Zum Inhalt springen

Max Stahl (Journalist)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 28. Oktober 2021 um 16:03 Uhr durch Qaswa (Diskussion | Beiträge) (inuse, nach BK). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Christopher Wenner (2019)

Max Christopher Wenner (* 6. Dezember 1954; † 28. Oktober 2021 in Brisbane, Australien), auch bekannt als Max Stahl,[1] war ein britischer Journalist und Fernsehmoderator.

Leben und Werk

Wenner wuchs in Chile auf. Er war der dritte von vier Söhnen von Michael Alfred Wenner, dem früheren britischen Botschafter in El Salvador, und dessen ersten Frau, der Schwedin Gunilla Ståhl.[2][3]

Bis 1973 war Wenner auf dem Stonyhurst College. 1977 schloss er an der Universität von Oxford sein Studium ab. Er arbeitete zunächst als Schauspieler und Regisseur.[4]

Ab dem 14. September 1978 moderierte Wenner die britische Kinderfernsehsendung Blue Peter, verließ sie aber wieder am 23. Juni 1980, ebenso wie die Co-Moderatorin Tina Heath. Die Produktionsfirma hatte sich entschieden, Wenners Vertrag nicht mehr zu verlängern, da er bei den Zuschauern „zutiefst unpopulär“ sei.[5] 1983 und 1998 trat Wenner noch bei den Jubiläumssendungen von Blue Peter auf. In der britischen Science-Fiction-Serie Doctor Who bekam Wenner 1984 eine Rolle, die aber dann auf eine Rolle ohne Text geschnitten wurde. Wenner konzentrierte sich nun auf den Journalismus.[3]

1985 arbeitete Wenner als Kriegskorrespondent in Beirut. Dort galt er 18 Tage lang als vermisst, tauchte dann aber wieder wohlbehalten auf.[3]

Stahls Foto diente als Vorbild für das Denkmal zum Santa-Cruz-Massaker

1991 fotografierte Wenner unter dem Namen Max Stahl in Dili einen Trauerzug, der zu einer friedlichen Demonstration gegen die indonesische Besatzung Osttimors wurde. Indonesische Soldaten gingen schließlich auf dem Friedhof von Santa Cruz gewaltsam gegen die osttimoresischen Demonstranten vor. Mindestens 271 Menschen starben, 270 weitere verschwanden. Wenner filmte die Vorfälle. Eines seiner Fotos, das den verwundeten Leví Bucar Côrte-Real in den Armen eines anderen Mannes zeigt,[6] diente als Vorbild für das Denkmal, das in Dili an das Santa-Cruz-Massaker erinnert.[7] Wenners Reportage brachte der Weltöffentlichkeit den vergessenen Krieg in Osttimor wieder ins Bewusstsein. Die Veröffentlichung führte weltweit zu großer Empörung.[2]

Wenner war einer der ersten westlichen Journalisten, die sich mit dem Konflikt in Tschetschenien befassten. Zusammen mit dem Autor, Kameramann und Filmemacher Peter Vronsky reiste er 1992 dorthin, um über die separatistische Republik und den Schmuggel von Nuklearwaffenmaterial für die kanadische Fernsehsondersendung The Hunt for Red Mercury zu berichten. 1998 wurde Wenner, als ITN-Reporter für Channel 4, während eines Massenprotests von 150.000 Kosovo-Albanern von serbischen Zivilisten verprügelt.[3] 1999 unterstützte Wenner mazedonische Fernsehsender bei der Filmproduktion. Dabei entstanden mehrere Kurzfilme über den Balkankonflikt.[4]

1999 arbeitete Wenner wieder in Osttimor, als das Land sich in einem Referendum für die Unabhängigkeit von Indonesien entschied und eine letzte Gewaltwelle das Land überzog. Wenners Berichte über das Töten und die Vertreibungen waren mit ein Grund, dass die Vereinten Nationen die internationale Eingreiftruppe INTERFET entsandten und die Kontrolle über Osttimor übernahmen. Noch heute ist Wenner unter dem Namen Max Stahl in Osttimor bekannt.[4]

Wenner lebte seit 2003 in Osttimor, hat dort mit Centro Audiovisual Max Stahl Timor-Leste (CAMSTL) eine eigene Produktionsfirma und arbeitete weiter als Journalist. CAMSTL dient auch mit 3500 Stunden Filmmaterial als Archiv für die Geschichte Osttimors und Ausbildungszentrum für osttimoresische Filmemacher. Die Dokumente des Archivs zur Unabhängigkeit Osttimors wurden 2013 von der UNESCO als bisher einzigen Eintrag Osttimors in das Weltdokumentenerbe aufgenommen.[8]

Wenner drehte auch in Lateinamerika, arbeitete zusammen mit Filmemachern in Entwicklungsländern und schrieb Drehbücher für Spielfilme.[4]

Am 28. Oktober 2021 verstarb Wenner nach langer Krankheit in Brisbane.[9]

Wenner hatte zwei Kinder.[3]

Auszeichnungen

Wenner erhält von Francisco Guterres den Ordem de Timor-Leste

1992 erhielt Wenner den Amnesty International UK Media Award für seinen Bericht „Cold Blood – the Massacre of East Timor“ in der Reihe First Tuesday des Yorkshire Television.[10][11][12] Für seine Berichterstattung bei Hard News erhielt er 2000 den Rory Peck Award, außerdem 2006 den Orden der Freiheit Portugals und verschiedene Orden Osttimors.[4] Am 22. November 2019 wurde Wenner von Osttimors Präsidenten Francisco Guterres mit der Collar des Ordem de Timor-Leste der höchste Orden des Landes verliehen.[13] Am 9. Dezember verlieh das Nationalparlament Osttimors Wenner zusätzlich die Staatsbürgerschaft des Landes.[14]

Commons: Max Stahl – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sylvia Lawson: Demanding the Impossible S. 114, Melbourne Univ. Publishing, ISBN 978-0-522-85485-5.
  2. a b IPS: Filmmaker Max Stahl Wants to Drive Away Past Devils, 2004
  3. a b c d e BBC: Christopher Wenner
  4. a b c d e Bloodshot - The Dreams and Nightmares of East Timor
  5. Richard Marson: "Blue Peter" 50th Anniversary Book: The Story of Television’s Longest-running Children’s Programme, Hamlyn Books, 2008, ISBN 978-0-600-61793-8
  6. Bild von Max Stahl (Memento vom 12. November 2013 im Internet Archive)
  7. East Timor: Monument to the Santa Cruz Massacre
  8. On the Birth of a Nation: Turning points | United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization. Abgerufen am 26. März 2017 (englisch).
  9. CM Jornal: Morreu o jornalista Max Stahl, que documentou massacre do cemitério de Santa Cruz em Timor-Leste, 28. Oktober 2021, abgerufen am 28. Oktober 2021.
  10. Reuters: https://web.archive.org/web/20041106142447/http://www.library.ohiou.edu/indopubs/1992/06/04/0013.html 4. Juni 1992
  11. Independent Television News: First Tuesday (Cold Blood: The Massacre of East Timor)
  12. Constâncio Pinto, Matthew Jardine: East Timor’s Unfinished Struggle: Inside the Timorese Resistance, S. 270, 1997, South End Press, ISBN 978-0-89608-541-1
  13. Präsident Osttimors: "Estadu Timor-Leste hato’o ninia rekoñesimentu ba buat hotu ne’ebé ita (Max Stahl-red) halo ba ami-nia Rain no ami-nia Povu, hanesan jornalista, repórter-funu nian, formadór, peskizadór, produtór filmes no istoriadór. Nu’udar defensór kauzas no valores! Ami haree ba ó hanesan kompañeiru ida, ne’ebé ami hotu presiza tebes iha prosesu tahan pasadu, prezente no futuru Timor-Leste nian!", 22. November 2019, abgerufen am 22. November 2019.
  14. Tempo Timor: PN Aprova Sidadánia Timorense Ba Max Stahl, 10. Dezember 2019, abgerufen am 10. Dezember 2019.