Zum Inhalt springen

Schloss Herzberg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. September 2021 um 09:04 Uhr durch Diopuld (Diskussion | Beiträge) (Baubeschreibung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Schloss Herzberg
Schloss Herzberg vom Stadtzentrum im Osten aus gesehen

Schloss Herzberg vom Stadtzentrum im Osten aus gesehen

Staat Deutschland
Ort Herzberg am Harz
Entstehungszeit 11. Jahrhundert
Burgentyp Höhenburg
Erhaltungszustand Bedeutendes neuzeitliches Schloss
Ständische Stellung Herzöge
Geographische Lage 51° 39′ N, 10° 20′ OKoordinaten: 51° 39′ 19,9″ N, 10° 19′ 50,6″ O
Schloss Herzberg (Niedersachsen)
Schloss Herzberg (Niedersachsen)
Südseite mit Eingang
Schlossinnenhof mit Fachwerkbauten auf Steinsockel

Schloss Herzberg ist eine Schlossanlage in Herzberg am Harz im Landkreis Göttingen, Niedersachsen (Deutschland).

Die heutige Vierflügelanlage hat ihren Ursprung im 11. Jahrhundert als mittelalterliche Burg. Nach einem Brand im Jahr 1510 wurde sie als Schloss neu aufgebaut. Sie ist mit 180 Zimmern die größte Schlossanlage Niedersachsens, die in Fachwerkbauweise errichtet wurden.[1] Da es sich über 700 Jahre im Besitz des Adelsgeschlechts der Welfen befand, wird die Anlage auch als Welfenschloss Herzberg bezeichnet.

Geographie

Das Schloss Herzberg steht auf dem Schloßberg, einer bewaldeten Anhöhe (275 m ü. NN) unmittelbar westlich oberhalb des Zentrums der Stadt Herzberg am Harz, die am Südwestrand des Harzes liegt.

Nördlich am Schloss vorbei verläuft die Sieber.

Baubeschreibung

Schloss von Herzberg aus gesehen, tags und nachts
Herzberg 1753 mit Schloss Herzberg

Das Schloss liegt beherrschend auf dem nordöstlichen Sporn eines langgestreckten Bergrückens. Von der ursprünglichen Burganlage stammt noch ein max. 5 m tief erhaltener Graben im Süden. Im Südosten diente ein Vorwall als zusätzlicher Schutz gegen den dahinter liegenden Bergrücken. Dieser Wall ist ca. 80 m lang, bis zu 2,5 m hoch und an der Basis bis zu 5 m breit.

Beim heutigen Schloss handelt sich um eine geschlossene Vierflügelanlage mit rechteckigem Innenhof (40 × 58 m), dem 1528 abgeschlossenen Wiederaufbau der Burganlage nach einer schweren Feuersbrunst im November 1510.

Der Zugang erfolgt nach einen Torturm mit folgendem Torzwinger durch ein zweigeschossiges Torhaus in der Südwestecke. Im östlich anschließenden, auch "Stammhausflügel" genannten Südtrakt werden noch Reste der ursprünglichen Burg vermutet. Sein zweites Obergeschoss wurde 1722 erbaut oder erneuert. In diesem Flügel befindet sich auch ein Kapellenraum (heute das Café-Restaurant). Der Ostflügel ("Grauer Flügel") weist ein Erdgeschoss aus Sandsteinquadern mit Fachwerkobergeschoss auf. Sein Vorgänger wurde ca. 1860 abgetragen und auf dem alten Keller in spätklassizistischer Form 1861 wieder errichtet. Der Nordflügel ("Sieberflügel") beherbergte in seinem steinernen Erd- und den beiden Fachwerkobergeschossen ursprünglich die herzogliche Hofhaltung. Er wurde ca. 1648–1660 errichtet (heute das Amtsgericht Herzberg). Im Winkel der beiden Trakte steht der zur selben Zeit entstandene, quadratische Schloss- bzw. Uhrturm mit drei Obergeschossen aus Fachwerk. Auf der Nordwestseite des Hofes befindet sich der massive, zweistöckige Marstallflügel.

Geschichte

Schloss Herzberg als Merian-Kupferstich von 1654 (Ausschnitt)
Wappen des Herzogtums Braunschweig über dem Schlosseingang
Fachwerkverzierungen am Schlossturm
Blick vom Schlossinneren (Torhaus) in den Torzwinger
Schlossinnenhof, 1907

Das Schloss Herzberg war eine der bedeutenden Residenzen unterschiedlicher Linien des Herzogtums Braunschweig-Lüneburg. Nach einer sehr wahrscheinlich unkorrekten Überlieferung wurde als Vorgänger der Burg im Jahr 1029 durch einen Werner von Lutterberg hier ein Jagdhaus errichtet. Als Erbauer der Burg wird der König und spätere Kaiser Lothar III. (von Süpplingenburg) vermutet. Der erste indirekte Hinweis auf das Bestehen der Burg ist die Existenz eines Ministerialen, Luipold von Herzberg, als Zeuge in einer Urkunde von 1050. 1144 wurde auf Anordnung der Welfen durch die aus Bayern stammende Ministerialen-Familie von Göttingen das Schloss Herzberg mit der umliegenden Pflege als heimgefallenes Lehen für die Welfen in Besitz genommen, nachdem 1143 Graf Hermann von Lutterberge dort ohne Lehnserben verstorben war. Die ältesten direkten Zeugnisse für die Burg sind zwei Urkunden Heinrichs des Löwen aus den Jahren 1156 und 1158, die auf der Burg ausgestellt worden sind. Heinrich besaß somit damals die Verfügungsgewalt über die Burg, erworben hat er die die damals noch den Status einer Reichburg besitzenden Anlage aber erst 1157 durch ein Tauschgeschäft mit Friedrich Barbarossa. Heinrich der Löwe trat im Gegenzug dafür Erbgüter seiner ersten Gemahlin Clementia von Zähringen in Schwaben an Friedrich I. ab. Seither befand sich die Anlage 708 Jahre lange ununterbrochen in der Hand der Welfen bis zum Ende des Königreichs Hannover 1866.

Nach Heinrichs Tod kam die Burg an Otto IV. und diente nach dessen Tod 1218 seiner Gemahlin Marie als Witwensitz. Diese Rolle spielte die Burg in ihrer weiteren Geschichte noch mehrmals, z. B. ab 1279 diente für die Witwe Herzog Albrechts des Großen. Zunächst wurde sie aber mit dem Beginn der welfischen Linie Braunschweig-Grubenhagen 1290 deren Residenz. Von 1384 bis 1402 war sie als Apanage im Besitz des ehemaligen Abts von Corvey, Ernst von Braunschweig-Grubenhagen. Ab 1486 residierten hier die Herzöge des Fürstentums Grubenhagen bis zu ihrem Aussterben 1596. Danach ging die Anlage an die welfische Linie Braunschweig-Lüneburg über.

Von der schweren Feuersbrunst auf der Burg 1510 ist überliefert, dass sich die Schlossherrenfamilie, Herzog Philipp I. mit Gemahlin Katharina und dem Sohn Philip, in letzter Minute vor dem rasch um sich greifenden Feuer retten konnte. Der Schildknappe und die Kammerfrau der Herzogin seien beim Brand umgekommen. Zum Dank für ihre Hilfe bei Brand und Wiederaufbau erlaubte Philipp I. den Herzberger Bürger, Schützenfeste abzuhalten, und schenkte ihnen eine Silberkette mit einem silbernen Hirschen.

Bis 1635 lebte in dem wieder aufgebauten Schloss Herzog Georg von Braunschweig und Lüneburg mit seiner Gemahlin Anna Eleonore von Hessen-Darmstadt. Dort wurde 1629 ihr jüngster Sohn, der spätere erste Kurfürst von Hannover, Ernst August Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, geboren. Seine Schwägerin, Herzogin Dorothea Sophie von Celle, lebte hier ab 1665 für drei Jahre als Witwe, bis sie den „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg heiratete und nach Berlin zog.

1714 wurde das Schloss als Residenz aufgegeben. Seit 1852 ist es Sitz des Amtsgerichts Herzberg. 1900 wurde im Schloss ein Museum eingerichtet. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs erlitt das Schloss schwere Beschädigungen, die heute alle behoben sind. In der Nacht zum 4. April 1945 kam es unterhalb des Schlosses in der nahe gelegenen Sprengstofffabrik, wo 40.000 kg Sprengstoff und 8.000 Minen lagerten, zu einer gewaltigen Detonation. Davon wurde das Dach des Schlosses abgedeckt. Im Zuge dessen wurde auch das Museum zerstört und vermutlich geplündert. 1947 kam es zu weiteren Beschädigungen durch die Sprengung von Militärbunkern in der Nähe.

Heute beherbergt das Schloss ein kleines kulturelles Zentrum mit einem Café-Restaurant[2], einem Museum und dem Rittersaal, der für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Das Museum zeigt die Geschichte der Forstwirtschaft des Harzes, die Schlossgeschichte und die Geschichte der Welfen. Weitere Ausstellungsbereiche präsentieren die Geschichte der Herzberger Gewehrmanufaktur sowie den Herzberger Orgelbauer Johann Andreas Engelhardt. Im Rahmen der Dauerausstellung kann ein Faksimile des Evangeliar Heinrichs des Löwen betrachtet werden. Des Weiteren finden regelmäßig Sonderausstellungen statt.

2006 wurde das Schloss in Teilen saniert. Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil kündigte bei einem Besuch des Schlosses im Jahr 2016 eine weitere notwendige Sanierung, insbesondere des Uhrenturmes, für 12 Millionen Euro an, jedoch wurden die Mittel wieder gekürzt. Der Marstallflügel des Schlosses galt als akut einsturzgefährdet.[3] Seit dem Sommer 2017 wird das Schloss Herzberg für 7,5 Millionen Euro saniert.[4][5] Die Gesamtkosten werden auf 20 Millionen Euro geschätzt.[6]

Seit dem Internationalen Museumstag 2017 ist im Schlossmuseum die restaurierte Welfenwiege aus dem 16. Jahrhundert zu sehen.[7]

Herzberger Schlosskonzerte

1986 wurden von der Stadt Herzberg am Harz die Herzberger Schlosskonzerte ins Leben gerufen. Seit dieser Zeit werden jährlich sechs bis acht Konzerte auf hohem Niveau im Rittersaal auf Schloss Herzberg angeboten.

Förderverein

Im Jahre 2004 wurde der Förderverein Schloss Herzberg am Harz e.V. gegründet, der das Welfenschloss als Baudenkmal erhalten und das Interesse daran durch Förderung von Kunst und Kultur unterstützen will.

Projekte waren, unter anderen, die Sanierung und der Aufbau der funktionsfähigen Engelhardt-Orgel im Schlossmuseum – wo seitdem jährlich Orgelkonzerte stattfinden – sowie die Anschaffung mehrerer Gemälde und weiterer Ausstellungsstücke für das Museum.

Seit 2013 ist der Förderverein Veranstalter der Herzberger Schlosskonzerte[8] im Rittersaal, sowie der Herzberger Schloss Vorträge[9] mit dem Historiker Gerd Biegel. 2014 wurde die Ahnentafel des Hauses Braunschweig ergänzt und erweitert.[10] Diese große Ahnentafel, mit 32 Generationen, ist jetzt im Erdgeschoss des Museums ausgestellt.

Des Weiteren unterstützt der Förderverein das Museum beim Internationalen Museumstag im Mai und dem Tag des offenen Denkmals im September.[11]

Siehe auch

Literatur

  • Hans Adolf Schultz: Burgen und Schlösser des Braunschweiger Landes, Braunschweig 1980, Das Schloß Herzberg, S. 109–110, ISBN 3-878840128
  • Hans Grüneberg: Schloss Herzberg und seine Welfen, Stadt Herzberg am Harz 2012, ergänzte Neuauflage der Ausgabe vom April 1993
  • Ernst Andreas Friedrich: Das Schloß Herzberg, S. 97–98, in: Wenn Steine reden könnten. Bd. 4. Landbuch-Verlag, Hannover 1998, ISBN 3-7842-0558-5
  • Jürgen Wilke: Die Geschichte des Wappens der Stadt Herzberg/Harz, S. 1–33 + Literaturverzeichnis, Göttingen 1998
  • Markus C. Blaich, Sonja Stadje, Kim Kappes: Schloss Herzberg in: Die Heldenburg bei Salzderhelden, Burg und Residenz im Fürstentum Grubenhagen, (= Wegweiser zur Vor- und Frühgeschichte Niedersachsens. 32) Isensee Verlag, Oldenburg, 2019, S. 138–141.
  • Alexander Dylong: Feldherr und Staatsmann im Dreißigjährigen Krieg – Georg von Calenberg Herzog zu Braunschweig-Lüneburg. MatrixMedia, Göttingen 2020, ISBN 978-3-946891-13-0.[12]
Commons: Schloss Herzberg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. NDR 1 Niedersachsen / Das Welfenschloss Herzberg (Memento vom 25. September 2015 im Internet Archive)
  2. Schlosscafé Herzberg auf: Facebook
  3. Land gibt Millionen für marodes Welfenschloss bei ndr.de vom 23. Januar 2017
  4. Sanierungsarbeiten im Schloss Herzberg beginnen im Frühjahr 2017 Presseinformation des Niedersächsischen Finanzministeriums
  5. Schloss Herzberg wird für 7,5 Millionen Euro saniert Videobeitrag auf YouTube
  6. Sanierung des Welfenschlosses hat begonnen ndr.de vom 19. Juni 2017
  7. Besucher bewundern die Welfenwiege In: Harz Kurier 22. Mai 2017
  8. Stadt Herzberg am Harz → Herzberger Schlosskonzerte
  9. Herzberger Schloss Vorträge
  10. Stammtafel wurde aktualisiert In: Harz Kurier 17. August 2014
  11. Förderverein Schloss Herzberg
  12. Herzog Georg residierte viele Jahre auf Schloss Herzberg, sein Porträt von der Buchtitelseite hängt im Rittersaal.