Schachweltmeisterschaft 2021
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Magnus Carlsen | Jan Nepomnjaschtschi | |||
Nation |
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Status | Titelverteidiger, Weltmeister seit 2013 |
Herausforderer, Sieger des Kandidatenturniers | ||
Alter | 30–31 Jahre | 31 Jahre | ||
◄ 2018 | 2023 ► |
Die Schachweltmeisterschaft 2021 wird zwischen Magnus Carlsen, dem amtierenden Schachweltmeister, und Jan Nepomnjaschtschi, dem Gewinner[1] des Kandidatenturniers Jekaterinburg 2020/2021, unter der Schirmherrschaft der FIDE ausgetragen. Kommerzieller Partner und Organisator der Weltmeisterschaft ist das Medienunternehmen World Chess.[2]
Ursprünglich war der Beginn der Weltmeisterschaft auf den 20. Dezember 2020 in Dubai im Rahmen der Expo 2020 angesetzt.[3] Wegen der COVID-19-Pandemie wurde sie jedoch, genauso wie die Expo, auf 2021 verschoben und findet nun vom 24. November bis zum 16. Dezember 2021 statt.[4]
Bisheriges Verhältnis der Kontrahenten
Carlsen und Nepomnjaschtschi kennen einander schon seit der frühen Jugend. Wie Carlsen und der ebenfalls 1990 geborene Sergei Karjakin galt auch Nepomnjaschtschi als eines der herausragenden Schachtalente seiner Generation.[5] Zunächst war der um einige Monate ältere Nepomnjaschtschi auch der erfolgreichere der beiden Spieler. Er gewann die U12-Europameisterschaft sowohl im Jahre 2001 (Carlsen nahm nicht teil)[6] als auch 2002 – hier gewann er seine Partie gegen Carlsen, der am Schluss den 6. Platz belegte.[7] Nepomnjaschtschi gewann auch die U12-Weltmeisterschaft 2002 vor dem punktegleichen Carlsen, ihre Partie dort endete Remis.[8] Der nächste Sieg gegen Carlsen gelang Nepomnjaschtschi bei der U14-Weltmeisterschaft 2003 – am Ende wurde er Dritter, Carlsen Neunter.[9]
Doch bereits mit Beginn des nächsten Jahres zeigte sich Carlsen als der stärkere und stabilere Spieler. Großes Aufsehen erregte im Januar 2004 sein Sieg in der Gruppe C des Corus-Schachturniers.[10] Im April 2004 wurde er als bis dahin zweitjüngster Spieler nach Karjakin zum Großmeister – Nepomnjaschtschi konnte diesen Titel erst 2007 erspielen. Während Carlsen sich zum dominierenden Spieler der Welt entwickelte, zeigten Nepomnjaschtschis Leistungen starke Schwankungen abhängig von seiner Tagesform,[11] seine Karriere stagnierte im Vergleich. Nepomnjaschtschi führt dies rückblickend auf mangelnde Professionalität zurück, da er viel Zeit nicht mit Schach, sondern Computerspielen verbrachte.[5]
Trotzdem ist Nepomnjaschtschi nicht nur durch die Jugenderfolge einer der wenigen Spieler (und der einzige aktuelle Großmeister der Weltspitze), die in klassischen Turnierpartien eine positive Bilanz gegen Carlsen aufweisen (+4, −1, =6).[12][13] Einen weiteren Sieg erzielte Nepomnjaschtschi beim Tata-Steel-Schachturnier 2011,[14] den bislang letzten beim London Chess Classic 2017.[15] Carlsens vorerst einziger Sieg, und damit die bislang letzte entschiedene Langpartie zwischen den beiden, gelang ihm beim kroatischen Turnier der Grand Chess Tour 2019.[16]
Im Schnell- und Blitzschach weist Carlsen eine deutlich positive Bilanz gegen Nepomnjaschtschi auf.[17] Zuletzt jedoch schlug Nepomnjaschtschi Carlsen im Semifinale von dessen Einladungsturnier Magnus Carlsen Invitational im März 2021[18] mit einem Gesamtscore von (+2, –2, =4) in den Schnellschachpartien und (+1, –0, =1) im Blitzschach-Tiebreak.[19] Nepomnjaschtschi gilt als einer der wenigen, die hier eine reale Chance gegen Carlsen haben könnten. Dies ist für die Weltmeisterschaft von großer Bedeutung, da die Schachweltmeisterschaften 2016 (Herausforderer Sergei Karjakin) und 2018 (Herausforderer Fabiano Caruana) bei den Langpartien ausgeglichen verliefen und Carlsen sie erst im Schnellschach-Tiebreak klar für sich entscheiden konnte.[5] In beiden Wettkämpfen strebte Carlsen im Vertrauen auf diese Überlegenheit in der jeweils zwölften und letzten Langpartie zur Enttäuschung der Zuschauer nach einem schnellen, risikolosen Remis; 2018 bot er es sogar in klar besserer Stellung und mit mehr Zeit auf der Uhr an.[20] Dies provozierte viel Kritik und eine lang anhaltende Debatte über den Turniermodus,[21] die letztlich in die Regeländerungen bei der Weltmeisterschaft 2021 mündete.
