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Edmund Husserl

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Edmund Husserl, * Proßnitz (Mähren) 8. April 1859, † Freiburg im Breisgau 27. April 1938, deutscher Philosoph.

Husserl zählt als Begründer der Phänomenologie, die er "als strenge Wissenschaft" auffasste, zu den maßgeblichen Denkern des 20. Jahrhunderts. Das philosophische Markenzeichen des Bewusstseins- und Gewissheitsforschers wurde die Intentionalität. Er glänzte weniger als akademischer Lehrer, sondern philosophierte in ungewöhnlich hohem Maße schreibend: Zehntausende von Seiten, die mit seinen Analysen gefüllt sind, werden seit 1950 nach und nach als "Husserliana" aus seinem Nachlass herausgegeben. Auf spektakulärere Weise verfolgten Martin Heidegger und Jean-Paul Sartre - um nur zwei prominente Namen zu nennen - seinen Denkansatz weiter.

Leben und Werke

Als der zweite Sohn einer jüdischen Tuchhändler-Familie legte Edmund Husserl 1876 in Olmütz seine Reifeprüfung ab. Im selben Jahr nahm er in Leipzig das Studium der Astronomie, Mathematik, Physik und Philosophie auf, das er in Berlin fortsetzte, um schließlich 1882 in Wien über die "Theorie der Variationsrechnung" zu promovieren. 1886 folgte die Habilitation in Halle mit einer psychologischen Arbeit über den "Begriff der Zahl". Zu dieser Zeit war er in philosophischer Hinsicht bereits von Franz Brentano entscheidend angeregt. Nach seiner Heirat (1887) erregte er mit einer "Philosophie der Arithmetik" (1891) die kritische Aufmerksamkeit des Logikers Gottlob Frege. Mit Rücksicht auf dessen Psychologismuskritik stellte er bis zur Jahrhundertwende umfangreiche "Logische Untersuchungen" an, die zu seinem ersten Hauptwerk heranwuchsen und dem Zweiundvierzigjährigen einen Ruf nach Göttingen einbrachten (ab 1901 außerordentlicher, ab 1906 ordentlicher Professor). Persönlich bekannt wurde er in der 15 Jahre währenden Göttinger Zeit unter anderem mit dem Mathematiker David Hilbert, den Philosophen Wilhelm Dilthey, Max Scheler und Karl Jaspers sowie dem Dichter Hugo von Hofmannsthal.

1916 - also mitten im Ersten Weltkrieg, dem sein Sohn zum Opfer fiel - trat Husserl in Freiburg die Nachfolge des Neukantianers Heinrich Rickert an. Empfohlen hatte er sich für diese Berufung mit den "Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie" (1913). Seine erste Assistentin war die Jüdin und spätere katholische Ordensfrau Edith Stein; sie wurde 1919 von Martin Heidegger abgelöst, der zu Beginn des "Jahrhundertbuchs" "Sein und Zeit" (1927) seinen wichtigsten Lehrer mit den Worten würdigte: "Wenn die folgende Untersuchung einige Schritte vorwärts geht in der Erschließung der 'Sachen selbst', so dankt das der Verfasser in erster Linie Edmund Husserl, der den Verfasser während seiner Freiburger Lehrjahre durch eindringliche persönliche Leitung und durch freieste Überlassung unveröffentlichter Untersuchungen mit den verschiedensten Gebieten phänomenologischer Forschung vertraut machte." Heidegger war es auch, der 1928 Husserls Nachfolge in Freiburg antrat.

Husserls letztes Lebensjahrzehnt begann mit etlichen Vortragsreisen (Amsterdam, Paris, Frankfurt, Berlin, Halle, Wien, Prag). Gleichzeitig entstand ein drittes Hauptwerk: "Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale Phänomenologie". Verschiedentliche Ehrungen blieben nicht aus (Universitäten von Paris, Prag, London, Boston). 1936 - unter dem Naziregime - musste der Siebenundsiebzigjährige aber noch den Entzug seiner Lehrbefugnis und in der Folge weitere Schikanen erleben; so wurde das Ehepaar Husserl im Sommer 1937 aus der Freiburger Wohnung vertrieben. Die dort gelagerte stenographische "Urfassung" der Husserliana in Sicherheit zu bringen, gelang 1939 in einer abenteuerlichen Aktion dem belgischen Franiskanerpater Herman Leo Van Breda, der dann das Husserl-Archiv in Leuven gründete.

Literatur