit Hogefeld (1993), Christian Klar (1982) und Brigitte Mohnhaupt (ebenfalls seit 1982) sind heute noch vier der ehemaligen RAF-Angehörigen in deutschen Gefängnissen inhaftiert. Hanna Krabbe war von 1975 bis 1996 inhaftiert, siehe unter Friederike Krabbe, Hanna Krabbe. Rolf Clemens Wagner, der vornehmlich in den 1970ern für die RAF aktiv war, wurde am 9. Dezember 2003 nach 24 Jahren aus der Haft entlassen. Adelheid Schulz, die unter anderem wegen ihrer Beteiligung an der Schleyer-Entführung zu lebenslanger Haft verurteilt worden war, wurde am 1. Februar 2002 vom damaligen Bundespräsidenten Johannes Rau begnadigt. Schulz genoss zuvor schon seit Oktober 1998 wegen ihres Gesundheitszustandes Haftunterbrechung. Im Oktober 2001 wurde die Haftstrafe Rolf Heißlers zur Bewährung ausgesetzt, er war 1982 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Ex-Terroristin Andrea Klump sitzt (seit 2001) ebenfalls eine Haftstrafe ab, der Vorwurf der RAF-Zugehörigkeit wird jedoch von Klump bestritten und ist mittlerweile von einem Gericht fallen gelassen worden.
Die Opfer der RAF
In den Jahren 1970 bis 1997 kamen durch die Aktionen der RAF oder nahestehender Gruppen die folgenden Menschen ums Leben:
Datum | Ort | Opfer | Bemerkung |
---|---|---|---|
22. Oktober 1971 | Hamburg | Norbert Schmid (33), Polizist | Erschossen bei Festnahmeversuch |
22. Dezember 1971 | Kaiserslautern | Herbert Schoner (32), Polizist | Erschossen bei einem Banküberfall |
3. März 1972 | Hamburg | Heinz Eckhardt (50), Polizist, Leiter der SOKO "Baader/Meinhof" in Hamburg | Bei der Festnahme von Manfred Grashof und Wolfgang Grundmann durch von Grashof abgegebene Schüsse schwer verletzt. Eckhardt starb am 22. März 1972 im Krankenhaus. |
11. Mai 1972 | Frankfurt am Main | Paul A. Bloomquist (39), US-Offzier | Beim Bombenanschlag des Kommandos Petra Schelm auf das Hauptquartier des V. US-Corps durch Metallsplitter tödlich verletzt |
24. Mai 1972 | Heidelberg | Clyde R. Bonner, Ronald A. Woodward, Charles L. Peck; US-Soldaten |
Beim Bombenanschlag des Kommandos 15. Juli auf das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa wurden Bonner und Peck sofort getötet. Woodward starb während der Fahrt ins Krankenhaus. |
10. November 1974 | Berlin (West) | Günter von Drenkmann | bei einem Entführungsversuch tödlich verletzt |
24. April 1975 | Stockholm | Andreas von Mirbach, Militärattaché in der Deutschen Botschaft | als Geisel erschossen |
24. April 1975 | Stockholm | Heinz Hillegart (64), Wirtschaftsattaché in der Deutschen Botschaft |
Von Mitgliedern des Kommandos Holger Meins nach der Ablehnung der Bundesregierung, 26 RAF-Mitglieder aus der Haft zu entlassen, durch Kopfschuss getötet. |
7. Mai 1976 | Sprendlingen | Fritz Sippel (22), Polizist | Bei einer Personenkontrolle von einem RAF-Mitglied erschossen. |
7. April 1977 | Karlsruhe | Siegfried Buback (57), Generalbundesanwalt; Wolfgang Göbel (30), Fahrer; Georg Wurster (33), Leiter der Fahrbereitschaft der Bundesanwaltschaft |
Auf der Fahrt ins Büro von zwei RAF-Mitgliedern des Kommandos Ulrike Meinhof an einer Ampel von einem Motorrad aus im Wagen erschossen bzw. schwer verletzt. Wer von den drei sicher an der Tat beteiligten RAF-Mitgliedern, Christian Klar, Knut Folkerts und Günter Sonnenberg, die Schüsse abgab, konnte nicht geklärt werden. Buback und sein Fahrer Göbel wurden sofort getötet. Wurster starb am 13. April 1977 im Krankenhaus. |
30. Juli 1977 | Oberursel | Jürgen Ponto (53), Vorstandssprecher der Dresdner Bank |
Bei dem Versuch der Entführung in seinem Haus durch von Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt abgegebene Schüsse tödlich verletzt. |
5. September 1977 | Köln | Heinz Marcisz (41), Fahrer; Reinhold Brändle (41), Polizist Helmut Ulmer (24), Polizist Roland Pieler (20), Polizist |
Bei der Entführung von Hanns-Martin Schleyer durch von Willy-Peter Stoll, Sieglinde Hofmann, Peter-Jürgen Boock und Stefan Wisniewski insgesamt 117 abgegebene Schüsse tödlich verletzt. |
22. September 1977 | Utrecht | Arie Kranenburg (46), niederländischer Polizist |
Erschossen von Knut Folkerts bei dem Versuch der Festnahme. |
16. Oktober 1977 | Aden/Jemen | Jürgen Schumann (37), Flugkapitän |
Während der Entführung der Lufthansamaschine "Landshut" von Zohair Youssif Akache ("Captain Mahmud") erschossen. |
18. oder 19. Oktober 1977 | wahrscheinlich im Elsass | Hanns Martin Schleyer (62), Arbeitgeberpräsident |
Von einem Mitglied des Kommandos Siegfried Hausner durch drei Schüsse in den Hinterkopf getötet. |
24. September 1978 | Dortmund | Hans-Wilhelm Hansen (26), Polizist | Bei dem Versuch der Festnahme durch von Angelika Speitel, Michael Knoll und Werner Lotze abgegebene Schüsse tödlich verletzt. |
1. November 1978 | bei Kerkrade | Dionysius de Jong (19), Johannes Goemans (24), niederländische Zollbeamte |
Bei einem illegalen Grenzübertritt wurde de Jong durch von Rolf Heißler und Adelheid Schulz abgegebene Schüsse sofort getötet. Goemans starb am 14. November 1978 im Krankenhaus. |
19. November 1979 | Zürich | Edith Kletzhändler (56), Hausfrau | In einer Einkaufspassage bei einem Schusswechsel mit der Polizei entweder von Rolf Clemens Wagner, Christian Klar oder Henning Beer versehentlich erschossen. |
1. Februar 1985 | Gauting | Ernst Zimmermann (55), Vorstandsvorsitzender der MTU |
Durch einen von einem Mitglied des Kommandos Patsy O'Hara aufgesetzten Schuss in den Hinterkopf in seinem Haus getötet. |
8. August 1985 | Wiesbaden | Edward Pimental (20), US-Soldat | Wurde von Birgit Hogefeld aus einer Kneipe gelockt und anschließend von einem weiteren RAF-Mitglied durch einen aufgesetzten Schuss in den Hinterkopf getötet. |
8. August 1985 | Frankfurt am Main | Frank Scarton (20), US-Soldat Becky Bristol (25), Zivilangestellte |
Bei dem Bombenanschlag des Kommandos George Jackson auf die US-Airbase von Metallsplittern tödlich verletzt. |
9. Juli 1986 | Straßlach | Karl Heinz Beckurts (56), Siemens-Vorstandsmitglied Eckhard Groppler (42), Fahrer |
Vom Kommando Mara Cagol durch einen Sprengsatz am Straßenrand getötet. |
10. Oktober 1986 | Bonn | Gerold von Braunmühl (51), Ministerialdirektor im Auswärtigen Amt |
Durch zwei Mitglieder des Kommandos Ingrid Schubert vor seinem Haus erschossen. |
30. November 1989 | Bad Homburg | Alfred Herrhausen (59), Vorstandssprecher der Deutschen Bank |
Vom Kommando Wolfgang Beer auf der Fahrt ins Büro durch eine Hohlsprengladung am Straßenrand getötet. |
1. April 1991 | Düsseldorf | Detlev Karsten Rohwedder (58), Vorstandsvorsitzender der Treuhandanstalt |
Von einem RAF-Scharfschützen durch das Fenster in seinem Arbeitszimmer erschossen. |
27. Juni 1993 | Bad Kleinen | Michael Newrzella (25), GSG-9-Beamter |
Bei der Festnahme von Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams von Grams erschossen. |
Unbeteiligte Opfer durch Aktionen der Polizei
- 01. März 1972 - Richard Epple; 17 jähriger Lehrling, wird nach einer Verkehrskontrolle und einer nachfolgenden Verfolgungsjagd mit mehreren Schüssen aus einer Maschinenpistole getötet; Ursache der Flucht: Fahren ohne Führerschein
- 25. Juni 1972 - Ian McLeod; britischer Handelsvertreter, von der Polizei bei einer Hausdurchsuchung durch die geschlossene Schlafzimmertür erschossen,
- 21. Mai 1974 - Günter Jendrian; Taxifahrer, bei Durchsuchung seiner Wohnung im Rahmen einer Terroristenfahndung erschossen. Das Verfahren gegen den Polizisten wird wegen Notwehr später eingestellt.
