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Kapitalertragsteuer

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Die Kapitalertragsteuer (KapErtSt, KESt, KapESt oder auch KapSt) ist eine Erhebungsform der Einkommensteuer. Als Quellensteuer wird die Kapitalertragsteuer - wenn sie nicht als Abgeltungsteuer ausgestaltet ist - bei der Einkommensteuerveranlagung wie eine Einkommensteuervorauszahlung behandelt.

Allgemeines

Erträge aus Kapitalvermögen unterliegen in fast allen europäischen Staaten der jeweiligen Einkommensteuer. Die auf die Zinserträge entfallende Einkommensteuer wird von den jeweiligen Finanzbehörden oftmals direkt an der Quelle als prozentualer Abschlag eingefordert. Der Schuldner der Zinserträge (Bank, Versicherung oder Kapitalgesellschaft) ist als Steuerzahler für die korrekte Einbehaltung und Abführung an die Finanzbehörden verantwortlich.

Kapitalertragsteuer in Deutschland

In Deutschland liegt der Steuersatz bei 20% für Gewinnanteile (Dividenden), 30% für Zinsen aus Kapitalanlagen und 35% für Tafelgeschäfte, jeweils zzgl. 5,5% Solidaritätszuschlag. Die KapESt ist als Steuer-Vorauszahlung zu sehen. Die Zinserträge werden im Veranlagungsverfahren dem individuellen Steuersatz des Empfängers unterworfen und die gezahlte Kapitalertragsteuer wird als Vorauszahlung angerechnet.

Die KapErtSt wird nicht erhoben, soweit ein Freistellungsauftrag reicht oder wenn eine Nichtveranlagungsbescheinigung vorliegt. Der Freistellungauftrag ist dabei an die Höchstbeträge des Sparerfreibetrags gebunden und kann auf verschiedene Bankkinstitute verteilt werden.

Die Bezeichnung „Zinsabschlagsteuer“, die sich bei Nichtfachleuten eingebürgert hat, wird im Einkommensteuergesetz nicht verwendet - sie ist auch nicht korrekt, denn der Zinsabschlag ist ja bereits eine Steuer, von der nicht noch einmal Steuer abgezogen wird. Passender wäre die Bezeichnung „Zinssteuer“.

Die Kapitalertragsteuer wurde 1993 in Deutschland eingeführt.

Kapitalertragsteuer in Österreich

In Österreich beträgt die Kapitalertragsteuer (KESt) einheitlich 25%. Die österreichische Kapitalertragsteuer ist als Abgeltungsteuer konzipiert. Mit Abführung der KESt ist der Kapitalertrag abschliessend besteuert (§ 97 Abs 1 EStG) und wird bei Berechnung des steuerpflichtigen Einkommens nicht mehr miteinbezogen.

Kapitalertragsteuer in Schweiz

Die schweizerische Kapitalertragsteuer wird als Verrechnungsteuer oder als Zahlstellensteuer bezeichnet. Diese Steuer ist nicht nur als Einkommensteuer ausgelegt, sondern dient wegen der Höhe des Steuersatzes auch als Vermögensteuer. Weil in der Schweiz das Bankgeheimnis viel umfassender als in anderen Staaten beachtet wird, ist die Verrechnungssteuer als Abgeltungssteuer konzipiert. Die Geldinstitute (Bank oder Versicherung) sind verpflichtet automatisch 35% des Zinsertrages eines Kontos an den Staat abzuführen.

Europäische Zinssteuer

Das "Europäische Abkommen zur Zinsbesteuerung" (auch unter der englischen Bezeichnung European Savings Tax Directive, kurz ESD, bekannt) ist ein Abkommen zwischen den Mitgliedsstaaten der EU, fünf weiteren europäischen Staaten (Schweiz, Liechtenstein, San Marino, Monaco und Andorra) und verbundenen Gebieten (wie z.B. die brit. Kanalinseln), das am 1. Juli 2005 in Kraft trat.

Ziel des Abkommens ist eine ausnahmslose und gleichmäßige Besteuerung der Zinseinnahmen aller EU-Bürger mit EU-Wohnsitz, unabhängig davon wo das Zinseinkommen erwirtschaftet wird. Generell werden alle Zinseinnahmen besteuert. Der Steuersatz beträgt 15% ab 2005 bis 2007 , 20% ab 2008 bis 2010 und 35% ab 2011 . Da die Definition des Begriffs "Zinsen" von zentraler Bedeutung für dieses Abkommen ist, und die Definition bis zuletzt immer wieder verändert wurde, gelten folgende Bedingungen:

  • Liefert ein Papier über seine gesamte Laufzeit 2 % oder mehr Zinsen, fällt es unter die ESD.
  • Liefert ein Papier jährlich 0,25 % oder weniger Zinsen, fällt es ebenfalls unter die ESD.

Mit diesen Regelungen werden auch Zero-Bonds erfasst. Bei Fonds gilt die folgende Regelung:

  • Wurde ein Fond vor dem 1. März 2002 aufgelegt oder der Fondsprospekt vor diesem Datum genehmigt, fällt der Fonds nicht unter die ESD. Er gilt als "grandfathered". Einzige Ausnahme sind Staatsanleihen: Diese verlieren den "grandfathered"-Status, wenn der Emittent das Papier aufstockt.
  • Enthält ein Fonds weniger als 15 % zinstragende Wertpapiere, fällt er ebenfalls nicht unter die ESD.
  • Enthält ein Fonds mindestens 15 % aber weniger als 40 % zinstragende Wertpapiere, fällt die ESD nur auf den Verkauf an.
  • Bei Fonds mit einem Anteil an zinstragenden Wertpapiere von 40 % oder mehr fällt die ESD sowohl auf Thesaurierung als auch auf Verkauf an.

Zwei technische Grössen bei Fonds in Zusammenhang mit der ESD sind:

  • TIS (taxable income per share): Der unter die EU-Zinssteuer fallende Betrag pro Anteil beim Verkauf. Dieser Wert ergibt sich aus den seit dem Kauf aufgelaufenen Zinsen (Marchzins).
  • TID (taxable income at distribution): Der unter die EU-Zinssteuer fallende Anteil einer Ausschüttung. Da ein Fonds verschiedene Arten an Wertpapieren enthalten kann, muss die Fondsgesellschaft für jeden Fonds berechnen, welcher Anteil einer Ausschüttung der ESD unterstellt ist.

Da die Banken die EU-Zinssteuer abführen müssen, wird die Höhe des Abzugs von ihnen berechnet. Dazu nutzen Sie u.a. die o.g. Größen, die von Datenlieferanten (wie z.B. Reuters oder Bloomberg) laufend aktualisiert und bereitgestellt werden.

Die EU-Zinssteuer setzte eine neue Steuerflucht in Bewegung. Länder wie Norwegen, Island, Bermudas, Dubai, Singapur und Hong Kong erheben keine Zinssteuern und werden so für europäische Steuerflüchtlinge zunehmend attraktiver.