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Gummi

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Begriffserklärung

Der Begriff Gummi (aus dem ägyptischen kami) bezeichnete ursprünglich Kautschuk oder andere kautschukähnliche Pflanzensäfte (Milchsaft), die beim Eintrocknen durch Polymerisation zu plastisch - elastischen Feststoffen verhärten. Sie enthalten einen wasserlöslichen Anteil und Gummiharze (Latex). Gummi ist heute ein vielseitiger Werkstoff.

Gummi arabicum ist der Name für den Saft einer afrikanischen Akazie.

Als Werkstoff Gummi wird heute vulkanisierter Kautschuk bezeichnet. Kautschuk ist im Milchsaft (Latex) von tropischen Pflanzen enthalten und wird hauptsächlich aus dem Kautschukbaum (Hevea brasiliensis, ein Wolfsmilchgewächs) gewonnen. In der Natur dient er dem Schutz des Baumes, denn er dichtet verletzte Stellen vor Bakterienbefall ab. Pflanzlicher Kautschuk wird auch Naturkautschuk bzw. Naturlatex genannt.

Heute wird Kautschuk jedoch hauptsächlich synthetisch hergestellt. Synthetischer Kautschuk besteht meist aus Styrol und Butadien; andere Rohstoffbasen sind Styrolacrylat, Reinacrylat, Vinylacetat. Der erste wirtschaftlich nutzbare war der Styrol-Butadien-Kautschuk, ein weiterer ist Neopren.

Naturkautschuk besteht aus langen Polyisopren-Ketten, welche durch Zusatz von Schwefel unter Druck und Hitze vernetzt werden können, wodurch dieses sehr elastische Material entsteht. Dieser Vulkanisierung genannte Vorgang wurde 1839 von Charles Goodyear entdeckt. (Laut Archäologen des MIT kannten mittelamerikanische Ureinwohnern das Erhitzen von Kautschuk mit Schwefel allerdings schon vor 3600 Jahren.) Die Besonderheit des Gummis besteht darin, dass es extrem dehnbar ist (Elastomer).

Gummi als industriell gefertigter Feststoff ist grundsätzlich vulkanisiert und enthält somit immer etwas Schwefel. Bezeichnungen wie "100% Naturkautschuk" bzw. "reines Naturlatex" (z.B. auf Einweghandschuhen) sind daher irreführend, denn unvulkanisierter (schwefelfreier) Kautschuk hätte die Konsistenz von Lakritzschnecken (bricht bei Kälte, klebt und zersetzt sich stinkend bei Sommerhitze) und wäre als Werkstoff praktisch unbrauchbar. Die Bezeichnung meint somit nur dass keine synthetischen Kautschukanteile enthalten sind, doch wird sie oft auch werbewirksam benutzt um anzudeuten dass es keine giftigen Zusatzstoffe enthält, denn im Gegensatz zu den meisten synthetischen Elastomeren ist Naturgummi ungiftig. International wird neben dem natürlichen Pflanzensaft auch das daraus gefertigte Gummi als Latex bezeichnet, obwohl "Latexgummi" eindeutiger wäre. Allerdings werden die Begriffe "Kautschuk" bzw. "Latex" von Chemikern in anderen Zusammenhängen auch für synthetische Gummi-Ausgangsstoffe benutzt (z.B. in Worten wie "Silikonkautschuk" oder "Latexfarbe"), was die Sache umso verwirrender macht.

Gummi als Werkstoff

Ein Großteil der industriellen Gummiproduktion geht in die Reifenherstellung, wobei verschiedene Kautschuksorten verwendet werden, um ein Optimum an Belastbarkeit, Abrieb und Straßenhaftung zu erzielen. Naturkautschuk ist bernsteinfarben und wird für Autoreifen mit künstlich hergestelltem Ruß zur Modifikation der Eigenschaften (z.B. Abrieb, Reißfestigkeit, Härte) gemischt. Daraus resultiert die schwarze Färbung. Für Reifen, die in verschiedenen Farben bereits zum Kauf angeboten werden, wird hingegen hochaktives Silikat verwendet um die Eigenschaften zu verbessern.

Zur Verbesserung der Haltbarkeit und Verarbeitbarkeit wird industrielles Kautschuk-Gummi mit Zusatzstoffen versetzt, von denen manche giftig sind. Z.B. werden organische Lösemittel, Vulkanisationsbeschleuniger und -verzögerer, Farbstoffe, Füllstoffe und Antioxidantien hinzugefügt. Die einfachste Form von Naturgummi besteht hingegen nur aus Naturkautschuk, Wasser und etwas Schwefel. Da diese Mischung auch ohne Erhitzen langsam von selbst vulkanisieren würde, wird etwas Ammoniak hinzugefügt, welches die Mischung durch basischen PH-Wert flüssig und somit lagerfähig hält. Wird die Mischung der Luft ausgesetzt, verdunstet das Ammoniak, sodass die Vulkanisation beginnt. Hitze kann den Vorgang beschleunigen, ist jedoch nicht zwingend notwendig, daher wird diese Mischung auch als giftfreier Kleber für Latexgummi, als lösbarer Papierkleber (z.B. Copydex Rubber Cement) und als Flüssiglatex für Bodypainting verwendet. Nachteil dieser Gummisorte ist ihre große Zersetzungsempfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen. Reines Naturgummi ist in seiner Dehnbarkeit (7 bis 10fach) den meisten synthetischen Gummisorten überlegen und besitz zudem eine besonders geringe innere Reibung, was seine Kontraktionsgeschwindigkeit erhöht und die Erwärmung bei mechanischer Beanspruchung (z.B. dem Abrollen von Reifen) reduziert.

Gummi ist nicht unbegrenzt lagerfähig. Radiergummis, Dichtgummis und Gummiringe werden mit der Zeit spröde und reißen bzw. radieren nicht mehr. Alte Gummi-Reifen am Auto sind eine Gefahr, weil sie während der Fahrt platzen können.

Diese Alterungserscheinungen von Latex-basiertem Gummi beruhen vorallem auf Umwelteinflüssen, daher werden zum Schutz meist Antioxidantien oder Oberflächenbeschichtungen zugefügt. Besonders Luftschadstoffe wie Ozon, die Kombination aus UV-Licht und Sauerstoff sowie Dauernässe und Kontakt mit reaktiven Metallen (z.B. Kupfer, Silber) führen zur Versprödung des Materials, wobei Risse besonders an mechanisch belasteten Stellen entstehen. Öle, Fette (außer Silikonöl) und Weichmacher (z.B. aus Kontakt mit Weich-PVC) zersetzen es hingegen zu einer klebigen Masse, wobei schon ölige Ausdünstung langfristig Gummi schädigen können. Zersetzung von Kautschuk-Gummi (besonders durch Ozon) bewirkt i.a. schon früh einen charakteristisch bitteren Geruch, der zum Aufspüren von Schäden nutzbar ist. Luftdicht, trocken, kühl und dunkel aufbewahrtes Gummi zersetzt sich bei korrekter Herstellung jedoch kaum und kann problemlos Menschenleben überdauern. Allerdings führt Alterung zur Verhärtung durch fortschreitende Vernetzung der Molekülstränge; auch dies kann bei falscher Mischung (überschüssiger Schwefel) zur Versprödung führen, doch kommt es normalerweise vorher zum Stillstand.

Die verbreitete Vorstellung das Gummi würde beim Verspröden "austrocknen" ist falsch; Latexgummi enthält keine weichmachenden Flüssigkeiten die dabei verdunsten. Allerdings enthalten manche Gummisorten zum Schutz vor Umwelteinflüssen Wachse, die z.B. bei Reifen durch die Walkbewegung beim Abrollen an die Oberfläche treten. Werden Reifen unbewegt Sonne und Ozon ausgesetzt, kann das an der Oberfläche oxydierende Wachs nicht durch neu austretendes Wachs ersetzt werden, sodass die Gummioberfläche selbst angegriffen wird. Hierdurch werden unbewegt draußen lagernde Reifen leichter brüchig als am Fahrzeug regelmäßig genutzte. Winterreifen lagert man daher optimal trocken, licht- und luftgeschützt in Plastiktüten aus PE oder PP.

Bei Anwendungsfällen, wo es ausschließlich auf die elastischen Eigenschaften oder den Reibungskoeffizienten von Kautschuk-Gummi ankommt, ist eine Erneuerung verhärteten Gummis möglich. D.h. dort wo die Eigenschaften einer Knete verlangt werden kann Essigsäure zur Regeneration dienen. Essigsäure zertrennt die Kautschuk-Gummi-Molekül-Netze - erneut . Kurzes Benetzen durch ein Lösung aus je 1/2 Essigsäuressenz (38%-ig) und Spiritus regeneriert die Elastizität des Gummis und reinigt zugleich die Oberfläche. In Abhängigkeit zur Einwirkungsdauer quillt das Gummi auf; es quillt auf bis zum völligen Verlust jeglicher Festigkeit. Mögliche Anwendungssfälle sind: Probleme mit dem Papiertransport (Papierstau / Transportstau) bei einem alten Drucker / ADF Scanner / Kopierer, unbrauchbare (rote) Kautschuk-Radiergummis an Bleistiften, undichte Fahrradventile, etc.. Materialabtragende Verfahren (Sandpapier) verändern die Oberflächenbeschaffenheit. Dieses Verfahren basiert auf molekularer Ebene; es regeneriert lediglich die Elastizität. Da die Tinktur keine vernetzungsbehindernden Einlagerungsmoleküle enthält, wirkt sie nur für einm Jahr. Keinesfalls (!) ist Essigsäure bei mechanisch belasteten Komponenten (Gummiringen, Dichtgummiringen) oder sicherheitskritischen Bauteilen (Reifen, Luftfedern, Hydraulikschläuchen) anzuwenden. Verhärtetes Gummi lässt sich oft auch durch Behandlung mit kochendem Wasser wieder erweichen, wobei ähnliche Einschränkungen wie bei Essigsäure gelten.

Mechanisch beanspruchte Gummi-Bauteile können nicht regeneriert werden.

Bei großer Kälte (ca. -40°C) gefriert Gummi glashart und bricht bei Belastung spröde. Doch schon bei geringerer Kälte kann Latexgummi mit niedrigem Schwefelanteil in Kältestarre verfallen (teilweises kristalisieren), wodurch es lederig steif und bruchempfindlich wird (z.B. bei schwarzen Latexmanschetten von Trockenanzügen im Winter). Zum Aufwecken muss es auf eine deutlich (um einige 10K) höhere Temperatur erwärmt werden als jene bei der es erstarrte.

Anders als Metallfedern verträgt Gummi keine lang andauernde starke Dehnung oder Punktbelastung, da es sonst seine Kraft verliert und an Erschöpfung stirbt (Materialermüdung). Die Zersetzung durch Schadstoffe wie Ozon wird hierbei extrem verstärkt, da die duch Belastung stark gespannten Molekülketten durchs Zerren der Schadmoleküle leichter reißen. Besonders sichtbar wird dieses bei Latex-Luftballons, die je nach Ozonbelastung aufgeblasen nur Tage bis wenige Wochen überstehen, während sie ungedehnt viele Jahre überdauern. Zur Vermeidung von Punktbelastung dürfen Gegenstände aus Gummifolie daher nicht überkreuz (also eine horizontal gefalteten Kante nochmals vertikal) gefaltet gelagert werden, da sonst an kreuzförmig geknickten Stellen Löcher entstehen. (Richtig ist in nur eine Richtung (oder garnicht) zu falten und in die andere aufzurollen.)

Einsatz von Gummi

Gelbe Gummistiefel

Gummi kann in vielen Bereichen eingesetzt werden.

  • Gummikleidung, z.B. als Gummistiefel um Flüssigkeiten und Gase vom Körper fernzuhalten. Gerne wird Gummikleidung bedingt durch seine besonderen Eigenschaften, wie Glanz, dem besonderen Tragegefühl, insbesondere das Gefühl des Umschlossenseins mit diesem hautähnlichen Material, auch für Erotik und Meditation eingesetzt (siehe Fetischismus (Psychologie) und Gummifetischismus).
  • Die Eigenschaft der Haftfähigkeit ohne zu kleben wird beim Radiergummi ausgenutzt, der Bleistift-Striche (eigentlich Striche aus Graphit) von Papier entfernt.
  • Die extreme Dehnbarkeit von Naturgummi wird bei Gummibändern und Luftballons genutzt.
  • Gummi kann während der Vulkanisation durch ein Treibmittel aufgeschäumt werden. Das so entstandene Schwammgummi wird zu Isolationsmaterialien und ähnlichem weiterverarbeitet. Geschäumter Gummi wird fast ausschließlich aus synthetischen Gummisorten (z.B. Neopren) hergestellt und findet als Isolation oder elastische Dämmung vielfälltige Anwendung, vom Taucheranzug bis zur Bettmatratze.
  • Für besondere Anwendungen wird auch synthetischer Gummi oder Silikongummi verwendet, letzterer ist ein Polymer auf Basis von Silizium- Sauerstoff-Ketten mit organischen Seitengruppen (Siehe auch: Silikon).
  • Gummi ist auch wasserabweisend und kann deshalb als Farbe an die Wand gestrichen werden. Moderne Latexfarbe enthält jedoch kein Naturlatex.
  • Auch im Bergbau kommt Gummi oft vor. Vor allem zum Schutz der Karkasse von Fördergurten.
  • Gummi arabicum wird eingesetzt bei der Herstellung von Lebensmitteln, Medikamenten und als Bindemittel in der Malerei mit Tempera- und Gouache-Farben.
  • Auch Kirschgummi fand in der europäischen Malerei Verwendung, ist aber heute nicht mehr erhältlich.
  • Der Grundstoff von Kaugummi bestand früher aus (unvulkanisiertem) Naturlatex bestimmter Pflanzenarten; heutzutage ist er jedoch meist eine synthetische Kaumasse auf Erdölbasis.

Esoterik

In moderner esoterischer Mystik gilt Latexgummi als Symbol vollkommenen kosmischen Gleichgewichts, da es als Elastomer Mittler zwischen Ordnung und Entropie ist und in ständigem energetischen Schwingungsaustausch mit dem Universum steht. Es wird daher z.B. in der Meditation zur Schwingungsübertragung eingesetzt.

Umgangssprachliche Bedeutungen des Begriffs

Außer dem ursprünglichen Gummi auf Isoprenbasis (mit Schwefel vulkanisiertes Latex) gibt es zahlreiche andere Elastomere, welche auch mehr oder weniger offiziell als "Gummi" bezeichnet werden. Am bekanntesten dürfte Silikonkautschuk sein, doch auch für Polyurethan (in Wäsche Elasthan genannt), Chloropren (Neopren) und manchmal sogar Weich-PVC wird dieser Name verwendet, obwohl letzteres erst durch extrem viel Weichmacher überhaupt dehnbar wird und somit nicht mal ein echtes Elastomer ist.

„Gummi“ hat auch spezielle umgangssprachliche Bedeutungen:

  • „Gib Gummi!“ = sinnloses Gasgeben - also dafür sorgen, dass ein möglichst dicker schwarzer Strich auf der Straße liegen bleibt.
  • Gummi als Synonym für Kondom und für Gummiband.
  • Gummihose“, z.B. als Fetischkleidung, als Hose für Angler oder als wasserdichte Windelhose, meist auch fälschlicherweise als synonym für vergleichbare Höschen aus PVC oder PE-beschichteten Materialien verwendet.
  • „Gummianzug“ z.B. als Fetischkleidung, Wassersport- (Tauch-) oder Schutzanzug, meist auch fälschlicherweise als synonym für vergleichbare Kleidungsstücke aus Neopren, PVC oder PE-beschichteten Materialien verwendet.
  • „Gummiadler“ Scherzwort für von Menschenhand ermordetes, zu lange gegrilltes zähes Federvieh.
  • „Gummiboot“ Synonym für Schlauchboot (obwohl es heute oft aus Weich-PVC besteht).
  • „Gummipuppe“ Synonym für Sexpuppe (obwohl die meisten Exemplare heutzutage aus Weich-PVC sind).
  • „Gummi spielen“ meinen Kinder in einer Verkürzung, wenn sie Gummitwist spielen möchten.
  • „Gummiparagraph“ für ein zu wage definiertes, leicht missbrauchbares Gesetz.
  • Der Gummibär wird nicht aus Kautschuk, sondern aus einer anderen (essbaren) Substanz mit gummiartigen Eigenschaften, z.B. Pektin oder Gelatine, hergestellt.
  • kondome werden meist nur noch gummi genannt(allerdings schützen sie beim sex vor geschlechtskrankheiten)

siehe auch: Hartgummi

Wiktionary: Gummi – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen