Dual (Grammatik)
Der Dual (auch: Zweizahl, der Dualis, lat. duo „zwei“) ist eine grammatikalische Unterkategorie des Numerus. Im Gegensatz zum Singular und zum unpräzisen Plural bezeichnet der Dual eine Zweizahl der beschriebenen Elemente mit eigenen verbalen bzw. nominalen Formen.
Vorkommen
In indoeuropäischen Sprachen wurde das Dualparadigma später meistens durch Pluralformen ersetzt. Auf der anderen Seite übernahmen auch ursprüngliche Formen des Dualis die Funktion des Plurals. Im Altgriechischen und im Gotischen hatte der Dualis Fortbestand.
In den meisten Sprachen, die ihn haben, wird er vor allem für natürlicherweise paariges verwendet; etwa für doppelt vorhandene Körperteile wie Arme und Beine und entsprechende Kleidungsstücke wie etwa Schuhe, oder für Ehepaare. Ist die Zahl von Gegenständen oder Personen dagegen nur zufällig zwei, so wird teilweise der normale Plural verwendet.
Der Dual existiert in zahlreichen alten Sprachen, so zum Beispiel im Sanskrit oder (nur noch vereinzelt) im Altgriechischen. Nicht nur Substantive, sondern auch Verben haben in solchen Sprachen neben den Einzahl- und Mehrzahlformen meist eigene Zweizahlformen. Auch in den germanischen Sprachen war er geläufig, verlor aber auf Grund seiner Komplexität zunehmend an Bedeutung. Auch die meisten slawischen Sprachen besaßen den Dual, haben ihn aber mittlerweile, mit der Ausnahme des Slowenischen, Makedonischen und des Sorbischen, verloren. In zahlreichen außereuropäischen Sprachfamilien existiert der Dual noch heute. Die meisten semitischen Sprachen kennen ihn, beispielsweise das Hebräische (nur für paarweise auftretende Dinge wie Augen und Ohren) und das Arabische.
Zwei alte Dualformen, die heute die Funktion des Plurals übernehmen, sind die Formen eß für „ihr“ und enk für „euch“ im Bairischen. Das Schwäbische flektiert Zwei nach Geschlecht: zwoa (beide männlich, unklar oder gemischt), zwee (beide weiblich), zwua (beide sächlich). Einzelworte mit dualer Bedeutung im Deutschen, also Worte, die eine Zweizahl voraussetzen, aber nicht bedeutungsgleich mit „zwei“ sind, sind zum Beispiel „beide“ und „Paar“.
In den heutigen keltischen Sprachen existiert er als Echo in speziellen Wörtern für doppelt auftretende Körperteile, wenn ansonsten nach 2 (wie nach anderen Zahlwörtern) der Singular stünde. Im Altirischen war er noch stärker, bis in die Flexion der Substantive hinein, ausgeprägt.
Beispiele
Slowenisch
Singular | Dual | Plural |
korak („Schritt“ - Männlich) | koraka | koraki |
lipa („Linde“ - Weiblich) | lipi | lipe |
mesto („Stadt“ - Neutrum) | mesti | mesta |
Makedonisch
Singular | Dual | Plural |
konj („Pferd“ - Neutrum) | konja | konji |
čekor („Schritt“ - Männlich) | čekora | čekori |
čas („Stunde“ - Weiblich) | časa | časovi |
Litauisch
Singular | Dual | Plural |
vyras („Mann“) | vyru | vyrai |
mergina („Mädchen“) | mergini | merginos |
einu („ich gehe“) | einava | einame |
Polnisch
Im Polnischen gibt es gegenwärtig nur zwei Numeri: Singular und Plural. Ursprünglich gab es noch Dual, der jedoch (wie in fast allen slawischen Sprachen) verlorengegangen ist. Seine Spuren sind jedoch bis heute im Polnischen anzutreffen, wenn auch sehr selten, z. B. bei Körperteilen, die doppelt vorkommen: w ręce („in einer Hand“), w ręku („in beiden Händen“), w rękach („in den Händen“ z. B. von Feinden, also in mehreren Händen), welches sich von ręka („die Hand“), dwie ręce („zwei Hände“), trzy ręki (veraltet) („drei Hände“) ableitet. In Sprichworten ist dieser oft zu finden und zuletzt beim polnischen Schriftsteller Adam Mickiewicz, also noch im 19. Jahrhundert.
Latein
- lat. ambo „beide“
Bairisch
Im Bairischen wird die ursprüngliche Dualform als allgemeine Pluralform verwendet. Einen eigenen Dual gibt es heute nicht mehr.
- Übernahme des Plurals :
- im Bair. ös 'ihr < ihr beiden'
- im Bair. enk 'euch < euch beiden'
Gotisch
- Got. weis „wir“ vs. wit „wir beide“
Standardarabisch
- البيت al-baytu ‚das Haus‘; البيتان al-baytāni ‚die beiden Häuser, die zwei Häuser‘; البيوت al-buyūtu ‚die Häuser‘
- أنت ʾanta, ʾanti ‚du‘ (m., f.); أنتما ʾantumā ‚ihr beide‘; أنتم, أنتن ʾantum, ʾantunna ‚ihr‘ (m., f.)
Siehe auch
Literatur
- K. Brugmann: Kurze vergleichende Grammatik der idg. Spr. 1904
- A. Cuny: La catégorie du duel dans les langues indo-européennes et chamito-sémitiques. 1930
- Helmut Glück (Hrsg): Metzler-Lexikon Sprache. 2005 ISBN 3-476-02056-8