Zum Inhalt springen

Joseph Beuys

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 20. September 2006 um 19:12 Uhr durch Thot 1 (Diskussion | Beiträge) (Betrachtung zur Person: deutsche Anführungszeichen!). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Joseph Beuys (Aussprache: [bɔɪs]; * 12. Mai 1921 in Krefeld; † 23. Januar 1986 in Düsseldorf) war ein deutscher Bildhauer, Zeichner sowie Aktionskünstler, Kunsttheoretiker und Politiker. Er zählt zu den bekanntesten deutschen Künstlern der Moderne und hat sich intensiv mit Fragen der Anthroposophie, des Humanismus und der Soziologie auseindergesetzt. Beuys gilt als Wegbereiter des Fluxus.

Leben

Kindheit und Jugend

Joseph Beuys wurde als Sohn des Kaufmanns Josef Jakob Beuys und dessen Frau Johanna Maria Margarete Beuys, geb. Hülsermann in Krefeld geboren. Beuys gibt aber Kleve, wo er aufgewachsen ist, als seinen biografischen Geburtsort an. Beuys interessierte sich schon sehr früh für Botanik und Zoologie und brachte dieses Interesse in vielen Heften zu Papier. Mit seinen Freunden veranstaltete er Exkursionen, legte Sammlungen in großen Zeltbauten an, die dort ausgestellt wurden. Alles mögliche wurde gesammelt, so zum Beispiel Mücken, Kaulquappen, Fische, Käfer, Mäuse, Ratten. Von 1927 bis 1932 besuchte er die Volksschule, anschließend das Staatliche Gymnasium in Kleve. Während der Schulzeit erlernt er das Klavier- und Cellospielen und überraschte durch seine hohe Frühbegabung in der Malkunst. In seiner Schulzeit besuchte er oft das Atelier des Klever Bildhauers Achilles Moortgart. Er befasste sich mit Wilhelm Lehmbruck, spielte beim „6. öffentlichen Schülerkonzert” in Kleve am Klavier und betrieb umfangreiche naturwissenschaftliche und technische Studien. Um 1939 schloss er sich einem Zirkus an, um für fast ein Jahr als Artist mitzuwirken. Ostern 1941 verlässt er das Gymnasium mit dem „Reifevermerk”.

Kriegszeit

Während des 2. Weltkriegs, verpflichtete sich Beuys im Mai 1941 in Posen freiwillig zu einer zwölfjährigen Unteroffizierslaufbahn in der Wehrmacht um den Reichsarbeitsdienst zu umgehen. Beuys' Ausbilder zum Luftnachrichtenfunker war der spätere Tier- und Dokumentarfilmer Heinz Sielmann. Im Anschluß wurde Beuys Adjutant und Freund des Ausbildungs-Unteroffiziers Sielmann. Sielmann vertiefte in Joseph Beuys das Interesse an der Natur, der Zoologie und Botanik. Beuys wird Gasthörer an der Universität Posen in den Gebieten Zoologie, Geographie und Botanik. Obwohl er nach seinem Abschluß am Hindenburg-Gymnasium in Kleve eigentlich eine Laufbahn als Kinderarzt plante (Beuys hatte bereits ein Vorbereitungsstudium absolviert), meldete er sich schlussendlich als Sturzkampfflieger zur Luftwaffe. Später sagte Beuys „...es sei reiner Korpsgeist gewesen”, der ihn zu diesem Entschluss gebracht hätte. Im Dezember 1941 wird Beuys zur Bordfunkerausbildungskompanie in die Luftnachrichtenschule 5 nach Erfurt-Bindersleben versetzt. Die Beförderung zum Gefreiten ist im Mai 1942. Ende des Jahres als Unteroffizier an der Luftnachrichtenschule 2 in Königgrätz. Während seiner Stationierung in Erfurt hatte er sich in der Freizeit dem Studium der Klassiker der Weltliteratur gewidmet und besuchte die Wirkungsstätten von Goethe und Schiller und das Nietzsche-Archiv in Weimar.

Projektierung der Künstlerlaufbahn

Schon 1943 entschied er sich den den Beruf des Bildhauers zu erlernen; so hat er sich in diesem Jahr an die „Preussische Academie für bildende Künste“ (heutige Berliner Akademie der Künste) eingeschrieben, um diesem Wunsch nachzukommen.

1943 wird Beuys nach Süditalien stationiert. Als Funker und Bordschütze kommt Beuys noch in Kroatien und in der Ukraine zum Einsatz. Am 16. März 1944 stürzt seine Stuka (JU 87) über der Krim ab; der Pilot Hans Laurinck starb. Joseph Beuys wurde bei diesem Unglück schwerst verletzt und erlitt ein nachbleibendes Absturztrauma. Er hatte einen Schädelbasisbruch, Splitter im gesamten Körper und mehrere Brüche erlitten. Von damals noch auf der Krim lebenden Tartaren (Krimtartaren) wurde er zur Genesung in Filz und Talg gehüllt und mit Hausmitteln gepflegt. Diese Bilder verstärkten sich noch in seiner Phantasie, um seinen verwundeten Körper zu heilen. Filz und Fett sollten später das Werk von Joseph Beuys prägend mitbestimmen. Die Tartaren benachrichtigten schließlich ein deutsches Suchkommando. Danach wurde Beuys unverzüglich in ein Feldlazarett überführt, das er erst am 7. April 1944 verlassen konnte. Mittlerweile zum Flugzeugführer ausgebildet, wurde er ab August 1944 an die Westfront einberufen, wo er als Fallschirmjäger zum Einsatz kam; dort wurde er erneut mehrmals verwundet.

Aus britischer Kriegsgefangenschaft entlassen, kehrte er 1945 in sein Elternhaus zurück.

Nachkriegszeit

1946 trat er dem „Klever Künstlerbund” bei und zum Sommersemester desselben Jahres immatrikulierte er sich an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf, an der er bis 1952 studierte. Während des ersten Semesters bei Joseph Enseling lernte er Erwin Heerich kennen. Ab dem Wintersemester 1947 wechselte Beuys in die Klasse von Ewald Mataré. Dieser ernannte ihn 1951 zu seinem Meisterschüler. Er beendete das Studium der Monumentalbildhauerei im Wintersemester 1952/1953. Gemeinsam mit Erwin Heerich bezog Beuys bis 1954 ein Atelier unter dem Dach der Kunstakademie. Er arbeitete an Aufträgen seines Lehrers Mataré mit, so zum Beispiel an den Türen des Kölner Doms und traf dort auf Herbert Zangs, der wie er im zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe war und ebenso vom Niederrhein stammte. Später (im Mai 1975) schrieb Beuys einmal über Zangs: „Er lieferte eine ganze Reihe von Gegenbildern, an denen man sehr viel Orientierung finden konnte.” Im Haus der Familie Dr. Fritz Niehaus, dort hatte Beuys 1948 für eine Weile gewohnt, las er zum ersten mal ein Buch des Anthroposophen Rudolf Steiner „Die Kernpunkte der sozialen Frage” und hatte, wie er selbst sagte, spontan ein Verhältnis dazu. [1]

Sinn- und Schaffenskrise

Noch während der Zeit als Meisterschüler fand 1953 die erste Einzelausstellung im Haus der der mit ihm befreundeten Brüder van der Grinten in Kranenburg und eine Ausstellung im „Von der Heydt-Museum" in Wuppertal statt. Nach dem Verlassen des Meisterschülerateliers auf dem Dach der Kunstakademie bezog Beuys 1954 ein eigenes Atelier in Düsseldorf-Heerdt, welches er bis Ende 1958 behalten durfte. Doch enttäuscht von dem mageren Publikumserfolg erlitt er 1956 eine Sinn- und Schaffenskrise. Er litt unter schweren Depressionen, die auch auf posttraumatischen Kriegserlebnissen beruhten. Beuys selbst gab dieser von 1956-1957 anhaltenden Krise in seinem „Lebenslauf-Werklauf" den Namen 1956-57 Beuys arbeitet auf dem Felde. Er zog sich wochenlang in ein abgedunkeltes Zimmer auf den abgelegen Hof der van der Grintens zurück. Ab 1956 arbeitete er an dem Entwurf für die Arbeit Auschwitz Demonstration, 1956-1964 (heute integriert im Block Beuys in Darmstadt). In dieser Phase entstanden viele düstere Werke von Beuys, wiedergegeben in zahlreichen Aquarellen und Zeichnungen mit Titeln wie Abschied, Frauengrab oder Miserere, welche seine bis dahin charakteristischen Portraits der Fauna und Flora ablösen sollten. Am 15. Mai 1958 stirbt der Vater in Kleve.

Erholung

Joseph Beuys hat seine Depression als eine Art der Läuterung begriffen und immer wieder in sein Werk mit einbezogen. „Am Ende sei er ein anderer Mann geworden.” [2] Ab 1958 hatte Beuys seine Atelierräume im alten Klever Kurhaus am Tiergarten bezogen. Hier entsteht das monumentale Eichenkreuz und das Tor für das Ehrenmal im alten Kirchturm [1] in Meerbusch (Büderich). Im „Lebenslauf-Werklauf” erwähnte Beuys: „1957-60 Erholung von der Feldarbeit”. 1958 bewarb sich Beuys um eine Professur an der Kunstakademie Düsseldorf, scheiterte jedoch an dem Einspruch Matarés. 1959 heiratete er die Kunsterzieherin Eva Wurmbach, Tochter von Hermann Wurmbach, Professor der Zoologie an der Universität Bonn, und dessen Frau Maria Wurmbach. Aus der Ehe gingen die beiden Kinder Wenzel, geboren 1961, und Jessyka, geboren 1964, hervor. Für das Oberlandesgericht Düsseldorf entstand das Bronzerelief Justitia, 1959.

Die 60er und 70er Jahre

Ab 1961 bis zu seiner Entlassung 1972 war er dann selbst Professor an der Kunstakademie, wo er die Klasse für monumentale Bildhauerei leitete. Zu seinen Schülern zählten u.a. Jörg Immendorff, Johannes Stüttgen, Imi Knoebel. Am 2. und 3. Februar 1963 fand in der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf „als ein Colloquium für die Studenten der Akademie" das FESTUM FLUXORUM FLUXUS - Musik und Antimusik - Das instrumentale Theater statt. Beteiligte Künstler waren: George Brecht, Al Hansen, Higgins, Bengt af Klintberg, Arthur Köpcke, La Monte Young, George Maciunas, Jackson Mac Low, Nam June Paik, Patterson, Schmit, Daniel Spoerri, Wolf Vostell, Watts und Williams. Joseph Beuys führte am 2. Februar FLUXUS Sibirische Synphonie 1. Satz und am 3. Februar Komposition für 2 Musikanten auf. Vom 26. Oktober 1963 bis 24. November 1963 fand im Haus der Brüder van der Grinten die Ausstellung JOSEPH BEUYS FLUXUS statt. [3]

Ab 1964, in diesem Jahr war es die documenta III, beteiligte Beuys sich an jeder „documenta“. Vom 13. September 1967 bis zum 29. Oktober 1967 gibt es eine erste umfassende Ausstellung im Städtischen Museum Mönchengladbach - Ausstellung „BEUYS“.

Besetzung der Düsseldorfer Kunstakademie und Entlassung aus der Professur

Während der 68er Studentenunruhen beteiligte sich Beuys an verschiedenen Organisationen und gründete indes auch eigene, welche das Ziel der Bekämpfung des „Organisationsstaates” hatten. Stringent lehrte der politisch unbequeme Kunstprofessor in seinen Vorträgen die radikale freie Selbstbestimmung. Aufgrund der katastrophalen Zustände an der Düsseldorfer Kunstakademie und auch aufgrund mangelnder Bildungszusschüsse besetzte er 1971 zusammen mit seinen Studenten kurzerhand das Sekretariat der Akademie und wird daraufhin vom damaligen Wissenschaftsminister Johannes Rau fristlos entlassen. Erst sechs Jahre später wird Beuys rehabilitiert. [4]

Von 1971 bis 1985 unternahm Beuys mehrere Reisen nach Italien, zusammen mit seiner Familie, zwecks Ausstellungen in der Galerie Lucio Amelio, Neapel. Hier wurde auch die Insel Capri mehrmals besucht. Zur Documenta V im Jahre 1972 entsteht die Arbeit „Dürer, ich führe persönlich Baader + Meinhof durch die Documenta V, 1972”. Am 30. Oktober 1972 fand die Eröffnung der Ausstellung Arena - dove sarei arrivato se fossi stato intelligente (deutsch: „Arena - wo wäre ich hingekommen, wenn ich intelligent gewesen wäre”) in der Galleria Attico in Rom statt. 1974 erhält Beuys eine Gastprofessur an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Am 30. August 1974 Tod der Mutter, Johanna Beuys. Zum Jahreswechsel 1974/1975 Aufenthalt in Kenia mit der Familie bei Charles Wilp. 1976, zur 37. Biennale in Venedig, ist er mit der Installation Straßenbahnhaltestelle/Tram Stop, 1961–1976 (Deutscher Pavillon) vertreten. Am 18. Mai 1979 traf Beuys zum ersten Mal Andy Warhol in der Galerie Denise René/Hans Mayer, der dort eine Ausstellung seiner neuen Bilder zeigte. Das sollte später Anlass für Warhol sein, mehrere mit Diamantstaub bearbeitete Serigraphien von Beuys anzufertigen.

Die 80er Jahre und Tod

In den 80er Jahren kandidierte und warb Beuys in Nordrhein-Westfalen für die Landesliste der neugegründeten ParteiDie Grünen[5]. Den grünen Gedanken setzte er bei der documenta 7 1982 in Kassel mit seiner Aktion 7000 Eichen in die Tat um. Die Pflanzaktion sollte noch bis über seinen Tod hinaus andauern. Beuys nahm an der „ZEITGEIST-Ausstellung“ im Januar 1982 mit der Rauminstallation Hirschdenkmäler, 1948-1982 teil. Im Sommer 1982 machte er eine Reise mit der Familie nach Australien um die Arbeit Stripes of the house of the shaman, 1964-1972 in der National Gallery of Australia in Canberra aufzubauen. Im gleichen Jahr führte er ein Gespräch mit dem Dalai Lama in Bonn. 1984 Reise nach Tokyo, um zwei Ausstellungen vorzubereiten. Eine in der Galerie Watari: „Joseph Beuys & Nam June Paik“, die vom 15. Mai 1984 bis 17. Juli 1984 stattfand und eine vom 2. Juni 1984 bis 2.Juli 1984 dauernde Ausstellung im Seibu-Museum, (Werke aus der Sammlung Ulbricht). In den Folgejahren arrangierte der mittlerweile gesundheitlich schwer angeschlagene Künstler noch einige nationale und internationale Ausstellungen. Ende 1985, wenige Monate vor seinem Tod, installierte Beuys in London sein vielleicht größtes Werk Plight (en. „Misere/Notlage”), welches seine persönliche Sicht auf das Leben und den Tod reflektierte, ohne allerdings direkten Bezug auf den Künstler an sich in Anspruch nehmen zu wollen. Die Installation Plight sind zwei klaustrophobisch arrangierte Räume welche von Beuys vollkommen mit Filzrollen ausgekleidet worden sind (quasi schallgedämmt) und in denen sich nur ein Konzertflügel mit einer Schultafel und einem Fieberthermometer befinden. Das Werk wurde oft als Metapher auf die persönliche Situation des Künstlers, sowie als gesellschaftlicher Spiegel des „vom System gefangenen Menschen” interpretiert. [6]

„Sprechen über das eigene Land: Deutschland” - Rede von Joseph Beuys

Noch kurz vor seinem Tod im Jahre 1985 hielt der Künstler eine Grundsatzrede in den Münchner Kammerspielen. Sein gedankliches Manifest „Jeder Mensch ist ein Künstler” wurde hierbei von Joseph Beuys noch einmal deutlich thematisiert und sollte die anthroposophische Einstellung von Beuys quasi als Vermächtnis an die Nachwelt transportieren. [7]

Am 12. Januar 1986 wurde ihm der Wilhelm-Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg verliehen. Nur elf Tage später, am, 23. Januar 1986 verstarb Joseph Beuys nach einem längeren Lungenleiden in Düsseldorf. Eine Seebestattung findet am 14. April 1986 statt. Kapitän Nagel vom Deutschen Motorschiff „Sueno” (deutsch: Traum) mit Heimathafen Meldorf schreibt in das Schiffstagebuch folgende Eintragung: „12.05.1921/ 23.01.1986/ auf Position 54° 07,5' NO 8° 22,0' E.“ An dieser Position wurde die Asche von Joseph Beuys verstreut.

Betrachtung zur Person

Joseph Beuys wurde stets sehr ambivalent diskutiert; sowohl als Künstler wie auch als politisch denkender Mensch. Mit der neuartigen und provokanten „Inszenierung” seiner Kunst und einer nonkonformistischen Lehrmethode als Kunstprofessor polarisierte Beuys das innerlich zerissene „kranke“ Deutschland der 60er und 70er, das durch Nationalsozialismus, Mauerbau und Terrorismus noch immer „seine Wunde“ zeigte. Der kriegsmüde Beuys stemmte sich in seinem Werk offensichtlich gegen einen zerissenen, weiterhin innerlich zugemauerten Staat, der sich nach Freiheit verzehrte. Viele taten ihn damals als Scharlatan ab, der, unter anderem von der Presse polemisiert, „nur Fett in die Ecken der Museen schmieren konnte”, andere glorifizierten ihn als Kunstgott. So extrem sich Beuys in seinen Aktionen und politischen Agitationen zeigen mochte, soll er indes als Privatperson ein sehr normaler Mensch und liebevoller Familienvater gewesen sein.

Beuys war im pazifistischen Sinne agitatorisch und eloquent; als Kunstprofessor hatte er einen sehr starken Einfluß auf seine Studenten und die darauf folgenden Künstler und forderte stets einen freien Geist und eine eigene Denk- und Sichtweise. Im Prinzip sah er somit seine Lehrtätigkeit auch als Kunstobjekt. Er vermittelte seinen Studenten eine quasi anarchische Sicht auf die Kunst und das „Leben in der Kunst” und forderte dabei stets eine politische aber auch kritisch dividierende Denkweise.

Das Erscheinungsbild

Neben der Anglerweste und einer Jeans trug Joseph Beuys bei öffentlichen Auftritten immer einen Hut, der zu einem unverwechselbaren Markenzeichen von ihm wurde. Die Anzahl der Hüte, die er sich seit Anfang der sechziger Jahre kaufte, soll beachtlich gewesen sein, zumal ihm mit zunehmender Berühmtheit das eine oder andere Stück abhanden kam.

Selbstironisch soll Beuys bei Fragen nach seinem Hut gesagt haben, „...dass er zu oft abgestürzt sei und einen Dachschaden davon getragen habe...” [8]

Durch seinen Flugzeugabsturz auf der Krim hatte er einen Schädelbasisbruch und einen Nasenbeinbruch erlitten. Dies ist allerdings nicht der Grund, warum er einen Hut getragen hat. Schon als kleines Kind trug er gerne immer eine Kopfbedeckung.

Werk

Datei:Jason II (Joseph Beuys).jpg
Jason II (1962/80)

Frühwerk

Anfangs trat Beuys noch als traditioneller Bildhauer sowie als Zeichner und Maler in Erscheinung. Die frühen Arbeiten der 40er und 50er Jahre sind zumeist Mischtechniken aus Aquarell, Bleistiftzeichnungen (oft Skizzen für Skulpturen) oder Gouachen. So finden sich unter seinen Zeichnungen mit zartem Strich skizzierte Frauenakte und Tierstudien, welche er meist unkorrigiert lies; ferner finden sich abstrakte und experimentelle Mischtechniken bei denen Beuys gerne „artfremde” Materialien wie beispielsweise Beize oder Jod einsetzte. Die Zeichenkunst von Beuys hatte einen filigranen Duktus, manchmal glichen sie indes nur „hingeworfenen” Portraitstudien, welche er Jahre später mit brauner Farbe übermalte. Manchmal malte er auch auf simplen Backpapier oder vorgefundenen Materialien. Eine umfangreiche Sammlung von Beuys' Frühwerk findet sich unter anderem in dem Kunstarchiv des Münchner Verlegers Lothar Schirmer.[9]

Fluxus und Aktionskunst

Ab Anfang der 60er Jahre wandte sich der Künstler von der klassischen Malerei und Bildhauerkunst ab und machte als Mitglied der neugegründeten Fluxus-Bewegung durch seine Beteiligung an neodadaistischen Aktionen, von sich reden und polarisierte damit die Öffentlichkeit. Bei einer Aktion auf dem "Festival der neuen Kunst" in Aachen am 20.Juli.1964 wurde ihm von einem aufgebrachten Studenten die Nase blutig geschlagen; obwohl ihm das Blut herunterfloß bezog er den tätlichen Angriff spontan in seine Aktion mit ein und ergriff ein aufblasbares Kruzifix um es dem empörten Publikum demonstrativ vor die Nase zu halten. Er stilisierte sich damit unbewußt zum „Christus der Kunst”. Das Foto dieser Aktion kursierte alsbald in der deutschen Presselandschaft.[10]

Während des 24-Stunden-Happenings am 5. Juni 1965 in der Wuppertaler Galerie Parnass brachte Beuys mit seiner Aktion und in uns ... unter uns ... landunter durch die Verwendung von der Arte povera zugehörigen Materialien wie Honig, Fett, Filz und Kupfer ein symbolträchtiges Dingvokabular für Energiespeicherung, Spannung und Kreativität künstlerisch zur Anschauung. Weitere Aktionen mit Titeln wie Eurasia, mit Braunkreuz, wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, 1965 und Manresa folgten. In der Aktion I like America and America likes Me im Jahre 1974 verbrachte Beuys 3 Tage mit einem Koyoten. Diese Aktion begann mit dem Abflug in Düsseldorf und endete mit der Ankunft in Düsseldorf. Beginnend mit 1965 entstehen bis 1984 weit mehr als 500 Multiples. 1977 erwirbt das Kunstmuseum Basel die Installation Hearth I, Feuerstätte, 1978 [11]. Die Städtische Galerie im Lenbachhaus erwirbt 1979 die Arbeit zeige deine Wunde, 1974-1975. 1985 erwirbt das Centre Georges Pompidou in Paris die Werke Fond VII/2 und Infiltration homogen für Konzertflügel.


Erweiterter Kunstbegriff

Die Bezeichnung des „erweiterten Kunstbegriffs“ stammt nicht ursprünglich von Joseph Beuys, sondern reicht bis zum Dadaismus zurück und wurde als Begriff von dem Dadaisten Hugo Kersten geprägt und im Ansatz im Werk von Marcel Duchamp realisiert (wobei auch weitere Rezitationen von Hugo Ball und anderen Dadaisten hinzukommen). Joseph Beuys kreierte später im Rahmen seines eigenen Konzepts des erweiterten Kunstbegriffs den Begriff der „sozialen Plastik“, bei welcher der Prozess des kreativen Denkens und politischen Handelns wichtiger wird als das Herstellen eines materiellen Kunstobjekts. Er ging damit weit über das „Ready-Made” eines Marcel Duchamp hinaus. Beuys formulierte die Sätze: „Jeder Mensch ist ein Künstler“ und „Kunst = Kapital“ (als kontrapunktierender Kommentar zu Karl Marx). Zusammenfassend könnte banal als Basispunkt seiner Aussage gesagt werden: „Kunst ist für alle da”, womit Beuys eine bis heute viel diskutierte Grundsatzdiskussion entfachte, welche die Frage aufwirft: „Wo fängt Kunst an und wo hört sie auf?”. In seinem anthroposophischen Ansatz erklärte er somit jeden Menschen zum Kunstwerk.

Auch wurde die Aussage Jeder Mensch ist ein Künstler häufig missverstandenen und belächelt: Der Satz verneinte aber gar nicht unbedingt spezielle Begabungen etwa in der Malerei und stellte auch keine Anweisung an Jedermann dar, nun doch auch im klassischen Sinn künstlerisch tätig zu werden. Er meinte vielmehr, dass z.B. die Gesellschaft, die Demokratie auch als Kunstwerk betrachtet werden kann, zu dessen Gelingen vor allem individuelle Spiritualität, Offenheit, Kreativität und Phantasie notwendig sind - Einstellungen also, die eigentlich eher der Künstler gegenüber seinen Sujets hegt. Diese Eigenschaften und Fähigkeiten sprach er dann jedem Mensch zu. Er wendete sich damit auch gegen eine formalisierte, erstarrende Rollenverteilung in einer spezialisierten Gesellschaft, die der Kunst nur eine Nische zuweisen will.

„Meine Objekte sind als Anregung zur Umwandlung der Idee von Skulptur oder von Kunst im Allgemeinen anzusehen...sie sollen Nachdenken provozieren, was eine Skulptur sein 'kann' und wie der Begriff des Gestaltens auf die unsichtbaren Materialien, die von jedermann verwendet werden, ausgeweitet werden kann.”


Beuys und die Politik

„Stadtverwaldung”, Kassel, erste gepflanzte Eiche vor dem Museum Fridericianum bei Nacht
„7000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung”, Kassel, Wegmannstraße, von O (24. Dezember 2003)
„Ich habe nichts mit Politik zu tun - ich kenne nur Kunst.”

Mit diesen Worten betrachtete Beuys mutmaßlich auch die Politik als Kunstwerk. Beuys gestalterisches Handeln bezog sich auf den freien Menschen und den Menschen als Natur- und Gesellschaftswesen; es war politisch gerichtet, aber in gewisser Weise auch anarchisch. 1967, wenige Tage nach dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg, gründete Beuys die Deutsche Studentenpartei. 1970 gründete er die „Organisation der Nichtwähler”, 1972 die „Organisation für direkte Demokratie durch Volksabstimmung”. (Aus diesem Anlass war Joseph Beuys permanent für 100 Tage, also exakt die Dauer der "documenta 5", vertreten). 1976, wurde er Spitzenkandidat einer unabhängigen Wählerliste bei den Bundestagswahlen in NRW und erhielt er in seinem Wahlkreis Düsseldorf-Oberkassel 600 Stimmen (3%). Aus verschiedenartigen Bürgerinitiativen sollten (eine davon war die in Achberg sitzende „Aktion 3. Weg”) in den Jahren 1979−1980 „Die Grünen” hervorgehen.

Beuys Entlassung (Der Fall Beuys)

Nachdem Beuys mit abgewiesenen Studenten 1972 das Sekretariat der Kunstakademie Düsseldorf besetzt hatte (wie schon 1971 mit 15 Studenten erfolgreich praktiziert), sprach der damalige Minister für Wissenschaft und Forschung, Johannes Rau, die fristlose Kündigung aus. Beuys mußte zusammen mit seinen Studenten und von Polizisten begleitet die Akademie verlassen. Rau gab am 11. Oktober 1972 eine Pressekonferenz zum „Fall Beuys” und nannte die Entlassung „das letzte Glied in einer Kette ständiger Konfrontationen”. Im Anschluß erklärten sich viele Künstlerkollegen (u.a. Heinrich Böll, David Hockney, Günther Uecker u.v.a.) mit Beuys solidarisch und forderten in einem Offenen Brief die Wiedereinsetzung eines der bedeutendensten Künstlers der deutschen Nachkriegszeit. Beuys indes akzeptiert die Entlassung nicht und leitet mit einer Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen rechtliche Schritte ein.

Nach einem jahrelangem Rechtsstreit wurde die Entlassung 1978 vor dem Bundesarbeitsgericht in Kassel letztlich für ungültig erklärt.

Beteiligung an politischen Aktionen

1979 kandidierte Beuys für das Europaparlament, 1980 für Die Grünen im Landtag von Nordrhein-Westfalen, doch konnte er seine eigenen politischen Vorstellungen bei den Grünen nicht durchsetzen. Im Laufe seiner Arbeit hat Beuys eine Reihe von politischen Organisationen begründet, wovon die Freie Internationale Universität (F.I.U.), entstanden anlässlich der documenta 6, auch nach seinem Tod aktiv betrieben wurde, u.a. in der Düsseldorfer Kunstakademie. Auf der documenta 6 (1977) war Beuys mit seiner Arbeit Honigpumpe am Arbeitsplatz vertreten, wieder für 100 Tage, wie auf der documenta 5 (1972).

1982 - während der Endphase des internationalen Wettrüstens - trat er auch als Politsänger mit dem Lied Sonne statt Reagan [2] auf. Im selben Jahr initiierte Beuys auf der documenta 7 seine wohl spektakulärste Aktion: „7000 Eichen - Stadt-verwaldung statt Stadt-verwaltung”.

Sammlungen

Im Kreis Kleve, in dem er von 1956 bis 1967 auf dem Bauernhof seiner Freunde, der Brüder van der Grinten gelebt hat, befindet sich heute eine der größten Sammlungen seiner Arbeiten. Hier ist das Museum im Schloss Moyland in der Gemeinde Bedburg-Hau zu nennen. Dort befindet sich auch das Joseph Beuys Archiv (ein Institut der Kunstakademie Düsseldorf). Aber auch im heutigen Museum Kurhaus Kleve, dessen Räumlichkeiten Beuys von 1957 bis 1964 als Atelier genutzt hatte, finden sich viele seiner Werke. Ferner Block Beuys in Darmstadt; Kunstmuseum Bonn; Kunstsammlung NRW, Düsseldorf; Museum Ludwig, Köln; Staedel, Frankfurt; Hamburger Bahnhof; Berlin, hier ist auch das Joseph Beuys Medien-Archiv beheimatet; Staatliche Sammlung in Kassel; Centre Pompidou, Paris; im MoMA, New York; in Chicago und Minneapolis, Tokio und weltweit in vielen weiteren Museen und Galerien.

Ehrungen

  • 1976: Doctor of Fine Arts honoris causa, Nova Scotia College of Art and Design, Halifax, Kanada
  • 1977: Lichtwark-Preis der Stadt Hamburg
  • 1977: Thorn-Prikker-Ehrenplakette der Stadt Krefeld
  • 1979: Kaiserring der Stadt Goslar (siehe Goslarer Kaiserring)
  • 1978: Mitglied der Akademie der Künste, Abteilung Bildende Kunst, Berlin
  • 1980: Ausländisches Ehrenmitglied der Königlichen Akademie der Freien Künste, Stockholm
  • 1986: Wilhelm Lehmbruck-Preis der Stadt Duisburg

Aktionen (Auswahl)

  • FESTUM FLUXORUM FLUXUS - Musik und Antimusik - Das instrumentale Theater, Kunstakademie Düsseldorf, 2. und 3. Februar 1963; J. Beuys vertreten mit: FLUXUS Sibirische Synphonie 1. Satz, am 2. Februar; Komposition für 2 Musikanten, am 3. Februar
  • DER CHEF THE CHIEF Fluxus Gesang / Wolf Vostell: BUSSTOP, Billed Huggersalen Charlottenborg, Kopenhagen, 30. August 1964
  • Wie man dem toten Hasen die Bilder erklärt, 26. November 1965, Galerie Schmela, Düsseldorf
  • Drama Stahltisch, Aktion im Düsseldorfer „Creamcheese”, 5. Dezember 1968
  • Celtic (Kiloch Rannoch), Schottische Synphonie, zusammen mit Henning Christiansen, 23. bis 30. August 1970
  • I like America and America likes Me, Aktion, René Block Gallery, New York City, 23.–25. Mai 1974

Werke (Auswahl)

  • „Stuhl mit Fett“; Darmstadt, 1964
  • „Schneefall“; Installation aus Holz und Filz, 1965
  • „Das Rudel“; Multiple mit VW-Bus, 24 Schlitten, Talg, Taschenlampen, Filz und Fett (Kassel, Neue Galerie), 1969
  • „Plastischer Fuß Elastischer Fuß“, 1969
  • „Filzanzug“, 1970
  • „Zeige Deine Wunde”, Installation, 1974−1975
  • Honigpumpe am Arbeitsplatz“ - auf der Documenta 6 in Kassel 1977
  • Block Beuys“ - in Darmstadt
  • 7000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ (Kassel), 1982ff.
  • Fettecke
  • „Plight“, 1958-1985 - in der Anthony d'Offay Gallery, London, Oktober-November 1985
  • „Blitzschlag mit Lichtschein auf Hirsch” (1958-1985); Environment im Museum für Moderne Kunst (MMK), Frankfurt
  • „Palazzo Regale”, 1985 - Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, Erstinstallation im Schloss Capodimonte in Neapel, Dezember 1985

Schriften

Ausstellungen (Auswahl)

Retrospektiven

Wegbegleiter, Mitstreiter und Studenten

siehe auch

Literatur

  • Götz Adriani, Winfried Konnertz und Karin Thomas: Joseph Beuys: Leben und Werk; Köln, Dumont (1981) ISBN 3-7701-1302-0
  • Harlan/Rappmann/Schata: Soziale Plastik. Materialien zu Joseph Beuys; Achberger Verlag (1984) ISBN 3-88103-012-3
  • Volker Harlan: Was ist Kunst? Werkstattgespräch mit Joseph Beuys (1986), Urachhaus ISBN 3-87838-482-3
  • Johannes Stüttgen: Zeitstau. Im Kraftfeld des erweiterten Kunstbegriffs von Joseph Beuys; FIU-Verlag (1998) ISBN 3-928780-22-0
  • Joseph Beuys im Gespräch mit Knut Fischer und Walter Smerling; Kiepenheuer & Witsch (1989) ISBN 3-462-01970-8
  • Heiner Stachelhaus: Joseph Beuys; Heyne (1993) ISBN 3-453-03399-X
  • Götz Adriani, Winfried Konnertz und Karin Thomas: Joseph Beuys; Köln, Dumont (1994) ISBN 3-7701-3321-8
  • Clara Bodenmann-Ritter: Joseph Beuys - Jeder Mensch ein Künstler. Gespräche auf der documenta 5/1972; Ullstein TB, ISBN 3-548-34450-X
  • Jean Fuchs: Der grüne Verrat - Niedergang einer Vision; Die Blaue Eule, Essen (2005) ISBN 3-89924-115-0.
  • Joseph Beuys: Eurasienstab, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof Berlin Steidl (2005) - (mit DVD) ISBN 3-8652-194-1


Vorlage:Commons3

Museen zu Joseph Beuys

Aktuelle Ausstellungen

Weiterführende Informationen

Bild, Video und Audio Aufnahmen

Quellen

  1. Götz Adriani u.a.: Joseph Beuys, S. 22
  2. Heiner Stachelhaus Joseph Beuys; Seite 69
  3. Winfried Konnertz und Karin Thomas: Joseph Beuys; Köln, Dumont (1994), S. 53
  4. 3sat Kulturzeit
  5. http://www.artfinder.de/i_upload/aqp_972745171.jpg Wahlplakat der Grünen: "Der Unbesiegbare" 1979
  6. Hugh Honour, John Fleming „Weltgeschichte der Kunst”, Seiten 629 - 631, Prestel Verlag München
  7. Pinakothek der Moderne, München
  8. Heiner Stachelhaus: Joseph Beuys, Düsseldorf 1991, S. 215
  9. Schirmer/Mosel: „Von Beuys bis Cindy Sherman, Sammlung Lothar Schirmer”
  10. 3sat Kulturzeit
  11. Kunstmuseum Basel - Beuys, Joseph Hearth I, Feuerstätte, 1978