Cochise (deutsche Band)
Cochise | |
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Allgemeine Informationen |
Cochise war eine deutsche Musikband aus Dortmund, die sich Ende der 1970er Jahre bis Ende der 1980er Jahre mit politischen Pop- und Folksongs einen Namen machte, und vor allem in der linksalternativen Szene der Neuen Sozialen Bewegungen populär war. Benannt hat sich die Band nach Cochise, einem indianischen Häuptling.
Band Historie
Die Dortmunder Folk-Rock-Band Cochise wurde 1979 gegründet und war schon nach einem halben Jahr voller Konzerte im ganzen Bundesgebiet die Band der Alternativ-Bewegung in der BRD. In der ihr eigenen Form verband die Gruppe die politischen Inhalte der 70er und 80er Jahre mit einer kraftvoll, lustbetonten Musik und dem aufbegehrenden Lebensgefühl einer ganzen Generation. Politisch im linksradikal-anarchistischen Lager angesiedelt, war Cochise eine Band aus der Bewegung für die Bewegung.
Der Name Cochise, entlehnt von einem Apachen Häuptling, war Programm und verband den ungestümen Willen der sozialen Bewegung gegen die allmächtige Staatsgewalt anzukämpfen mit den Gedanken und Forderungen der sich formierenden Ökologie- und Friedensbewegung. So war Cochise fast ein Jahrzehnt lang an den politischen Brennpunkten Deutschlands zu Hause. In Mutlangen, bei den Häuserkämpfen im Ruhrgebiet, an der Startbahn West, am AKW Hamm-Uentrop, in Wackersdorf um nur einige zu nennen.
Durch ihre radikale Kritik an der Politik der Herrschenden wurden die Cochise-Musiker selbst immer wieder zum Opfer von Polizei und Gerichten, und in einer unheiligen Allianz nahezu 100 % von den Medien boykottiert. Ihr phänomenaler Erfolg ist gerade deshalb aus heutiger Sicht kaum vorstellbar. Ca. 1.000 Konzerte in 9 Jahren, mehr als 120.000 verkaufte Tonträger ohne jegliche Werbung oder Medien Unterstützung und ein Mythos, der Cochise auch 15 Jahre nach den letzten Konzerten immer noch aktuell macht.
Die Vorgeschichte von Cochise beginnt im Folk Revival Mitte der 70er Jahre. In die Dortmund wird von Studenten nahe des Revierparks Wischlingen ein erstes Haus besetzt und die Forderung nach einem autonomen Jugendzentrum nimmt Gestalt an. Durch die zunehmende Politisierung der Jugendbewegung, das Bedürfnis nach konkreten, kritischen Texten und einer härteren Musik entsteht die Gruppe Anfang 1979 zuerst noch als halbe Folk Besetzung mit Pit Budde an der Gitarre, Klara Brandi an Flöte und Bass, Michael Hager an der Oboe und Günther Holtmann an der E-Gitarre.
Schon nach wenigen Konzerten bekommt die Gruppe den Auftrag die Musik für das Jugendtheater Stück "Rolltreppe abwärts" zu schreiben, allerdings mit der Auflage einen Schlagzeuger und einen Techniker in die Band zu holen. So kommen Peter Freiberg und Philipp Nadolny zu Cochise und es entsteht nebenbei die Ouverture zum Theaterstück, die als Erkennungsmelodie fast alle Cochise-Konzerte in den nächsten Jahren eröffnen wird: "Rolltreppe abwärts".
Ende 1979 erscheint die erste Cochise LP mit dem Titel "Rauchzeichen", noch ganz im Folk Stil. Verschiedene Lieder wie "Was kann schöner sein auf Erden", "Ballade von der Hester Jonas" und "Rauchzeichen" werden zu Klassikern der Folk-, Öko- und Friedensbewegung. Die LP wird in kürzester Zeit zum Hit, die Gruppe zum gefragten Live Act in Clubs, bei Politveranstaltungen und Festivals in der gesamten BRD. Es beginnt ein exzessives Tourleben, das erst 1988 enden soll.
Die zweite LP von Cochise, "Wir werden leben", steht schon im Zeichen der sich verschärfenden politischen Auseinandersetzungen. Peter Freiberg hat die Gruppe in Richtung Solo Karriere und die Band Conditors verlassen, Michael Hager konzentriert sich wieder voll auf sein Musikstudium. Für die beiden kommen Tom Kühn, Schlagzeug und Martin Buschmann, Keyboards und Saxophon in die Band. Der Titelsong der LP ist die radikalisierte Form eines Slogans der Friedensbewegung: Wir wollen leben. Doch diese, zu brave Formulierung reicht der Gruppe nicht. Songs wie "Jetzt oder nie, Anarchie!", aber auch das Lied vom Baggersee: "Letztn Somma warn wa schwimmn." Oder die Neil Young Übertragung "Die Indianer sind noch fern" werden Szene Hits.
1982, mitten in der heißen Phase der Hausbesetzungen im Ruhrgebiet, der Straßenschlachten um die Startbahn West, erscheint die 3. LP von Cochise: "Unter Geiern". Das Schlagzeug bedient mittlerweile Gert Rickmann-Wunderlich, am Mischpult sitzt Walter Speckmann, Cochise Freunde aus der Rock gegen Rechts Initiative. Die Musik dieser LP ist hart, teilweise punkig. Die direkten Erfahrungen: Verhaftungen, politische Prozesse finden sich in den Liedern wieder. "Frontberichterstattung" urteilen Außenstehende, und so verkehrt ist diese Einschätzung nicht. Lieder wie "Der Henker", "Du kotzt mich an" oder "Bildet Banden" sprechen für sich. Ebenfalls 1982 erscheint im Heupferd Verlag das Cochise Songbook: „die ERDE war nicht IMMER so...“. Alle Lieder der drei ersten LPs, viele Fotos, Zeitungsartikel, Comix und Kommentare machen das Buch zu einem Zeitdokument der politischen Kulturszene.
1983 spielt Cochise eine Instrumental LP mit Kompositionen von Pit Budde ein: "Der Puma zieht nach Norden". Im gleichen Jahr nimmt die Band mit dem Kinderliedermacher Klaus W. Hoffmann die LP "Wenn der Elefant in die Disco geht" auf, noch heute eine der wichtigsten Produktionen mit modernen Kinderliedern.
Ein Höhepunkt für Cochise ist sicherlich der Auftritt bei der Friedensdemo in Bonn vor 300.000 Menschen. Doch markieren die Großkundgebungen gleichzeitig den Untergang der Bewegung. Der Kommerz hat sein Herz für die friedensbewegten Käuferscharen entdeckt und die linke Politkultur wird verschwommener.
Als eine der wenigen Bands bleibt Cochise der Vermarktung fern und veröffentlicht 1984 weiterhin auf dem Kleinlabel Wundertüte die 4. LP: "Die Erde war nicht immer so". Dorle Ferber ist für Martin Buschmann zur Gruppe gekommen und bringt mit ihrer Geige eine neue Klangfarbe in den Cochise Sound. Der Titelsong wird zur Hymne, "Schnee zu Ostern" und "Lacht mich ruhig aus" reflektieren den Zeitgeist und deuten das Abklingen der politischen Bewegung an.
1985 wird in erweiterter Besetzung die 5.LP: "Cochise Live" eingespielt. Als Gäste wirken mit: Martin Paul von „Ton, Steine, Scherben“, Büdi Siebert und Jo Koinzer. 1987 entsteht die 6. Cochise LP: "Wie die Maus zum Adler wurde“ – eine indianische Geschichte mit akustischer Musik der Band. Es ist die Auseinandersetzung mit indianischer Spiritualität, die sich in Komposition und Texten wiederfindet.
Für einige Monate sind Andreas Held, Schlagzeug und Eckard Freund, Gitarre neue Cochise Mitglieder. 1988 geht Cochise dann zum letzten Mal auf Tour, in der Besetzung, die den Charakter der Band am intensivsten geprägt hat: Klara Brandi, Dorle Ferber, Pit Budde, Günther Holtmann, Gert Rickmann-Wunderlich dazu Walter Speckmann als Techniker.
Während der Abschieds-Tour produziert Cochise die 7. LP: "Trail`s End", mit Live Aufnahmen, Stücken die in der Garderobe und sogar im Hotelzimmer eingespielt werden. Noch einmal treffen sich die ehemaligen Cochise MusikerInnen: Klara Brandi, Pit Budde, Michael Hager, Walter Speckmann mit dem Perkussionisten Martin Hesselbach zu einem CD Projekt von Pit Budde mit Instrumentalmusik und veröffentlichen als „Puma X“ 1990 die CD „artificial paradise“. Ebenfalls 1990 erscheint das Songbook von Pit Budde: „Spiel der Zeit“, mit Liedern aus der Spätphase von Cochise.
Doch zu diesem Zeitpunkt haben sich die Wege der Cochise Musiker schon getrennt.
Die Cochise Lieder allerdings sind nach wie vor aktuell, die Themen über die die Band gesungen hat sind weiterhin ungelöst. Die gesellschaftlichen Probleme und Ungerechtigkeiten, die von Cochise erlebt und künstlerisch verarbeitet wurden, brennen heute wie gestern unter den Nägeln . Und doch hat keine Gruppe es vermocht die Lücke zu füllen, die Cochise in der Musik- und Politszene Deutschlands hinterlassen hat.
Mittlerweile wurden alle Cochise Tonträger als CDs, teilweise mit Bonusmaterial, wiederveröffentlicht.
Diskographie
Alben
- Für ein freies Jugendzentrum, Trikont, 1973
- Rauchzeichen, Folk Freak, 1979
- Wir werden leben, Folk Freak, 1980
- Unter Geiern, Wundertüte, 1981
- Die Erde war nicht immer so, Wundertüte, 1984
- Cochise Live, Wundertüte, 1985
- Wie die Maus zum Adler wurde, Krähenmusik, 1988
- Trails End, Wundertüte, 1989
Beiträge auf Samplern
- Mein Job wird immer härter, Falkenscheiben, 1979
- Wir wollen leben, Folk Freak , 1981
- Schöner Wohnen, abba fix, 1983
- Für die Indianer, Wundertüte, 1983
- Live in Papenburg, 1984
- Vom Folk zum Rock, 1986
- Break the Chain, Misereor, 2000
Best Of
- Heimliche Hits, Wundertüte, 1988
Solo
- Finger Picking Methode für die Folk Gitarre (Pit Budde), Pläne, 1976
- Fliegt Gedanken, fliegt (Manderley), Pläne, 1976
- Saitensprünge (Pit Budde), Pläne, 1978
- Wenn der Elefant in die Disco geht (Klaus W. Hoffmann), Pläne, 1983
- Der Puma zieht nach Norden (Pit Budde), Wundertüte, 1983
- Artificial Paradise (Puma X), Energie, 1990
Wiederveröffentlichungen
- Rauchzeichen CD, Blue Bowl, 1996
- Wir werden leben CD, Blue Bowl, 1996
- Unter Geiern CD, Blue Bowl, 1997
- Die Erde war nicht immer so CD, Blue Bowl, 1997
- Cochise live CD , Jump up/ Conträr, 2002
- Wie die Maus zum Adler wurde CD, Jump up 2003
- Trails End CD, Jump up 2003
Literatur
- Die Erde war nicht immer so (Buch), Heupferd, 1986
- Spiel der Zeit (Songbook), Heupferd, 1990