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Miller-Urey-Experiment

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Der Versuchsaufbau des Miller-Urey-Experiments

Das Miller-Urey-Experiment (auch Urey-Miller-Experiment oder Miller-Experiment) dient der Bestätigung der Hypothese, dass unter den Bedingungen einer postulierten Uratmosphäre eine Entstehung organischer Moleküle, wie sie heute bei Lebewesen vorkommen, möglich ist.

Stanley Miller simulierte 1953 zusammen mit Harold Clayton Urey im Labor der University of Chicago eine hypothetische frühe Erdatmosphäre. Das Experiment beschrieb er in seiner Veröffentlichung: Herstellung von Aminosäuren unter möglichen Bedingungen einer einfachen Erde.

Im Miller-Urey-Experiment mischt man einfache chemische Substanzen einer hypothetischen frühen Erdatmosphäre – Wasser (H2O), Methan (CH4), Ammoniak (NH3) und Wasserstoff (H2) – und setzt diese Mischung elektrischen Entladungen aus, welche die Energiezufuhr durch Gewitterblitze nachbilden sollen. Dabei entstehen nach einer gewissen Zeit organische Moleküle. Die Analyse des entstehenden Molekülgemisches wurde mittels Chromatographie durchgeführt.

Ergebnisse

Bei einer Ausgangsmenge von 59.000 Mikromol CH4 entstehen[1]:

Produkt Formel Ausbeute
(Stoffmenge in μmol)
C-Atome Stoffmenge
der C-Atome in μmol
Ameisensäure 2330 1 2330
Glycin* 630 2 1260
Glycolsäure 560 2 1120
Alanin* 340 3 1020
Milchsäure 310 3 930
β-Alanin 150 3 450
Essigsäure 150 2 300
Propionsäure 130 3 390
Iminodiessigsäure 55 4 220
Sarcosin 50 3 150
α-Aminobuttersäure 50 4 200
α-Hydroxybuttersäure 50 4 200
Bernsteinsäure 40 4 160
Harnstoff 20 1 20
N-Methylharnstoff 15 2 30
3-Azaadipinsäure 15 5 75
N-Methylalanin 10 4 40
Glutaminsäure* 6 5 30
Asparaginsäure* 4 4 16
α-Methylalanin (2-Amino-2-methylpropansäure) 1 3 3
 
Summe:
4916   8944
dient dem Zeilenumbruch, bitte nicht entfernen

(*Aminosäuren)

Insgesamt werden damit 18 % der Methanmoleküle in Biomoleküle umgewandelt, aus dem Rest entsteht eine teerartige Masse.

Ursprünglich im Jahr 1953 durchgeführt, hat dieses Experiment seitdem in vielen Varianten vergleichbare Ergebnisse ergeben. Es wird als Beweis dafür angesehen, dass die frühe Erdatmosphäre organische Moleküle in nicht zu vernachlässigenden Konzentrationen enthielt. Das Experiment kann aber keine Aussagen darüber machen, wie sich diese Moleküle etwa zu großen Strukturen verbunden hätten.

Abwandlungen der Versuchsbedingungen

Datei:UreyMillerExperiment.jpeg
Versuchsaufbau des NASA-Ames Research Centers
  • Als Kohlenstoffquelle: Kohlenstoffmonoxid (CO) oder Kohlenstoffdioxid
  • Als Stickstoffquelle: molekularer Stickstoff N2
  • Als Energiequelle: UV-Licht

Jedes Mal entstehen unter anderem auch Aminosäuren.

Was das Miller-Experiment allein nicht erklärt

  • Die Aminosäuren entstehen als 1:1-Racematgemische, in den Organismen sind aber überwiegend nur die L-Aminosäuren zu finden. Das Problem ist lösbar durch Mineralien als Katalysatoren, die aber von Miller nicht verwendet wurden.
  • Neben einigen Aminosäuren entstehen auch Verbindungen, die in heute lebenden Organismen nicht vorkommen, zum Beispiel die zwei zu Alanin isomeren Aminosäuren β-Alanin und Sarcosin (siehe Tabelle). In der Evolution der Stoffwechselwege kam es zur Selektion, wodurch alle Varianten bis auf die heute von Organismen verwendeten Aminosäuren eliminiert wurden.

Reaktionswege beim Miller-Experiment

Zunächst entstehen aus den Ausgangsstoffen Aldehyde (R-CHO) und Blausäure (Cyanwasserstoff HCN) als erste Zwischenprodukte.

In einer darauf folgenden Mehrstufenreaktion reagieren die Aldehyde mit Ammoniak als Katalysator zu Aminosäuren:

Summengleichung: R-CHO + HCN + H2O
H2N-CHR-COOH
  Aldehyd   Aminosäure

So entsteht aus dem Aldehyd Methanal (H2C=O) die Aminosäure Glycin, aus Ethanal (CH3-CHO) entsteht Alanin.

Summengleichung: R-CHO + HCN + 2 H2O
HO-CHR-COOH + NH3
  Aldehyd   Aminosäure

Aus Methanal entsteht die Glykolsäure (α-Hydroxy-ethansäure), aus Ethanal die Milchsäure (α-Hydroxy-propansäure) und aus Propanal (CH3-CH2-CHO) die α-Hydroxybuttersäure.


Literatur

  • Miller, Stanley L.: A production of amino acids under possible primitive earth conditions. Science 1953, 117, 528-529
  • S.L. Miller,and H.C. Urey, (1959) Organic Compound Synthesis on the Primitive Earth Science, 130, 245
  • Thoms, Sven P.: Ursprung des Lebens. Frankfurt: Fischer 2005 ISBN 3-5961-6128-2

Fertig

  1. Richard E. Dickerson: Chemische Evlution und der Ursprung des Lebens, in Spektrum der Wissenschaft, 1979, Heft 9, S. 193