Procter & Gamble
Die Procter & Gamble (P&G) Gruppe [NYSE:PG] ist ein Konsumgüterkonzern mit Stammsitz in Cincinnati, Ohio (USA).
Das Unternehmen erwirtschaftete mit etwa 110.000 Mitarbeitern im Geschäftsjahr 2005/2006 einen Nettogewinn von 8,7 Milliarden US-Dollar bei einem Umsatz von 68,2 Milliarden US-Dollar, die Umsatzrendite betrug 12,8 %.
Geschichte
P&G wurde 1837 von zwei Europäern gegründet, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert waren: William Procter, einem Kerzenzieher aus England, und James Gamble, einem Seifensieder aus Irland.
Das Unternehmen hat sich seit seiner Gründung unter anderem durch Entwicklungen im Konsumgütermarkt einen Namen gemacht und hat immer wieder neue Wege im Marketing beschritten. Besonderes Kennzeichen ist das ausschließlich an den einzelnen Marken ("Brands") orientierte Marketing, während die Firma selbst meist völlig im Hintergrund bleibt. Die Firma gilt daher auch als Pionier bzw. Vater des Brand-Managements. Die konsequente Nutzung der Fernsehwerbung sowie besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Radiowerbung geht ebenfalls auf P&G zurück. Unter anderem basiert auch der Begriff Seifenoper auf dem Marketingansatz von P&G, ab den 30er Jahren Radioshows zu sponsern bzw. selbst zu produzieren. Längstlaufende P&G Produktion: Springfield Story, seit 25. Januar 1937 mehr als 15.000 Folgen.
Die Vorsitzenden im Laufe der Zeit
Gemeinschaftliche Führung (1837-1890)
- William Procter & James Gamble
- Harley Procter (Sohn) & James Norris Gamble (Sohn)
- William Cooper Procter (Enkel) & William Alexander Procter (Enkel)
Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft
- 1890-1907 William Alexander Procter (1. Präsident/Chairman von P&G)
- 1907-1930 William Cooper Procter (Urenkel und letzter Vorsitzender der Gründerfamilien)
- 1930-1948 Richard R. Deupree
- 1948-1957 Neil H. McElroy
- 1957-1974 Howard J. Morgens
- 1974-1981 Ed Harness
- 1981-1990 John G. Smale
- 1990-1995 Edwin L. Artzt
- 1995-1999 John E. Pepper (9. Chairman & CEO) & Durk I. Jager (1. Chief Operating Officer)
- 1999-2000 Durk I. Jager
- 2000-heute Alan G. Lafley
Aktivitäten im deutschsprachigen Raum
Verwaltung Die erste Niederlassung von Procter & Gamble im deutschsprachigen Raum wurde 1953 im schweizerischen Luzern gegründet, der Vertrieb erfolgte jedoch vorerst weiterhin durch einen Grosshändler. 1956 entstand in Genf die Zentrale für die Regionen Afrika sowie Naher und Ferner Osten, sie wurde 1974 zur Schweizer Firmenzentrale und ist seit der Reorganisation auch die Europazentrale von Procter & Gamble.
1960 wurde in Frankfurt eine erste Niederlassung eröffnet. Die schnell wachsende deutsche Hauptverwaltung wurde 1970 nach Schwalbach am Taunus verlegt, sie war von 1985 bis zur Reorganisation europaweit für die Bereiche Papierhygieneprodukte und Fruchtsaftgetränke zuständig.
In Wien befindet sich seit 1967 die Österreichzentrale.
Produktion Die erste Produktionsstätte in Deutschland wurde 1964 in Worms eröffnet, produziert wurden Waschmittel und Weichspüler für den eigenen Markt sowie den Export. Nach der Markteinführung von Pampers entstand 1976 in Euskirchen das erste Werk für Papierwindeln. In der Folgezeit entstanden zahlreiche weitere Produktionsstätten in Deutschland.
Heute produziert Procter & Gamble in den Werken Crailsheim, Dreieich, Euskirchen, Groß-Gerau, Neuss, Weiterstadt, Witzenhausen, Köln, Worms und Marktheidenfeld.
Akquisitionen
Richardson-Vicks 1985 erweitert P&G seinen Gesundheits- und Körperpflegebereich mit dem Erwerb von Richardson-Vicks. Die bekanntesten Markennamen unter anderem Wick-Erkältungsprodukte, Oil of Olaz-Gesichtscreme oder Pantene-Haarshampoo. Im nicht deutschsprachigen Raum werden die Wick-Erkältungsprodukte unter dem Namen Vicks verkauft, der Name wurde aufgrund der Ähnlichkeit zu dem Begriff Wichse für den deutschen Markt angepasst.
