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Geschichte Finnlands

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Frühgeschichte und frühes Mittelalter

Die frühesten archäologischen Beweise für eine Besiedlung des Südens und Ostens des heutigen Finnlands stammen aus der Zeit um 8000 v. Chr. Nach 6500 v. Chr. breitete sich die „Suomusjärvi-Kultur“, ein Volk von Jägern und Sammlern, über den größten Teil des Landes aus. Etwa um 4200 v. Chr. wurden diese durch die Sperrings-Kultur abgelöst, die spitzbodigen Keramik verwendete, aber ansonsten weiterhin eine wildbeuterische Wirtschaftsweise betrieb.

Nach 2500 v. Chr. siedelten Einwanderer aus Gegenden südlich des Finnischen Meerbusens in Südfinnland. Ihre Kultur unterschied sich von den älteren darin, dass Ackerbau und Viehzucht betrieben wurde. Die jungsteinzeitlichen Kulturen hielten sich zunächst noch. Die finnische Sprache erhielt dabei Einflüsse von den indogermanischen baltischen Sprachen (und umgekehrt). Die Sprachen der Samen entfernte sich zunehmend von der finnischen Sprache.

Die Bronzezeit breitete sich ab einem nicht genauer bestimmnaren Zeitpunkt nach 1500 v. Chr. von Westen her aus. Südwestfinnland war zu der Zeit bereits ständig besiedelt. Hügelgräber machen es möglich, die Ausbreitung dieser Besiedlung zu untersuchen. Im besiedelten Zentrum wurden archäologische Funde der so genannten Kiukainen-Kultur gemacht. Im Osten und Norden bestanden die jägerischen Kulturen fort.

Die Theorie eines Bevölkerungsschwundes etwa von 500 bis zur Zeitenwende ist widerlegt. Archäologische Untersuchungen beweisen, dass Finnland seit der Mittelsteinzeit ständig besiedelt war und finno-ugrische Elemente den Kern der Bevölkerung bildeten. Während der Eisenzeit breitete sich die Besiedlung von den Regionen im Südwesten, der Häme und der Region Ladoga-Kareliens nach Norden aus. Die ansässige Urbevölkerung der Samen wurde nordwärts verdrängt. Nach 300 v. Chr. begann die Eisenzeit. Funde eingeführter Eisenschwerter und örtlich hergestellte Eisenwaren treten etwa zur gleichen Zeit auf.

Von 100 v. Chr. an nahm der Handel mit Mittelleuropa zu, und es wurden viele römische Gegenstände aus dieser Zeit gefunden (siehe auch „fenni“ in Tacitus' „Germania“). Mit dem Zeitalter der Wikinger, beginnend ab dem 8. Jahrhundert, wurde der Handel auf der Ostsee weiter verstärkt. Einige Befestigungen wurden gebaut, die auf eine mehr zentralisierte Gesellschaft schließen lassen. Archäologen haben in der Nähe des heutigen Hämeenlinna städtische Überreste aus dem 9. Jahrhundert gefunden.

In dieser Zeit bestand die finnische Bevölkerung aus: Finnen, Kareliern und Samen. Die Ålandinseln sind in dieser Zeit schwedisch.

Die Wurzeln der finnischen Bevölkerung waren Gegenstand wiederholter Kontroversen. Einige Forscher halten das westliche Sibirien für die „ursprüngliche Heimat“. Neuere Forschung unter Einbeziehung von bisher als unbedeutend geltenden Erkenntnissen führten zu der Ansicht, dass die Vorfahren der Finnen vor Jahrtausenden in mehreren Wellen aus verschiedenen Richtungen einwanderten, eine Jagd- und Ackerbaukultur einführten und die jagenden und sammelnden eingeborenen Samen nach Norden verdrängten. Noch bis ins späte Mittelalter ist für die Finnen der Brandrodungsfeldbau überliefert.

Ein Teil Schwedens

Der Kontakt zwischen Schweden und Finnland war bereits in vorchristlicher Zeit beachtlich – die Wikinger waren den Finnen sowohl durch ihre Handelsbeziehungen als auch durch Plünderungen bekannt.

