Erektion
Die Erektion (lat.: Aufrichtung) ist bei Tier und Mensch ein natürlicher Vorgang bei sexueller Erregung, der durch das Steifwerden der Klitoris, des Penis oder auch zum Beispiel der Brustwarzen bei beiden Geschlechtern gekennzeichnet ist. Das Steifwerden geschieht beim Menschen und einigen anderen Säugetieren durch die Anstauung des Blutes in den dazugehörigen Schwellkörpern dieser Organe (dies allerdings nicht im Falle der Brustwarzen). Neben dem vermehrten Blutzufluss in das betreffende Organ kommt es bei der Erektion gleichzeitig auch zu einer Drosselung des Blutrückstroms. Die Schwellkörper werden dadurch größer und härter. Viele Säugetiere besitzen einen Penisknochen und eine Erektion wird bei ihnen durch ein Vorschieben des Knochens erreicht.

Auslöser einer Erektion
Die Erektion wird normalerweise bei sexueller Erregung durch das Erektionszentrum im unteren Rückenmark ausgelöst. Das eigentliche Erektionszentrum ist einerseits vom Gehirn her beeinflussbar durch erotisierende sinnliche Wahrnehmungen (sexuelle Wahrnehmungsreize) oder Vorstellungen (erotische Gedanken). Andererseits kann eine Erektion auch direkt reflektorisch durch mechanische Reizung ausgelöst werden, unabhängig davon, ob es sich dabei um fremde Liebkosung oder eigene Manipulationen handelt (Masturbation). Die Erektion des Penis kann sogar ohne jegliche (äußere) sexuelle Erregung zustande kommen, wie beispielsweise bei der Morgenerektion, volkstümlich auch "Morgenlatte" genannt, oder auch durch Wärmeeinwirkung, zu enge Bekleidung und andere Ursachen.
Sehr oft wird die männliche Erektionsfähigkeit der allgemeinen Manneskraft oder Potenz - d.h. die Reproduktionsfähigkeit - gleichgestellt und diese dann wiederum mit Jugend und Vitalität verglichen. Doch zu Erektionen kann es auch beim kleinsten Säugling und dem ältesten Greis kommen.
Physiologische Veränderungen des Penis'
Beim Mann kommt es bei der Erektion durch eine Blutfüllung der drei beziehungsweise vier Schwellkörper im Penis (zwei Corpora cavernosa penis, „Penisschwellkörper“, ein Corpus spongiosum penis, „Harnröhrenschwellkörper“, und als Verlängerung des Harnröhrenschwellkörper ein Corpus spongiosum glandis, „Eichelschwellkörper“) zu einer Verdickung von Eichel und Penis und einer Penisaufrichtung in einem individuell verschiedenen Winkel. Ein erigierter Penis kann sich individuell im Verhältnis zum Ruhezustand bis zu vierfach vergrößern.
Vergleichbar zur Erektion beim Mann kommt es bei der Frau in der sogenannten Erregungsphase zu einem Anschwellen der Großen Schamlippen und einer Freilegung der Scheidenöffnung. Weiterhin schwellen auch die Kleinen Schamlippen deutlich an und dehnen sich nach außen. Zugleich vergrößert die Klitoris ihren Umfang und ihre Größe um das Zwei- bis Dreifache, in dem sich die weiblichen Schwellkörper (Corpus cavernosum clitoridis beziehungsweise Corpus clitoris) mit Blut füllen.
Funktionale Bedeutung
Die Erektion des Mannes ist eine der Voraussetzungen für den Geschlechtsverkehr, soweit man darunter - im engeren Sinne - die Einführung des männlichen Phallus in die weibliche Scheide versteht (Penetration oder Koitus). Die weibliche Erektion ist zwar deutlich weniger auffällig, für den erfüllten Liebesakt jedoch nicht minder wichtig. Hinsichtlich der Fortpflanzung wird durch sie auch das Eindringen des erigierten Penis des Mannes in die Scheide erleichtert.
Allerdings ist ein aktives Liebesleben durchaus auch ohne Erektion denkbar und möglich. Das ausgedehnte zärtliche Vorspiel vor dem eigentlichen Sex dient deshalb wesentlich der beiderseitigen Luststeigerung der Liebespartner.
Nach einem Orgasmus
Nach dem sexuellen Höhepunkt, dem Orgasmus, ob mit oder ohne Ejakulation (Samenerguss), geht die Erektion zurück, das Blut fließt aus den Schwellkörpern wieder ab und der Kreislauf normalisiert sich. Bei der Frau geschieht dies in der Regel deutlich langsamer als beim Mann. Aber auch ohne eigentlichen Orgasmus nimmt die Erektion bei beiden Geschlechtern nach einer gewissen Zeit ohne weitere Stimulation mehr oder minder schnell ab, bis sie dann ganz verschwindet.
Weiteres Vorkommen
Erektionen treten bei gesunden Menschen in nahezu jedem Lebensalter regelmäßig während des Schlafes innerhalb der so genannten REM-Phasen auf.
Auch Orgasmen während des Schlafes, die bei männlichen Jugendlichen und erwachsenen Männern bislang Pollutionen genannt wurden, sind immer mit Erektionen verbunden.
Da es in der Pubertät und im jungen Erwachsenenalter zu einer vermehrten Ausschüttung der Geschlechtshormone kommt, kann es dadurch auch in sehr unterschiedlichen und nicht immer rein sexuell getönten Situationen zu Ungewollten Erektionen kommen. Dabei schämen sich häufig die betreffenden männlichen Personen für ihre im Gegensatz zu denen bei Frauen oder Mädchen deutlich sichtbaren Erektionen, da sie sich unsicher bezüglich der Reaktionen ihrer Mitmenschen sind. Beispielsweise kann dies der Fall sein, wenn ein Jugendlicher beim gemeinsamen Duschen in der Schule oder im Sportverein eine offensichtliche Erektion bekommt.
Mythen und Ängste
Da um die männliche und zunehmend auch die weibliche Erektion etliche Mythen und Wertvorstellungen kreisen, reihen sich um sie auch entsprechend zahlreiche Ängste und Wünsche, Vorurteile und Geheimnisse. Die Pharmaindustrie reagiert darauf mit immer neuen Therapieversprechungen, Forschungen und Medikamenten.
Da die Erektion als Reflex nicht willentlich beeinflussbar ist, verdecken Männer in den meisten Kulturen ihren Penis, um Missverständnisse und Rivalitäten zu vermeiden.
Nachweismethoden
Um Peniserektionen auch im Schlaf nachzuweisen, gibt es mittlerweile eine noch relativ unbekannte Untersuchungsmethode in der Medizin – die Phallografie. Dabei wird ein Bändchen mit integrierten Dehnungsmessstreifen um den Penis gelegt und an ein Aufzeichnungsgerät angeschlossen. Füllen sich die Schwellkörper, so wird das erkannt, aufgezeichnet und kann vom Arzt später ausgewertet werden.
Erektionsstörung
Erektionsstörungen beim Mann werden als erektile Dysfunktion bezeichnet (siehe auch Impotenz). Erektionsstörungen betreffen einen bestimmten Prozentsatz von Männern in fortgeschrittenen Alter. Auch junge Männer können aber betroffen sein. Sie wirken sich in vielen Fällen negativ auf das seelische Wohlbefinden in einer Partnerschaft aus, wie auch weibliche Frigidität oder fehlende Orgasmusfähigkeit bei der Frau. Da Patienten mit erektiler Dysfunktion aus Schamgefühl auch heutzutage noch oft auf eine ärztliche Behandlung verzichten, gibt es eine hohe Dunkelziffer. Verschiedene Gesundheitskampagnen wollen in der Öffentlichkeit aufklären und so dem Problem begegnen.
Eine schmerzhafte Dauererektion des Penis, die länger als zwei Stunden andauert, wird Priapismus genannt und bedarf einer sofortigen Behandlung. Es handelt sich dabei um einen Notfall, der ohne sofortige urologische Behandlung den Penis und insbesondere die Schwellkörper dauerhaft schädigt. Wenn keine Behandlung erfolgt, kann die Erektionsfähigkeit des Penis verloren gehen.
Siehe auch
Literatur
- E .J. Haeberle: Die Sexualität des Menschen. Walter de Gruyter, Berlin, New York 1983, ISBN 3-11-008753-7
- Ford, C. S., Beach, F. H.: Das Sexualverhalten von Mensch und Tier (Patterns of sexual behavior, dt.). Reinbek (Rowohlt), Hamburg 1971.
- Kinsey, A. C. u. a.: Das sexuelle Verhalten des Mannes (Sexual behavior in the human male, dt.). Fischer, Frankfurt/M. 1970.
- Masters, W. H., Johnson, V. E.: Die sexuelle Reaktion (Human sexual response, dt.). Reinbek (Rowohlt), Hamburg 1980.
- Sigusch, V., Schmidt, G,: Jugendsexualität. Dokumentation und Untersuchung. Enke, Stuttgart 1973.
- M. Golstein, W. McBride: Lexikon der Sexualität. Jugenddienst-Verlag Wuppertal-Barmen, 2. Aufl. 1970, ISBN 3-77-957001-7