Karl Kaufmann (Gauleiter)
Karl Kaufmann (* 10. Oktober 1900 in Krefeld; † 4. Dezember 1969 in Hamburg) war NS-Gauleiter in Hamburg.
Leben
Berufliche Laufbahn
Kaufmann wurde 1900 in Krefeld als Sohn eines mittelständischen Wäschereibesitzers geboren. Lange Zeit blieb sein Leben auffällig unstetig. Nach verschiedenen Schulwechseln verließ er die Oberrealschule Elberfeld ohne Abitur und arbeitete als landwirtschaftliche Hilfskraft. Kurz vor Kriegsende 1918 wurde er noch eingezogen, kam aber nicht mehr an die Front, gehörte aber der 2. Marinebrigade unter dem Freikorpsführer Korvettenkapitän Hermann Ehrhardt an. Eine Lehre im elterlichen Betrieb brach er nach Auseinandersetzungen mit seinem Vater ab. Er lebte dann mehrere Jahre von Hilfsarbeitertätigkeiten und heimlichen Zahlungen seiner Mutter.
Politische Laufbahn
So ziellos seine berufliche Laufbahn verlief, so konsequent suchte er Bestätigung in der politischen Arbeit. So war er im Freikorps Oberschlesien und kämpfte 1923 in der illegalen Organisation „Heinz“ gegen die Besetzung des Ruhrgebiets durch die Franzosen. Seit 1922 war er Mitglied der NSDAP. Bemerkenswert ist die Ergebenheitsadresse an Hitler vom 28. Oktober 1923, in der es u. a hieß:
„Die völkische Jugend an Rhein und Ruhr erwartet in ihrer großen Not sehnsüchtig den Tag, an dem Sie, hochverehrter Herr Hitler, zum Befreiungskampf vom inneren und äußeren Feind aufrufen werden. Unsere Hoffnung ist, daß dieser Tag nicht mehr fern sein wird.“
Diese Zeilen legen nahe, dass Kaufmann aktiv an der Planung des Hitlerputsches vom 8. November 1923 beteiligt war. Seine 'Treue' zahlte sich 1925 aus. Kaufmann wurde, mit nur 25 Jahren, Gauleiter von Rheinland-Nord. Gaugeschäftsführer wurde übrigens Joseph Goebbels, der damals einzige Freund Kaufmanns. Die Tagebuchaufzeichnungen von Goebbels schildern Kaufmann als innerlich zerrissenen Mann. Goebbels erwähnt sogar einige Nervenzusammenbrüche und einen Selbstmordversuch Anfang 1926. Kaufmann selbst gab sich als nationaler Sozialist mit erheblichen Vorbehalten gegenüber dem wilhelminischen Honoratiorentyp, der damals noch die völkische Bewegung dominierte.
1928 gelang Kaufmann der Einzug in den Preußischen Landtag. Die Diätenzahlung war sein erstes regelmäßiges Einkommen. Am 1. Mai 1929 wurde er Gauleiter im damals 'tiefroten' Hamburg. Es war eine Bewährungsaufgabe, da er in seiner vorherigen Funktion nicht mehr als tragbar galt. Inzwischen anscheinend gefestigt gelang es ihm, in den innerparteilichen Intrigen die Oberhand zu gewinnen und sich eine starke Hausmacht aufzubauen. 1930 zog er in den Reichstag ein und wurde bei der [[Machtergreifung Hitlers 1933 Reichsstatthalter in Hamburg. Er nutzte seine Machtstellung zur Bereicherung und Schaffung eines beispielosen braunen Bonzentums, das auch Teil seines Herrschaftssystems wurde. Der offizielle Bürgermeister von Hamburg, Carl Vincent Krogmann, kann nur als Marionette bezeichnet werden. Selbst die SS von Himmler konnte in das „System Kaufmann“ nicht eingreifen. Kaufmann konnte es sich sogar leisten, den Hamburger Chef des SD Oberg verhaften zu lassen, um Spitzeldienste gegen ihn zu unterbinden. Das KZ Fuhlsbüttel wurde auf seine Veranlassung errichtet. Auf der anderen Seite gefiel sich Kaufmann in der Rolle einer unabhängigen Beschwerdeinstanz gegenüber den Bürgern. Er hielt wöchentlich eine Bürgersprechstunde ab. In seiner Allmacht hebelte er, wenn es ihm gefiel, Verwaltungsentscheidungen wieder aus, was innerhalb der Hamburger Verwaltung die Rechtssicherheit erheblich verschlechterte. Seine Form des Sozialpopulismus machte Kaufmann tatsächlich bei den Hamburgern in gewissem Maße beliebt, was sich darin zeigte, dass er sich den Spitznamen „Kuddel Kaufmann“ erwarb. Die Absicht seines „Sozialismus der Tat“ enthüllte er in einer Rede bei der Hamburger Handelskammer im Oktober 1940:
„Wenn ich vor dem Kriege auf dieses Kapitel der Betreuung, Erziehung und Führung der deutschen Arbeiter so großen Wert gelegt habe, so geschah dies in der Erkenntnis, daß der totale Krieg in einem Industriestaat nicht nur mit Waffen und Soldaten, sondern vor allen Dingen mit Arbeitern geführt wird.“
Seit der verheerenden Bombardierung Hamburgs Juli/August 1943 schien sich Kaufmann auf persönliche Schadensbegrenzung für die Zeit nach dem Krieg einzustellen. Sein bisher bedingungsloser Glaube an Hitler war dahin. Seine Berichte als Reichskommissar der deutschen Seefahrt ließen an der verzweifelten militärischen Lage keinen Zweifel mehr und er hortete riesige Mengen an Lebensmitteln und ausländischen Devisen auf seinem herrschaftlichen Besitz, dem Budge-Palais, den er seiner Frau überschrieben hatte. Hitler sollte er das letzte Mal am 3. April 1945 im Führerbunker treffen. Es soll eine sehr 'frostige' Unterredung gewesen sein.
Nach 1945
Kaufmann hatte kein Interesse an einem 'opernhaften' Untergang, wie ihn viele führende Nationalsozialisten suchten. Nach längerem Lavieren überließ er Hamburg am 3. Mai 1945 ohne Häuserkampf den Briten und wurde bis 1948 interniert. In der noch jungen Bundesrepublik versuchte Kaufmann durch einen Herrenklub ehemaliger NS-Führer nochmal politischen Einfluss zu gewinnen, was aber misslang. Danach fungierte er als Teilhaber eines Versicherungsunternehmens, welches der ehemalige Gauwirtschaftsberater Otto Wolff gegründet hatte. Kaufmann lebte als gutsituierter Bürger, bis er 1969 in Hamburg starb.
Quelle
- Hamburg im Dritten Reich. Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg 1998
Personendaten | |
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NAME | Kaufmann, Karl |
KURZBESCHREIBUNG | NS-Gauleiter in Hamburg |
GEBURTSDATUM | 10. Oktober 1900 |
GEBURTSORT | Krefeld |
STERBEDATUM | 4. Dezember 1969 |
STERBEORT | Hamburg |