Das Verhältnis der beiden Kontrahenten gilt als freundschaftlich. Carlsen holte Nepomnjaschtschi in sein Sekundantenteam für die Schachweltmeisterschaft 2013, in der er, somit auch mit Nepomnjaschtschis Unterstützung, den Titel eroberte.[11]
Modus
Der Wettkampf läuft prinzipiell über die Punktemehrheit aus 14 Turnierpartien – statt zwölf, wie seit dem Wiedervereinigungskampf 2006 üblich. Vereinbarte Remis sind vor dem 40. Zug nicht erlaubt. Beides sind Reaktionen auf den Verlauf der Schachweltmeisterschaft 2018, in der alle zwölf Turnierpartien mit Remis endeten. Da bei einer kurzen Wettkampfdauer schon eine einzelne verlorene Partie verstärkt den Charakter einer Vorentscheidung erhält, sind die Spieler eher auf Risikominimierung bedacht.[22]
Die Bedenkzeit beträgt 120 Minuten für 40 Züge, gefolgt von 60 Minuten für die nächsten 20 Züge, danach 15 Minuten für den Rest der Partie. Ab dem 61. Zug erhalten die Spieler zusätzlich 30 Sekunden pro Zug.
Wie bei den vorangegangenen Weltmeisterschaften wird es bei Bedarf ein Tie-Break aus vier Schnellschach-Partien geben, wenn nötig weiteren Blitzschach-Partien und, als letzter Entscheidung, einer Armageddon-Partie.
Hauptschiedsrichter ist Mahdi Abdulrahim aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Der Preisfonds wird 2.000.000 $ betragen; als Minimum garantiert hatte die FIDE 500.000 €. Das Geld wird im Verhältnis von 60:40 zugunsten des Siegers ausgeschüttet, oder 55:45, falls ein Tie-Break nötig ist. Jeder Spieler erhält 200.000 $ als Vorschuss auf sein Preisgeld vor dem Match. 100.000 $ wären als Kompensation für einen Spieler reserviert gewesen, wenn die Weltmeisterschaft im Heimatland des anderen ausgetragen worden wäre.[2][23]
Verlauf
Während der WM darf Nepomnjaschtschi nicht unter russischer Flagge spielen, da weiter ein Bann der Welt-Anti-Doping-Agentur gilt.[24] Nepomnjaschtschi gewann das Los und beginnt die erste Partie mit Weiß.[25]
Übersicht
Nr. | Datum (2021) | Partieergebnis | Eröffnung | ECO-Schlüssel | Züge | Zwischenstand | Link | ||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Wettkampfpartien mit klassischer Bedenkzeit | |||||||||
Carlsen | Nepomnjaschtschi | Carlsen | Nepomnjaschtschi | ||||||
1 | Fr., 26. Nov, 13:30 Uhr MEZ | 1/2 | 1/2 | Geschlossene Verteidigung (Spanische Partie) | C88 | 45 | 1/2 | 1/2 | [1] |
2 | Sa., 27. Nov, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
3 | So., 28. Nov, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
1. Ruhetag | |||||||||
4 | Di., 30. Nov, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
5 | Mi., 1. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
2. Ruhetag | |||||||||
6 | Fr., 3. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
7 | Sa., 4. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
8 | So., 5. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
3. Ruhetag | |||||||||
9 | Di., 7. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
10 | Mi., 8. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
4. Ruhetag | |||||||||
11 | Fr., 10. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
12 | Sa., 11. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
13 | So., 12. Dez, 13:30 Uhr MEZ | ||||||||
5. Ruhetag | |||||||||
14 | Di., 14. Dez, 13:30 Uhr MEZ |
1. Partie
- Nepomniaschtschi–Carlsen ½:½
- Dubai, 26. November 2021
- Spanische Eröffnung, Geschlossene Verteidigung, C88
- 1. e4 e5 2. Nf3 Nc6 3. Bb5 a6 4. Ba4 Nf6 5. O-O Be7 6. Re1 b5 7. Bb3 O-O 8. h3 Na5 9. Nxe5 Nxb3 10. axb3 Bb7 11. d3 d5 12. exd5 Qxd5 13. Qf3 Bd6 14. Kf1 Rfb8 15. Qxd5 Nxd5 16. Bd2 c5 17. Nf3 Rd8 18. Nc3 Nb4 19. Rec1 Rac8 20. Ne2 Nc6 21. Be3 Ne7 22. Bf4 Bxf3 23. gxf3 Bxf4 24. Nxf4 Rc6 25. Re1 Nf5 26. c3 Nh4 27. Re3 Kf8 28. Ng2 Nf5 29. Re5 g6 30. Ne1 Ng7 31. Re4 f5 32. Re3 Ne6 33. Ng2 b4 34. Ke2 Rb8 35. Kd2 bxc3+ 36. bxc3 Rxb3 37. Kc2 Rb7 38. h4 Kf7 39. Ree1 Kf6 40. Ne3 Rd7 41. Nc4 Re7 42. Ne5 Rd6 43. Nc4 Rc6 44. Ne5 Rd6 45. Nc4 ½-½
Kandidatenturnier
