Zum Inhalt springen

Ramadan

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. September 2006 um 22:17 Uhr durch Orientalist (Diskussion | Beiträge) (Grundlagen). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Ramadan (arabisch رمضان, Ramaḍān), „der heiße Monat“ ist der neunte Monat des islamischen Mondkalenders und der islamische Fastenmonat.

Grundlagen

Das Fasten saum, siyam / صيام , صوم / ṣaum, ṣiyām im Fastenmonat Ramadan / رمضان / Ramaḍān ist eine der im Koran verankerten religiösen Pflichten der Muslime. Die ursprüngliche Bedeutung des Wortes leitet sich aus dem Veb s-w-m in der Bedeutung von „stillstehen“, „ruhen“ und in übertragenem Sinne „sich enthalten“, „fasten“ ab. Die Bedeutung „fasten“ ist möglicherweise dem jüdisch-aramäischen Sprachgebrauch entnommen. In den in Mekka entstandenen Koranversen kommt der Begriff nur einmal vor; hier wird Maria durch die Offenbarung befohlen wie folgt zu sprechen:

„...ich habe dem Barmherzigen ein Fasten gelobt. Darum werde ich heute mit keinem menschlichen Wesen sprechen“ (Sure 19,Vers 26)

Entsprechend wird der Begriff saum (Fasten) von den Koranexegeten an dieser Stelle mit „Schweigen“ (samt) verbunden - als Zeichen der Enthaltsamkeit, die im islamischen Fasten in allen Bereichen des täglichen Lebens charakteristisch ist.

Somit dürfte der Begriff Mohammed schon in der mekkanischen Periode der Prophetie bekannt gewesen sein, obwohl die vorislamischen Gesellschaftsformen Arabiens das Fasten als religiöse Institution nicht gekannt haben; denn weder die Beschreibungen vorislamischer Kulte noch Inschriften und Graffiti aus dem Kulturraum, in dem der Islam entstanden ist, lassen auf arabische Ursprünge des Fastens schließen.

Die ersten, im Koran belegbaren Bestimmungen über die Art des Fastens sind in denjenigen Koranversen nachweisbar, die schon in Yathrib / Medina nach der Auswanderung Mohammeds (Hidschra) entstanden sind. Jedoch sind die Formulierungen dieser Verse neben ihrem imperativen Charakter relativ vage:

„Ihr Gläubigen! Euch ist vorgeschrieben, zu fasten...(Das Fasten ist) eine bestimmte Anzahl von Tagen (einzuhalten)“ (Sure 2, Vers 183-184)

Die Zeitaspekte des Fastens festzulegen, war somit die Aufgabe der Jurisprudenz (Fiqh), die z.T. unverbindlichen Aussagen des Korans mit Inhalt auszufüllen und sie näher zu präzisieren (siehe unten).

Mohammed schloß sich mit seinen Gefährten in Medina zunächst dem 'aschura-Fest, dem Versöhnungstag der in Medina und dessen Umgebung seßhaften Juden an; man fastete an diesem Tag vom Sonnenuntergang bis zum Sonnenuntergang des nächsten Tages und nicht - wie im Ramadan - nur den Tag über.Nach dem islamischen Mondkalender fällt dieser Tag, an dem das Fasten auch im Islam eine empfehlenswerte Handlung ist, auf den 10. Muharram; denn an diesem Tag des ersten islamischen Monats soll Noah die Arche verlassen haben.In Mekka wurden an diesem Tag bis zum letzten Jahrhundert die Tore des Heiligtums der Kaaba geöffnet.Der 9.Muharram ist ein Festtag schiitischer Asketen; am 10.Muharram, gedenken die Schiiten des Märtyrertods von al-Husain, dem Sohn des viertel Kalifen 'Ali. Somit blieb das Fasten am 'aschura-Fest sowohl für die Sunniten als für die Schiiten Bestandteil religiöser Praktiken aus unterschiedlichen Gründen.

Im zweiten Jahr (623-624) nach der Auswanderung Mohammeds aus Mekka nach Medina waren die Koranverse in Sure 2, 183-184 der erste Schritt, eine eigenständige, für die islamische Gemeinschaft neue Institution des Fasten einzurichten, deren Vollendung und ritualrechtliche Regelung allerdings der Rechtslehre vorbehalten werden sollte.

Besonderen Stellenwert erhält der Fastenmonat Ramadan durch die koranische Aussage, dernach der

„...Koran (erstmals) als Rechtleitung für die Menschen herabgesandt worden ist, und (die einzelnen Koranverse) als klare Beweise der Rechtleitung und der Rettung (?). Wer nun von euch während des Monats anwesend (d.h. nicht unterwegs) ist, soll in ihm fasten...“ (Sure 2, Vers 185).




In diesem Monat des Fastens (arabisch صوم saum) sind gemäß dem Koran tagsüber, das heißt zwischen Anbruch der Morgendämmerung und dem Sonnenuntergang, leibliche Genüsse wie die Aufnahme von fester und flüssiger Nahrung, das Trinken von Wasser, der Geschlechtsverkehr und auch das Rauchen verboten. Des Weiteren hat die fastende Person darauf zu achten, dass sie keinen Streit mit ihren Mitmenschen beginnt, nicht lügt, lästert usw. Die Sufis (islamische Mystiker) kennen noch weitere Stufen, wie beispielsweise darauf zu achten, dass man keine schlechten Gedanken hat und dass man an nichts anderes als an die Wahrheit denkt. Außerdem sehen sie im Fasten ein besonders wirkungsvolles Instrument im Kampf gegen die „niederen Triebe“ (siehe auch: nafs).

Da der islamische Kalender ein reiner Mondkalender ist, wandert der Ramadan allmählich durch die Jahreszeiten und beginnt nach westlichem Kalender jedes Jahr ungefähr elf Tage früher als im vorhergehenden. Nach etwa 33 Jahren ist er einmal durchs ganze Sonnenjahr gewandert. Die Festlegung der Daten für Beginn und Ende des Fastenmonats und somit auch die Umrechnung auf den Gregorianischen Kalender wird bei manchen Rechtsschulen nicht nur von der astronomischen Rechnung, sondern auch von der tatsächlichen Sichtung des Neumonds abhängig gemacht. Dies führt dazu, dass nicht alle Muslime den Ramadan genau gleichzeitig beginnen und beenden, und dass die genaue Festlegung für manche Muslime oft erst am Vorabend des Beginns oder Endes des Monats möglich ist.

Das Ende des Ramadan wird mit dem Fest des Fastenbrechens (arab.: عيد الفطر Id al-fitr, türk.: Şeker Bayramı - Zuckerfest bzw. Ramazan Bayramı - Ramadanfest) zelebriert, das Millionen Muslime in aller Welt feiern. Das Fastenbrechenfest und das Opferfest sind die beiden Hauptfeste im Islam. Sie sind für alle islamischen Rechtsschulen und Völker verbindlich und richten sich nach dem islamischen Mondkalender.

Geographische oder wetterbedingte Gegebenheiten können bewirken, dass die Festlegung global gesehen um einen, manchmal auch um zwei Tage variiert. Beispielsweise lässt sich der Neumond in der Arabischen Wüste leichter beobachten als in Nordeuropa, in flachem Gelände leichter als in stark gebirgigem, bei wolkenlosem Himmel leichter als bei starker Bewölkung, und im westlichen Marokko oft schon einen Tag früher als im östlichen Indonesien.

Auslegung

In der Nacht, nach dem Fastenbrechen, können Festlichkeiten begangen werden, und das geschieht auch meist. Auch werden nachts oft besonders üppige Speisen serviert. Insgesamt unterscheidet sich der Charakter des islamischen Fastens sehr stark vom christlichen, buddhistischen und hinduistischen Fasten, die einander eher ähneln. Täglich findet eine Koranlesung statt und es werden religiöse Andachten gehalten, der gesamte Koran wird in seinen 30 Teilen auf die 29 bis 30 Tage des Monats verteilt und so während des Ramadan einmal komplett rezitiert. Den Höhepunkt bilden die letzten Nächte des Ramadan, in denen die „Nacht der Vorherbestimmung“ – arabisch Lailatul Qadr – liegt, in der Muhammad die ersten Verse des Koran empfangen haben soll (deren genaues Datum ist allerdings nicht überliefert).

Die Fastenzeit wird mit dem Fest des Fastenbrechens am 1. und 2. Schauwal, dem Ramadan nachfolgenden Monat, beendet. Die Begehung des Fastenmonats Ramadan gehört zu den fünf Säulen des Islam.

Frauen, die ihre Menstruation haben, fasten nicht. Menschen auf Reisen sowie Personen, die Medikamente einnehmen müssen, ist es frei gestellt, ob sie fasten oder nicht. Gänzlich vom Fasten befreit sind Kinder und Menschen mit schweren körperlichen Gebrechen. Stillenden Müttern, Schwangeren, Alten sowie Behinderten ist das Fasten sogar strengstens untersagt.

Da während des Fastens ein besonders religiöses Leben geführt wird, machen sich das in islamischen Ländern einige Leute zunutze, um auf ihre angebliche Bedürftigkeit hinzuweisen. Beispielsweise reisen eigens zu diesem Zweck Ausländer in die Vereinigten Arabischen Emirate ein, um bei den Bewohnern an der Haustür oder an belebten Plätzen Geld zu erbetteln. Die Regierung versucht das allerdings durch strenge Grenzkontrollen, eine zweiwöchige Haftstrafe mit anschließender Abschiebung und Einreiseverbot, sowie Informationskampagnen in der Bevölkerung zu unterbinden.

Während der Zeit des Ramadan wird in arabischen Ländern deutlich mehr an Lebensmitteln gekauft und zubereitet als gegessen werden kann. Die Folge daraus ist ein durchschnittlich doppelt so hohes Müllaufkommen mit erhöhtem Einsatz der Müllabfuhr. Die Lebensmittelpreise steigen in der Regel während des Ramadan, was von einigen Händlern durch geschickte Verknappung des Angebotes weiter angetrieben wird. Von islamischen Geistlichen wird diese Entwicklung oft kritisiert.

Vorschrift im Koran

Der Koran äußert sich folgendermaßen zum Ramadan: Der Monat Ramadan ist es, in dem der Koran herabgesandt wurde als Rechtleitung für die Menschen und als deutliches Zeichen der Rechtleitung und der Unterscheidungsnorm. Wer von euch nun in dem Monat anwesend ist, der soll in ihm fasten. Und wer krank ist oder sich auf einer Reise befindet, für den gilt eine Anzahl anderer Tage. Gott will für euch Erleichterung, Er will für euch nicht Erschwernis, und dass ihr die Zahl (der Tage) vollendet und Gott dafür hochpreiset, dass Er euch rechtgeleitet hat, und dass ihr wohl dankbar werdet. (Der Koran, Übersetzung von Adel Theodor Khoury, 2. Sure, Vers 185)

Zur Dauer des täglichen Fastens steht im Koran: […] Und eßt und trinkt, bis ihr in der Morgendämmerung einen weißen Faden von einem schwarzen Faden unterscheidet. Dann haltet das Fasten streng bis zur Nacht. […] (Der Koran, Übersetzung von Max Henning, Überarbeitet von Murad Wilfried Hofmann, 2. Sure, Vers 187)

Der weiße und schwarze Faden sind nicht wortwörtlich zu nehmen, sondern stellen vielmehr eine bildliche Umschreibung des Beginnes der Morgendämmerung dar. Die Horizontlinie ist die Grenze an der Himmelsgewölbe und Erdenrund scheinbar einander berühren. Zu Beginn der Dämmerung zeichnet sich die dunkle Erde gegen den dahinter liegenden, leicht erhellten Himmel ab.

Da die Dämmerung sich anfangs in einer schmalen Linie horizontal ausbreitet, kann man diese als weißen Faden über dem schwarzen Faden, der die Erde repräsentiert, darstellen.

Beginn und Ende des Ramadan

Während das tägliche Gebet (arabisch salat) und die islamische Pilgerfahrt (arabisch haddsch) auf festgelegten Zeiten beruhen, ist der Beginn und das Ende des Fastenmonats Ramadan im islamischen Überlieferungswesen stets widersprüchlich überliefert und diskutiert worden. Den Anfang des Ramadan zeigt die Sichtung (ru'ya) der neuen Mondsichel (hilal)nach dem letzten Tag/Nacht des Monats Scha'ban an. Der Grundtypus dieser Traditionen in den kanonischen Hadithsammlungen [1] als Direktive des Propheten lautet:

„Der Monat (besteht aus) 29 (Tagen).Fastet erst, wenn ihr sie (die Mondsichel - hilal) seht, und brecht das Fasten erst, wenn ihr sie (wieder) seht. Und wenn (der Himmel) über euch bedeckt ist, so bestimmt ihn /Var.vervollständigt die Zahl der Scha'ban-Tage/ auf 30 (Tage)“.

Ausschlaggebend für den Beginn bzw. für das Ende des Ramadan ist jeweils die Sichtung der Mondsichel (des "Neumondes")(hilal)durch glaubwürdige Zeugen. Umstritten bei der Festlegung des Monatsbeginns ist allerdings die Rolle der Astronomen (munadschdschim) und der Mathematiker (ahl al-ma'rifa bil-hisab) - die es in der frühislamischen Gesellschaft zunächst nicht gab - die später durch Berechnungen (hisab) und ohne Sichtung der Mondsichel den Monatsanfang festzulegen bestrebt waren.

Die klaren Anweisungen im Koran:

„Ihr Gläubigen! Euch ist vorgeschrieben, zu fasten, so wie es auch denjenigen, die vor euch lebten, vorgeschrieben worden ist. Vielleicht werdet ihr gottesfürchtig sein. (Das Fasten ist) eine bestimmte Anzahl von Tagen (einzuhalten)“ (Sure 2, Vers 183)

haben zur Klärung des im späten 7. Jahrhundert diskutierten Sachverhalts über den Beginn und das Ende des Fastenmonats nichts beigetragen.Die Festlegung des Ramadanbeginns gibt in der arabisch-islamischen Welt bis in die Gegenwart hinein jedes Jahr Anlaß zu kontroversen Diskussionen.

Berechnete Termine

Jahr Beginn Ende
2005 4. Oktober 3. November
2006 24. September (vermutet von DIWAN) 21. Oktober
2007 12. September 11. Oktober
2008 1. September 29. September
2009 21. August 19. September
2010 11. August 8. September

Die Daten können je nach Land um ca. 1 Tag variieren. In Deutschland ist es ein Problem unter Muslimen, daß je nach Herkunft teilweise unterschiedliche Berechnungsmethoden für den Ramadan angewandt werden und dadurch verschiedene Gruppierungen in manchen Jahren bei der Beachtung des Ramadan um einen Tag voneinander abweichen.

Literatur

  • Adel Th. Khoury (Übers.): Der Koran Gütersloher Verlagshaus, mehrere Ausgaben, zum Beispiel ISBN 3579021540
  • Klaus Lech: Geschichte des islamischen Kultus. Rechtshistorische und hadit-kritische Untersuchungen zur Entwicklung und Systematik der 'Ibâdât. Bd. I. Das ramadân-Fasten. Erster Teil. Otto Harrassowitz. Wiesbaden 1979. ISBN 3-447-01943-3
  • K.G. Jacob: Der muslimische Fastenmonat Ramadan. In: VI. Jahresbericht der Geographischen Gesellschaft zu Greisfwald 1893-1896. 1.Teil, S.1-33.

Siehe auch

Wiktionary: Ramadan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen