Zum Inhalt springen

Kirchenverfassung

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. August 2004 um 14:27 Uhr durch Mario todte (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Begriff

Die Kirchenverfassung ist ein Begriff für die Zustände innerhalb der Kirche als Institution wie auch ihrer Gemeinden. Das betrifft sowohl die Verhältnisse im Papsttum, des hohen und niederen Klerus als auch die der Laienpriester, der Gemeinden überhaupt. Sie umfassen auch die materiellen, religiösen, sittlichen, moralischen, intellektuellen und sonstigen Verhältnisse wie u.a. ihre Verwaltung. Die christlichen Kirchen haben schon seit dem Urchristentum eine Kirchenverfassung als eine Rechtsordnung, die zugleich die Hierarchie ihrer Ämter und deren Gliederung festlegt. Daraus ergeben sich auch ihre Befugnisse und Zuständigkeiten innerhalb der kirchlichen Hierarchie definiert. Die rechtlichen Zustände stellen somit den entscheidenden Aspekt dar.

Nowendigkeit zu Reformen

Im Falle der Erstarrung dieser Zustände besteht die Notwendigkeit zu Reformen der Kirchenverfassung. Ein solcher Fall tritt oft dann ein, wenn ein Bezug zwischen der christlichen Lehre und der Kirche als Institution des Glaubens bei den Gemeindegliedern nicht im ausreichenden Maße hergestellt werden kann. Dabei kommen nicht selten Diskrepanzen zwischen der Volksfrömmigkeit und dem offiziellen Glauben, welchen die Kirche vermittelt und ihrer Auffassung von Glauben, vor. Allerdings gibt es eine Notwendigkeit zu Reformen, wenn die hierarchische Ordnung innerhalb der Kirche durch die Abgrenzung von kirchlicher und weltlicher Macht zum Problem wird. Die Kirchenreformen des 11. Jahrhunderts und der Investiturstreit geben hiervon schon einige Vorstellung. Weiterhin läßt z.B. die Erstarrung der spätmittelalterlichen Kirchenverfassung die Notwendigkeit der Reformen immer deutlicher hervortreten. Als Beispiele für einen umfassenden Reformbedarf können für die Zeit des Spätmittelalters im 14. und 15. Jahrhundert die Namen von John Wyclif, Wilhelm von Ockham und Jan Hus gelten. Diese sind in vorreformatorischer Zeit fraglos die bekanntesten unter den Reformkräften innerhalb der Kirche. Auch Johann von Wesel oder Johann Pupper von Goch als Vertreter der deutschen "Reformkirche" können wir hier nennen. In reformatorischer Zeit gibt es auch innerkirchliche katholische Reformbestrebungen. Die bekanntesten Vertreter sind Papst Hadrian VI. und Erasmus von Rotterdam. Die Reformation, wie sie durch Martin Luther, wenn auch nicht so beabsichtigt, jedoch eingeleitet wird und damit endgültig zur Abspaltung von der Katholischen Kirche führt, ist hiervon eine Folge wie auch die innerkirchliche Reformbewegung in Zuge von dem Konzil von Trient, der Gegenreformation und die Glaubenskämpfe, die bis zum Ende vom Dreißigjährigen Krieg im Jahre 1648 andauern. Daß diese kirchlichen Verhältnisse zugleich auch von allgemeinen politischen Verhältnissen abhängig sind und umgekehrt diese wiederum auf die allgemeine Politik zurückwirken, steht außer Frage. Die Erkenntnis jedoch, daß Reformation, katholische Reform, Gegenreformation hier in der spätmittelalterlichen Kirchenverfassung ihre gemeinsame Wurzeln haben, hatte schon spätestens 1880 Wilhelm Maurenbrecher in seinem Buch Geschichte der katholischen Reformation, Bd. I, Nördlingen 1880 gewonnen.

Auch zu späterer Zeit haben wir Ereignisse, die auf die Kirchenverfassung insbesondere der katholischen Kirche einschneidende Bedeutung haben. Erstes Vatikanisches Konzil (Vaticanum I) und Zweites Vatikanisches Konzil (Vaticanum II) sind jeweils Ereignisse in der Kirchengeschichte der katholischen Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, welche Reformen der bestehenden Kirchenverfassung beinhalten beziehungsweise Reformbedarf daran signalisieren.

Literatur

  • Theologische Realenzyklopädie, Bd. 19, Berlin-New York 1990, S. 110-165.
  • Ekklesiologie und Kirchenverfassung: Die institutionelle Gestalt des episkopalen Dienstes, hrsg. v. Gunther Wenz u. a., (Beiträge aus dem Zentrum für ökumenische Forschung Bd.1), München 2003.

"siehe auch:" Konfessionen, Liste von Reformatoren, presbyterianische Kirchen, Konfessionalisierung, Kulturkampf, Altkatholizismus,