Zum Inhalt springen

The Creationists

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 22. September 2006 um 00:51 Uhr durch Andreas Werle (Diskussion | Beiträge) (Siehe auch:). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Einleitung

Ronald L. Numbers, Professor für Wissenschafts- und Medizingeschichte an der Universität von Wisconsin in Madison/Wisconsin ist der Sohn eines adventistischen Predigers. Er hat ein Buch geschrieben, das in der britischen Fachzeitschrift "nature" in einer Hauptbesprechung gelobt worden ist. Das Thema dieses Buches ist die historische Entwicklung des Kreationismus.

Interessant ist Numbers Studie vor allem wegen der Schilderung der historischen Entwicklung des Kreationismus mit seinen liberalen Ursprüngen im neunzehnten Jahrhundert. Seit dem Erscheinen von Darwins "Origin of Species", 1859 hatte sich in den Kreisen akademisch gebildeter Christen und frommer Naturwissenschaftler in den USA ein buntes Spektrum vielfältiger Positionen herausgebildet, in dem eine Meinung praktisch nicht vertreten war: die des Erzbischofes James Ussher, da Gott im Jahre 4004 vor Christi Geburt die Erde in sechs buchstblichen Tagen erschaffen hatte.

Im folgenden wird eine Inhaltsbersicht geben und auf einige Besonderheiten in Numbers Darstellung eingegangen. Im Anschluss daran wird eine etwas ausführlichere Darstellung der sehr unterschiedlichen kreationistischen Positionen im 19. Jahrhundert gegeben, wie sie in den ersten Kapiteln von Numbers historiographischer Studie dargestellt werden.

Ad Personam

Ronald L. Numbers hat am en:Southern Missionary College in Tennessee Mathematik und Physik studiert. An der en:Florida State University hat er ein Studium der Geschichte mit einem M.A. abgeschlossen und wurde an der en:University of California in Berkeley über ein wissenschaftshistorisches Thema promoviert. Als Josiah Macy Fellow verbrachte er ein Jahr am Institute of the History of Medicine an der Johns Hopkins University, darüberhinaus verbrachte er ein Jahr als Fellow des Interdisciplinary Studies Program an einem Institut der en:Menninger Foundation in Topeka, Kansas. Seit 1974 unterrichtet er Wissenschafts- und Medizingeschichte an der University of Wisconsin in Medison Wisconsin. Er ist dort "William Coleman Professor" of the History of Science and Medicine. Für das hier besprochene Buch erhielt er Preise der "Guggenheim Foundation" und der National Science Foundation. Er war Mitglied in den Vorständen der amerikanischen Gesellschaft für Medizingeschichte, der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte und der amerikanischen Gesellschaft für Kirchengeschichte. Zur Zeit ist er Editor der Zeitschrift ISIS, dem Organ der Gesellschaft für Wissenschaftsgeschichte. Er arbeitet derzeit an dem Artikel "Amerikanische Wissenschaftsgeschichte" für das Lexikon der "Cambridge History of Science Series".

Inhaltsübersicht

In seinem Buch beschäftigt sich Numbers mit dem wissenschaftlichen Kreationismus im weiteren Sinne, das heißt, daß in die Arbeit nur die Beiträge aufgenommen wurden, die von christlichen Naturwissenschaftlern oder naturwissenschaftlich interessierten christlichen Laien aus den USA (und teilweise aus Grobritannien) stammen. Nicht aufgenommen wurden volkstümliche, im engeren Sinne theologische oder agnostische Beiträge und solche aus jüdischen oder muslimischen Traditionen.

Eines der wesentlichen Ergebnisse der Studie von Ronald Numbers ist der fundamentale Wandel der Konzepte der Kreationisten in den letzten ca. 130 Jahren. Der Wendepunkt in der Entwicklung des sogenannten wissenschaftlichen Kreationismus stellen die Schriften des adventistischen Seelsorgers en:George McCready Price dar. Price gilt als der Popularisator einer Behauptung von en:Ellen G. White, die Noachitische Flut hätte die heute zu findenden erdgeschichtlichen Formationen mit ihren Fossilien verursacht.

