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Fliegermorde

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Die Fliegerprozesse waren eine Reihe von alliierten (insbesondere US-amerikanischen) Militärgerichtsverfahren wegen Misshandlung oder Ermordung abgeschossener bzw. notgelandeter alliierter Flugzeugbesatzungen.

Im Zweiten Weltkrieg wurden viele europäische Städte nach den verheerenden Angriffen der Deutschen auf GB, durch Alliierte Luftangriffe großflächig zerstört. Bei den Luftangriffen auf Hamburg im Juli 1943 (Operation Gomorrha) starben ungefähr 40.000 Menschen im zuvor strategisch geplanten Feuersturm. Weitere Luftangriffe der Alliierten forderten bis Kriegsende insgesamt über 500.000 Todesopfer allein in Deutschland. Ein Teil der alliierten Flugzeuge konnte nicht nach Großbritannien zurückkehren, sondern wurde über Deutschland abgeschossen oder musste notlanden. In einer Reihe von Fällen wurden die Besatzungen der Maschinen, soweit sie den Abschuss oder die Notlandung überlebt hatten, von deutschen Militärs oder Zivilisten misshandelt oder ermordet. Solche Misshandlungen und Morde ereigneten sich vor allem in den letzten beiden Kriegsjahren mit wohlwollender Duldung einiger Sicherheitskräfte.

Nach der Kapitulation der Wehrmacht wurden Täter in Fliegerprozessen vor Gericht gestellt und auch abgeurteilt. Es kam zu einer Vielzahl von Todesurteilen sowie lebenslangen und langjährigen Gefängnisstrafen. Die Todesurteile wurden in der Festung Landsberg, in der Adolf Hitler einst als Gefangener einsaß und „Mein Kampf“ verfasste, später dann Kriegsverbrecher-Gefängnis, heute JVA Landsberg, durch Erhängen vollstreckt.

Die Fliegerprozesse fanden zu einem großen Teil im ehemaligen Konzentrationslager Dachau statt. Die Prozess-Akten auch zu diesen Dachauer Prozessen, sowohl die „Fliegerprozess“-Akten als auch die sonstigen Dachauer Akten, darunter auch die Malmedy-Prozess-Akten, sind in den „Congressional Records“ in den USA mikroverfilmt und von jedem Besucher einsehbar.

Der erste dieser Prozesse richtete sich gegen den Polizeichef von Langenselbold bei Hanau, Albert Bury, und den Polizeibeamten Wilhelm Hafner. Hafner hatte, auf Burys Befehl, einen mit dem Fallschirm abgesprungenen amerikanischen Flieger erschossen. Bury und Hafner wurden am 15. Juli 1945 zum Tode verurteilt und am 19. November 1945 in Landsberg hingerichtet.

Der bekannteste Fliegerprozess betrifft die Notlandung eines beschädigten amerikanischen Bombers am 4. August 1944 auf dem Strand von Borkum. Alle Besatzungsmitglieder überlebten die Notlandung, nur einer war leicht verletzt. Die Gefangenen wurden gezwungen, zu Fuß durch den Ort zum Borkumer Fliegerhorst zu marschieren. Auf dem Weg kam es zuerst zu Misshandlungen, bis dann ein deutscher Soldat, der bei einem Fliegerangriff auf Hamburg seine Familie verloren hatte, die gefangenen Amerikaner nacheinander erschoss. Der Soldat soll später an der Ostfront gefallen sein. Angeklagt wurden unter anderem der Kommandant der Insel sowie mehrere Soldaten und Zivilisten. Der Prozess fand vom 6. Februar 194623. März 1946 vor einem amerikanischen Militärgericht in Ludwigsburg statt. Das Verfahren endete mit fünf Todesurteilen und einer Reihe von Gefängnisstrafen.

Die Fliegerprozesse werden von zahlreichen Neonazis als Beleg dafür herangezogen, dass es sich bei den Alliierten Kriegsverbrecherprozessen um „Siegerjustiz“ gehandelt hat. So wurde zum Beispiel im Borkum-Prozess der zivile Bürgermeister von Borkum, Jan Varus Akkermann, zum Tode verurteilt und hingerichtet, obwohl er nach seinen Angaben mit dem Transport der Kriegsgefangenen dienstlich nichts zu tun gehabt habe, bei der Ermordung der Gefangenen gar nicht anwesend gewesen sei und auch die Amerikaner ihm nichts anderes vorwerfen könnten, als, dass er nichts dagegen unternommen habe, dass die amerikanischen Soldaten von Passanten getreten, bespuckt und geschlagen wurden. Auch der Adjutant des Inselkommandeurs, Oberleutnant Erich Wentzel, wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet, obwohl er sogar noch die Gefangenen erfolgreich gegen die Misshandlungen durch die Passanten geschützt habe und bei ihrer Ermordung gleichfalls gar nicht mehr anwesend gewesen waere, da er sich zurückgezogen hätte, um über die Misshandlungen einen Bericht zu schreiben.