Lengnau AG
AG ist das Kürzel für den Kanton Aargau in der Schweiz. Es wird verwendet, um Verwechslungen mit anderen Einträgen zu vermeiden. |
Vorlage:Ort Schweiz Lengnau (AG) ist eine politische Gemeinde im Bezirk Zurzach des Schweizer Kantons Aargau. Sie liegt im Surbtal, rund fünf Kilometer von der Grenze zu Deutschland entfernt. Im 18. und 19. Jahrhundert waren Lengnau und das Nachbardorf Endingen die einzigen Orte der Schweiz, wo sich Juden niederlassen durften.
Geographie
Die Gemeinde liegt in der Übergangszone zwischen Tafeljura im Norden und dem schweizerischen Mittelland im Süden. Das Dorf besteht aus den Ortsteilen Oberlengnau und Unterlengnau, deren Bebauung heute zusammengewachsen ist. Beide Ortsteile liegen an der Surb, die hier in nordwestlicher Richtung fliesst. Das wellige Gelände steigt im Norden zum Wannenbuck (591 Meter) an; ganz im Norden hat Lengnau einen kleinen Anteil am Tal des Chrüzlibachs, der bei Rekingen in den Rhein mündet. Im Süden befinden sich das Gländ (609 Meter) und der Hüsliberg (605 Meter); beide sind Teil des Siggenbergs, der die natürliche Grenze zum Limmattal bildet.
Jeweils zwei Kilometer vom Dorfzentrum entfernt befinden sich die folgenden Weiler: Vogelsang (495 Meter) im Norden, Himmelrich (560 Meter) im Nordosten, Husen (475 Meter) im Süden und Degermoos (495 Meter) im Westen.
Die Fläche des Gemeindegebiets beträgt 1267 Hektaren, davon sind 482 Hektaren bewaldet und 101 Hektaren überbaut. Der höchste Punkt liegt auf 609 Metern auf dem Gländ, die tiefste Stelle befindet sich auf 380 Metern an der Surb.
Nachbargemeinden sind Böbikon im Norden, Schneisingen im Osten, Ehrendingen im Südosten, Freienwil im Süden, Obersiggenthal im Südwesten, Endingen im Westen und Baldingen im Nordwesten.
Geschichte

Die Alemannen siedelten sich ungefähr im 6. Jahrhundert an. Die erste urkundliche Erwähnung von "Leginwanc" erfolgte im Jahr 798, als der Thurgauer Graf Odalricus dem Kloster St. Gallen einige Grundstücke schenkte. Von der Mitte des 11. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts herrschten die Freiherren von Lengnau; von der Burg dieses ausgestorbenen Adelsgeschlechts ist nichts erhalten geblieben. Die niedere Gerichtsbarkeit wurde von der Deutschritterkommende in Beuggen ausgeübt, im Weiler Husen von der Johanniterkommende in Leuggern. Weitere bedeutende Grundbesitzer neben den beiden Orden waren auch die Klöster Einsiedeln, St. Blasien und Wettingen. Die hohe Gerichtsbarkeit und die Landeshoheit lagen in den Händen der Habsburger.
1415 eroberten die Eidgenossen den Aargau, Lengnau gehörte fortan zum Amt Ehrendingen der Grafschaft Baden, einer Gemeinen Herrschaft. Zwischen 1623 und 1633 wurden die Juden aus den Schweizer Städten vertrieben und in Oberlengnau angesiedelt. Zahlreiche Flüchtlinge stammten aus Deutschland, wo der Dreissigjährige Krieg wütete. Ab 1678 liessen sich die Juden auch in Endingen nieder. Sie unterstanden direkt dem Landvogt in Baden und durften weder Landwirtschaft betreiben noch ein Handwerk ausüben. Ihren Lebensunterhalt verdienten sie vor allem an der international bedeutenden Messe in Zurzach und am Markt in Baden. Ab 1696 mussten sie sich alle 16 Jahre einen teuren Schutz- und Schirmbrief erkaufen. Ab 1776 wurde das Wohnrecht sämtlicher Juden der Schweiz auf Endingen und Lengnau beschränkt. Da sie sich während der Nacht nur in den beiden Dörfern aufhalten durften, war ihr Aktionsradius stark eingeschränkt.