Blendax P&G erwirbt 1987 in seinem 150. Jubiläumsjahr das europäische Unternehmen Blendax und stärkt mit Marken wie Blend-a-Med seine weltweite Position im Zahnpflegebereich.
Noxell 1989 betritt P&G die Kosmetik- und Parfumkategorien mit dem Erwerb der Firma Noxell. Bekannte Marken u.a. CoverGirl, Noxzema oder Clarion.
Old Spice Im Juni 1990 erwirbt P&G die Markenrechte für die Parfum-, After-Shave-, Deo- und Gesichtspflege-Linie Old Spice der Shulton Company. Die Marke existiert seit 1938 auf dem amerikanischen Markt und ist damit eine der traditionsreichsten Herrenpflegeserien.
Ellen Betrix & Max Factor Im Jahr 1991 erwirbt P&G die Unternehmen Ellen Betrix und Max Factor und festigt damit seine Position im Kosmetikbereich.
VP Schickedanz 1994 betritt P&G den europäischen Papierbereich mit dem Kauf des deutschen Unternehmens VP Schickedanz mit seiner schon damals bekannten Marke Tempo. Die ebenfalls zu VP Schickedanz gehörende Marke Camelia durfte aus kartellrechtlichen Gründen nicht mit übernommen werden. Sie ging daher an den konkurrierenden Konzern Johnson & Johnson.
Tambrands Mit der Erweiterung des Hygienebereichs durch den Erwerb von Tambrands im Jahre 1997 betritt P&G den weltweiten Tamponmarkt.
Iams 1999 erwirbt P&G das Unternehmen Iams um 2,05 Milliarden USD - die bis dahin größte Akquisistion P&G's - und erweitert damit sein Portfolio um den Tiernahrungsbereich. Das Unternehmen ist auf überwiegend im Fachhandel vertriebenes Hunde- und Katzen-Trockenfutter spezialisiert und erwirtschaftete damals um die 800 Million USD Umsatz.
Clairol 2001 erwirbt P&G zu einem Preis von 4,95 Mrd. USD das Unternehmen Clairol, eine auf Haarpflege und -färbe spezialisierte Unternehmenssparte von Bristol-Myers Squibb Co. Im deutschsprachigen Raum vor allem mit der Marke Herbal Essence vertreten.
Wella Die Wella AG wurde 2003 für rund 6,5 Mrd. Euro zu 81 % übernommen. Per September 2005 besaß P&G 95 % der Aktien und begann mit dem "Squeeze Out" der verbleibenden Aktionäre.
Gillette Im September 2005 hat P&G, nach Zustimmung der Kartellbehörden, das Unternehmen Gillette zu einem Transaktionswert von ca. 57 Mrd. USD übernommen. Der Kauf ist die größte Akquise der Firmengeschichte; nur 2 Jahre nach dem Erwerb der Kontrollmehrheit der Wella AG. Mit der Übernahme wurde P&G der weltweit zweitgrößte Konsumgüterkonzern nach dem auf Nahrungsmittel spezialisierten Nestlé-Konzern. Der Verkauf der von der EU-Kartellbehörde vorgeschriebenen elektrischen Zahnbürstenmarke Spinbrush an Church & Dwight wurde am 14. September bekanntgegeben. Weitere notwendige Veräußerungen sollen bis Mitte 2006 abgeschlossen sein.
Transformation in ein Beauty Care Unternehmen
Die Akquisitionen der letzten zwanzig Jahre zeigen, dass sich P&G zunehmend zu einem Beauty-Care-Unternehmen entwickelt. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass dieser Bereich deutlich höhere Wachstumsraten erzielt werden können als in den angestammten Geschäftsfelder Waschmittel, Reinigungsprodukte, Windeln und Papierprodukte. Zudem wird in diesen weniger emotional besetzten Feldern die Abgrenzung der P&G-Markenartikel von Konkurrenzprodukten und Handelsmarken immer schwieriger, worunter die Margen leiden.
Die vergleichsweise anlagenunintensiv herzustellenden Beauty-Care-Produkte können hingegen stark emotional aufgeladen werden, was den Aufbau von Brand-Equity und die Kundenbindung über die Marken deutlich einfacher macht. Nach der Akquisition von Gillette wird Beauty Care knapp die Hälfte des Umsatzes und mehr als die Hälfte des Gewinnes beisteuern. Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass die Bedeutung von Beauty Care bei P&G noch weiter zunehmen wird.
