Das Parfum
Das Parfum ist der Titel eines Romans von Patrick Süskind. Der Untertitel lautet: Die Geschichte eines Mörders. Im Jahr 2006 wurde das Buch von Tom Tykwer für das Kino verfilmt (siehe Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders). Das Buch vermischt einige Annahmen über den Geruchssinn mit der emotionalen Bedeutung von Düften, Gerüchen und deren Nachahmung in Parfüms. Vor allem ist es eine Parabel über Identität, Kommunikation und Moral des Menschen.
Inhalt
Jugend
Im Roman „Das Parfum“ beginnt Patrick Süskind die Lebensgeschichte des am 17. Juli 1738 in Paris geborenen Jean-Baptiste Grenouille zu erzählen. Sein Leben beginnt in einer der widerwärtigsten und nach Fisch stinkenden Gassen Paris. Dort überlässt ihn seine Mutter sich selbst und damit dem sicheren Tod. Wegen Grenouilles durchdringendem Schreien macht er Passanten auf sich, den Säugling, aufmerksam, das Kind wird gerettet und die Mutter wegen vierfachen Kindsmordes hingerichtet. Grenouille kam nicht als irgendein Kind auf die Welt, wie viele tausende zur gleichen Zeit, sondern ihm war eine Eigenschaft in die Wiege gelegt, welche der Menschheit zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Er besitzt die Fähigkeit Düfte aller Art aufs genaueste zu identifizieren und in seinem Gedächtnis zu speichern, was er einzig und allein seiner einmaligen Nase zu verdanken hat. Das Baby wird von Amme zu Amme weitergereicht, denn niemand will das überaus gierige Kind ernähren, das „nicht riecht, wie Kinder riechen sollen“. Schließlich landet Grenouille bei Madame Gaillard, einer Frau, die sich ihr Geld mit Kinderaufziehen verdient. Sie verschmäht den Jungen nicht, da sie seit ihrer Kindheit keinen Geruchssinn und kein Gefühl für menschliche Wärme oder Kälte mehr hat. Trotzdem wächst der Junge gut auf, denn er kann ohne Liebe auskommen und auch schlechtes Essen macht ihm nichts aus. Bereits in der frühen Kindheit können in seinem Verhalten erste Ansätze seiner besonderen Begabung im Bereich der Düfte erkannt werden.
Mit dreizehn Jahren kommt Grenouille zu einem Gerber. Er überlebt die Arbeit mit den giftigen Substanzen, was für seine Zähheit spricht. In seiner Freizeit sucht der Junge in der ganzen Stadt nach Düften. Einmal nimmt er einen ihm völlig unbekannten, anziehenden Duft wahr. Grenouille geht ihm nach und findet schließlich ein Mädchen, von dem der Duft ausgeht. Er bringt das Mädchen um, um ihren Geruch in sich aufzusaugen und zu verwahren. Als er eines Abends Lederhäute zum Parfumeur Baldini bringen soll, demonstriert er diesem auf eindrückliche Weise seine Fähigkeiten im Umgang mit Düften. Baldini lässt sich überzeugen und nimmt Grenouille in die Lehre. Der Junge mischt immer neue, exzellentere Parfums zusammen und macht Baldini zu einem reichen Mann. Gleichzeitig lernt Grenouille viele Verfahren und Techniken kennen, die ihm beim Herstellen von Düften helfen. Doch als er versucht, die in seinem Innern existierenden Düfte real herzustellen, versagt die ihm bekannte Technik der Destillation. Diese Erfahrung trifft ihn sehr hart. Er erkrankt an schwarzer Pest. Als Grenouille auf dem Sterbebett liegend erfährt, dass es noch andere Duftgewinnungsverfahren als das Destillieren gibt, wird er in kurzer Zeit wieder gesund.
Geselle, Paris
Drei Jahre später erhält Grenouille den Gesellenbrief und verlässt Paris. Kurz darauf stürzt das Haus Baldinis mit dem schlafenden Parfümeur in den Fluss. Je mehr Grenouille aufs Land hinaus kommt, desto mehr ekelt ihn der Menschengeruch an. Schließlich findet er auf einem Vulkanberg, dem Plomb du Cantal, eine Höhle, wo ihm der Menschengeruch am entferntesten scheint. Sieben Jahre vegetiert er an diesem Ort und berauscht sich an den Düften, die er fest in seinem inneren „Palast der Düfte“ verschlossen hat. Eines Tages erwacht er aus einem Albtraum, in dem er sich selbst in seinem Duft ersticken sieht. Anschließend stellt er fest, dass er selbst keinen Eigengeruch hat und macht sich noch am selben Tag auf den Weg in bewohntes Gebiet. Als er eine Stadt erreicht, behauptet er, sieben Jahre von Räubern in einem Erdloch gefangen gehalten worden zu sein. Ein Forscher diagnostiziert eine „Erdgasvergiftung“ und will seine Theorie vor der Öffentlichkeit präsentieren. Er macht mit Grenouille eine „Revitalisierungskur“. Dieser täuscht einen Ohnmachtsanfall vor, welcher angeblich vom Parfum des Marquis ausgelöst wurde. Daraufhin darf Grenouille sein eigenes Parfum mischen. Mit primitiven Mitteln imitiert er einen gewöhnlichen Menschenduft. Bald stellt er fest, dass das Parfum ihm zu Akzeptanz in der Gesellschaft verhilft. Er erkennt damit die Manipulierbarkeit der Menschen. Aber er will nicht nur beachtet werden, er will Macht über die Menschen haben. Er macht sich aus der Stadt auf den Weg nach Grasse, seinem eigentlichen Ziel. Bei Madame Arnulfi und ihrem Gesellen lernt er neue Verfahren der Duftgewinnung kennen. Bei seinem ersten Spaziergang durch die Stadt riecht er ein wunderbar duftendes Mädchen, ähnlich dem, das er in Paris ermordet hat. Da er zudem riecht, dass das Mädchen noch am Anfang seiner Entwicklung zur Frau steht, nimmt er sich vor, wiederzukommen, wenn „Laure“ gereift ist und ihr Duft sich vervollkommnet hat.
Nach einiger Zeit gibt es Aufregung in der Stadt. Ein Frauenmörder treibt sein Unwesen. Er mordet sogar in den Häusern und hinterlässt die Opfer nackt und mit geschorenen Köpfen. Die Mädchen sind alle von wunderbarer Schönheit. Nach 24 Morden tritt für einige Zeit Ruhe ein. Antoine Richis, ein reicher Kaufmann, durchschaut das System der Morde und erkennt, dass seine hübsche Tochter Laure die Nächste sein wird. Er flieht mit Laure, aber Grenouille, der Mörder, nimmt die Witterung auf. Schließlich bringt er Laure in einem Gasthof um und reißt ihren Geruch, wie die Düfte der anderen 24 Mädchen, mit seinen neu erlernten Mitteln an sich.
Das Gerichtsverfahren, sein Ende
Doch Grenouille kann aufgrund von Zeugenaussagen identifiziert werden. Als Motiv gibt er an, die Mädchen „gebraucht“ zu haben, mehr bringt man auch durch Folter nicht aus ihm heraus. Am Hinrichtungstag warten Tausende gespannt auf das Spektakel. Doch als Grenouille auftritt, wird er plötzlich von allen geliebt und verehrt, vergessen ist der vorherige Tag, an dem die Leute seinen Tod sehen wollten. Der Grund dafür ist das aus den Frauendüften hergestellte Parfum, welches ihn wie eine göttliche Aura umgibt. Grenouille wird begnadigt, und Richis will ihn sogar adoptieren. Aber die Erfahrung der Macht hat Grenouille nicht glücklich gemacht, denn er bemerkt, dass nicht er geliebt wird, sondern "das Parfum"; er beschließt, nach Paris zurückzukehren. Er erkennt, dass ihm nur in Hass und Ekel Genugtuung widerfährt. In Paris nähert Grenouille sich einer Subkultur, die an einem Lagerfeuer gerade ihren Akt vollzieht. Er kann sich den Menschen unauffällig nähern und sie akzeptieren ihn. Nachdem er „das Parfum“ beabsichtigt überdosiert aufgetragen hat, ist dessen Wirkung auf die Anwesenden so überwältigend, dass sie ihn für einen Engel halten und jeder ein Stück von ihm besitzen will und sie ihn schließlich zerreißen und auffressen.
Anspielungen
- Als Grenouille vom Marquis de la Taillade-Espinasse dem (meist wissenschaftlichen) Publikum vorgestellt wird, geschieht dies in der gleichen Art, wie seinerzeit der Elefantenmensch Joseph Merrick einem ähnlichen Publikum vorgestellt wurde.
- Im letzten Abschnitt des 26. Kapitels heißt es:"(...)mit weitausgespannten Flügeln von der goldenen Wolke herab über das nächtliche Land seiner Seele nach Haus in sein Herz" und dies erinnert an "Und meine Seele spannte / weit ihre Flügel aus / flog durch die stillen Lande / als flöge sie nach Haus". Diese Zeilen sind dem Gedicht "Mondnacht" des Romantikers Eichendorff entnommen.
