Lepra
Lepra ist eine seit der Antike bekannte Infektionskrankheit, die auch oft als Aussatz bezeichnet wird. Sie wird durch das Bakterium Mycobacterium leprae ausgelöst und ist heute gut durch Antibiotika behandelbar, die allerdings in Entwicklungs- und Schwellenländern oft nicht verfügbar sind.
Historische Verbreitung
Lepra ist eine der ältesten bekannten Krankheiten und wird schon in den frühesten Schriften erwähnt. Im Alten Testament wird in Levitikus, Kap. 13, Vers 1-46 ausführlich beschrieben, woran Aussatz zu erkennen ist und wie mit den Erkrankten zu verfahren sei. Allerdings wird noch nicht streng zwischen Lepra und anderen Hautkrankheiten unterschieden. In Griechenland und in Italien zu Ciceros Zeiten scheint sie häufig vorgekommen zu sein. Später, im 7. und 8. Jahrhundert, war sie unter den Langobarden sehr verbreitet, und in Bremen wurden schon im 9. und in Würzburg im 11. Jahrhundert Hospitäler für Leprakranke gegründet. Die allgemeinere Verbreitung des Aussatzes in Europa im Mittelalter wird oft den Kreuzzügen zugeschrieben. Sie erreichte ihren Höhepunkt im 13. Jahrhundert und verschwand mit dem Schluss des 16. Jahrhundert fast ganz aus der Reihe der chronischen Volkskrankheiten in Mitteleuropa. Allerdings weist Meyers Konversationslexikon von 1888 darauf hin, dass Lepra in Skandinavien, auf Island und der Iberischen Halbinsel, in der Provence und an den italienischen Küsten, in Griechenland und auf den Inseln des Mittelmeers regelmäßig vorkommt. Am verbreitetsten jedoch sei die Krankheit im 19. Jahrhundert in Norwegen gewesen, wo man noch 1862 2.119 Aussätzige bei nicht ganz 2 Millionen Einwohnern zählte. In Deutschland wurden zur gleichen Zeit nur vereinzelte Fälle registriert.
Klassifikation
Die Symptome der Lepra variieren von Patient zu Patient sehr stark. Um die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Lepra klassifizieren zu können, wurde auf dem VI. Internationalen Lepra Kongress 1953 in Madrid folgende Einteilung vorgenommen:
- indeterminierte Lepra
- tuberkoloide Lepra
- lepromatöse Lepra
- Borderline
Symptomatik
Bei dieser Krankheit aus dem Bereich der Neurologie sterben die Nerven ab und die Betroffenen verlieren das Gefühl für Kälte, Wärme und auch Schmerz. Ohne Behandlung verletzen sie sich oft unbemerkt und infizieren sich über die Wunden an lebensgefährlichen Krankheiten wie Tetanus usw.
Frühstadium
Im Frühstadium spricht man von indeterminierter Lepra. Sie äußert sich in unscharf abgegrenzten Flecken auf der Haut. Bei dunkelhäutigen Menschen sind diese heller als die gesunde Haut, bei hellhäutigen sind sie gerötet. Die Flecken selbst fühlen sich für den Erkrankten taub an. In dieser Phase kann die Krankheit stagnieren, spontan abheilen oder zur tuberkoloiden, lepromatösen oder Borderline Lepra weiterentwickeln.
Tuberkoloide Lepra
Die asymmetrischen Hautflecken sind hier erhaben und rau. An den betroffenen Stellen fallen die Haare aus. Neben der Haut sind vor allem die peripheren Nerven knotig verdickt. Der Befall ist auch hier asymmetrisch. Mit fortschreitender Krankheit nimmt der Tastsinn immer weiter ab, bis der Patient nichts mehr spürt. Die Folge sind oft schwere Verletzungen und daraus resultierend weitere Verstümmelungen. Der Befall motorischer Nerven äußert sich in Muskelschwäche, Muskelrückbildung und Lähmungserscheinungen.
Borderline Lepra
Borderline Lepra gilt als instabile Krankheitsvariante, die sich je nach Zustand des Immunsystems weiterentwickelt. Bei weitgehend intaktem Immunsystem bildet sich die bakterienarme, tuberkoloide Form heraus. Bei geschädigtem Immunsystem vermehren sich die Bakterien nahezu ungestört. Es kommt zur Ausbildung der bakterienreichen, ansteckenden Lepromatösen Form. Die Symptome im Borderline Stadium können sowohl denen der tuberkoloiden Lepra ähneln als auch deutlich Abweichungen zeigen. So können die Hautflecken symmetrisch sein; auch der Befall der Nerven kann symmetrisch erfolgen.