- ??.??.1977 - Helmut Schlaudraff; Schäfer, bei Verkehrskontrolle von der Polizei erschossen
- ??.??.1980 - Manfred Perder; Schalltechniker, bei Verkehrskontrolle von der Polizei erschossen
Quellen
- ↑ a b RAF-Erklärung "Das Konzept Stadtguerilla
- ↑ B.A.M.B.U.L.E. (Hg.):Der Tod Ulrike Meinhofs. Bericht der Internationalen Untersuchungskommission Münster: Unrast-Verlag ISBN 3-89771-952-5 [1]
- ↑ a b Auflösungserklärung der RAF bei extremismus.com
- ↑ Quelle (teilweise): Klaus Pflieger: Die Aktion „Spindy“. Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns-Martin Schleyer. Baden-Baden 1997. ISBN 3-789-04598-5
Aufarbeitung
Filme
- 1978 - Deutschland im Herbst (BRD) verschiedene Kurzfilme von mehreren Regisseuren, Regie: Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff u. a.
- 1979 - Die dritte Generation (BRD) Komödie, Regie: Rainer Werner Fassbinder
- 1981 - Die bleierne Zeit (BRD) Spielfilm, Regie: Margarethe von Trotta
- 1986 - Stammheim (BRD) Doku-Drama, Regie: Reinhard Hauff, Drehbuch: Stefan Aust
- 1992 - Der Herbst der Terroristen (BRD) Spiegel TV Doku, Regie: Stefan Aust
- 1997 - Todesspiel (BRD) Doku-Drama, Regie: Heinrich Breloer
- 1997 - Das Phantom (BRD) Polit-Thriller, Regie: Dennis Gansel
- 1997 - Im Fadenkreuz - Deutschland & die RAF (BRD) fünf Dokumentarfilme von verschiedenen Regisseuren
- 2000 - Die innere Sicherheit (BRD) Spielfilm, Regie: Christian Petzold
- 2000 - Die Stille nach dem Schuss (BRD) Spielfilm, Regie: Volker Schlöndorff
- 2000 - Das Phantom (BRD) Spielfilm, Regie: Dennis Gansel
- 2001 - Black Box BRD (BRD) Dokumentarfilm, Regie: Andres Veiel
- 2002 - Baader-Meinhof: In Love with Terror" (Großbritannien) Dokumentarfilm
- 2002 - Baader (BRD) Spielfilm, Regie: Christopher Roth
- 2003 - Starbuck Holger Meins (BRD) Dokumentarfilm, Regie: Gerd Conradt
- 2003 - Stockholm 75 (Schweden) Dokumentarfilm, Regie: David Aronowitsch
- 2003 - Andreas Baader - Der Staatsfeind (BRD) Dokumentarfilm, Regie: Klaus Stern
- 2005 - Ein deutscher Terrorist (Niederlande) Dokumentarfilm, über den Ex-Terroristen Hans-Joachim Klein
- 2006 - Ulrike Meinhof - Wege in den Terror (BRD)Dokumentarfilm (60 Min.), Portrait über Ulrike Meinhof, gesendet von den ARD am 31.08.2006
Literatur
Umfassende Darstellungen
- 1983 - Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex, ISBN 3-442-12953-2
- 1994 - Butz Peters: RAF - Terrorismus in Deutschland, ISBN 3-4268-0019-5
- 2004 - Butz Peters: Tödlicher Irrtum, ISBN 3-8702-4673-1
- 2005 - Willi Winkler: Die Geschichte der RAF, ISBN 3-8713-4510-5
Sammlungen von Schriften der RAF
- Martin Hoffmann (Hg.) Rote Armee Fraktion. Texte und Materialien zur Geschichte der RAF. ID-Verlag: Berlin, 1997. ISBN 3-89408-065-5. Download als PDF
- Ausgewählte Dokumente der Zeitgeschichte: Bundesrepublik Deutschland (BRD) - Rote Armee Fraktion (RAF). 1. Auflage. Köln: GNN Verlagsgesellschaft Politische Berichte, Oktober 1987.Online-Ausgabe
Berichte und Erinnerungen aus der RAF
- Margrit Schiller und Jens Mecklenburg: Es war ein harter Kampf um meine Erinnerung - Ein Lebensbericht aus der RAF. ISBN 3-4922-3304-X
- Oliver Tolmein: RAF - Das war für uns Befreiung - Ein Gespräch mit Irmgard Möller über bewaffneten Kampf, Knast und Linke, Hamburg 2002. ISBN 3-8945-8217-0
- Stefan Wisniewski: "Wir waren so unheimlich konsequent..." - Ein Gespräch zur Geschichte der RAF mit Stefan Wisniewski, Berlin 1997, ID-Verlag, ISBN 3-89408-074-4
Zu einzelnen Aspekten
- Pieter Bakker Schut: Stammheim - Der Prozeß gegen die Rote Armee Fraktion, Malik Verlag 1986. ISBN 3890290108/ISBN 3-8914-4247-5
- Der Tod Ulrike Meinhofs – Bericht der Internationalen Untersuchungskommission, Paris 1979 (reprint: Münster 1996). ISBN 3-9283-0039-3
- Klaus Pflieger. Die Aktion „Spindy“. Die Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Dr. Hanns-Martin Schleyer. Baden-Baden 1997. ISBN 3-789-04598-5.
- Andres Veiel: Black Box BRD - Alfred Herrhausen, Die deutsche Bank, Die RAF und Wolfgang Grams. ISBN 3-4210-5468-1
- Alexander Straßner: Die dritte Generation der RAF - Entstehung, Struktur, Funktionslogik und Zerfall einer terroristischen Organisation, Wiesbaden 2003. ISBN 3-5311-4114-7
- Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber, Ekkehard Sieker: Operation RAF - Was geschah wirklich in Bad Kleinen?, Droemer Knaur 1995. ISBN 3-4268-0048-9
- Karl-Heinz Weidenhammer: Selbstmord oder Mord? Das Todesermittlungsverfahren: Baader, Ensslin, Raspe, Malik Verlag 1988. ISBN 3-8902-9033-7
Sonstiges
- Gerhard Wisnewski, Wolfgang Landgraeber, Ekkehard Sieker: Das RAF-Phantom - Wozu Politik und Wirtschaft Terroristen brauchen, Droemer Knaur 1997. Information des Verlages ISBN 3-4268-0010-1
- Alexander König: "Mythos RAF" (1970-1972): Terroristisches oder totalitäres Denken?, in: Diethelm Schneider und Matthias Wallich: Terror und Theologie, St. Ingbert 2003 (S.213-229). ISBN 3-8611-0354-0
- Wolfgang Kraushaar, Jan Philipp Reemtsma und Karin Wieland: Rudi Dutschke, Andreas Baader und die RAF, Hamburger Edition, Februar 2005. ISBN 3-9360-9654-6
- Carsten Polzin: Deutscher Herbst im Bundesverfassungsgericht - Zur verfassungsrechtlichen und verfassungspolitischen Dimension terroristischer Entführungsfälle.
- Astrid Proll: Hans und Grete - Bilder der RAF 1967-1977, Aufbau-Verlag, Berlin 2004. ISBN 3-3510-2597-1
- Thorwald Proll und Daniel Dubbe: Wir kamen vom anderen Stern, 1999. ISBN 3-8940-1420-2
- Pieter Bakker Schut (Hrsg.): Todesschüsse, Isolationshaft, Eingriffe ins Verteidigungsrecht, Berlin 1995. ISBN 3-9315-9100-X
- Gerd Klusmeyer (V.i.S.d.P): Dokumentation zu den Haftbedingungen der Gefangenen aus der RAF und aus dem Widerstand, Hannover 1985.
- Kurt Oesterle : Stammheim. Die Geschichte des Vollzugsbeamten Horst Bubeck, Tübingen 2003. ISBN 3-4210-5766-4
- Gerd Koenen: Vesper, Ensslin, Baader. Urszenen des deutschen Terrorismus, Köln 2003. ISBN 3-4620-3313-1
- Thomas Hoeps: Arbeit am Widerspruch. 'Terrorismus' in deutschen Romanen und Erzählungen (1837-1992)., Dresden 2001. ISBN 3-9335-9224-0
Bildende Kunst
- 18. Oktober 1977 (Gemäldezyklus, 1988), von Gerhard Richter, Sammlung des Museum of Modern Art.
- Zur Vorstellung des Terrors: Die RAF. Ausstellung, kontrovers diskutierte Ausstellung mit Werken von 50 Künstlern, die von Ende Januar bis Mitte Mai 2005 in den Berliner Kunst-Werken zu sehen ist (zur Diskussion siehe u.a. Wikinews-Artikel).
Siehe auch
- Liste der RAF-Mitglieder
- Action directe
- Angry Brigade
- Außerparlamentarische Opposition und 68er
- Bewegung 2. Juni
- Buback - Ein Nachruf
- Deutscher Herbst
- Horst Herold
- Kabouterbewegung
- Provo-Bewegung
- Radikalenerlass
- Rasterfahndung
- Rote Brigaden
- Sozialistisches Patientenkollektiv
- Texte: RAF
- Up Against The Wall Motherfuckers
- Weathermen
Weblinks
- Kurzfilm: Chronik der RAF
- Who is who der RAF Mitglieder der RAF
- Chronologie von 1968 - 1999
- Das Deutsche Historische Museum Berlin bietet auf seinen Seiten einige Informationen zur RAF an.
- Beim Auffinden von Primärquellen aus der Zeit der RAF sind die Seiten rafinfo.de und eine Dokumente-Sammlung des "linken Informationssystems" Nadir.org hilfreich. Auch die pdf-Version einer Materialsammlung der "Independent Verlagsgesellschaft" ist nützlich.
- Extremismus.com bietet unter [2] eine differenzierte Betrachtung der 2.-RAF-Generation.
- Auflösungserklärung der RAF: [3] oder [4]
- Literaturliste zur RAF (engl.): "Rote Armee Fraktion - a.k.a. Baader-Meinhof Gang"
- "Wie es Andreas Baader gelang, seine kriminelle Hochstaplerexistenz in eine politische Mission umzuwidmen" - Auszug (22. Januar 2005) aus "Rudi Dutschke, Andreas Baader und die RAF" (ISBN 3936096546)
- "Für die Freilassung der Gefangenen aus der RAF " - Kampagne der Roten Hilfe
- "Das Treffen der RAF-Veteranen in Zürich" - Bericht in der Wochenzeitung Die Zeit
- Zeitgenössische Kritik an der RAF seitens eines sich links von ihr verortenden Kollektivs (aus: 883 Nr. 86 vom 6. Dezember 1971)
- Interview mit Irmgard Möller zum kollektiven Selbstmord und den Haftbedingungen in Stammheim: [5]
- "Dossier RAF Ausstellung" - Kommentardossier zur umstrittenen RAF- Ausstellung in den Kunstwerken Berlin 2005 im artnet Magazin