Der Beginn von Finnlands fast 700 Jahre andauernder Verbindung mit dem Königreich Schweden wird meist mit dem Jahr 1154 angesetzt, als Schwedens König Erik IX. von Schweden, begleitet von einer Gruppe bewaffneter Männer und dem Bischof Heinrich von Uppsala, nach Finnland kam und versuchte, dort das Christentum einzuführen. Obwohl Heinrich 1156 durch Lalli ermordet wurde, konnte das Christentum in Finnland Fuß fassen.

Moderne Historiker ziehen diese Theorie in Zweifel. Es gibt archäologische Beweise, die zeigen, dass das Christentum sich bereits im 11. Jahrhundert in Finnland ausbreitete, also bevor die Schweden ihren Feldzug begannen. Zur gleichen Zeit breitete sich der orthodoxe Glaube in Karelien aus, diesmal von Nowgorod.

Tavastien wurde am Anfang des 13. Jahrhunderts zum Christentum bekehrt, und Birger Jarl führte 1249 einen Feldzug durch, möglicherweise um einen Aufstand niederzuwerfen und die Tavastianer davon abzuhalten, ins Heidentum zurückzufallen. Die schwedische Expansion war beunruhigend für Nowgorod, das Karelien kontrollierte.

Savonien und Karelien nahmen Ende des 13. Jahrhunderts das Christentum an, etwa zur gleichen Zeit, als Torkel Knutsson 1293 hier einen Feldzug durchführte. Während dieser Zeit bauten die Schweden eine Befestigung, die spätere Burg Wiburg. Eine Armee Nowgorods griff Wiburg im Frühjahr 1294 erfolglos an. Eine schwedische Gegenstoß im Sommer führte zur Eroberung der Nowgoroder Festung Kexholm, die aber im nächsten Frühjahr zurückerobert wurde.

Der nächste Krieg zwischen Schweden und Nowgorod 1321/1322 führte zu Verhandlungen in Nöteborg, am Ausfluss der Newa aus dem Ladogasee. Im Vertrag von Nöteborg wurden erstmals die Grenzen zwischen Schweden und Nowgorod festgelegt. Schweden erhielt West-Karelien, Nowgorod Ingermanland und Ladoga-Karelien (Ost-Karelien).

1337 brach in Ost-Karelien ein Aufstand gegen die Nowgoroder Herrschaft aus. Im nächsten Jahr sandte Schweden Truppen nach Ladoga-Karelien. In Ingermanland wurde eine schwedische Armee geschlagen, und der Krieg endete mit einem Frieden, der den Vertrag von 1323 bestätigte.

1347 bereitete der schwedische König Magnus III. einen Krieg gegen Nowgorod vor, wahrscheinlich als Reaktion auf dessen Überfälle im Vorjahr. Der Krieg wurde vom Klerus und der (späteren) Heiligen Birgitta unterstützt. Im nächsten Jahr landete eine schwedische Streitmacht an der Neva, schlug die Nowgoroder und rückte weiter nach Nöteborg vor, das belagert und erobert wurde. Danach kehrte der König nach Schweden zurück. Eine Entsatzheer aus Nowgorod mit neuen russischen Truppen kam zu spät, um der belagerten Festung zu helfen. Jedoch wurde 1349 die schwedische Garnison ausgehungert. In diesem Jahr führte Magnus einen weiteren Angriff gegen Nöteborg, der jedoch fehlschlug. Im Jahr 1350 zog Nowgorod gegen Wiburg, welches sie am 21. März erreichten. Die Stadt wurde niedergebrannt und das umgebende Land verwüstet, aber die Burg konnte nicht erobert werden.

1388 wählte Schweden Margarethe I. von Dänemark zur Regentin, 1397 wurde die Kalmarer Union begründet. Während dieser Zeit fanden einige Angriffe von Schwedisch-Karelien nach Ingermanlannd und Ladoga-Karelien statt.

Als Bo Jonsson Grip, einer der reichsten Männer Schwedens, der Turku als Lehen erhalten hatte und weitere Besitztümer in Finnland hatte, 1386 starb, hinterließ er alles seinem Sohn Knut. Als Teil des Vertrages, der die Union bildete, waren diese Besitztümer an die Krone verloren worden. Als Knut älter wurde, reiste er 1395 nach Finnland und schaffte es, seinen Besitz zurückzuerhalten. Daraufhin sandte Margarete eine Armee nach Turku. Die Stadt fiel 1398.