Lepromatöse Lepra
Die Lepromatöse Lepra ist die schwerste Form der Krankheit. Die Bakterien verbreiten sich über Blutbahnen, Nervengewebe und das Lymphsystem im ganzen Körper. Die Haut ist stark verändert, von Knoten und kleinen Flecken überzogen. Charakteristisch sind die hellroten bis braunen Leprome, die das Gesicht und andere Körperteile zersetzen.
Behandlung
In historischer Zeit
Lepra ist seit jeher einer der großen Schrecken der Menschheit. Die Ansteckungsmöglichkeit ist vermutlich schon seit frühester Zeit bekannt. Da es bis ins 20. Jahrhundert hinein keine Medikamente gegen die Krankheit gab, blieb über Jahrtausende Quarantäne der einzige Schutz. Schon früh wurde die Absonderung der Aussätzigen von Staats wegen angeordnet. Diese Annahme der Ansteckungsgefahr durch Lepra veranlasste deshalb auch schon sehr bald die Einrichtung von Aussatzspitälern (Leproserien, Sondersiechenhäuser), meist an abgelegenen Teilen der Städte oder außerhalb vor den Toren. Im nördlichen Deutschland waren sie fast alle dem heiligen Georg geweiht und wurden daher St. Georgs oder St. Jürgenspitäler genannt. Es gab viele von ihnen. Die meisten deutschen Leproserien werden im 13. und 14. Jahrhundert zum erstenmal erwähnt. Die ältesten fallen in die Zeit der letzten Kreuzzüge, an denen die Deutschen fast gar keinen Anteil nahmen. Außer diesen größeren Anstalten gab es noch vereinzelte Feldhütten zur Unterbringung einzelner, den Landgemeinden angehöriger Siechen. Ob ein Mensch aussätzig war oder nicht, wurde von vereidigten Beschauern entschieden. In Holland besaßen einzelne Kapellen ein Privileg dafür, das viel Geld eintrug. Wer für aussätzig erklärt wurde, erhielt ein schriftliches Zeugnis und eine besondere Kleidung, gewöhnlich ein schwarzes Gewand mit bestimmten Abzeichen sowie einen Hut mit breitem weißen Band. Dazu trugen die Leprakranken eine hölzerne Klapper, um ihre Annäherung zu erkennen zu geben, und einen Stock, womit sie die Gegenstände, die sie begehrten, berührten. Waffen zu tragen, war ihnen verboten. In Frankreich wurden sie für bürgerlich tot erklärt, durften öffentliche Orte gar nicht besuchen, nicht erben, noch etwas erwerben, so dass die armen Leidenden oft, zur Verzweiflung getrieben, sich gegen die Bewohner der Städte empörten, dafür aber mit härtesten Strafen bis hin zur Todesstrafe, belegt wurden. Dagegen war den Aussätzigen gestattet, zu betteln und in der Welt herumzuziehen. In den Leproserien waren sehr komplizierte, weitgehend übereinstimmende Hausordnungen eingeführt. Die Frauen und Männer waren getrennt, bei Strafe des Verlustes ihrer Pfründe sollten sie keusch leben. Jede Gemeinschaft zwischen Sonnenuntergang und Aufgang war untersagt. Kein Kranker durfte ohne Gefährten aus dem Haus gehen oder über Nacht aus dem Haus bleiben, mit einer gesunden oder siechen Frau sprechen etc. Auch sollten sich die Kranken aller lärmenden Vergnügungen enthalten. Die für sie bestimmten Kapellen hatten einen abgesonderten Platz, der nur durch eine kleine Öffnung mit der übrigen Kirche zusammenhing. Das Abendmahl wurde denselben am Werktag in ihrer "verordneten" Kapelle gereicht. Das Heiraten war den Sondersiechen ganz untersagt. Schon Pippin der Jüngere hatte Lepra 757 als Ehescheidungsgrund aufgestellt mit der Erlaubnis zur Wiederverheiratung für den gesunden Ehepartner.
Moderne Therapie
Ein erster großer Durchbruch im Kampf gegen die Lepra war die Entdeckung des Krankheitserregers, des Bakteriums Mycobacterium leprae durch den norwegischen Arzt Gerhard Armauer Hansen im Jahr 1873. Seit 1984 gilt die Krankheit offiziell als heilbar und kann gut durch Antibiotika behandelt werden. Obwohl es immer noch Versorgungsschwierigkeiten mit den benötigten Medikamenten gibt, konnte die Lepra in den 1990er Jahren weiter zurückgedrängt werden. Die WHO ist mit der Ausrottung dieser Seuche beschäftigt.
Weblinks
Siehe auch: Damien Dutton Award, Silvester I., Siechtum
Vorlage:Meyers
ist obsolet; heißt jetzt Vorlage:Hinweis Meyers 1888–1890