Im Kandidatenturnier Jekaterinburg 2020 spielten acht qualifizierte Spieler der Weltspitze ab 16. März 2020 doppelrundig um die Herausforderung Carlsens. Nepomnjaschtschi war als Zweitplatzierter des FIDE Grand Prix 2019 startberechtigt, zusammen mit dem Sieger Alexander Grischtschuk. Das Turnier wurde nach der ersten Hälfte (also der 7. Runde am 25. März 2020) wegen der COVID-19-Pandemie unterbrochen.[27] Am 19. April 2021 startete der zweite Durchgang.[4] Nach der vorletzten Runde am 26. April stand Nepomnjaschtschi vorzeitig als Turniersieger fest. Der Endstand des Turniers lautete:
Platz | Name | Elo | Pkt |
---|---|---|---|
1 | ![]() |
2774 | 8½ |
2 | ![]() |
2767 | 8 |
3 | ![]() |
2763 | 7½ |
4 | ![]() |
2842 | 7½ |
5 | ![]() |
2805 | 7 |
6 | ![]() |
2774 | 7 |
7 | ![]() |
2698 | 5½ |
8 | ![]() |
2762 | 5 |
Weblink
Einzelnachweise
- ↑ Zeit online/dpa: Nepomnjaschtschi gewinnt Kandidatenturnier zur Schach-WM. 26. April 2021, abgerufen am 26. April 2021.
- ↑ a b Macauley Peterson: FIDE updates and the World Championship cycle. chessbase.com, 26. April 2019, abgerufen am 29. April 2021.
- ↑ André Schulz: WM-Kampf wahrscheinlich während der Expo 2020 in Dubai In: de.chessbase.com. 2. März 2020, abgerufen am 13. Dezember 2020.
- ↑ a b FIDE resumes the Candidates Tournament. FIDE, 15. Februar 2021, abgerufen am 28. April 2021 (englisch).
- ↑ a b c Johannes Aumüller: Das ist der Herausforderer von Magnus Carlsen. Süddeutsche Zeitung, 27. April 2021, abgerufen am 1. Mai 2021.
- ↑ 2001: C.to Europeo U12. Italienischer Schachverband, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ 2002: C.to Europeo U12. Italienischer Schachverband, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ 17° World Championship u12 (boys). brasilbase.pro, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ 19° World Championship u14 (boys). brasilbase.pro, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Corus Group C (2004). chessgames.com, abgerufen am 13. Mai 2021.
- ↑ a b Florian Pütz: Ian Nepomniachtchi fordert Schach-Weltmeister Magnus Carlsen heraus: Schöne Grüße aus der Kindheit. Der Spiegel, 27. April 2021, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Leonard Barden: Nepomniachtchi nears Candidates title and tilt at Carlsen’s world chess crown. The Guardian, 23. April 2021, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Ian Nepomniachtchi. chess.com, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Tata Steel Group A (2011). chessgames.com, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ London Chess Classic (2017). chessgames.com, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ GCT Croatia (2019). chessgames.com, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Laut Ergebnisliste in chessgames.com hat Carlsen einen Score von +20, −10, =31 in Schnell-, Blitz- und Freundschaftsspielen.
- ↑ Leonard Barden: Chess: humiliated Magnus Carlsen eliminated from his own tournament. The Guardian, 19. März 2021, abgerufen am 30. April 2021.
- ↑ Magnus Carlsen Invitational (2021). chessgames.com, abgerufen am 13. Mai 2021.
- ↑ Johannes Fischer: Schachweltmeisterschaft, Partie 12: Ein taktisches Remis führt zum Tie-Break. In: de.chessbase.com. 26. November 2018, abgerufen am 26. November 2018.
- ↑ Stephan Oliver Platz: Braucht die Schachweltmeisterschaft eine Reform? chessbase.com, 9. Dezember 2018, abgerufen am 1. Mai 2021.
- ↑ Richard Forster: Der Fluch der weissen Figuren an der Schach-WM. Neue Zürcher Zeitung, 21. November 2018, abgerufen am 3. Januar 2019.
- ↑ World Chess Championship 2021: Carlsen vs Nepomniachtchi. chess.com, 27. April 2021, abgerufen am 29. April 2021.
- ↑ https://www.chess.com/news/view/nepomniachtchi-russian-flag-wada-ban
- ↑ https://en.chessbase.com/post/carlsen-vs-nepomniachtchi-nepomniachtchi-starts-with-white
- ↑ FIDE World Championship 2021: Schedule, hotels, and health & safety measures. Abgerufen am 22. November 2021 (englisch).
- ↑ Arkadi Wladimirowitsch Dworkowitsch (Arkady Dvorkovich): FIDE Stops the Candidates Tournament. FIDE, 23. März 2020, abgerufen am 12. Dezember 2020 (englisch).