- Grenouille verbringt mehrere Jahre in einem Erdloch, ebenso erging es auch dem Findelkind Kaspar Hauser.
- Der erste Satz des Romans erinnert sehr stark an den Anfang von Heinrich von Kleists Novelle "Michael Kohlhaas"
- Richis, der Vater von Laure, dem letzten Mädchenopfer Grenouilles, ist einer Romanfigur von Balzac nachempfunden, nämlich dem Père Goriot in Balzacs gleichnamigem Roman. Wie Süskinds Figur ist auch dieser äußerst besorgt um seine Tochter und versucht sie vor dem Unheil in der Welt fern zu halten.
- Das Grundkonzept des ganzen Romans ist Rabelais "Gargantua und Pantagruel" nachempfunden. Dort läßt der Autor einen Studenten sich an seiner ihn abweisenden Angebeteten rächen, indem er ihr eine zu Paste verarbeitete Gebärmutter einer Hündin aufs Kleid appliziert, worauf sie vor versammeltem Volk von Hunden zerrissen wird.
Realität und Dichtung, physiologische Fehlannahmen
Bitte Quellen angeben. Tipp: Gerüche und Anziehung... der Major Histocompatibility Complex ist ein unbewusst stattfindender, auf Gerüche basierender Mechanismus, der verhindert, dass man zu nahe verwandte Menschen attraktiv findet. (Wedekind, C., Seebeck, T., Bettens, F. and Paepke, A. J. (1995). "MHC-dependent mate preferences in humans". Proc Biol Sci 260 (1359): 245-249.) Aber Grenouille scheint ja alle Gerüche bewusst wahrgenommen zu haben... --Keimzelle talk 18:29, 14. Sep 2006 (CEST)
- Leitet der Geruch den Menschen durch die Welt?
Die Nobelpreisträger von 2004 Richard Axel und Linda B. Buck schrieben: Die Bedeutung des Geruchssinns müsse erheblich sein, wenn drei Prozent aller Gene allein für Proteine vorgesehen sind, die Duftstoffe binden. Der Mensch ist bei seinen Aktivitäten nicht nur auf seinen Nasensinn angewiesen. Doch im Gehirn dienen die Gerüche als ein „inneres Abbild der Außenwelt". Gute Gerüche versprechen Wohlgefühl, schlechte warnen uns vor Gefahren.
Studien haben gezeigt, dass Menschen Düfte weitgehend einheitlich bewerten und sofort Abstand nehmen, wenn sie Fauliges und stechend Riechendes wahrnehmen – Grenouille dagegen kann seine Nase auch in stinkende Tierhäute stecken.
- Grenouille stapft schmutzstarrend durch den Film, doch es nimmt niemand Notiz von ihm, weil er keinen Eigengeruch hat.
Das ist eine weitere Fiktion. Jeder riecht. In Wirklichkeit ist unser Geruch so einmalig wie irgendein Fingerabdruck. Und wir können etwa 10.000 Düfte auseinander halten. Aber sicher nicht 10.000 Passanten im Vorübergehen. Dazu ist der menschliche Geruchssinn zu schlecht entwickelt.
- Ziehen sich die Geschlechter durch ihre Gerüche an?
Die reale Begebenheit der Pheromone bei Tieren gilt als belegt. Eine ähnliche Wirkung bei Menschen allerdings wurde zwar in einigen Studien beschrieben, so emittieren Männer beispielsweise Androstenon, ein Umbauprodukt des Sexualhormons Testosteron, das über die Schweißdrüsen auf die Körperoberfläche gelangt. Versuchsreihen haben gezeigt, dass in Maßen dosiertes Androstenon die Bewertung der Attraktivität leicht verbessert. Ebenso fühlen sich Männer bei Aufnahme bestimmter weiblicher Sexualpheromone stärker angezogen. Jedoch sind diese Studien umstritten und nicht eindeutig belegbar. Es gibt eine Studie, die beschreibt, dass Paar-Partner einander riechen können müssen, damit die Bindung gelingt (nach Ingelore Ebberfeld). Aber eben nicht der Geruch als automatische "Falle".
- Machen Parfüme attraktiv?
Über lange Zeit waren Parfüme ein Zeichen von Besitz und Macht. Vielleicht hängt diese Deutung immer noch etwas daran. Zum anderen sind sie der Versuch, die subjektive abwertende Selbstwahrnehmung (Ich rieche schlecht) mit einem fremden Duft zu überdecken. Das kann vorübergehend leicht gelingen. Das kann die Selbstwahrnehmung also verändern. Aber verändert uns das in den Augen und Nasen anderer dauerhaft? Dafür gibt es keine wissenschaftlichen Belege.