Diese Vorstellung wird von Price in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts zum Konzept der sogenannten Flut-Geologie entwickelt. Ihre Vertreter nennt man kurz die "Flooder". Vor dem Erscheinen von Price Buch: "The New Geology" 1923[1], teilten sich die Kreationisten in zwei Lager. Eine Richtung behauptet im wesentlichen, daß die "Tage" aus der Schöpfungsgeschichte in Wirklichkeit sehr lange dauerten. Zur Gruppe der "Day Ager" gehörte unter anderem George F. Wright. Die dritte Gruppe deren bekanntester Vertreter vielleicht Harry Rimmer sein mag behauptete, es gbe zwischen den ersten Versen der Bibel und dem Beginn des ersten Schöpfungstages eine historische Lücke. Diese Schule vertritt die sogenannte Gap-Theorie ("Lücken Theorie") und die Vorstellung, daß in dieser historischen Lücke zahlreiche Katastrophen und Wiedererschaffungen stattgefunden haben. Ihre Vertreter werden deshalb auch manchmal als "Ruinists" bezeichnet.

Das Monopol der Ruinists und Day Ager dauert etwa von 1860 bis 1920. Von 1920 bis etwa 1960 kann man die Phase der von Price und den Adventisten beherrschten Flut Geologie abgrenzen. In diese Zeit fällt die Geschichte von zwei Instituten, der Religion and Science Association (RSA) und der Deluge Geology Society (DGS).

Die RSA wurde 1935 von George McCready Price und Dudley Joseph Whitney gegründet und bestand nur ca zwei Jahre. Sie war die erste Organisation ihrer Art in Amerika. In die RSA sollten nach Price Vorstellung nur "Flooder" aufgenommen werden, Vertreter der Day Age Theorie und der Vorstellung einer Prä-adamitischen Schöpfung sollten ausgeschlossen sein. An dieser engen Konzeption zerbrach die RSA sehr schnell. Beispielhaft für diese Situation mag der Streit zwischen Byron C. Nelson und Whitney über die Frage sein, ob es nach der Schöpfung, wie Byron behauptete, keine Veränderung der Spezies gegeben hätte, oder ob es wie Whitney annahm grosse Veränderungen (Mutationen) gab. Dabei ging es unter anderem um die Frage, ob alle Tierarten, die es heute gibt in Noahs Arche gerettet wurden, oder ob es nach der Flut eine Art Mini Evolution zur Erzeugung der heute lebenden Arten gab. Eine andere Problematik wurde von L. Allen Higley, einem promovierten Chemiker von der University of Chicago, vertreten. Higley bestand auf der Existenz von zwei Schöpfungen und zwei Fluten und nahm an, daß die Chaoswasser aus Genesis 1 das Grab der Saurier seien, er war also in unserer Terminologie ein Ruinist. Bereits nach der ersten von der RSA im März 1936 initiierten Konferenz, die Higley organisiert hatte, vertieften sich die Gräben zwischen den Fraktionen, was zur Auflösung dieser ersten kreationistischen Gesellschaft führte.

Die Deluge Geology Society (DGS) wurde von Price, Harold W. Clark und Benjamin Franklin Allen 1938 als eine sehr stark adventistisch geprägte Nachfolgerin der RSA gegründet. Die DGS überlebte den zweiten Weltkrieg, zerfiel aber 1947 im Streit über ähnliche Probleme wie die alte RSA.

Am Ende der DGS gründeten die beiden adventistischen Kreationisten Allen und Burdick "Amazing Discoveries, Inc.", mit dem Ziel, mehr fossile Fusspuren zu finden, und in einem geheimen Unternehmen ("Sacred History Research Expedition") zur Entdeckung der Arche Noahs wollten sie die ganze Welt am "M Day" (Message Day) auf einen Schlag von der Flut-Geologie überzeugen: "Only a Sudden, Pent up, and Spectacular Announcement fully prepared in secret, can gain the full attention of the whole world to our Message."

Mit Morris und Withcomb 1960 veröffentlichten Buch "The Genesis Flood" beginnt eine Epoche in der Geschichte des Kreationismus, die von einer anti-adventistischen Stimmung geprägt ist: Morris et al versuchen bewußt die von Price erfundene Flut-Geologie von seinem Namen zu trennen. In diese Zeit fällt die Geschichte von zwei Instituten, der Creation Research Society und ihrem Institut und dem adventistischen Geoscience Research Institute.

Ab 1970 setzt sich der gravierenste Wandel in der Geschichte des Kreationismus durch. Hatten bis dahin die Kreationisten vor allem auf den Unterschied zwischen Kreationismus und Evolution hingewiesen, wird nun einmal aufgrund des Verfalls des Ansehens der Bibel und aus Erwägungen bezüglich der Popularisierung der kreationistischen Thesen zunehmend die Vergleichbarkeit von Schöpfung und Evolution behauptet. Während also die Ära Price geprägt war von dem Versuch die moralische Superiorität der Bibel gegenüber einer unmoralischen Wissenschaft herauszustellen vertreten Kreationisten in USA seit 1970 zunehmend die Ansicht, der Kreationismus sei als Wissenschaft der Evolution gleichzustellen.

Kreationismus und Naturwissenschaften

Das Verhältnis von Kreationismus und Naturwissenschaften hat sich auch in einer anderen Hinsicht gravierend gewandelt. Bis zur Machtübernahme von Morris und Whitcomb und dem langjhrigen Leiter des ICR, Walter Lammert, haben sich Kreationisten im wesentlichen darauf beschränkt, "Schreibtischarbeit" zu leisten, indem sie etwa immer wieder auf vermeintliche Fehler und Mängel der Evolutionstheorie hingewiesen haben. Seit den späten fünfziger Jahren wird der Anspruch der Kreationisten Wissenschaft zu treiben tatschlich ernster genommen. Das hat vor allem damit zu tun, daß die Hauptprotagonisten zunehmend tatsächlich Naturwissenschaftler sind und nicht mehr wie früher in der Mehrzahl gebildete Laien.

Obwohl es bis heute außer einer Arbeit von Steven A. Austin über Kohleflötze, keine einzige wissenschaftliche Publikation gibt, die geeignet wäre die Thesen der Flut Geologie zu stützen, hat sich dennoch unter den Kreationisten zunehmend der Anspruch durchgesetzt, als Wissenschaftler ernst genommen zu werden, Betrug und bloße Behauptungen in den eigenen Reihen nicht mehr ohne weiteres zu dulden. Allerdings ist in den siebziger Jahren dieser Anspruch auch wieder konterkariert worden. Kelly Segraves Buch "Sons of God return" 1975, das eine Mischung von Flutgeologie, UFOlogie und Dämonenkunde darstellt und Robert E. Kofahls Buch "Handy Dandy Evolution Refuter" 1977, in dem man "die Wahrheit über das Leben auf anderen Planeten" erfährt, sind keine Beispiele seriöser Wissenschaft. Der Leiter der Forschungsabteilung im ICR, Larry Butler, ein von UCLA promovierter Biochemiker, hatte keinen Erfolg mit seinem Versuch, "alle authentischen Psychopathen, Fanatiker und Irre" rauszuschmeißen.

Diskriminierung kreationistischer Wissenschaftler

In zwei Büchern, Henry Morris[2] und Gerald R. Bergmann[3] ist ausführlich von den Nachteilen die Rede, die Kreationisten erleiden würden, wenn sie sich als Wissenschaftler oder Studenten zu ihrer Überzeugung bekennen würden. Numbers weist in in einer Reihe von Fällen nach, daß diese Behauptungen falsch sind. Auch die Behauptung von Kreationisten, ihre Arbeiten würden nicht in wissenschaftlichen Zeitschriften gedruckt, sodaß sie keinen Zugang zu der "scientific community" hätten, kann wiederlegt werden. 1985 erbrachte eine Untersuchung von 135.000 an 68 führende wissenschaftliche Zeitschriften eingereichte Veröffentlichungen, daß lediglich 18 kreationistische Thesen unterstützt hatten. Von diesen 18 kreationistischen Texten wurden 13 an pädagogische Zeitschriften, vier an anthropologische Zeitschriften und nur eine einzige an eine biologische Fachzeitschrift eingereicht. Keine einzige der Arbeiten wurde zur Veröffentlichung angenommen und eine Kontrolle der von den Referees verfassten Begründungen für die Ablehnung ergab stets, daß die eingereichten Artikel mangelhaft sachlich begründet waren.

Seriosität und Repression

Numbers legt eindrücklich dar, daß die interne Kritik von Butler an der eigenen Gesellschaft (lunatic fringe) und die Distanzierung des ICR von dem Betrüger Burdick (einem Adventisten) wichtige Stationen der kreationistischen Gesellschaften auf dem Weg zu mehr Seriosität und einer größeren gesellschaftlichen Anerkennung waren. Auch die Kritik des GRI an den gefälschten Riesenmenschenspuren vom en:Paluxy River, von denen Marsh einmal sagte sie seinen wohl eher vom "großen Faultier" als von einem Menschen (die Kritik wurde vor allem von Berney Neufeld geleistet in Origins 1975), und die Abgrenzung gegenüber den phantastischen Behauptungen Robert V. Gentrys über radioaktive Isotope in Granit sind gewissermaßen Meilensteine kreationistischer Selbstkritik.

Die Ideen von Thomas G. Barnes über die Instabilität des Erdmagnetfeldes konnten, obwohl sie inzwischen sehr wohl ernstzunehmender Gegenstand von Forschungen sind, das Ansehen des CRI nicht verbessern, da sich Barnes dazu verstieg esoterische Spekulationen über die Vereinheitlichung der Physik, mittels Deutungen der Relativitätstheorie und Quantenmechanik zu produzieren.

Allerdings verschweigt der Bericht von Numbers auch nicht die repressive Politik von Robert Pierson, dem Präsidenten der Adventgemeinde gegenber dem GRI und dem praktischen Forschungsverbot für die Wissenschaftler des GRI, die dann in das, wie Numbers sagt "adventistische Gulag", an der en:Andrews University ausgewandert sind. Parallel dazu zeichnet Numbers die restriktive Personalpolitik Lammerts im ICR, in dessen Folge alle Wissenschaftler, die nicht an die Flutgeologie glaubten konsequent ausgeschlossen wurden. Eine Haltung, die Lammert nicht lange durchhalten konnte, ohne seine besten Mitarbeiter zu verlieren, was mutatis mutandis natürlich auch für das adventistische GRI gilt.

Man kann also nicht sagen, daß die Entwicklung des Kreationismus allein unter einer Bevormundung durch eine konservative kirchliche Administration gelitten hätte, obwohl das natürlich für die Adventgemeinde im allgemeinen zutreffen drüfte. Viel gravierender ist die weit verbreitete Tendenz unter den Kreationisten verschiedenster Herkunft, sich in Grabenkämpfen gegenseitig zu zermürben. Ein Beobachter hat das mit dem Streit zwischen Trotzkisten und Maoisten in Berkley verglichen. Lammerts Feldzug gegen Ruinists und Day Ager, der zur intellektuellen Auszehrung des ICR beitrug mag da ein Beispiel sein.

Stil der Darstellung: Gnade und Wahrheit

Nicht unwichtig insbesondere für das kirchliche Publikum sollte die Tatsache sein, das Numbers nie in einen Tonfall der Häme oder Arroganz gegenüber seinen Protagonisten verfällt. Obzwar kein Fehltritt der Kreationisten verschwiegen wird, weder die Betrügereien, noch die kleinliche Titelsucht, weder die Intrigen und Rufmorde gegenüber Kollegen, noch die Tendenz zum Größenwahn einzelner, bleibt der Autor dennoch immer einem Stil der sachlichen Distanz verpflichtet. Walter Hearn hat das Buch eine Geschichte "voller Gnade und Wahrheit" genannt. Das ist sicher eine zutreffende Beschreibung.

Allerdings nicht der ganzen Wahrheit. Um das zu verstehen muß man einen sehr wichtigen Absatz im Anhang des Buches lesen (Seite 347). Dort weist Numbers auf die Tatsache hin, daß eine Reihe von Personen und Institutionen die Publikation und die Zitation von Dokumenten verboten hat. So sind zum Beispiel die Unterlagen der Adventgemeinde über den erzwungenen Austritt von HM Marsh aus dem "Geoscience Research institute" nicht zur Publikation freigegeben worden. Auch Versuche, den Autor unter Druck zu setzen, daß er Sachverhalte zugunsten bestimmter Personen darstellt sind vorgekommen.

Themen kreationistischer Kritik an der Evolutionstheorie und an der Geologie

Die Inhalte der kreationistischen Kritik an der Evolutionstheorie sind ja bekanntlich von zermürbender Schlichtheit. Obwohl Numbers eine prinzipiell historiographische Arbeit verfaßt hat, werden dennoch alle wichtigen inhaltlichen Probleme immer wieder in den Text eingeflochten. Die einzige halbwegs originelle Konzeption der Kreationisten stammt von H. W. Clark und ist als "Ökologische-Zonationstheorie der Flut-Geologie" bekannt geworden. Eine Vorstellung, die vielleicht anschaulich plausibel sein mag aber natürlich keiner genaueren Prüfung standhält. Darüberhinaus beschränkt sich der Kreationismus bekanntlich auf die Infragestellung einiger Methoden oder Prizipien der Evolutionstheorie und der Geologie (C14 Datierung, Overthrust, geological column etc).

Das ist sicherlich auch einer der Gründe, weshalb manche Kreationisten auf ganz andre Kritiken an der Evolutionstheorie hinweisen, die allerdings auch nicht neu sind. Ein Standardbeispiel hierfür mag Ritlands Konkurrenzbuch zu Coffin, Roth und Clarks Arbeit "Creation: Accident or Design", das 1970 erschienene Buch "A search for Meaning in Nature: A new look at Creation and Evolution" sein. Hierin betont Ritland das alte Argument der Vitalisten, Organismen könnten nicht zufällig entstanden sein. Nach dem Ausscheiden von Marsh aus dem adventistischen GRI sind diese beiden Bücher von Coffin und Ritland ein Dokument konkurrierender Überzeugungen innerhalb des adventistischen Kreationismus.

Methodik der Darstellung

Betrachtet man Numbers Studie hinsichtlich des methodischen Vorgehens, so fällt auf, daß die Darstellung von biographischen Elementen überwiegt. Auch die Beschreibung der kreationistischen Institutionen wird hauptsächlich aus dem Blickwinkel der darin tätigen Personen dargestellt und weniger anhand der Institutsstrukturen oder der Beziehungen zwischen den Organisationen. Das liegt sicherlich zum grossen Teil daran, daß die zu beschreibenden Institutionen einfach sehr klein sind, und wahrscheinlich nicht anders als ein durchschnittlicher Sportverein geführt wurden und werden. Andererseits vermißt man doch auch ein paar Zahlenangaben etwa über durchschnittliche Publikationsraten, verwendete Mittel, Exkursionen, Gerätebeschaffungen zumindestens von OCR und GRI oder etwa auch eine Art Citation Index für einige kreationistischen Veröffentlichungen. Eine summarische Darstellung der wichtigsten Bücher und Zeitschriften und eine tabellarische Konkordanz der Hauptprotagonisten würde einen hilfreichen Anhang darstellen.

Einzeldarstellung

Wissenschaftliche Kreationisten mit biologischer oder geologischer Qualifikation

Wissenschaftler wie Louis Agassiz (1807-1873), Professor am Museum für vergleichende Zoologie an der Harvard University in Boston und sein kurzzeitiger Lehrstuhlnachfolger und Schüler John McCrady (1831-1881) lehnten zwar die Evolutionstheorie ab (Agassiz aus wissenschaftlichen Gründen, McCrady aus religiösen), bildeten aber eine definitive Minderheit unter den amerikanischen Wissenschaftlern. Zudem war 1874 der bekannte amerikanische Geologe und Herausgeber des "Amercian Journal of Science" James Dwight Dana zur Evolutionstheorie konvertiert, soda nach dem Tode von Agassiz und der vom Rektor der Harvard Universität erzwungenen Demissionierung von McCrady (wegen Faulheit, er hatte jahrelang nicht publiziert!) in ganz Nord Amerika nur zwei Wissenschaftler offiziell die Darwinsche Theorie ablehnten: en:John William Dawson (1820-1899) an der kanadischen McGill University und en:Arnold Guyot, Professor für physikalische Geographie und Geologie (1807-1884) am en:College of New Jersey (heute Princeton University).

In seinem Hauptwerk "Creation; or, The Biblical Cosmogony in the Light of modern Science" (1884) vertrat Guyot die Meinung, daß die Materie, das Leben und der Mensch das Ergebnis eines spezifischen Schöpfungsaktes Gottes waren. Es habe zwar sehr wohl eine Evolution des Lebens gegeben, nur sei daraus der Mensch gerade nicht hervorgegangen. Zu seiner Entstehung bedurfte es eines speziellen Schöpfungsaktes Gottes. Das schließt ein, daß die Erde sehr alt ist (Äonen Interpretation der Schöpfungstage aus Genesis 1) und der (nach Guyots Meinung wahrscheinlich nicht weltweiten) Noachitischen Flut keine besondere Bedeutung für die Geologie zukommt.

Dawson dagegen, ein Zögling des legendären britischen Geologen Charles Lyell, dem Autor des epochemachenden Werkes: "Principles of Geology. Being an Attempt to Explain the Former Changes of the Earths Surface by Reference to Causes Now in Operation." (1830-33), vertrat zwar die Äonen-Interpretation der Genesistage, die Lokalität der Flut, sowie die kurze Geschichte des Menschen, wollte aber die Möglichkeiten göttlichen Schöpfungshandelns nicht begrenzen. Schöpfung hieß für ihn, daß alle Dinge durch Gottes Willen geschaffen seinen, aber daß sich Gott dabei sehr wohl der Naturgesetze bedienen könnte, und also auch der Evolution.