Marken
Markenartikel von P&G sind in nahezu jedem Haushalt zu finden. Das Unternehmen stellt eine Reihe bekannter Produkte her, wie Tempo-Taschentücher, Meister Proper-Haushaltsreiniger, Lenor-Weichspüler, Blend-a-med-Zahnpasta oder Wick-Erkältungsprodukte. Die folgenden Marken erreichen sogar einen weltweiten Umsatz von je mehr als 1 Milliarde US-Dollar:
- Actonel (Osteoporose-Medikament)
- Always (Damenhygieneprodukte, mehr als 2 Milliarden US-Dollar Umsatz)
- Ariel (Waschmittel, mehr als 2 Milliarden US-Dollar Umsatz)
- Bounty (Hygienepapier)
- Braun (Elektrogeräte)
- Charmin (Hygienepapier)
- Crest (Zahnhygiene)
- Dawn (Spülmittel)
- Downy (Weichspüler)
- Duracell (Batterien)
- Folgers (Kaffee)
- Gillette (Nassrasursystem)
- Head&Shoulders (Haarpflege)
- Iams (Tiernahrung)
- Mach3 (Nassrasursystem)
- Oil of Olaz (Kosmetik)
- Oral B (Zahnhygiene)
- Pampers (Windeln und Feuchttücher, mehr als 6 Milliarden US-Dollar Umsatz)
- Pantene (Haarpflege, mehr als 2 Milliarden US-Dollar Umsatz)
- Pringles (Snacks)
- Tide (Waschmittel mehr als 3 Milliarden US-Dollar Umsatz)
- Wella (Haarpflege)
Organisation
Im Rahmen der Implementierung der Organisation 2005 im Jahre 1998 fand eine Reorganisation in folgende Einheiten statt:
- GBU (Global Business Unit) - Verantwortlich für die Entwicklung neuer Produkte und langfristige Markenstrategien. Fokussiert auf die Maximierung des TSR (Total Shareholder Return).
- MDO (Market Development Organisation) - Umsetzung der GBU-Strategien mittels lokalen Marktverständnisses.
- GBS (Global Business Service) - Service-Funktionen, wie Systembetreuung oder Buchhaltung. Zum Teil an Drittfirmen, wie IBM oder HP ausgelagert.
- CF (Corporate Function) - Funktionen wie Steuer- oder Rechtsabteilung.
Seit 1. Juli 2004 besteht das Unternehmen aus folgenden Geschäftseinheiten:
- Health, Baby & Family Care GBU (Gesundheits- und Babypflege, sowie Hygieneprodukte)
- Household Care GBU (Textil- und Haushaltspflege, sowie Snacks und Kaffee)
- Beauty Care GBU (Schönheitspflege inklusive Damenhygieneprodukte und Parfümprodukte)
- Global Operations (MDOs, GBS und andere Funktionen)
Personalpolitik
Einer der Grundsätze der Personalpolitik von P&G ist "promote from within". Im Management werden überwiegend Hochschulabsolventen frisch von der Uni eingestellt. Die Einstellung von Bewerbern mit Berufserfahrung erfolgt nur in Ausnahmefällen, so dass bei Beförderungen praktisch nur interne Kandidaten miteinander konkurrieren (intern umfasst dabei auch Mitarbeiter, die über eine Akquisition zu P&G gekommen sind, hier wird nach einer Integration kein Unterschied mehr gemacht).
Der Dokumentarfilmer Michael Moore (bekannt durch "Bowling For Columbine") besuchte Procter & Gamble in seiner Dokumentation "The Big One" (Der große Macher) über ihre Methoden zur Verringerung des Personalbestandes (about their downsize of the workforce). Diese Methoden kann man derzeit bei der Entwicklung um Wella beobachten.
Siehe auch: http://www.greatplacetowork.at/best/list-at.htm
Kritik
Tierschützer und Tierrechtler kritisieren das Unternehmen auf Grund von Tierversuchen, die regelmäßig in Auftrag gegeben oder selbst durchgeführt worden sein sollen. Angeprangert werden insbesondere Tierexperimente, die das Unternehmen 2002 für seine Tierfuttersparte durchführen haben lassen soll. In diesen sollen u. A. Hunden (ohne Betäubung) die Stimmbänder durchtrennt worden sein.
Auch die aggresive Bewerbung von Kosmetik-Produkten und dem damit einhergehenden Schönheitsideal wird kritisiert.
Kritik gibt es auch an der Zellstoffbeschaffung von P&G. Für die Herstellung seiner Taschentücher und Toilettenpapiere bezieht P&G auch Eukalyptus-Zellstoff von dem brasilianischen Konzern Aracruz-Celulose. Dieser wird beschuldigt, Landraub an Indianern zu betreiben, Regenwälder für Eukalyptus-Plantagen zu roden und unökologisch zu wirtschaften.
Siehe auch
Weblinks
- Offizielle P&G Seiten
- Kritische Links