Hump-Dump-Affäre
Die Worte Hump und Dump sind Schöpfungen des damaligen FPÖ-Landesparteiobmannes von Wien Hilmar Kabas, die er im Jahr 2000 in die politische Diskussion in Österreich einbrachte. In der Folge verselbständigten sich diese Begriffe und wurden zu einem Synonym für eine „Politik der akustischen Missverständnisse“.
Vorgeschichte
Nach der Nationalratswahl 1999 wurde am 4. Februar 2000 die neue österreichische Bundesregierung, eine Koalition aus FPÖ und ÖVP unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (Bundesregierung Schüssel I), angelobt. Bundespräsident Thomas Klestil hatte zuvor zwei von der FPÖ vorgeschlagene Namen von der Liste der Minister gestrichen: Thomas Prinzhorn, der Finanzminister werden sollte, und Hilmar Kabas, der als Verteidigungsminister vorgesehen war. Die Angelobung wurde von Klestil mit betont emotionsloser Miene durchgeführt; seine Ablehnung dieser Koalition war bekannt. Der Regierungsbildung folgten heftige Proteste gegen die Regierungsbeteiligung der, von Beobachtern als rechtspopulistisch bis hin zu rechtsextrem eingestuften, FPÖ im In- und Ausland. Die Regierungen der anderen EU-Staaten reduzierten die Kontakte mit der österreichischen Regierung jeweils bilateral auf das erforderliche Mindestmaß (in Österreich oft als „Sanktionen“ benannt).
„Hump oder Dump“
Beim Landesparteitag der Wiener FPÖ am 7. Mai 2000 sagte Kabas in Bezug auf die vorangegangene Regierungsbildung und die „Sanktionen“ über Klestil: „Er hat sich wie ein Lump benommen, und es ist eine Schande, dass wir so einen Präsidenten haben.“ Mehrere Journalisten bezeugten die Authenzität des Zitats. Von der Austria Presse Agentur (APA) unmittelbar darauf angesprochen, wiegelte Kabas ab: „Das war eher ein Geblödel. Lump hab ich aber im Zusammenhang mit Klestil nicht gesagt. Es war so etwas wie Hump oder Dump, aber so genau weiß ich das nicht mehr.“
Sowohl die Bezeichnung des Bundespräsidenten als Lump, wie auch der Versuch das Gesagte durch Wortschöpfungen herunterzuspielen – auch Kabas konnte auf Nachfrage nicht erklären, was er unter „Hump“ oder „Dump“ versteht – stieß auf allgemeine Ablehnung. Im weiteren Verlauf der Affäre ermittelte die Staatsanwaltschaft Wien von Amts wegen, ob eine Ehrenbeleidigung des Staatsoberhaupts vorliegt. Nach Vorliegen der Ermittlungsergebnisse entschied Klestil aber, nicht die Ermächtigung zu einer Strafverfolgung zu geben.
Bei der Wahl zum österreichischen Unwort des Jahres 2000 durch Sprachwissenschafter der Universität Graz wurden die Begriffe „Hump“ und „Dump“ hinter „soziale Treffsicherheit“ auf den zweiten Rang gesetzt. In der Begründung hieß es: „Hier handelt es sich um ein Un(sinn)wort im eigentlichen Sinn, denn 'normale' Wörter haben einen Sinn. [...] Sie wurden von ihrem Schöpfer aus Verlegenheit erfunden, ohne dass er je hätte angeben können, was sie bedeuten. Dabei ist es bis heute geblieben. Als Unwort kann es wohl auch deshalb betrachtet werden, weil das vermutlich tatsächlich Gesagte damit verhüllt bzw. abgestritten wurde, obwohl Ohrenzeugen das Gegenteil zu berichten wussten.“ [1]
Ein gerichtliches Nachspiel hatte die Affäre erst, als der Salzburger FPÖ-Obmann Karl Schnell auf einer Parteiveranstaltung im November 2000 sagte: „Lump ist da eigentlich ein harmloser Ausdruck. Wir alle kennen diesen Ausdruck. Lumpi nenn i mein Hund - des is a netta, liaba Falott.“ In diesem Fall gab Klestil die Zustimmung zur Strafverfolgung. Schnells Immunität als Landtagsabgeordneter wurde aufgehoben. Im Juli 2001 wurde er vom Landesgericht Wien zu einer Geldstrafe von 100.000 österreichischen Schilling (rund 7200 Euro) verurteilt, das Oberlandesgericht Wien bestätigte das Urteil im Dezember 2001.
Politische Rhetorik nach der „Hump-Dump-Affäre“
Für die österreichische Innenpolitk hatte die Affäre auch insofern Folgen, als dass vermeintliche Hörfehler zum Mittel politischer Rhetorik zu werden drohten. Gemäß dem Protokoll eines ORF-Redakteurs drohte der damalige FPÖ-Sprecher Peter Westenthaler am 25. Jänner 2002 in einem Telefonat im Zusammenhang mit dem Zustandekommen einer ihm missliebigen TV-Diskussionsendung dem Journalisten: „Dann gibt es Stunk!“. Nach Veröffentlichung des Protokolls durch den ORF dementierte Westenthaler; er habe gesagt „Dann kommt die Trunk!“, ohne aber erklären zu können, was die damals weitgehend unbekannte SPÖ-Bundesrätin Melitta Trunk mit der TV-Diskussion zu tun haben sollte.
Im November 2002 bezeichnete Jörg Haider nach Angaben aller anwesenden Journalisten Karl-Heinz Grasser, der zuvor als Mitglied der FPÖ Finanzminister geworden war und nach dem so genannten Knittelfelder Putsch zur ÖVP gewechselt war, als „Verräter“, was erneut für Diskussionen über eine angemessene Sprache in der politischen Auseinandersetzung sorgte. Thomas Prinzhorn stellvertretender Nationalratspräsident, erklärte, die Journalisten hätten sich verhört, denn Haider hätte Grasser als „Verwehter“ bezeichnet [2].
Fußnoten
- ↑ Pressetext der Universität Graz zur Wahl des „Wortes/Unwortes“ 2000
- ↑ War Haiders 'Verräter' nur ein 'Verwehter'?, Welt am Sonntag, November 2002
Weblinks
- „Lump, Hump oder Dump“ - Wer ist die „neue“ FPÖ? Zur Rhetorik einiger PolitikerInnen, die Linguistin Ruth Wodak im Rahmen des Forschungsschwerpunkts „Diskurs, Politik, Identität“ der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Juni 2000
- LUMPHUMPDUMP - Die Politik der Lüge. Über die Sprach-Verdrehungen in Wende-Zeiten, aus Der Standard, 2. Februar 2002
- Interventionsakt Peter W., Abschrift eines Artikels des Nachrichtenmagazins Profil, Jänner 2002