Im Jahre 1411 flammten die Feindseligkeiten mit Nowgorod wieder auf. Bis dahin war Schweden in andere Kriege verwickelt gewesen, und Nowgorod hatte sich auf den Deutschen Orden konzentriert. Auf einen schwedischen Überfall auf Tiurula in der Nähe der Grenze folgte ein Angriff Nowgorods auf Wiburg. Außerdem werden in den Chroniken noch eine Reihe kleinerer Überfälle gegen Oulu 1415 und weitere Dörfer in Nordfinnland 1431 erwähnt.

1488 wird mit dem Missale Aboense das erste Buch Finnlands bei Bartholomäus Ghotan in Lübeck im Auftrage des Bischofs von Turku Konrad Bitz als Messbuch gedruckt.

Großherzogtum Finnland, Atlas Maior, Magnvs Dvcatvs Finlandiæ (Karte von 1662)

In den anschließenden Jahrhunderten spielte der östliche Teil des schwedischen Machtbereichs (das heutige Finnland) eine wichtige Rolle im politischen Geschehen Schwedens. Finnische Soldaten machten den größten Teil der schwedischen Armeen aus. Die Finnen stellten auch einen Großteil der ersten „schwedischen“ Siedler im Amerika des 17. Jahrhunderts (Neuschweden). In den ersten Jahrhunderten der schwedischen Herrschaft wurden außerdem erfolgreich Handelsbeziehungen zu Mitgliedsstädten der Hanse aufgebaut, was zu engerem Kontakt Finnlands zu Resteuropa führte, sowohl materiell als auch geistig.

Während der schwedischen Herrschaft bewegte sich Finnlands Ostgrenze im Verlauf vieler Kriege ständig vor und zurück. Insgesamt kam es aber zu einer langsamen Expansion, die erst durch den Großen Nordischen Krieg gestoppt wurde. Danach, also im Zeitraum 17001808, war Finnland mehrfach ganz oder teilweise von Russland besetzt, und der südöstliche Teil kam in der ersten Hälfte des 18. Jahrhundert ganz unter russische Kontrolle. Er wurde in der Folge als „Altfinnland“ bezeichnet.

Die russische Herrschaft begann zunächst im Großen Nordischen Krieg, als die finnischen Resttruppen bei Napue fast vollständig vernichtet wurden. Im Frieden von Nystad wurde der größte Teil Finnlands an Schweden zurückgegeben, nur Viborg verblieb dem russischen Reich. 1741 brach ein neuer Krieg mit Russland aus, der unglücklich für Schweden verlief. Im anschließenden Frieden von Åbo 1743 musste erneut ein Teil Finnlands an Russland abgetreten werden.

Russisches Großfürstentum (1809–1917)

Das Großfürstentum Finnland in den Grenzen von 1812-1917
Helsinki um 1895

Bereits von 1788 bis 1790 hatte es zwischen Schweden und Russland einen Krieg gegeben. Im Frieden Frieden von Werelä wurden jedoch die alten Grenzen festgeschrieben, sodass sich am Status quo nichts änderte. In diesem Krieg bildete sich der Anjalabund, eine Vereinigung von Offizieren, die mit dem schwedischen König Gustav III. unzufrieden waren. Der Bund wurde jedoch unterdrückt. Der Russisch-Schwedische Krieg 1808–1809 führte schließlich dazu, dass Schweden im Vertrag von Fredrikshamn am 17. September 1809 Finnland an Russland abtreten musste. Am 29. März 1809 bestätigte Zar Alexander I. als Großfürst von Finnland in Borgå die Verfassung des Landes. Von den Ständen wurde daraufhin der Huldigungseid abgelegt. Auf Betreiben seines in Finnland geborenen Beraters Gustaf Mauritz Armfelt wiedervereinigte Alexander I. 1812 Altfinnland mit dem Großfürstentum. Finnland war bis 1917 autonomes Großfürstentum im Russischen Reich mit dem russischen Zaren als Großfürst.

Finnische Truppen kämpften auch bei der Völkerschlacht von Leipzig gegen Napoleon.

Der Reichstag wurde in den 1860er Jahren reaktiviert, als Russland eine autonome Gesetzgebung in innenpolitischen Dingen erlaubte. Im 19. Jahrhundert begann auch eine langsame Industrialisierung, zunächst in der Forstwirtschaft und im Maschinenbau, die den Grundstein für Finnlands heutigen wirtschaftlichen Erfolg legte. Trotzdem blieb allerdings ein großer Teil der Bevölkerung bis nach dem Zweiten Weltkrieg in der Landwirtschaft beschäftigt.

In Åbo wurde nun unter Mitwirkung der Stände ein Regierungsrat aufgestellt, der ab 1816 „Kaiserlicher Senat für Finnland“ genannt wurde. Die höchste administrative Gewalt lag beim Generalgouverneur, der für die Einhaltung der Gesetze zu sorgen hatte. 1819 wurde dann Helsingfors (finnisch Helsinki) Hauptstadt. Nachdem 1827 ein verheerender Brand die Stadt Åbo weitgehend zerstört hatte, zog auch die Universität nach Helsingfors, das nun der geistige Mittelpunkt des Landes wurde.

Unter der Regierung des Zaren Nikolaus (18251855) wurden die Stände, deren Einberufung nach der alten Konstitution von 1789 vom Willen des Herrschers abhing, nicht zum Landtag berufen. 1850 wurde auch ein Verbot erlassen, in finnischer Sprache andere als religiöse und wirtschaftliche Bücher zu drucken. Dieses Verbot war jedoch nicht durchzusetzen.

Der Grad der Autonomie änderte sich über die Jahre. Es gab Zeiten der Zensur und politischen Verfolgung, aber die finnische Bevölkerung blieb, anders als in vielen anderen russischen Besitztümern, frei von Leibeigenschaft. Schwedische Gesetze, auch die Verfassung aus dem Jahre 1772 und – mit leichten Veränderungen – die Verwaltungsgliederung von 1634 blieben in Kraft.

Während des Krimkrieges wurden auch die finnischen Küsten von den Engländern angegriffen und verwüstet, unter anderem zerstörte man die Schiffswerften am Bottnischen Meerbusen, die Festung Bomarsund und eroberte die Åland-Inseln.

Nationalismus

Seitdem Finnland im 12. Jahrhundert schwedisch wurde, war Schwedisch auch die in Verwaltung und Erziehung dominierende Sprache, obwohl Finnisch seit einem Wiederaufflammen des finnischen Nationalismus im 19. Jahrhundert wieder die von der Mehrheit des Volkes gesprochene Sprache war.

Die Veröffentlichung des finnischen National-Epos Kalevala (1835), einer Sammlung tradierter Mythen und Legenden, und die Folklore der karelischen Bevölkerung schürten als erste den Nationalismus, der später zur Unabhängigkeit von Russland führte. Das nationale Erwachen der Finnen Mitte des 19. Jahrhunderts war das Ergebnis von Bemühungen der schwedischsprechenden Oberklasse in Finnland, die sich dafür entschieden hatten, finnische Kultur und Sprache zum Zwecke einer Art von Nation Building zu fördern, d. h. es ging darum, ein Gefühl der Einheit zwischen der finnischen Bevölkerung, inklusive der regierenden Elite und dem regierten Volk, zu schaffen.

1892 wurde Finnisch neben Schwedisch zur Amtssprache, und nach kaum einer Generation dominierte das Finnische in Politik und Gesellschaft.

Russifizierung

Mit Amtsantritt des Kaisers Alexanders III. 1891 begann (nicht nur in Finnland) eine Ära energischer Russifizierung, die zunächst auf eine Entmachtung der staatlichen Institutionen des Großfürstentums abzielte und auf hartnäckigen Widerstand von Finnen und Finnländern stieß. Die Aufrichtung des (nie gestürzten) Denkmals Alexanders II. in Helsinki war damals als Ehrung desjenigen Zaren, der die finnische Verfassung nicht angetastet hatte, ein Zeichen nationalen Protestes.

Im Jahre 1906, als es darum ging, die russisch-finnischen Beziehungen zu verbessern, wurde der alte Vierkammer-Reichstag durch ein Einkammerparlament ersetzt, das durch die gesamte Bevölkerung gewählt wurde, wobei die finnischen Frauen die ersten in Europa waren, die das Stimmrecht erhielten.

Unabhängigkeit und Bürgerkrieg

Nach der Februarrevolution in Russland erhielt Finnland einen neuen Senat, ein Koalitions-Kabinett mit der gleichen Machtstruktur wie das Parlament. Seit der Wahl 1916 hatten die Sozialdemokraten eine knappe Mehrheit, daher wurde der Sozialdemokrat Oskari Tokoi Premierminister. Der neue Senat war grundsätzlich zur Zusammenarbeit mit der neuen Regierung Russlands (nach der Februarrevolution 1917) bereit, es konnte aber keine Übereinkunft erzielt werden. Die Sicht der Finnen war, vereinfacht gesagt, dass mit der Entthronung des Zaren die Personalunion mit Russland beendet war. Sie erwarteten, dass die Autorität des Zaren nun an Finnlands Parlament überging, was die provisorische Regierung Russlands nicht akzeptieren konnte. Für die finnischen Sozialdemokraten schien es, als sei die russische Bourgeoisie sowohl ein Hindernis auf Finnlands Weg zur Unabhängigkeit als auch auf dem Weg des Proletariats zur Gerechtigkeit. Die Nicht-Sozialisten in Tokois Senat hatten mehr Vertrauen. Sie und die meisten Nicht-Sozialisten im Parlament wiesen den sozialdemokratischen Gesetzesvorschlag über Parlamentarismus (Power Act) als zu weitreichend und provokativ zurück. Das Gesetz beschränkte Russlands Einfluss auf einheimische finnische Angelegenheiten, rührte aber nicht an der Macht der Russen in Sachen Außen- und Verteidigungspolitik. Für die provisorische russische Regierung war dies viel zu radikal. Da das Parlament seine Autorität überschritten hatte, wurde es aufgelöst.

Die Minderheit in Parlament und Senat war zufrieden. Neuwahlen versprachen die Chance, eine Mehrheit zu erlangen, was – wie sie überzeugt waren – die Chancen auf eine Übereinkunft mit Russland erhöhte. Die Nicht-Sozialisten waren auch deshalb an einer Zusammenarbeit mir Russland interessiert, weil sie fürchteten, dass die Sozialisten ihre Macht ausbauen könnten, was möglicherweise zu radikalen Reformen wie z. B. gleichem Wahlrecht in Kommunalwahlen oder einer Landreform geführt hätte. Die Mehrheit hatte natürlich die genau entgegengesetzte Meinung. Sie akzeptierten das Recht der provisorischen Regierung, das Parlament auflösen zu dürfen, nicht.

Die Sozialdemokraten waren weiter von der Richtigkeit des Power Act überzeugt und waren dagegen, das Dekret, das die Auflösung des Parlaments verfügte, zu veröffentlichen, wohingegen die Nicht-Sozialisten dafür stimmten, es zu veröffentlichen. Die Uneinigkeit über den Power Act führte dazu, dass die Sozialdemokraten den Senat verließen. Als das Parlament nach der Sommerpause im August 1917 wieder zusammentrat, waren nur die Gruppen anwesend, die den Power Act unterstützten. Russische Truppen besetzten die Kammer, das Parlament wurde aufgelöst, und Neuwahlen wurden ausgetragen. Das Ergebnis war eine (kleine) bürgerliche Mehrheit und ein rein Nicht-Sozialistischer Senat. Die Abschaffung des Power Act und die Kooperation der Finnischen Bürgerlichen mit dem unterdrückerischen Russland führte zu großer Bitterkeit unter den Sozialisten und dutzenden von politisch motivierten Terror- und Mordanschlägen.

Erfolgreiche Unabhängigkeit

Die russische Oktoberrevolution im November 1917 stellte die finnische Politik auf den Kopf. Die Nicht-Sozialistische Mehrheit im Parlament fühlte einen großen Drang nach vollständiger Unabhängigkeit, und die Sozialisten sahen Russland mehr und mehr als Vorbild.

Am 6. Dezember 1917, also kurz nach der kommunistischen Revolution in Russland, erklärte Finnland seine Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit wurde von Russlands kommunistischer Regierung am 4. Januar 1918 anerkannt, gefolgt vom kaiserlichen Deutschland und den skandinavischen Ländern.

Das Jahr 1918 sah den kurzen, aber heftigen Finnischen Bürgerkrieg, der die Innenpolitik und auswärtigen Beziehungen Finnlands auf Jahre hinaus prägte. Während des Bürgerkriegs wurde von den Mittelmächten und dem kommunistischen Russland der Friedensvertrag von Brest-Litowsk ausgehandelt, der bezüglich Finnland folgendes festlegte:

Deutschland und Österreich-Ungarn wollen den zukünftigen Status dieser Territorien in Übereinstimmung mit der dortigen Bevölkerung regeln.
Finnland und Åland werden sofort von Russischen Truppen und der Russischen Roten Garde geräumt, ebenso wie die Russische Flotte aus den finnischen Häfen abzieht. So lange der Transfer von Kriegsschiffen in russische Häfen durch Eis verhindert wird, bleiben nur Rumpfmannschaften auf den Schiffen. Russland muss alle Agitation und Propaganda gegen die Regierung oder die öffentlichen Institutionen Finnlands einstellen.
Die auf Åland gebauten Festungen müssen so schnell wie möglich beseitigt werden. Bezüglich der permanenten Nicht-Befestigung dieser Inseln sowie ihrer weiteren Behandlung in Sachen militärische Navigation wird ein besonderes Abkommen zwischen Deutschland, Finnland, Russland und Schweden geschlossen; Auf Deutschlands Wunsch werden auch weitere Ostsee-Anrainerstaaten in dieser Sache gehört.

Finnland zwischen den Weltkriegen

Der russisch-finnische Grenzverlauf nach dem Frieden von Dorpat (1920)

Im Frieden von Dorpat erkannte das bolschewistische Russland 1920 die Unabhängigkeit Finnlands in den Grenzen des zaristischen Großherzogtums an. Zudem erhielt Finnland mit Petsamo (heute: Petschenga) einen eisfreien Hafen am Nordmeer.

Ursprünglich sollte Finnland eine konstitutionelle Monarchie werden. Ein deutscher Prinz, Friedrich Karl von Hessen wurde zum König gewählt, mit Pehr Evind Svinhufvud als Reichsverweser. Deutschlands Niederlage im Ersten Weltkrieg führte jedoch dazu, dass diese Idee verworfen wurde. Unter dem neuen Reichsverweser Carl Gustaf Mannerheim wurde Finnland zur Republik erklärt, zu deren erstem Präsidenten 1919 Kaarlo Juho Ståhlberg gewählt wurde.

Wegen der überwiegend schwedischsprachigen Åland-Inseln geriet die junge Republik in Streit mit Schweden. Da Finnland nicht bereit war, diese Inseln abzutreten, wurde ihnen ein autonomer Status angeboten. Die Einwohner nahmen diesen Vorschlag jedoch nicht an und der Streit um die Inseln wurde vor den Völkerbund gebracht. Dieser entschied, dass Finnland seine Souveränität über die Inseln behalten solle, diese aber eine autonome Provinz bilden sollten. Finnland musste den Einwohnern der Inseln das Recht einräumen, die schwedische Sprache sowie ihre Kultur und Traditionen zu pflegen. Zur gleichen Zeit wurde ein internationaler Vertrag unterzeichnet, der Åland zu neutralem Gebiet erklärte, auf dem keine militärischen Einheiten stationiert werden dürfen.

Die Innenpolitik Finnlands war in den 1920er Jahren mit ähnlichen Problemen konfrontiert wie die der Weimarer Republik. Als Ende November 1929 ein kommunistischer Jugendverband durch die westfinnische Kleinstadt Lapua marschierte, nahm das die dortige bürgerliche Bevölkerung zum Anlass, gegen die Sozialisten vorzugehen; die Lapua-Bewegung entstand. Nachdem am 14. Oktober 1930 Ex-Präsident Ståhlberg zur sowjetischen Grenze deportiert wurde, distanzierten sich jedoch die konservativen Kräfte von der Bewegung. Ein Putschversuch im März 1932 scheiterte, da sich die Armee der Lapua-Bewegung nicht anschloss. Nach der Verurteilung ihrer Anführer zu kurzen Haftstrafen wurde im April 1932 die faschistische Volkspatriotische Bewegung (IKL) gegründet, die allerdings nur noch eine untergeordnete Rolle spielte.

Finnland im Zweiten Weltkrieg

Finnische Gebietsverluste im Frieden von Moskau (1940) und im Frieden von Paris (1947)

Ein Nichtangriffspakt von 1932 änderte nichts daran, dass Finnland 1939 von der Sowjetunion überfallen wurde. Im Oktober 1939 verlangte die Sowjetunion die Abtretung eines kleinen Landstreifens um den Ort Koivisto, wodurch das Hinterland Leningrads vergrößert werden sollte, sowie einen Flottenstützpunkt an der Südküste Finnlands. Die Finnen lehnten aus Angst vor weiteren Forderungen ab, sodass Stalin zur Gewalt griff. Die russische Artillerie beschoss das auf eigenem Gebiet liegende Dorf Mainila und beschuldigte Finnland der Aggression. Am 30. November überschritten sowjetische Truppen die Grenze, der „Winterkrieg“ begann.

Bereits am 1. Dezember ließ Stalin im eroberten Grenzort Terijoki eine finnische Gegenregierung („Finnische Volksregierung“) unter dem ehemaligen Führer der KP Finnlands Otto Kuusinen bilden, die im Namen der „Finnischen Demokratischen Republik“ am 2. Dezember 1939 einen fiktiven Friedensvertrag mit der Sowjetunion unterzeichnete, der einen „Gebietsaustausch“ vorsah. Das verstärkte jedoch den Widerstandswillen der Finnen, die nun die völlige Einverleibung in die Sowjetunion fürchteten. Unter großen Anstrengungen wurde der russische Ansturm gestoppt. Auch hoffte man auf Unterstützung aus dem Westen. Der Völkerbund erklärte die Sowjetunion zum Aggressor und schloss sie aus (das war sein letzter Amtsakt).

Im Februar 1940 durchbrachen sowjetische Truppen die Mannerheim-Linie im Abschnitt Wyborg; die Finnen bemühten sich um einen Waffenstillstand. Stalin hatte der Regierung Kuusinen inzwischen die Teilnahme an den Verhandlungen versagt und war zum Frieden bereit, offenbar weil er befürchtete, durch ein angekündigtes britisch-französisches Expeditionskorps in den Weltkrieg hineingezogen zu werden. Im Frieden von Moskau 1940 wurde der Winterkrieg beendet und Finnland musste territoriale Einbußen (Karelien, Salla, Fischer-Halbinsel) hinnehmen. Die Stadt Hanko an der Südküste musste als Flottenstützpunkt an die Sowjetunion verpachtet werden. Im Gegenzug wurde von sowjetischer Seite die finnische Gegenregierung aufgelöst, Kuusinen wurde Chef der neugebildeten Karelo-Finnischen SSR.

Nach dem Überfall des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion beteiligte sich Finnland an deutscher Seite am Russlandfeldzug (der „Fortsetzungskrieg“ mit dem Kriegsziel: Wiedergewinnung der verlorenen Gebiete, keine Beteiligung am Angriff auf Leningrad).

Bereits ab August 1940 war Deutschland in Nordfinnland mit einer Division zugegen, um die Furcht der Finnen vor einem sowjetischen Angriff zu beruhigen. Deutschlands Angriff (22. Juni 1941) gegen die Sowjetunion führte zu sowjetischen Bombenangriffen auf finnische Städte.

1944 schloss Finnland mit der Sowjetunion einen separaten Waffenstillstand. 1944/1945 folgte der Lapplandkrieg gegen deutsche Truppen, um sie zum Rückzug aus Nordfinnland zu zwingen.

Im Frieden von Paris (1947) trat Finnland auch noch das von der Sowjetunion im Oktober 1944 eroberte Gebiet um Petsamo an die Sowjetunion ab und damit den eisfreien Hafen, der den einzigen Zugang zum Nordmeer darstellte. Anstelle Hankos wurde nun Porkkala, westlich von Helsinki, als sowjetischer Stützpunkt verpachtet. 1955 gab die Sowjetunion Porkkala an Finnland zurück.

Finnland schaffte es im Gegensatz zu den meisten anderen Nachbarstaaten der Sowjetunion, seine Unabhängigkeit und demokratische Verfassung zu erhalten, wurde aber weit mehr bestraft als andere deutsche Alliierte, da es sehr hohe Reparationen zu zahlen hatte, ein Achtel der Bevölkerung umgesiedelt werden musste und ein Zehntel des Territoriums verloren ging, einschließlich des industriellen Kerngebietes um Wyborg. Es führte eine erfolgreiche Bodenreform durch und industrialisierte sich auf modernstem Niveau.

Finnland in der Zeit des Kalten Krieges

Finnland behielt während des Kalten Krieges seine demokratische Verfassung und freie Wirtschaftsstruktur. 1947 und 1948 wurden Verträge mit der Sowjetunion geschlossen, die Rechte und Pflichten sowie territoriale Zugeständnisse beinhalteten. Beide Verträge wurden von Finnland nach der Auflösung der Sowjetunion 1991 für nichtig erklärt, die Grenzen blieben aber unberührt. Obwohl die Nachbarschaft zur mächtigen Sowjetunion manchmal zu übertriebener Vorsicht in der Außenpolitik führte (siehe: Finnlandisierung), entwickelte Finnland enge Beziehungen zu den anderen skandinavischen Ländern und erklärte mehrfach seine Neutralität in Bezug auf die Politik der beiden Supermächte.

1952 vereinbarten Finnland und die anderen Mitgliedsstaaten des Nordischen Rates Freizügigkeit für ihre Bürger. Viele Finnen nutzten diese Möglichkeit, um besser bezahlte Jobs in Schweden zu erhalten, und bildeten damit die erste Welle schwedischer Arbeits-Immigranten nach dem Zweiten Weltkrieg. Obwohl der finnische Lebensstandard bis in die 1980er Jahre hinein nicht mit demjenigen im wohlhabenden Schweden konkurrieren konnte, überwand die finnische Wirtschaft den Rückschlag nach dem Zweiten Weltkrieg bemerkenswert schnell, was später zum Aufbau eines weiteren Wohlfahrtsstaats nach nordischem Muster und zum heutigen wirtschaftlichen Erfolg Finnlands führte.

Finnland wurde 1961 Assoziativmitglied der europäischen Freihandelszone und 1986 zum Vollmitglied. Das Handelsabkommen mit der EFTA wurde durch ein weiteres mit den Ostblockstaaten ergänzt. Finnland wurde Beobachter des RGW, zahlreiche finnische Arbeitslose fanden Pendlerjobs in der Sowjetunion. Die erste Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die später zur Gründung der OSZE führte, wurde ab dem 3. Juli 1973 in Helsinki abgehalten. In Finnland wurde diese Konferenz als Möglichkeit gesehen, die Spannungen des Kalten Krieges abzubauen, außerdem war sie ein persönlicher Triumph für Präsident Urho Kekkonen.

Finnland in der postsowjetischen Ära

Am 1. Januar 1995 wurde Finnland zusammen mit Österreich und Schweden Mitglied der Europäischen Union. Vor der parlamentarischen Entscheidung, der EU beizutreten, war am 16. Oktober 1994 eine Volksabstimmung abgehalten worden. 56,9 % der Wähler stimmten für, 43,1 % gegen den Beitritt.

Literatur

  • Forsén, Björn und Annette: Saksan ja Suomen salainen sukellusveneyhteistyö, Porvoo [u.a.] : Söderström 1999, 330 S., ISBN 951-0-24029-X, (Die geheime U-Bootszusammenarbeit zwischen Deutschland und Finnland)
  • Meri, Veijo: Beneath the Polar Star : glimpses of Finnish history, Helsinki : Otava 1999, 156 S., (Aus dem Finnischen übersetzt von Philip Binham) ISBN 951-1-16091-5
  • Putensen, Dörte : Im Konfliktfeld zwischen Ost und West : Finnland, der Kalte Krieg und die deutsche Frage (1947 - 1973), Berlin : Berlin-Verlag 2000, 457 S., (= Schriftenreihe der Deutsch-Finnischen Gesellschaft e.V. ; Bd. 3), ISBN 3-8305-0054-8