Das Buch
Der Roman erschien 1985 u. a. im Diogenes Verlag (ISBN 3-257-22800-7).
Das Buch zeigt auf der Titelseite einen Ausschnitt aus einem Gemälde von Antoine Watteau: Jupiter und Antiope (vgl. Jupiter, Antiope). Die nackte Achsel einer Schlafenden dient als Sinnbild der duftenden Verführung.
Der Film
- Hauptartikel Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders
Im Jahr 2006 wurde Patrick Süskinds Roman für die Leinwand adaptiert. Für die Regie wurde der Deutsche Tom Tykwer verpflichtet, in der Hauptrolle des Grenouille agiert der eher unbekannte Brite Ben Whishaw. In weiteren Rollen sind u. a. Dustin Hoffman, Alan Rickman, Rachel Hurd-Wood und Corinna Harfouch zu sehen.
Sekundärliteratur
- Das Parfum, wieviel Realität steckt in dem Roman und Kinofilm? Eine Abhandlung hierüber befindet sich in dem Buch: Lust und Liebe - alles nur Chemie? von Gabriele und Rolf Froböse; Wiley-VCH Verlag, Weinheim. ISBN 3527308237
- Freudenthal, David: Zeichen der Einsamkeit.Sinnstiftung und Sinnverweigerung im Erzählen von Patrick Süskind. Hamburg, Kovac, 2005, Schriftenreihe Poetica, ISBN 3-8300-1729-4
- Fritz, Werner: Patrick Süskind, Das Parfum: Interpretation / von Werner Frizen und Marilies Spancken. - 2., überarb. und korrigierte Aufl. - München: Oldenbourg, 1998, ISBN 3-486-88677-0
- Kissler, Alexander und Carsten S. Leimbach: Alles über Patrick Süskinds 'Das Parfum'. Der Film - Das Buch - Der Autor. München: Heyne, 2006, ISBN 3-453-81089-9.
- Mittelbach,Oliver: Auf den Spuren von Patrick Süskinds "Das Parfum". Ein Reiseführer zu den Romanschauplätzen. Mit Infos zum Film. books&friends, Essen 2006. ISBN 3-9810996-0-5
- Ohl, Michael: Schwimm nicht mit Jean-Baptiste. Roman, Norderstedt: BoD, 2006. ISBN 3-8334-5178-5 [1]
- Berger, Norbert: Patrick Süskind. Das Parfum. Unterrichtshilfe mit Kopiervorlagen für die Sekundarstufe 2. Domauwörth (Auer-Verlag) 2005.
Sonstiges
- Der sehr medienscheue Autor Patrick Süskind zögerte lange, die Filmrechte für Das Parfum zu verkaufen.
- Die Thematik des Romantitels wird in Helmut Dietls Film Rossini – oder die mörderische Frage, wer mit wem schlief (1997), bei dem Süskind auch als Co-Autor beteiligt war, aufgegriffen.
- Weiterhin war Süskind neben Dietl als Drehbuchautor für den Kinofilm „Vom Suchen und Finden der Liebe“ (2004/2005) tätig.
- Das Lied „Scentless Apprentice“ der Grungeband Nirvana basiert zum Teil auf diesem Roman, ebenso wie „Du riechst so gut“ der deutschen Gruppe Rammstein.
- Aufgrund des Verkaufserfolges war das Buch in der BRD ungewöhnlich lange (fast zehn Jahre) nur als Hardcover erhältlich.
- das Buch erschien bereits 1989 als Paperback vom Verlag Volk und Welt Berlin (DDR) Aus der Reihe: Roman-Zeitung, Heft 6
- Das Buch stand neun Jahre lang in der Bestsellerliste des Magazins Der Spiegel.
- Im Juni 2006 erschien der Roman "Schwimm nicht mit Jean-Baptiste" (ISBN 3-8334-5178-5) von Michael Ohl, in dem ein "Parfum-Besessener" der Frage nachgeht: Was wäre, wenn die Romangestalt Jean-Baptiste überhaupt nicht von dem scheuen Autor (der keine Interviews gibt und nichts mehr veröffentlicht) erfunden ist?
Siehe auch
- Parfümeur - als Ausbildungsberuf
- Chanel No. 5 als eines der ersten synthetischen Parfüms
- Duftmuseum: Musée internationale de la Parfumerie in Grasse
- Duftmuseum: Duftmuseum Köln
Weblinks
- Interview der Deutschen Welle mit dem Literaturwissenschaftler und David Freudenthal zu Süskind und der Verfilmung
- Fan-Webseite zu Patrick Süskinds Roman und zur aktuellen Verfilmung durch Tom Tykwer
- Inhaltsangabe und Kommentar