Im März 1798 eroberten die Franzosen die Schweiz und riefen die Helvetische Republik aus, Lengnau gehörte nun zum kurzlebigen Kanton Baden. Der neue Staat war bald in weiten Kreisen der Bevölkerung verhasst. Dieser Hass entlud sich am 21. September 1802 im so genannten "Zwetschgenkrieg" gegen die Juden, die als Anhänger der neuen Ordnung galten. Eine Horde von über 800 Bewohnern aus den Nachbardörfern fiel über Endingen und Lengnau her und bereicherte sich am Hab und Gut der wehrlosen Juden; die Christen hingegen blieben weitgehend unbehelligt.
Seit 1803 gehört Lengnau zum Kanton Aargau. Die jüdische Korporation verwaltete sich selbst und hatte eine eigene Schule. Erst 1874 erhielten die Juden die vollständige Gleichberechtigung bei den bürgerlichen Rechten und Pflichten. In der Folge zogen fast alle in die grossen Städte (vor allem nach Zürich), wo sie bessere Verdienstmöglichkeiten vorfanden. Dadurch sank die Bevölkerungszahl des Dorfes markant. Heute gibt es in Lengnau nur noch etwa zwei Dutzend jüdische Einwohner, die meisten davon leben im Israelitischen Altersheim.
Nach der Eröffnung der Eisenbahnlinien Turgi - Waldshut (1859) und Dielsdorf - Niederweningen (1891) reichten die Gemeinden des Surbtals eine Konzession für den Bau einer Verbindungsbahn zwischen Niederweningen und Döttingen ein. Doch der Erste Weltkrieg verhinderte den Bau und das Projekt wurde 1937 endgültig abgeschrieben. Vor allem seit Beginn der 1960er ist das Dorf stark gewachsen. Dazu beigetragen haben die Ansiedlung von zahlreichen kleinen und mittleren Gewerbebetrieben und die Nähe zu den Städten Baden und Zürich.
Sehenswürdigkeiten
Direkt gegenüber der Synagoge Lengnau und wie diese auf einer erhöhten Plattform, befindet sich die katholische Kirche St. Martin, die älteste Kirche des gesamten Surbtals.
Zahlreiche Häuser im Dorfzentrum weisen eine architektonische Besonderheit auf. Obwohl die Juden häufig mit Christen unter einem Dach lebten, war es ihnen nicht gestattet, den gleichen Hauseingang zu benutzen. Deshalb erhielten diese Häuser zwei Eingänge, die unmittelbar nebeneinander liegen.
Wappen
Die Blasonierung des Gemeindewappens lautet: "In Rot auf grünem Boden schreitendes weisses Pferd." Das Wappen erschien erstmals 1808 auf dem Gemeindesiegel. Angeblich soll es das Wappen von Kaspar Josef Bucher sein, der damals Gemeindeammann war und die Taverne "zum Rössli" betrieb.
Bevölkerung
Bevölkerungsentwicklung | |
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Jahr | Einwohner |
1900 | 1119 |
1930 | 1197 |
1950 | 1355 |
1960 | 1356 |
1970 | 1592 |
1980 | 1882 |
1990 | 2052 |
2000 | 2287 |
Am 31. Dezember 2005 lebten 2434 Menschen in Lengnau, der Ausländeranteil betrug 12,4 %. Bei der Volkszählung 2000 waren 62,0 % römisch-katholisch und 20,8 % reformiert, 3,7 % moslemisch und 0,8 % jüdisch; 1,1 % gehörten anderen Glaubensrichtungen an. 93,1 % bezeichneten Deutsch als ihre Hauptsprache, 1,8 % Albanisch, 1,2 % Italienisch, 0,7 % Englisch.
Behörden
Die Versammlung der Stimmberechtigten, die Gemeindeversammlung, übt die Legislativgewalt aus. Ausführende Behörde ist der Gemeinderat. Seine Amtsdauer beträgt vier Jahre und er wird im Majorzverfahren (Mehrheitswahlverfahren) vom Volk gewählt. Er führt und repräsentiert die Gemeinde. Dazu vollzieht er die Beschlüsse der Gemeindeversammlung und die Aufgaben, die ihm von Kanton und Bund zugeteilt wurden.
Die fünf Gemeinderäte der Amtsperiode 2006-2009 sind:
- Kurt Schmid, Gemeindeammann
- Rita Hanselmann, Vize-Gemeindeammann
- Franz Bertschi
- Erika Müller
- Stefan Müller
Für Rechtsstreitigkeiten ist das Bezirksgericht Bad Zurzach zuständig. Lengnau gehört zum Friedensrichterkreis Kaiserstuhl.
Wirtschaft

In Lengnau gibt es rund 850 Arbeitsplätze, davon 15 % in der Landwirtschaft, 39 % in der Industrie und 46 % im Dienstleistungssektor. Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen sind Wegpendler und arbeiten in den umliegenden Gemeinden und vor allem in der Region Baden.
Verkehr
Lengnau liegt an der Hauptstrasse, die von Döttingen durch das Surbtal und das Wehntal nach Dielsdorf führt. Zwei Postautolinien erschliessen das Dorf; von Döttingen nach Baden und von Döttingen nach Niederweningen. Dort hat man Anschluss an die Linie S5 der S-Bahn Zürich über Oberglatt, Glattbrugg und Oerlikon nach Zürich Hauptbahnhof. 1915 war eine Fortsetzung dieser Eisenbahntrasse durch das Surbtal bis nach Döttingen geplant worden, welche auch eine Haltestelle in Lengnau gebabt hätte. Diese unter dem Arbeitstitel Surbtalbahn bekannte Strecke wurde jedoch nie gebaut.
Bildung
Die Gemeinde verfügt über je zwei Kindergärten und Schulhäuser, in denen die Primarschule, Sekundarschule und Realschule unterrichtet werden. Die Bezirksschule kann in Endingen besucht werden. Die nächstgelegenen Kantonsschulen (Gymnasien) befinden sich in Baden und Wettingen.