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Korps

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Militärisches Symbol der NATO für Korps

Ein Korps [koːɐ̯] (franz. corps, „Körper(schaft)“; von lat. corpus, „Körper“) ist ein Großverband des Heeres aus mehreren Divisionen beziehungsweise Brigaden und zusätzlichen Korpstruppen. Er besteht aus mehreren Waffengattungen und umfasst heute 40.000 bis 80.000 Soldaten. Heute sind Korps teilweise nur operative Planungs- und Führungsstäbe, zumeist wie in der NATO von mehreren Nationen gebildet, die nur im Bedarfsfall etwa zwei bis drei Divisionen führen. Ein Korps wird von einem Kommandierenden General im Dienstrang eines Generalleutnants, in der Schweiz Korpskommandant, geführt. Der grundsätzlich übergeordnete Großverband eines Korps ist die Armee, untergeordneter Großverband ist die Division. Das Korps unterstützt die ihm unterstellten Großverbände mit Korpstruppen. Korps können aber auch unmittelbar einer Heeresgruppe, englisch Army Group, unterstellt sein oder einer Armeegruppe.

Geschichte

Vor 1945

Kommandierender General

Ursprünglich konnte der Begriff Korps eine beliebig große Formation von speziellen Einheiten bezeichnen (z. B. Expeditionskorps).

Die moderne Einteilung in Armeekorps hat jedoch ihren Ursprung bei Napoleon Bonaparte. Er stellte 1805, vor dem Feldzug von Ulm, im Lager von Boulogne als erster im Krieg je nach Bedürfnis mehrere Divisionen unter dem Befehl eines Marschalls als Korps zusammen. Es gab Infanteriekorps aus mehreren Infanteriedivisionen sowie einer Kavallerie- und einer Artilleriereserve und Kavalleriekorps aus mehreren Kavalleriedivisionen.

Als feststehender Friedensverband wurde dann das Armeekorps von allen europäischen Heeren angenommen. In Preußen wurde es durch die Allerhöchste Kabinetts-Order (A.K.O.) vom 5. November 1816 eingeführt, um die Kriegsbereitschaft zu erhöhen.[1]

Man fasste dann in Deutschland die größte schon im Frieden vorhandene Gefechtseinheit eines Heeres zu Armeekorps zusammen, im Krieg bildeten dann mehrere Armeekorps eine Armee. In den Kriegen 1866 (Deutscher Krieg) und 1870/71 (Deutsch-Französischer Krieg) wurden die Vorteile gerade bei der Sicherheit und Schnelligkeit der Aufstellung so deutlich, dass bald alle europäischen Staaten Armeekorps aufstellten.

In der Friedensgliederung des Heeres bis 1914 bestand ein deutsches Armeekorps meist aus zwei Divisionen und den Spezialwaffen (Jäger, Fußartillerie, Pioniere, Verkehrstruppen, Meldereiter, Train). Es stand unter der Führung eines Kommandierenden Generals im Rang eines Generals der Infanterie oder der Kavallerie, seltener eines Generalleutnants. Es war die höchste militärische Befehlsstelle des deutschen Heeres im Frieden, abgesehen von Armee-Inspekteuren, denen aber keine Befehlsbefugnis zustand. Diese durften lediglich Besichtigungen durchführen. Im Kriegsfall waren sie dann als Armee-Oberkommandierende vorgesehen. Jedes Armeekorps hatte einen eigenen Korpsbezirk, in dem es für die Rekrutierung, Mobilmachung und Militärverwaltung verantwortlich war. Eine Sonderstellung hatte im deutschen Kaiserreich das preußische Gardekorps, das keinen eigenen Rekrutierungsbezirk hatte, sondern seinen besonders ausgesuchten Personalersatz aus allen preußischen Armeekorpsbezirken erhielt.

Zum Generalkommando gehörten die Stabsabteilung, die Adjutantur, die Militärintendantur, ein Sanitätsamt, ein Oberkriegsgericht, ein evangelischer und ein katholischer Militäroberpfarrer sowie ein nebenamtlicher (Ober-)Rabbiner, der Korpsstabsveterinär und ein Bekleidungsamt.

Ein mobiles Armeekorps war besonders zusammengesetzt: es bestand aus allen Truppengattungen und war mit Verwaltungs- und Sanitätsbehörden, Verkehrstruppen, Feldpost, Feldbäckerei, Train etc. derartig ausgerüstet, dass es jederzeit zu einer selbständigen Tätigkeit befähigt war. Es gliederte sich typischerweise in zwei (in einigen Staaten drei) Infanteriedivisionen. Die zugeteilte Kavallerie betrug meist eine Brigade zu zwei Regimentern. In einigen Ländern war die Kavallerie dauerhaft gleichmäßig auf die Infanteriedivisionen verteilt, siehe Divisionskavallerie. Mehr als eine Kavalleriebrigade dauernd im Kriege dem Armeekorps zuzuteilen, war nur in der russischen Armee üblich. Ebenso war die Artillerie fast stets nur zum Teil den Armeekorps zugeteilt, siehe Divisionsartillerie. Meist stand sie zur Verfügung des Korpskommandos oder war eben als Reserveartillerie verfügbar. In Deutschland fehlte eine Korpsartillerie, der General bildete sie im Bedarfsfall. Die Aufgaben des Generalkommandos im Heimatgebiet wurden für die Dauer eines Krieges an sogenannte Stellvertretende Generalkommandos übergeben.

In der Kriegsgliederung bestand ein deutsches Armeekorps typischerweise aus

  • zwei bis drei Infanteriedivisionen zu zwei bis drei Infanteriebrigaden zu zwei Regimentern à 3 Bataillonen
  • teilweise ein Jägerbataillon bis 1918, ab 1943 ein Füsilierbataillon
  • der Divisionskavallerie (ein Regiment (Bataillonsstärke) zu 3 Eskadrons)
  • eine Feldartilleriebrigade zu zwei Regimentern zu zwei Abteilungen zu drei Batterien
  • eine Korpstelegrafenabteilung
  • den Munitionskolonnen zu zwei Abteilungen zu zwei Infanterie- und zwei Artilleriemunitionskolonnen
  • den Trains:
  • unter Umständen noch schwere Artillerie des Feldheers (schwere Haubitz- und Mörserbatterien nebst Munitionskolonnen und Trains sowie einer Beobachtungsabteilung).

Zusammen waren dies etwa 40.000 Mann, 12.000 Pferde, 144 Geschütze und 2.000 Fahrzeuge, einschließlich der Artillerie. Ein mobiles Armeekorps hatte in gewöhnlicher Marschordnung eine Länge von etwa 30 km, mit allen Trains und Kolonnen 50 km, mit Gliederabständen sogar 60 km. In Österreich und Italien betrug die Stärke eines mobilen Armeekorps 28.000 Mann, in Frankreich 50.000 Mann, in Russland bei zwei Divisionen 36.000 Mann, bei drei Divisionen 52.000 Mann.

Bei der Reichswehr gab es an Stelle der Korps zwei Gruppenkommandos (in Berlin und Kassel). Die sieben Wehrkreise dienten jeweils nur einer Division als Ergänzungsbezirk.

Das Heer der Wehrmacht hatte in der Friedensgliederung 13 (nach dem Anschluss Österreichs im März 1938 15) Wehrkreiskommandos, die bei der Mobilmachung Generalkommandos von Armeekorps bildeten.

Bundesrepublik Deutschland

In der Bundeswehr gab es zunächst drei deutsche und das binationale Korps LANDJUT, nach der Deutschen Wiedervereinigung zunächst vier nationale Korps und das binationale Korps LANDJUT. Im Verteidigungsfall unterstanden die Korps der NATO-Mitgliedsstaaten den integrierten Stäben der NATO, in Europa dem SHAPE, und waren einer Armee zugeordnet.

Mit der Umgestaltung der Bundeswehr nach der Wiedervereinigung und durch die Transformation wurden die deutschen nationalen Korps als Führungsebene abgeschafft, deren Stäbe zu anderen Aufgaben verwandt oder in multinationale Korps umgewandelt. Die Korps sind heute die Hauptträger der Multinationalität im Heer und leisten einen Beitrag zur Bündnisintegration. Ihre ständig präsenten Stäbe und Führungsunterstützungkräfte sind befähigt, Hauptquartiere für Aufträge der NATO und/oder EU zu stellen. Ihre Divisionen sind nur im Bedarfsfall unterstellt. Die NATO-Korps sind dem SHAPE unterstellt. Die Korps mit Beteiligung der Bundeswehr sind/waren:

Bezeichnung Auflösung verwendet für deutscher Anteil
I. (GE) Korps 1995 1. Deutsch-Niederländisches Korps bestehend mit ständigem dt. Anteil
II. Korps / II. (GE/US) Korps 2005 Kommando Operative Führung Eingreifkräfte
III. (GE) Korps 1994 Heeresführungskommando
IV. (GE) Korps 2001 Einsatzführungskommando der Bundeswehr
HQ LANDJUT 1999 Multinationales Korps Nord-Ost bestehend mit ständigem dt. Anteil
Eurokorps bestehend mit ständigem dt. Anteil
Allied Command Europe Rapid Reaction Corps bestehend im Bedarfsfall mit dt. Anteil
V. (US/GE) Korps 2013

Die deutsche Beteiligung schwankt dabei je nach Organisationstypus des Korps. Einige dieser Korps sind multinationale Korps unter der Führung einer lead nation, sind mit Ausnahme weniger Verbindungsoffiziere rein national geführt und greifen nur im Bedarfsfall auf Divisionen anderer Nationen zurück. Beispiele dafür waren das V. (US/GE) Korps oder das II. (GE/US) Korps (erstgenannte Nation ist lead nation). Andere Korps wie das LANDJUT oder das 1. Deutsch-Niederländische Korps sind oder waren dagegen paritätisch geführt. Die deutschen Anteile multinationaler Korps unterstehen truppendienstlich dem Kommando Heer.

Korpstruppen

  • Korpsfernmeldebataillon / Korpsfernmelderegiment mit Fernmeldebataillon EloKa
    • Fernspähkompanie
  • Feldjägerbataillon
  • Korps-Artillerieregiment mit Sonderwaffen
  • Korpsversorgungstruppen
  • Korps-Pionierregiment

Siehe auch

Literatur

  • Bredow, Claus v.(Bearb.): Historische Rang- und Stammliste des Deutschen Heeres, Nachdr. der Ausgabe 1905, Osnabrück 1972, ISBN 3-7648-0719-9 (zit.: „Bredow-Wedel“)
  • Cron, Hermann: Geschichte des Deutschen Heeres im Weltkriege 1914–1918, Berlin 1937 (zit.als "Cron, Geschichte")
  • Friedag, B.:Führer durch Heer und Flotte, 11.Jahrgang 1914, Nachdruck Krefeld 1974
  • Generalstab (Bearb.):Der Antheil des königlich Sächsischen Armeecorps am Feldzuge 1866 in Österreich, Nachdruck Langensalza 2015, ISBN 978-3-95966-032-7
  • Großer Generalstab (Red.): Der deutsch-französische Krieg 1870–1871, Berlin 1874ff
  • Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrg.): Entscheidung 1866, Stuttgart 1966
  • Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrg.): Deutsche Militärgeschichte in sechs Bänden 1648–1939, Herrsching 1983, ISBN 3-88199-112-3
  • Reichsarchiv (Hrg.): Der Weltkrieg, 14 Bände, Berlin 1925ff
  • Reichsarchiv (Hrg.): Kriegsrüstung und Kriegswirtschaft, 1.Band + Anlagen-Band (mehr nicht erschienen), Berlin 1930

Stahl, Friedrich (Hrg.): Heereseinteilung 1939, Friedberg (Hess.) o.J., ISBN 3-7909-0114-8

  • Wilhelm Rüstow: Der Krieg von 1866 in Deutschland und Italien. politisch-militärisch beschrieben, Zürich 1866 (zit.als "Rüstow 1866")
  • Xylander, Max Ritter von: Das Heer-Wesen der Staaten des deutschen Bundes, Nachdr. der Ausgabe 1842 LTR-Verl., Buchholz 1990, ISBN 3-88706-293-0
Wiktionary: Korps – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Wort und Brauch im deutschen Heer, Transfeldt – v. Brand – Quenstedt, 6. vermehrte Auflage, Hamburg 11 H.G. Schulz 1967, S. 90 (§121) „… Armeekorps“.