Russische Befreiungsarmee
Die Russische Befreiungsamee (russisch Русская Освободительная Армия - РОА, Russkaja Oswoboditel'naja Armija - ROA, auch Wlassow-Armee) war ein Freiwilligenverband, der an der Seite der deutschen Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg kämpfte. Die ROA wurde von dem früheren Generalleutnant der Roten Armee Andrei Andrejewitsch Wlassow organisiert, der alle Russen im Kampf gegen die stalinistische Sowjetunion vereinen wollte. Unter den Freiwilligen waren Kriegsgefangene, Ostarbeiter und russische Emigranten.
Geschichte
Nach langem Widerstand Hitlers sollte diese Armee einmal aus zehn Grenadier-Divisionen und einem Panzer-Verband sowie eigenen Luftstreitkräften bestehen. Diese Truppen sollten aus sowjetischen Kriegsgefangenen und Hilfswilligen (ab 1942 Freiwillige genannt) gebildet werden, ihre Größe betrug maximal etwa 1 Million Freiwillige. Bis dahin schon bestehende russische Verbände waren sukzessive eingegliedert worden, so auch ab 28. April 1944 das XV. Freiwilligen-Kosaken-Kavallerie-Korps, welches erst der Waffen-SS nominell unterstellt gewesen war.
Ab dem 10. November 1944 wurde als erste ROA-Division die 600. Infanteriedivision auf dem Truppenübungsplatz Münsingen aufgestellt. Ab dem 17. Januar 1945 eine zweite Division, die 650. Infanteriedivision auf dem Truppenübungsplatz Heuberg. Die Aufstellung einer dritten Division war geplant.
Außerdem wurde eine Reservebrigade und eine Panzerjäger-Brigade aufgestellt. Göring befahl am 19. Dezember 1944 die Aufstellung von ROA-Luftstreitkräften. Sie umfassten eine Jagdstaffel (16 Messerschmitt Me 109 G), eine Nachtschlachtstaffel (zwölf Junkers Ju 88), eine Bomberstaffel (fünf Heinkel He 111) und eine Verbindungsstaffel sowie eine Luftnachrichten-Abteilung und ein Fallschirmjäger-Bataillon.
Am 10. Februar 1945 wurde Generalleutnant Wlassow die erste Division auf dem Truppenübungsplatz Münsingen vom General der Freiwilligenverbände im OKH, General der Kavallerie Ernst August Köstring, übergeben. Am 13. April 1945 kämpften ROA-Truppen erstmals erfolgreich gegen einen sowjetischen Brückenkopf an der Oder-Front, wo über 150 Mann fielen.
Obwohl einige Einheiten der Wlassow-Armee am 6. Mai 1945 am Aufstand in Prag gegen die Reste der deutschen Besatzungsmacht teilnahmen, teilten auch sie nach Kriegsende das Schicksal ihrer Kameraden, die von den Amerikanern völkerrechtswidrig und teilweise unter Gewaltanwendung an die Sowjets ausgeliefert wurden.
In der Sowjetunion wurden Wlassow und neun seiner Generäle am 1. August 1946 hingerichtet. Die übrigen Soldaten wurden, zum Teil ohne Gerichtsverfahren, in sibirische Zwangsarbeitslager (Gulag), deportiert. Über das Schicksal der Männer ist nichts bekannt.
Teile der Wlassow-Armee sollen vor ihrem Abtransport nach Torgau im ehemaligen KZ Lichtenburg in Prettin untergebracht worden sein.
Politische Debatte
Nach Ansicht verschiedener russischer Militärhistoriker war es Wlassow mit Hilfe deutscher Freunde gelungen, sich an der Spitze einer unabhängigen Russischen Nationalarmee gegen Stalins Regime zu erheben. Die Armeeangehörigen hätten mehrheitlich weniger mit dem nationalsozialistischen Deutschland sympathisiert, sondern ausschließlich gegen Stalin kämpfen wollten, um ihr Land vom Bolschewismus zu befreien. Sicher waren für viele russische Soldaten auch die lebensbedrohlichen Bedingungen in den deutschen Kriegsgefangenenlagern entscheidend für den Eintritt in die ROA.
Nach Auffassung der Sowjetunion dagegen handelte es sich bei den Angehörigen der ROA um Kollaborateure, die den Naziterror unterstützten. Auch im heutigen Russland halten viele, meist ältere, Bürger die Angehörigen der Befreiungsarmee für Verräter. Bis heute wehren sich ROA-Angehörige gegen die Behauptung, ihre Armee sei, wie die Nationalsozialisten, antisemitisch gewesen.
Kommandeure
- Andrei Andrejewitsch Wlassow, Generalleutnant und Oberbefehlshaber
- Sergei Bunjatschenko, Generalmajor und Befehlshaber der 600. Division
- Georgi Zwerew, Generalmajor und Befehlshaber der 650. Division
- Viktor Malzew, Generalmajor und zuständig für die Luftstreitkräfte
Literatur
- Matthias Schröder: Deutschbaltische SS-Führer und Andrej Vlasov 1942-1945: "Russland kann nur von Russen besiegt werden"; Erhard Kroeger, Friedrich Buchardt und die "Russische Befreiungsarmee". Schöningh Verlag, Paderborn 2003 (2. Auflage), ISBN 3-506-77520-0, 256 Seiten, Bildmaterial, Register, Dokumentenanhang.
- Joachim Hoffmann: Die Tragödie der Russischen Befreiungsarmee 1944/45: Wlassow gegen Stalin, Herbig, München 2003, ISBN 3-7766-2330-6
- Jürgen Thorwald: Die Illusion: Rotarmisten gegen Stalin. Die Tragödie der Wlassow-Armee. Knaur Taschenbuchverlag, 1976, ISBN 3-426-80066-7
- Vjaceslav Pavlovic Artem'ev: Pervaja divizija ROA. Antario, London 1974
- S. Drobjazko, Chudoznik A. Karascuk: Vtoraja mirovaja vojna: 1939 - 1945; Russkaja Osvoboditel'naja Armija. Ast, Moskva 1998, ISBN 5-237-00585-3
- K. M. Aleksandrov: Oficerskij korpus armii general-lejtenanta A. A. Vlasova 1944 – 1945. Russko-Baltijskij Informacionnyj Centr Blic, Sankt-Peterburg 2001, ISBN 5-86789-096-1
- K. M. Aleksandrov: Protiv Stalina: vlasovcy i vostocnye dobrovol'cy vo Vtoroj mirovoj vojne; sbornik statej i materialov. Juventa, Sankt-Peterburg 2003
- Materialy po istorii Russkogo Osvoboditel'nogo Dvizenija: 1941 - 1945 gg. Graal', Moskva 1997-
Weblinks
- Deutschlandfunk zur Russischen Befreiungsarmee, 2001
- Gedenkkreuz und Gedenksteine für die Wlassow-Armee auf dem Prager Friedhof Olsany II
- In der bibliographischen Datenbank RussGUS werden zu diesem Thema ca. 50 Publikationen nachgewiesen (unter Formularsuche / Sachnotationen: 12.3.4.5.3.4.8.1 )