Im letzten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts vertreten diese beiden Stimmen die akademische Kritik an der Darwinschen Theorie in Nordamerika. Man kann sagen, da das eine repräsentative Fassung des wissenschaftlichen Schöpfungsglaubens in dieser Zeit war: vor vielen Millionen Jahren schuf Gott die Welt; die Planeten und Sonnen bildeten sich wahrscheinlich gemäß der Kant-Laplacschen Theorie aus rotierenden Gasnebeln; Gott rief auf der Erde das Leben ins Dasein, da sich gemäß der Darwinschen Theorie entwickelte und vor nicht allzu langer Zeit (ob im geologischen oder historischen Sinne ist dabei durchaus nicht klar!) erschuf Gott eventuell durch gelenkte Evolution und womglich aus einem gemeinsamen Vorfahren von Affen und Menschen! irgendwo in Zentral Asien den Menschen. Noahs Flut war ein regional begrenztes Ereignis, universal nur für den Horizont der Betroffenen.

Die moralische Haltung dieser Epoche in der einige wenige christlich motivierte Skeptiker der Evolutionstheorie das Banner des Kreationismus hochhalten, läßt sich mit dem Motto umschreiben: wenn man alle Schwierigkeiten mit dem Hinweis auf ein Wunder bereinigen möchte braucht man gar keine Wissenschaft.

Wissenschaftliche Kreationisten anderer Fachrichtungen

Edward Hitchcock (1793-1864) Geologe am en:Amherst College, publiziert in Bibliotheca Sacra und schreibt 1863 über Darwin: er mache Gott unnötig und verteidige den Materialismus, wichtig sei aber die Frage, ob die Evolution eine korrekte Hypothese sei und nicht, ob sie mit unseren religiösen Vorstellungen übereinstimme.

Enoch Fitch Burr (1818-1907) wissenschaftlich gebildeter congregationaler Kirchenmann; Publikation "Pater mundi. or, Doctrine of Evolution" (1873).

George D. Armstrong (1813-1899) Princeton Absolvent, Dozent am en:Washington College in Virginia für Chemie und Geologie, später Pfarrer der First Presbytarian Church in Norfolk; Publikation: "The Two Books of Nature and Revelation Collated" (1886). Seine Position ist ähnlich wie die von Guyot Er hielt es für möglich, Bibel und Evolution in Übereinstimmung zu denken. Die Ablehnung der Evolution durch viele Christen findet nach seiner Meinung deshalb statt, weil die Evolution den Gedanken an eine Welt nahelegt, die wie eine automatische Maschine funktioniert.

Herbert W. Morris (1818-1897) zeitweise Professor für Mathematik am Newington Collegiate Institution und Autor von "Science and the Bible; or, The Mosaic Creation and Modern Discoveries" (1871), er bestand auf der Konzeption einer wundersamen Schöpfung in sechs buchstblichen und natürlichen Tagen, hielt Evolution und Bibel für unvereinbar, glaubte aber an eine historische Lücke zwischen dem ersten und dem zweiten Vers der Genesis (Gap-Theory), wegen der Ergebnisse der Geologie und meinte, daß die Flut lediglich in dem Sinne universal war, als sie alle Menschen tötete, die nicht in der Arche waren.

Klerikale Kreationisten im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert

Natürlich existierten im ausgehenden neunzehnten Jahrhundert in den USA auch eine Reihe von kirchlichen Kritikern der Evolutionstheorie, Numbers nennt sie "klerikale Kreationisten", deren Motto mit einem Satz von en:T. De Witt Talmage umschrieben werden kann: "Wer die Wunder weginterpretiert, verrät die Bibel", die aber interessanter Weise ebenfalls die Äonentheorie der Genesis-Tage vertraten. Zu ihnen zählten Charles Hodge (1797-1878), vom Princeton Seminary und sein Schüler Robert Lewis Dabney (1820 1898), die mit einem Urteil über die prä-Adamitische Welt zumindest zurckhaltend waren, im Prinzip aber Guyots und Danas Epochen-Interpretation (Day-Ager) der Schöpfungstage zustimmten.

Ähnliches gilt für en:Dwight L. Moody und seine Schüler H.L. Hastings, Luther Tracy Townsend und Alexander Patterson. Hastings veröffentlichte in seiner Reihe "Die Anti Ungläubige Bibliothek" auch eine Serie von vier kreationistischen Pamphleten, die Robert Patterson 1885 als ein Buch: "The Errors of Evolution" herausgab.

Hastings selbst (1833? 1899) hat in dem Buch "Was Moses mistaken? or, Creation and Evolution" (1896) zur Frage der äffischen Abstammung des Menschen Stellung genommen. "Er wolle sich nicht," schreibt Hastings, "in die Familienangelegenheiten der Leute einmischen, die ihren Stammbaum im Zoo besuchen, seine Genealogie ende bei Adam, der ein Sohn Gottes war, und das hätte nichts mit Leuten zu tun, die am Kopf ein Protozoon, im Bauch einen Affen und am Schwanz einen Ketzer tragen würden..." Hastings kann und muss man zugute halten, dass sein Humor so tolerant war, eine prä-Adamitische Erde anzunehmen, die so alt sei, da "sie Zeit genug gehabt hätte in ihrem Schlamm all die Probleme zu erzeugen, mit denen sich die Geologen heute plagen." Das jedenfalls war ihm egal.

Einer der bekanntesten kirchlichen Kritiker der Evolution war der presbyterianische Pfarrer Luther Tracy Townsend (1838-1922), von 1868 bis 1893 Professor für Hebräisch und Neutestamentliches Griechisch am Boston Theological Seminary und später seit der Gründung der Bible League of North America 1903 zeitweise in deren Directory Board. In seinen Büchern "Evolution or Creation" (1896), "Adam and Eve" (1904), und "Collapse of Evolution" (1905) erklärte er, die Genesis sei eine einfache, geradlinige Erzählung der Tatsachen, wie sie sich wirklich ereigneten. Dennoch versuchte Townsend den Bericht der Bibel in bereinstimmung mit den Theorien der Geologen zu bringen und legte indirekt die "ein Tag gleich tausend Jahre" Regel zugrunde, nicht ohne den Hinweis zu vergessen, da er offen sei für Korrekturen seiner Ansichten, wenn die paläontologische Forschung dies nötig mache.

Alexander Patterson war ein persönlicher Freund von Moody und lehrte viele Jahre am en:Moody Bibel Institut (MBI). Sei Buch "The Other Side of Evolution" (1903) fand eine weite Verbreitung vor allem durch die Initiative von Reverend en:A. C. Dixon, der dieses Buch in dem organisatorische Vorläufer der Moody Press, der "Bible Institute Colportage Association" herausgab, damit MBI Studenten es vom Gospel Wagon aus verkaufen konnten. hnlich wie Hastings und Townsend glaubte Patterson an einen "hiatus historicus" zwischen dem ersten und zweiten Vers der Bibel: in diesem Intervall liege alles das, wovon uns die Geologie erzählt, hier sei der Ort, an dem die fossilen Kreaturen lebten und starben, all dies bergehe der biblische Bericht mit Schweigen. Ob Gott für die Erschaffung des Garten Eden prä-Adamitische Lebewesen benützt hätte oder nicht hielt Patterson nicht für so wichtig, wie die Frage, ob der Mensch von einem nichtmenschlichen Wesen herstamme. Patterson beanspruchte ein Mitspracherecht in der Wissenschaft an den Punkten, die ein allgemeines Interesse berührten. Die Evolutionstheorie müsse sich vor dem Gerichtsstuhl christlichen Gemeinsinnes rechtfertigen, indem ein kluger nichtwissenschaftlicher Geist die beste Jury sei. Für den Fall, da die Evolution den Sieg davon trage, sagte er einen allgemeinen Verfall der Moral und Schaden für den christlichen Glauben voraus.

Konservative Kreationisten in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts: Lord und Lord

Die Arbeiten der Brüder Lord und Lord sind in einem gewissen Sinne einzigartig, als sie über viele Jahre hinweg die einzige publizistisch gut artikulierte Stimme für eine weit verbreitete populäre Grundhaltung waren, die sich allerdings im akademischen Klima kaum niederschlug: dem Glauben an die Ussher Version einer Weltgeschichte von ca. 6000 Jahren. Eleazar Lord (1788-1871) und David Nevins Lord (1792-1880) waren aktive christliche Laien, Eleazar in der presbyterischen und David in der congregationalistischen Denomination. Eleazar war zuerst Pärsident der Manhattan Fire Insurance Company und später Vorsitzender der en:New York and Erie Railroad, während sein Bruder sich im Kurzwarenhandel betätigte. In seinem Buch "The Epoch of Creation" (1851) plädierte Eleazar Lord für eine buchstäbliche Interpretation der Genesis und hielt die noachitische Flut für die Ursache der stratigrafischen Ordnung fossiler Funde. Sein Bruder David behauptete in seinem 1855 erschienen Buch "Geognosy", dass sich der Mosaische Bericht und die geologischen Theorien gegenseitig ausschlössen. In dem von ihm zwischen 1848 und 1861 edierten "Theological and Literary Journal" verfasste er viele Angriffe auf die historische Geologie und die Entwicklungslehre. Darin lehnte er auch die diluviale Lösung (Sedimentierung durch die Flut) seines Bruders ab und glaubte an eine Stratifikation vor und nach der Flut. Er teilte auch die (unbiblische) Vorstellung, da die Tiere nicht als Paare sondern als Gruppen erschaffen wurden.

George Frederick Wright und der Fundamentalismus

Anhand der persönlichen Entwicklung von G. F. Wright (1838-1921) zeichnet R. Numbers die Veränderung des geistigen und wissenschaftlichen Klimas zwischen 1860 und 1910 nach. Wrigth schloss 1863 seine Ausbildung als Seelsorger am en:Oberlin College ab und diente in Bakersfield, Vermont als Pfarrer der en:Congregational Church. Er beschäftigte sich mit Geologie, studierte auf eigene Faust Geländeformationen und erwarb sich durch Lektüre von Darwins Origin und Charles Lyells "Geological Evidences of the Antiquity of Man" (1863) solide Kenntnisse der Problemlage und teilte in dieser Zeit die Meinung des bekannten religiös orthodoxen amerikanischen Botaniker Asa Gray (1810 1888), der eine theistische Interpretation des Darwinismus vertrat, nach dieser Meinung nahm die Evolution einen von Gott gewollten Verlauf.

Die kleine Biographie G.F. Wrights demonstriert sehr gut die Konflikte zwischen Theologie und Naturwissenschaft, die den gesamten amerikanischen Kreationismus des 19. Jahrhunderts prägt. Numbers gibt im Anschluss an dieses Kapitel eine Analyse des Zusammenhangs zwischen dem Fortschreiten kreationistischen Gedankengutes und dem Entstehen des modernen christlichen Fundamentalismus in den USA, die A.C. Dixon mit seiner Schriftenreihe "The Fundamentals" (1910 1915) anstösst. Ein ganzes Kapitel ist Harry Rimmer gewidmet, einem im Grunde liebenswrdigen Maulhelden und Scharlatan, der durch seine furiosen Auftritte und Wettkämpfe die kreationistische Attraktion der zwanziger und dreissiger Jahre in USA war.

Harry Rimmers Karriere begann als Grobschmied, Holzfäller, Sägearbeiter und Hafenarbeiter und führte ihn schliesslich vom Bergbauingenieur, Soldaten und Preisboxer direkt zur homoeopathischen Medizin und von dort über das Amt eines Geistlichen der Quäker und dann der Presbyterianer Gemeinde zum "Research Scientist", Buchautor und Kampfredner. Sein "Institutslabor", das er wie die Computer Kids der achziger Jahre im Silicon Valley in einer Garage anlegte, beherbergte eine dubiose Sammlung von Affenschädeln und Präparate menschlicher Embryonen unklarer Herkunft aber Harry wurde berühmt. Man mu es einfach gelesen haben!

Im folgenden beschreibt Numbers vor allem die Entwicklung der modernen "Creation Science", also die Geschichte des Kreationismus seit George McCready Price und der von ihm neubelebten Kataklysmentheorie und der sogenannten Flutgeologie, die dann von John C. Withcomb und Henry M. Morris weiterentwickelt wurde.

Quellen

  • Ronald L. Numbers: The Creationists. The Evolution of Scientific Creationism. Alfred A. Knopf, Publisher, New York 1992. 458 Seiten, USA $ 27.50

Zitate

  1. George McCrady-Price: The New Geology. 1923
  2. Henry Morris: History of Modern Creationism. (1984)
  3. Gerald R. Bergmann: The Criterion: Religious Discrimination in America. (1984)

Siehe auch: