Marienkirche (Dortmund)


Die Marienkirche Dortmund ist eine historische Kirche in der Dortmunder Innenstadt gegenüber der Reinoldikirche.
Geschichte
Der historische Baukörper der Kirche wurde im 12. Jahrhundert als spätromanische, dreischiffige Pfeilerbasilika mit einem Zwillingsturmpaar errichtet und häufig umgestaltet. Mitte des 14. Jahrhunderts wurde der alte romanische Chor durch einen größeren gotischen Chorbau ersetzt. Links und rechts vom Chor erbauten städtische Kaufleute zwei kleine Sonderkapellen an, von denen die nördliche nach ihrem Stifter noch heute die Berswordtkapelle genannt wird. Neben den beiden Kapellen werden in der Kirche Familienaltäre erbaut. Der bekanntes Altar ist der bis heute erhaltene Marienaltar von Konrad von Soest aus dem Jahre 1420.
Vom Niedergang der Reichsstadt Dortmund blieb auch St. Marien nicht verschont. Der Einsturz der Reinoldikirche im Jahre 1661 durch ein Erdbeben zerstörte auch die naheliegende Marienkirche teilweise. Eine Wiederherstellung konnte aufgrund fehlender Finanzmittel zunächst nicht realisiert werden. Die Kirche galt als Bauruine und wurde zeitweise für die Öffentlichkeit gesperrt. 1805 musste der nördliche Turm abgetragen werden. 1828 dann sollte die Ruine der Kirche abgerissen und als Steinbruch freigegeben werden.
Erst nach der öffentlichen Ausschreibung der Kirche als Steinbruch regte sich erster Protest, unter anderem setzte sich Karl Friedrich Schinkel für den Erhalt des kulturhistorisch bedeutsamen Baus ein. Die Kirche wurde zunächst notdürftig wiederhergestellt. Im Mai 1839 wurde dann der erste Gottesdienst nach der Wiederherstellung gefeiert.
Die ursprünglich gotischen Kirchenfenster sind nicht erhalten. Die 1972 abgeschlossene Neuverglasung von Johannes Schreiter gestaltete Fenster mit einer sehr einfachen, zurückhaltenden Ornamentik.
Altäre


Berswordtaltar
Die Marienkirche beherbergt zwei kunsthistorisch bedeutende Altäre. Der ältere steht im nördlichen Seitenschiff und wird nach seinem Stifter Berswordt-Altar genannt. Die Gemälde werden auf etwa 1395 datiert und zeigen in einer Szenenfolge die Kreuzigung Christi. Der Maler ist unbekannt, es gibt aber Spekulationen, dass es sich um ein Frühwerk von Konrad von Soest handeln könne.
Die linke Tafel zeigt Jesus auf dem Kreuzweg nach Golgatha. Symon von Cyrene wird gezwungen, ihm beim Tragen des schweren Kreuzes zu helfen. Während Knechte der römischen Soldaten ihn vorwärtsprügeln, beweinen ihn einige Frauen. Die mittlere Tafel fasst verschiedene Episoden der Kreuzigung zusammen. Sie zeigt den Zusammenbruch von Maria, die von Johannes gestützt wird. Johannes blickt zum Gekreuzigten, der nach dem Johannes-Evangelium die beiden zu Mutter und Sohn erklärt. Zu Füßen des Kreuzes schachern dämonische Gestalten um das Gewand Jesu. Ein römischer Hauptmann erkennt aber im sterbenden Jesus den wahren Sohn Gottes. Sein Bekenntnis ist als Spruchband ausgeführt. Im Zentrum der mittleren Tafel steht das Kreuz mit dem sterbenden Jesus, auch der Stich mit der Lanze in die Seite ist dargestellt. Rechts und links hinter Jesus hängen die mit ihm gekreuzigten Schächer. Die Seele dessen, der bereute, wird von einem Engel, die des Verstockten von einem Teufel geholt.
Die rechte Tafel zeigt die Kreuzabnahme. Auch auf diesem Bild steht das Kreuz im Zentrum. Das Geschehen ist auf wenige Personen begrenzt, anders als in der Szenenfülle des Zentralbildes. Vor dem goldenen Hintergrund leuchten die Gewänder der agierenden Personen rot, golden und grün. Josef von Arimathia hält den Leichnam Jesu im Arm, während andere die blutenden Nägel mit einer Zange aus den Füßen entfernen und den linken Arm vom Kreuz lösen. Die Gestalt Jesu wirkt nicht nur im Bereich des weißen Tuches, das seine Scham bedeckt, verschleiert.
Marienaltar des Konrad von Soest
- siehe auch den eigenen Artikel Marienaltar
Auf dem Haupaltar finden sich die Tafeln des Marienaltars (~1420) von Konrad von Soest, die ursprünglich Teil eines 1720 zerstörten, gotischen Altars waren. Um die Tafeln in einen barocken Altaraufbau einzufügen, wurden sie beschnitten, ein angesichts der Qualität des Kunstwerks aus heutiger Sicht unvorstellbarer Vorgang. Die Tafeln auf der Vorderseite zeigen Motive aus dem Leben Marias. Auf der linken Tafel dominieren die Farben Gold, Blau und Rot. Dargestellt ist die Geburt Jesu. Die mittlere Tafel zeigt den Tod Marias. Die Figur leuchtet kräftig aus einem blauen Umfeld von Engeln, die ihr die Augen schließen. In der Hand hält die liegende Maria als Symbol des Todes eine Sterbekerze. Drei rot gewandete Figuren umgeben die Sterbende. Johannes reicht ihr die Sterbekerze, oben rechts im goldenen Hintergrund eröffnet sich ein Blick in den Himmel, das Motiv der geöffneten Hand zeigt, dass Maria der Weg ins Paradies offen steht. Die rechte Tafel zeigt die Anbetung der heiligen drei Könige. Die Tafeln auf der Rückseite des Altars sind stark verwittert.
Die Faszination des Gemäldes beruht auf verschiedenen Momenten. Die leuchtenden Farben, die für die Zeit ungewöhnliche Größe der Figuren und die Harmonie der Komposition spielen dabei eine Rolle. Das Gemälde zeigt mittelalterliche Stilelemente, etwa die flächigen goldenen Hintergründe, die Größengestaltung der Figuren nach ihrer religiösen Bedeutung oder das Erzählen biblischer Geschichte. Gleichzeitig fasziniert die Entwicklung der Renaissancemalerei, die Gestaltung von Perspektive, von Gesichtern der Zeit und die Anatomie der Körper.
Die Signatur des Konrad von Soest versteckt sich so zwischen den Seiten eines abgebildeten Buches, dass sie erst 1950 entdeckt wurde.
Vorlage:Highlight1 colspan="3"|Marienaltar des Konrad von Soest 1420 (Vorderseite) | ||
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Kunstschätze
Marienfiguren
- Gotische Sandsteinmadonna aus dem Jahre 1420
Die gotische Sitzmadonna war ursprünglich bemalt, Farbreste sind noch zu erkennen. Dem Christuskind wurde der Kopf abgeschlagen (rechtes Seitenschiff).
- "Goldene Muttergottes von Dortmund"
Die romanische Marienfigur aus dem Jahre 1230 aus Holz befindet sich an der Südwand des Altarraumes. Auffällig ist der in die Ferne gerichtete Blick von Mutter und Kind. Diese in der Romanik häufige Anordnung der Figuren deutet darauf hin, dass Christus schon als Kind nicht in normale menschliche Beziehungen eingeordnet werden darf.
Weitere Sehenswürdigkeiten
- Adlerpult, ein Lesepult aus dem Jahre 1450
- Christus als Weltenherrscher mit Reichsinsignien
- spätromanischer Taufstein aus der Stauferzeit
- Chorgestühl eines Cappenberger Meisters aus dem 16. Jahrhundert
Unter den Sitzen waren sogenannte Miserikordien angebracht, kleine Sitzflächen zur Entlastung beim Stehen. Die darunter angebrachten, geschnitzten Symbolfiguren zeigen die Laster der Menschen. Oberhalb der Sitzflächen ist der Chor mit reichen Schnitzereien verziert. Ins Auge fallen vor allem die Figuren an den seitlichen Begrenzungen.
- Sakramentshaus aus Sandstein im Stil einer hochgotischen Kathedralenfassade
Das Sakramentshaus diente ursprünglich der Aufbaewahrung von liturgischem Gerät, vielleicht auch von Reliquien.
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gotische Sandsteinmadonna aus dem Jahre 1230
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Das Adlerpult
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Christus als Weltherrscher
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Christusfigur südl. Altarraum
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spätromanscher Taufstein
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Cappenberger Chorgestühl, Figuren in den Fensterwangen
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hochgotisches Sakramentshaus
Literatur
- Wolfgang Rinke: Dortmunder Kirchen des Mittelalters. Dortmund 1991, ISBN 3-7932-5032-6
- Horst Appuhn, St. Marien in Dortmund, in: Konrad Lorenz, Die Ev. St. Marienkirche zu Dortmund, Eigenverlag der Mariengemeinde, zahlreiche Abbildungen, Dortmund 1981, S. 18 - 47
- Andreas Zupancic, Thomas Schilp (Hg.), Der Berswordt-Meister und die Dortmunder Malerei um 1400, Stadtkultur im Spätmittelalter, Bielefeld (Verlag für Regionalgeschichte) 2002
- Gustav Luntovski, Günther Högl, Thomas Schilp, Norbert Reimann, Geschichte der Stadt Dortmund, hrdg. vom Stadtarchiv Dortmund, Dortmund (Harenberg) 1994, ISBN 36113972